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VwSen-280428/11/GU/Pr

Linz, 14.07.1998

VwSen-280428/11/GU/Pr Linz, am 14. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der M. P., vertreten durch RA Dr. E.W. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 9.4.1998, Zl.Ge96-217-1997, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung nach der am 23. Juni 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird bezüglich des Faktums 1 Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkte aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Hinsichtlich des Faktums 2 wird die Berufung abgewiesen.

Diesbezüglich hat der Spruch zu lauten:

Frau M. P. hat als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als das nach außen zur Vertretung befugte Organ der P. Hallenbau und Handels GesmbH. mit dem Sitz in zu verantworten, daß - wie bei einer Besichtigung der Baustelle in Linz, Ignaz-Mayer-Straße - ehemalige Fa. Kagerer, durch einen Vertreter des Arbeitsinspektorates am 13. Oktober 1997 auf der Baustelle festgestellt worden ist, a) auf einem Kran bei einer Demontage von Stahlträgern anstelle eines Lasthakens ein Metallbolzen verwendet worden ist, der 10 cm beidseitig über die ursprünglichen Lasthakenaufnahme hinaus ragte und b) über den Bolzen ausgefranste, teilweise eingerissene und verdrehte Anschlagmittel geführt und verwendet worden sind.

Sie hat hiedurch zu lit.a eine Übertretung des § 134 Abs.2 BauV und zu lit.b eine Übertretung des § 134 Abs.1 BauV begangen.

Wegen Verletzung dieser beiden Vorschriften werden ihr in Anwendung des § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG Geldstrafen von zu lit.a) 1.500 S im NEF 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe zu lit.b) 1.500 S im NEF 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe und erstinstanzliche Verfahrenskostenbeiträge von zweimal 150 S auferlegt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5 Abs.1, § 9 Abs.1, § 19, § 44a Z1 und Z2, § 65 VStG, § 134 Abs.1 und 2 BauV, § 136 Abs.1 BauV, § 118 Abs.3, § 130 Abs.5 Z1 AschG, § 31 Abs.1 und 2, § 32 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat gegen den Rechtsmittelwerber ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet: "Sie haben als handelsrechtl. Geschäftsführer und als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ der P. Hallenbau und Handels GesmbH., wie bei der Besichtigung der Baustelle in Linz, Ignaz-Mayer-Straße, ehem. Fa. Kagerer, bzw. in Ihrem Gewerbestandort festgestellt werden konnte, die nachstehenden Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nicht eingehalten:

1) Für den Kran, der zum Zeitpunkt der Kontrolle zur Demontage von Stahlträgern eingesetzt wurde, konnte kein Vormerk, aus dem eine durchgeführte Überprüfung ersichtlich gewesen wäre, vorgelegt werden. Bei diesem Kran handelte es sich um einen auf einem LKW, Type Steyr 1461, aufgebauten Ladekran, Hersteller Palfinger, Type PK 12000B. Der Allgemeinzustand des Kranes, an dem z.B. der Kranhaken durch einen Querbolzen ersetzt und die Befestigung am LKW teilweise verschraubt, teilweise verschweißt war, läßt den Schluß zu, daß dieser Fahrzeugkran nach der Montage auf dem LKW nie überprüft wurde. Dies stellt eine Übertretung des § 136 Abs.1 BauV dar, wonach Kräne vor ihrer ersten Inbetriebnahme sowie nach größeren Instandsetzungen oder wesentlichen Änderungen einer Abnahmeprüfung durch einen im § 151 Abs.3 BauV genannten Personenkreis zu unterziehen sind. Bei einer Kontrolle des Betriebes 1997 wurde von Herrn P., der den Arbeitsinspektor begleitete, erklärt, daß die Kräne auf dem Betriebsgelände Handelsware sind oder verschrottet werden. Prüfungen werden daher vom "Verwender" vorzunehmen sein. Wie sich nun zeigte, verwendet die P. Hallenbau und Handels GesmbH. die Kräne doch.

2) Von vier auf der Baustelle vorhandenen Anschlagmitteln (Gurten) befanden sich drei in einem Zustand, der ein sofortiges Ausscheiden dieser Lastaufnahme- und Anschlagmittel gerechtfertigt hätte. Sie waren ausgefranst, teilweise eingerissen, verdreht und so schmutzig, daß die Tragfähigkeit nicht erkennbar war. Als "Lasthaken" wurde ein Metallbolzen verwendet, der ca. 10 cm beidseitig über die ursprüngliche Lasthakenaufnahme hinausragte und um den die Anschlagmittel geführt wurden. Dies stellt eine Übertretung des § 134 Abs.1 BauV dar, wonach alle zum Heben und Senken von Lasten benützten Vorrichtungen und Lastaufnahme- und Anschlagmittel den anerkannten Regeln der Technik entsprechen müssen und die zulässige Belastung sichtbar auf den Vorrichtungen und Mitteln angegeben sein muß.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: 1) § 130 Abs. 5 Ziff. 1 des Bundesgesetzes über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (ASchG), BGBl. Nr. 450/1994, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 47/1997, i.V.m. § 136 Abs. 1 der VO d. BMAS über Vorschriften zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit der Arbeitnehmer bei Ausführung Bauarbeiten (BauV) 2) § 130 Abs. 5 Ziff. 1 AschG i.V.m. § 134 Abs. 1 BauV Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß § Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1) 5.000,-- 60 Stunden 130 Abs.5 AschG 2) 3.000,-- 36 Stunden 130 Abs.5 AschG Weitere Verfügungen (z.B. Anrechnung der Vorhaft, Verfallsausspruch):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

800 ,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerech net); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 8.800,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)." Die I. Instanz führt in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses aus, daß im Ergebnis der Schuldspruch aufgrund einer Besichtigung der Baustelle in Linz, Ignaz-Mayer-Straße, ehemalige Fa. Kagerer, am 23. Oktober 1997 von einem namentlich genannten Arbeitsinspektor gerechtfertigt sei.

In seiner dagegen erhobenen Berufung rügt die rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte den Umstand, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnis weder Tatzeit noch Tatort enthalte. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung, reiche nicht aus. Durch die nachgereichten Kranprüfbücher sei erwiesen, daß diese Kräne sehr wohl abgenommen waren. Wenn schon anläßlich der nachmaligen Überprüfung der Kräne vom Abnahmeorgan Vorschreibungen ergangen sind, so könne allenfalls ein anderer Tatbestand, welcher allerdings der Beschuldigten nicht vorgeworfen wurde, erfüllt gewesen sein.

Bezüglich des Punktes 2 des angefochtenen Straferkenntnisses wird darauf hingewiesen, daß im erstinstanzlichen Verfahren ohnedies durch Rechnungen belegt worden sei, daß neue Gurte angekauft und verwendet wurden. Das bloße Herumliegenlassen alter Anschlagmittel sei nicht strafbar. Die Anschaffung (gemeint der neuen Anschlagmittel) habe wie aus den Urkunden hervorgehe eindeutig vor der ihr angelasteten Tatzeit stattgefunden.

Die Berufung richtet sich auch gegen die Höhe der über sie verhängten Strafe. Ihr monatliches Gehalt betrage 12.000 S und sie sei gemeinsam mit ihrem Ehegatten sorgepflichtig für zwei Kinder im Alter von 8 und 10 Jahren. Aus diesen Gründen wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, hilfsweise die über sie verhängte Geldstrafe auf ein schuld- und tatangemessenes Maß herabzusetzen.

Aufgrund der Berufung wurde am 23. Juni 1998 in Gegenwart des Vertreters der Beschuldigten und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der meldungslegende Arbeitsinspektor und der Prokurist der P. Hallenbau und Handels GesmbH. (Ehegatte der Beschuldigten) als Zeuge vernommen wurden und in die vorgelegten Prüfbücher für Krane und Hebezeuge betreffend den Aufbau des seinerzeit verwendeten Hebezeuges sowie in den Lieferschein der Fa. Grünberger vom 6.10.1997 Einsicht genommen und zur Erörterung gestellt wurden.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Am 13. Oktober 1997 wurde die Baustelle in Linz, Ignaz-Mayer-Straße 13, ehemalige Fa. Kagerer, und zwar die Produktionshalle im Anschluß an das Verwaltungsgebäude vom Arbeitsinspektor Ing. W. W. bezüglich Arbeiten der Fa. P. Hallenbau und Handels GesbmH., mit dem Sitz in Augenschein genommen und dabei festgestellt, daß für das Abnehmen eines Stahlträgers einer Kranbahn ein Hebezeug, welches auf einem LKW der Type Steyr 1491 aufgebaut war verwendet wurde, welches vom Montageaufbau her einen dubiosen Eindruck vermittelte und den Verdacht erweckte, daß dieses Hebezeug nicht abgenommen war. Da für das Befestigen und Anheben des vorerwähnten Demontageteiles wenig Raum zur darüber befindlichen Decke herrschte, war der Lasthaken demontiert worden und durch einen Metallbolzen, der 10 cm beidseitig über die ursprüngliche Befestigungsvorrichtung hinausragte, ersetzt worden. Um diesen Metallbolzen wurden beidseitig Anschlagmittel (Gurten) geführt und benutzt, welche ausgefranst, teilweise eingerissen und verdreht waren, wobei durch Verschmutzung auch die Angaben über Tragfähigkeit nicht erkennbar war. Aufgrund des Einschreitens des Arbeitsinspektors wurde mit den im Begriff befindlichen Arbeiten innegehalten und nach anderen Anschlagmitteln gesucht. Es war aber nur ein weiterer ähnlich beschaffener Gurt und gebrauchter, aber sonst in Ordnung scheinender Gurt vorhanden. Aufgrund des Datums eines nachmalig beigebrachten Lieferscheines steht fest, daß dem von der Beschuldigten als handelsrechtlicher Geschäftsführerin vertretenen Unternehmen der P. Hallenbau und Handels GesmbH. am 6.10.1997 zwei neue Rundschlingen geliefert worden waren.

Verantwortlicher Beauftragte sind im Unternehmen nicht bestellt und dem Arbeitsinspektorat nicht gemeldet worden.

Was den bei den Bauarbeiten verwendeten Kranaufbau anlangt, so war dieser vor seiner Verwendung sicherheitstechnisch abgenommen worden. Bei der nachträglichen - nach Beanstandung durch das AI erfolgten, wiederkehrenden Überprüfung - wies der Kran mehrere Mängel auf.

Der als Zeuge aufgetretene Gatte und Prokurist des Unternehmens, Herr J. P., war von der Beschuldigten mit der Aufsicht über sicherheitstechnische Maßnahmen betraut worden. Eine förmliche Übertragung der verwaltungsstraf-rechtlichen Verantwortung lag jedoch nicht vor. Darüber hinaus wurde im Verfahren nicht dargetan, ob bzw. welches konkrete Kontrollnetz, bei der als juristische Person organisierten Arbeitgeberin herrschte. Bezüglich der Verwendung des ungesicherten Lasthakenersatzes und der unzureichenden Anschlagmittel herrschte kein Zweifel.

Hinsichtlich der Verwendung der Anschlagmittel wird mangelndes Verschulden geltend gemacht.

Bezüglich des eingesetzten Kranes steht außer Zweifel, daß der Rechtsmittelwerberin eine Tat, nämlich die Verwendung eines nicht abgenommenen Kranes, vorgeworfen wurde, welche tatsächlich nicht vorlag. Der Kran war abgenommen.

Eine an sich sanktionsbewerte Tat, was das Fehlen einer Abnahmeprüfung nach Aufstellung bei der Baustelle bzw. der wiederkehrenden Prüfung innerhalb Jahresfrist im Sinne des § 136 Abs.2 BauV anlangt, war der Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgeworfen worden. Anders verhielt es sich mit dem Vorwurf der Verwendung eines völlig ungesicherten Lasthakens (Ersatzes) sowie der desolaten, völlig unsicheren Anschlagmittel.

Die Tatzeit und die näheren Umstände der Verwendung der mangelhaften Lastaufnahmesysteme an der näher bezeichneten Baustelle in Linz vom Arbeitnehmer der in Neuzeug (Bezirk Steyr-Land) etablierten Arbeitgeberin ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses. Nachdem das angefochtene Straferkenntnis am 9.4.1998 den Bereich der Behörde verließ, stellte dieses in Spruch und Begründung eine Einheit dar und war noch angesichts der am 13. Oktober 1997 begangenen Tat eine taugliche Verfolgungshandlung.

Das tatsächliche Geschehen - der Lebenssachverhalt - war im angefochtenen Straferkenntnis hinreichend beschrieben, sodaß kein Zweifel an der Identität des Geschehens herrschte. Nachdem jedoch die Vorschriften über den Lasthaken im § 134 Abs.2 BauV speziell geregelt sind und andererseits über die Lastaufnahme und Anschlagmittel, welche den anerkannten Regeln der Technik entsprechen müssen, die tatbestandsmäßige Umschreibung gegeben ist, war der von der I. Instanz einheitlich beschriebene Lebenssachverhalt auf die tatsächlich gegebenen zwei Fakten zu trennen und diesbezüglich der Spruch zu korrigieren, ohne daß dadurch der Beschuldigten ein "aliud" angelastet wurde.

Hiebei war nämlich rechtlich zu bedenken: Gemäß § 134 Abs.1 BauV müssen alle zum Heben und Senken von Lasten benützten Vorrichtungen und Lastaufnahme- und Anschlagmittel, den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Die zulässige Belastung und gegebenenfalls die Bedingungen unter denen sie gilt, sowie gegebenenfalls die Eigenlast muß deutlich sichtbar auf diesen Vorrichtungen und Mitteln angegeben sein.

Gemäß § 134 Abs.2 BauV müssen Lasthaken entweder als Sicherheitshaken ausgebildet sein, oder eine solche Form haben, daß ein unbeabsichtigtes Lösen des Fördergefäßes oder der Last nicht erfolgen kann. Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung nach Maßgabe der hier im Ergebnis nicht relevanten Bestimmungen als Verordnung nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeberin den nach dem 9. Abschnitt (den § 118 einschließenden) weitergeht, den Bestimmungen zuwider handelt.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen - bei einer GesmbH. handelt es sich um eine solche - sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Zur Vertretung in der Pühringer Hallenbau und Handels GesmbH ist Frau M. P. berufen; eine, den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Delegation der Verantwortung hatte nicht Platz gegriffen. Demzufolgen traf die Beschuldigte bei erfüllter objektiver Tatseite beim vorliegenden Ungehorsamsdelikt die Last, glaubhaft zu machen, daß sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes oblag ihr demzufolge die Glaubhaftmachung, daß sie im Unternehmen - wenn sie schon nicht selbsttätig die Aufgabe wahrnahm, ein Kontrollnetz installiert habe, welches nach fachgerechter Voraussicht alle erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen beinhaltete, die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen auszuschließen. Ein dieser Anforderung genügendes Vorbringen wurde nicht erstattet und nicht glaubhaft gemacht.

Nachdem der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof, ungeachtet der Kritik in der Literatur, an der Verfassungskonformität und der Widerspruchsfreiheit des § 5 Abs.1 2.Satz VStG gegenüber Art.6 Abs.1 MRK festhalten, ist für den O.ö. Verwaltungssenat eine weitere Auseinandersetzung mit diesem Spannungsfeld nicht zielführend.

Da keine Glaubhaftmachung der Unschuld durch die Beschuldigte geschah, spricht angesichts der Erfüllung der objektiven Tatseite die Rechtsvermutung des inhärenten Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 2. Satz VStG für sich.

Bei der darauf zu erfolgenden Erwägung bezüglich der Strafbemessung war zu bedenken: Die Mindeststrafe für jedes der beiden erfüllten Delikte u.z. betreffend den fehlenden gesicherten Lasthaken einerseits und verwendeter desolater Anschlagmittel andererseits betrug je 2.000 S. Ferner war für die Strafbemessung zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der ungesicherte Bolzen einerseits und die desolaten Anschlagmittel andererseits waren mit etwa dem gleichgroßen Gefährdungspotential bei der im Begriff befindlichen Demontage eines Stahlträgers behaftet. Das Verschulden mußte gleichbewertet werden, wobei keine sonstigen mildernden Umstände vorlagen. Demgegenüber waren aber die frühere Übertretung von fünf Arbeitnehmerschutzbestimmungen als erschwerend zu betrachten. Die niedriger zu bewertenden Einkommensverhältnisse, nämlich von 12.000 S monatlich und die Mitsorgepflicht für zwei Kinder konnten aber keine Unterschreitung der Mindeststrafe bewirken. Es blieb dem O.ö. Verwaltungssenat zufolge des Verbotes der Schlechterstellung im Berufungsverfahren keine andere Wahl, als den teilbaren Schuldspruch bei gleichem Gewicht der objektiven Tatseite und des Verschuldens die von der I. Instanz verhängte Gesamtstrafe von 3.000 S gleichmäßig zu teilen und damit die Mindeststrafe zu unterschreiten.

Bei diesem Ergebnis konnte letztlich auch von keiner Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gesprochen werden und waren der Beschuldigten für das Berufungsverfahren im Sinne des § 65 VStG keine Kostenbeiträge aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer Beschlagwortung: Teilung der Strafe bei gleichem objektiven Unrechtsgehalt und gleichem Verschulden bei gleichzeitiger Unterschreitung der Mindeststrafe

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