Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280426/6/Kl/Rd

Linz, 10.02.2000

VwSen-280426/6/Kl/Rd Linz, am 10. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung der Verena S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 17.3.1998, Ge96-7-1998-Pa, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 17.3.1998, Ge96-7-1998-Pa, wurde über die Bw eine Geldstrafe von 30.000 S, eine Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 8 Abs.3 iVm § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG verhängt, weil sie es als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche handelsrechtliche Geschäftsführerin der "S Transportgesellschaft mbH" (Güterbeförderungsgewerbe im Standort F) zu vertreten hat, wie aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk, Linz, vom 7.1.1998 hervorgeht, dass trotz Aufforderung durch das Arbeitsinspektorat Linz (vom 3.11.1997) bis 12.12.1997 sämtliche Arbeitszeitaufzeichnungen aller im Betrieb in F, beschäftigter Lenker und Beifahrer für den Zeitraum September und Oktober 1997 dem Arbeitsinspektorat Linz nicht zur Einsicht vorgelegt wurden.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass die Grundsätze des Parteiengehörs keine Anwendung gefunden haben und daher auch § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG zu Unrecht angewendet wurde. Auch die Strafzumessung sei unrichtig erfolgt. Auf die Angaben der Bw werde hingewiesen. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Der Oö. Verwaltungssenat hat das AI für den 9. Aufsichtsbezirk am Berufungsverfahren beteiligt.

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG nicht anzuberaumen.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der geltenden Geschäftsverteilung die 8. Kammer zur Entscheidung zuständig.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 8 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 - ArbIG idgF sind Arbeitgeber/Innen und die gemäß § 4 Abs.5 und 7 beauftragten Personen verpflichtet, den Arbeitsinspektionsorganen auf Verlangen alle Unterlagen zur Einsicht vorzulegen, die mit dem Arbeitnehmerschutz im Zusammenhang stehen.

Gemäß § 8 Abs.3 ArbIG haben Arbeitgeber/Innen dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen die in Abs.1 genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Auszüge dieser Unterlagen zu übermitteln.

Gemäß § 24 Abs.1 ArbIG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 S bis 50.000 S, im Wiederholungsfall von 1.000 S bis 50.000 S zu bestrafen

1) wer als Arbeitgeber/In

d) entgegen § 8 Abs.3 Unterlagen, Ablichtungen, Abschriften oder Auszüge nicht übermittelt;

...........

2) wer als Arbeitgeber/In oder als nach § 4 Abs.5 oder 7 beauftragte Person

c) entgegen § 8 Abs.1 keine Einsicht in Unterlagen gewährt.

4.2. Aus der Aktenlage, insbesondere aus der Anzeige des AI für den 9. Aufsichtsbezirk vom 7.1.1998, geht klar hervor, dass an die Bw eine schriftliche Aufforderung vom 3.11.1997 erging, sämtliche Arbeitszeitaufzeichnungen aller im Betrieb beschäftigter Lenker und Beifahrer für den Zeitraum September und Oktober 1997 bis 12. Dezember 1997 vorzulegen. Es ist daher die Erfüllung dieses Auftrages bis zum 12.12.1997 möglich und fristgerecht. Ein Zuwiderhandeln gegen diesen Auftrag und somit ein strafbares Verhalten ist daher erst mit Fristablauf, also ab 13.12.1997 vorgelegen. Die sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als erster Verfolgungshandlung sowie im Straferkenntnis vorgeworfene Tatzeit "bis 12.12.1997" ist daher verfehlt, weil innerhalb der Frist zur Auftragserfüllung ein strafbares Verhalten nicht gesetzt werden kann. Eine Tatzeit nach dem genannten Zeitpunkt ist aber dem gesamten Verwaltungsstrafakt nicht zu entnehmen. Es ist daher der gegenständliche Tatvorwurf schon in diesem Punkt verfehlt und war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren, weil die Tat in der angegebenen Tatzeit nicht begangen wurde, gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Das Straferkenntnis weist aber noch weitere wesentliche Mängel auf, welche ebenfalls zur Aufhebung des Straferkenntnisses führen müssen. Der Bw wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs.3 iVm § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG vorgeworfen, weil "Arbeitszeitaufzeichnungen ... nicht zur Einsicht vorgelegt wurden". Mit diesem Tatvorwurf wurde eine Pflicht der Bw als Arbeitgeberin gemäß § 8 Abs.1 ArbIG angesprochen ("alle Unterlagen zur Einsicht vorzulegen"), wobei die Nichterfüllung der Pflicht nach § 8 Abs.1 ArbIG eine Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs.1 Z2 lit.c ArbIG darstellt. Allerdings ist dazu anzumerken, dass der angezeigte Tatbestand nicht die Nichtvorlage zur Einsicht war, sondern die nicht erfolgte Übermittlung von Unterlagen trotz Verlangens des AI. Letzteres stellt eine Verwaltungsübertretung gemäß § 8 Abs.3 iVm § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG dar. Dass aber Unterlagen "auf Verlangen nicht übermittelt" wurden, wurde der Bw zu keiner Zeit innerhalb der gesetzlichen sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen. Es ist daher diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten. Hingegen hat die Bw die tatsächlich vorgeworfene Tathandlung "nicht zur Einsicht vorgelegt" jedenfalls im Zusammenhang mit dem im Spruch des Straferkenntnisses angeführten schriftlichen Auftrag des AI nicht begangen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum