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VwSen-280430/34/GU/Pr

Linz, 29.01.1999

VwSen-280430/34/GU/Pr Linz, am 29. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der M.P., vertreten durch RA Dr. E. W., gegen das Straferkenntnis der BH Steyr-Land vom 30.4.1998, Zl.Ge96-22-1998, wegen Übertretung der Bauarbeitenschutzverordnung nach der am 4.9.1998 durchgeführten und am 30.11.1998 fortgesetzten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch, die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm und der angewendeten Strafnorm zu lauten hat: "Sie haben als nach außen vertretungsbefugtes Organ (handelsrechtliche Geschäftsführerin) der P. H. und Handels GesmbH mit dem Sitz in N. es zu vertreten, daß diese am 23.3.1998 bei der Baustelle: Zubau Fa. E., zwei Arbeitnehmer (Vorarbeiter Herr K H.) mit Arbeiten an der Attikaverblechung beschäftigt hat, wobei sich die Arbeitnehmer auf der 3. Etage eines vierfeldrigen Stahlrohrgerüstes befanden und hiebei beim Gerüst auf der 3. Etage sowohl die Brust, Mittel- und Fußwehren fehlten, obwohl Absturzgefahr aus ca. 6 m Höhe bestand und das fehlende Gerüstmaterial auf der Baustelle nicht vorrätig war.

Sie haben hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 62 Abs.4 iVm mit § 58 Abs.3 iVm § 8 Abs1 Z2 und Bauarbeiterschutzverordnung iZ § 118 Abs.3 ASchG und § 130 Abs.5 Z1 leg.cit. begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird Ihnen eine Geldstrafe in der Höhe von 6.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden gemäß § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG auferlegt.

Ferner haben Sie gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens 10 % der Geldstrafe, das sind in Summe 600 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 9 Abs.1, § 19 VStG Zusätzlich zu den Verfahrenskosten der ersten Instanz haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der bestätigten Geldstrafe, das sind 1.200 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als nach außen hin vertretungs-befugtes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der P. H. und Handels GesmbH, wie bei der Besichtigung am 23.3.1998 der Baustelle: Zubau, Fa. E., vom Arbeitsinspektor Ing. K. P. festgestellt worden sei, zwei Arbeitnehmer (Vorarbeiter Herr K. H.) bei der Herstellung der Attikaverblechung beschäftigt zu haben. Hiebei hätten sich zwei Arbeitnehmer auf der 3. Etage eines 4-feldrigen Stahlrohrgerüstes befunden und bei diesem Gerüst hätten auf der 3. Etage die Brust-, Mittel- und Fußwehren gefehlt, obwohl Absturzgefahr aus ca. 6 m Höhe bestanden habe. Das fehlende Gerüstmaterial sei auf der Baustelle nicht vorrätig gewesen.

Wegen Verletzung des § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und § 180 Abs.3 ASchG iVm § 58 Abs.3 Bauarbeitenschutzverordnung wurde ihr deswegen eine Geldstrafe von 6.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrens-kostenbeitrag von 10 % der ausgesprochenen Strafe auferlegt.

In ihrer dagegen vom rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Berufung macht die Rechtsmittelwerberin im wesentlichen geltend, daß es zutreffe, daß am 23.3.1998 Mitarbeiter der P. H. und Handels GesmbH. auf der oben angeführten Baustelle beschäftigt gewesen seien und der Aufgabenbereich die Herstellung einer Attikaverblechung gewesen sei. Nicht richtig sei jedoch, daß zum Zeitpunkt der Besichtigung durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk die Attikaverblechungsarbeiten direkt durchgeführt wurden. Der 23.3.1998 sei ein Montag gewesen, wobei die Fa. P. H. und Handels GesmbH. den Auftrag gehabt habe, die Attikaverblechung auf der Außenwand herzustellen.

Die Arbeitnehmer der GesmbH seien zum Zeitpunkt des Erscheinens des Arbeitsinspektors nicht beschäftigt gewesen die Attikaverkleidung herzustellen, sondern sie hätten sich erst im Aufbau des Stahlrohrgerüstes befunden. Da es ihnen nicht möglich gewesen sei, die gesamten Gerüstbauteile auf einmal auf die Baustelle zu transportieren, sei der Transport in zwei Teilen durchgeführt worden. Beim Ankommen an der Baustelle hätten sie die vorhandenen Gegenstände abgeladen und begonnen aufzurüsten. Sie wollten dann die restlichen noch fehlenden Teile, insbesondere Brust-, Mittel- und Fußwehren von der Firma holen.

Da das gegenständliche Gerüst noch nicht fertiggestellt und überprüft gewesen sei (§ 61 Abs.1 und 2 BauV) und auf ihm noch keine Arbeiten stattgefunden hätten, sei kein strafbarer Tatbestand verwirklicht worden. Aus diesem Grunde wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Aufgrund der Berufung wurde am 4.9.1998 in Gegenwart des Rechtsfreundes der Berufungswerberin und ihres weiteren Vertreters (Ehegatte) J. P. sowie eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk die mündliche Verhandlung durchgeführt und nach Erörterung des Akteninhaltes Beweis aufgenommen, durch die Vernehmung des Meldungslegers Ing. K. P. Ferner wurde in Lichtbilder eingesehen, welche nachmalig von der Örtlichkeit der Baustelle aufgenommen wurden. Am 30.11.1998 wurde in Fortsetzung des Beweisverfahrens ein Lokalaugenschein durchgeführt und erfolgte die Vernehmung des Zeugen K. H. sowie eine ergänzende Vernehmung des Meldungslegers. Den Vertretern der Beschuldigten wurde Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten. In das vom Rechtsanwalt vorgelegte Schreiben vom 23.11.1995, betreffend die beabsichtigte Delegation der Verantwortung an einen Herrn R. F. wurde Einsicht genommen, dieses zur Erörterung gestellt und nach durchgeführtem Lokalaugenschein und Beischaffung des diesbezüglichen Schriftverkehrs des Arbeitsinspektorates dem Vertreter der Beschuldigten Gelegenheit zur Wahrung des Parteigehörs geboten.

Folgender Sachverhalt ist erwiesen.

Am 23.3.1998 fuhr der Arbeitsinspektor Ing. K. P. mit seinem PKW auf der Mstr. in Steyr von der Unterführung kommend Richtung Hstr.um eine Künette zu inspizieren.

In der Nähe der dort eine Betriebsstätte besitzenden Fa. E. war die Straße gesperrt, weil eine Künette ausgehoben war. Bei dieser Gelegenheit fiel dem Arbeitsinspektor bei der der Straße zugewandten Seite der Fa. E. eine Baustelle mit einem Gerüst auf, wobei sich auf der 3. Etage dieses Gerüstes Arbeiter befanden.

Bei dem Gerüst handelte es sich um ein Stahlrohr-Deckgerüst, auf dessen 3. Etage die Brust-, Mittel- und Fußwehr fehlten. Ein Arbeiter war mit der Manipulation an einer auf dieser Höhe befindlichen Attikaverblechung beschäftigt, der zweite kletterte gerade über die Attika auf das Gerüst.

Der Arbeitsinspektor erkundigte sich nach dem Vorarbeiter, nahm mit ihm Kontakt auf und hielt, nachdem er ihm Vorhaltungen wegen der unzureichenden Gerüstung gemacht hatte, gemeinsam Ausschau nach den fehlenden Gerüstteilen. Diese waren an der Baustelle nicht vorrätig. Der Vorarbeiter (K. H.) fragte den Arbeitsinspektor, ob, wenn er die restlichen Gerüstteile sofort hole, dann keine Anzeige erfolge, worauf ihm der Arbeitsinspektor antwortete: Wenn er die restlichen Gerüstteile holt, dann erfolge keine Sperre der Baustelle. Im Vertrauen auf die Zusage des Vorarbeiters, daß dieser das Fehlende sofort besorgen und das Gerüst ergänzen werde, verließ der Arbeitsinspektor die Baustelle. Das Gerüst war aufgestellt worden, um einen bei der Fa. E. bestandenen Zubau in Form einer Stahlfertigteilhalle, beginnend mit dem Dachbereich, zu demontieren.

Das Gerüst wurde von Arbeitnehmern der P. H. und Handels GesmbH mit dem Sitz in N. (Bezirk Steyr-Land), deren handelsrechtliche Geschäftsführerin die Beschuldigte war, benutzt.

Die P. H. und Handels GesmbH hatte mit Schreiben vom 23.11.1995 an das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk bekanntgegeben, daß sie mit 1.11.1995 einen neuen Mitarbeiter, Herrn F. R., eingestellt habe und dieser ab diesem Zeitpunkt unter anderem für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften etc. der beim Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter verantwortlich sei. Gefertigt ist dieses Schreiben im Auftrag von R. J.

Auf dieses Schreiben hin antwortete das Arbeitsinspektorat am 4.12.1995, daß der Bestellung des Arbeitnehmers Führlinger zum verantwortlichen Beauftragten nicht zugestimmt werde, da aus der Bestellung nicht ersichtlich ist, ob es sich beim Arbeitnehmer um einen leitenden Angestellten handelt. Es fehlten auch Angaben über den bestellten Arbeitnehmer sowie Zustimmungserklärung und ähnliches.

Festgestellt wird, daß eine rechtswirksame Delegation der Verwantwortung für vorliegenden Fall nicht nachgewiesen wurde.

Bei der Würdigung der Beweise war zu bedenken:

Unbestritten ist, daß beim Eintreffen des Arbeitsinspektorates an der Baustelle das in Rede stehende Gerüst auf der 3. Etage ohne Brust-, Mittel- und Fußwehr war und daß ein Arbeitnehmer auf der 3. Etage stand und sich ein weiterer Arbeitnehmer auf Höhe der 3. Etage im Dach- bzw. Attikabereich befunden hat.

Geklärt erscheint nach Durchführung des Beweisverfahrens, daß das von der Beschuldigten vertretene Unternehmen nicht die Montage einer Attikaverblechung (von der auch die Berufung selbst noch ausgeht) sondern im Rahmen der Abtragung der Stahlhalle die Demontage der Attikaverblechung durchführen sollte. Der vernommene seinerzeitige Vorarbeiter K. H. sagte in der mündlichen Verhandlung aus, daß er sich wohl auf der 3. ungesicherten Etage des Gerüstes befunden habe, aber noch mit Rüstarbeiten und zwar der Befestigung des Gerüstes an der Außenwand der abzutragenden Halle beschäftigt gewesen sei und deshalb Handwerkzeug bei sich getragen habe und in der Folge das Gerüst hätte ergänzen wollen. Sein beim Unternehmen beschäftigter Kollege habe sich auf dem Dach hinter der Attika in sicherer Position stehend befunden und habe auf der Innenseite Nieten durchgeschlagen.

Dagegen führte der meldungslegende Arbeitsinspektor aus, daß er den Kollegen des Vorarbeiters über die Attika auf das Gerüst habe klettern sehen und der Vorarbeiter K. H. mit Werkzeug in der Hand auf der ungesicherten 3. Etage am äußeren Teil der Attikaverblechung Arbeiten vorgenommen habe, welche keine Gerüstsicherungs- und Aufbaumaßnahmen dargestellt hätten. Er habe die Arbeiter anläßlich seiner Fahrt zur Künette und nach seinem Wenden auf der vorbeiführenden Messererstraße sowie beim Eintreffen vor dem Gerüst die ganze Zeit lang beobachten können.

Nach Durchführung des Lokalaugenscheines und der dadurch gelungenen Kenntnis über die Örtlichkeit und die Sichtmöglichkeit kommt der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, daß die Darstellung des meldungslegenden Arbeitsinspektors gegenüber der abweichenden Darstellung des Zeugen Husko das höhere Maß der Glaubwürdigkeit besitzt. Wohl haben beide bei bewußt falscher Aussage vor der Behörde dasselbe strafgerichtliche Übel zu befürchten.

Die übrigen Folgen der Existenzgefährdung bzw. von vermögensrechtlichen Nachteilen beim Dienstgeber stellen sich für den Arbeitsinspektor wesentlich nachteiliger dar, als beim Vorarbeiter. Nicht übersehen werden darf, daß dieser aus Montenegro stammt, nicht die österr. Staatsbürgerschaft besitzt und ein wesentliches Interesse an einem aufrechten Weiterbestand des Beschäftigungs-verhältnisses im Inland hat und somit aus verständlichen Gründen das Unternehmen, bei dem er beschäftigt ist, nicht belasten wollte. Indem die Darstellung des Arbeitsinspektors überzeugen konnte und sich darin weder ein Widerspruch in den Denkgesetzen noch nach den technischen Realitäten und auch nicht nach der Lebenserfahrung fand, erschien somit das tatbildmäßige Verhalten als erwiesen.

Rechtlich war nämlich zu bedenken:

Gemäß § 8 Abs.1 Z2 BauV sind geeignete Absturzsicherungen Umwehrungen (Geländer) an den Absturzkanten, die als Brust-, Mittel- und Fußwehren bestehen. Bei Wandöffnungen, Stiegenpodesten und Standflächen zur Bedienung oder Wartung von Maschinen bis zu einer Absturzhöhe von 2 m und bei Stiegenläufen können die Fußwehren entfallen.

Gemäß § 58 Abs.1 BauV sind Arbeitsgerüste Gerüste, von denen aus oder auf denen Arbeiten ausgeführt werden.

Gemäß § 58 Abs.3 BauV müssen die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 ver-sehen sein. Gemäß § 62 Abs.4 BauV darf ein unvollständig errichtetes Gerüst, das den Anforderungen an Gerüsten nicht voll entspricht, nicht benützt werden.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz begeht eine Verwal-tungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wieder-holungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmung zuwider- handelt.

Gemäß § 118 Abs.3 AschG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (nach Maßgabe der hier nicht relevanten Bestimmungen) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen (bei einer GesmbH handelt es sich um eine solche) sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen - eine anderslautende Bestimmung enthält das ASchG nicht - und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Die Beschuldigte ist die handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit die zur Vertretung nach außen berufene Person der Arbeitgeberin, bei der die tätig gewesenen Arbeiter beschäftigt waren.

Mit dem in der Sachverhaltsfeststellung zitierten Schreiben der P. H. und Handels GesmbH vom 23.11.1995 konnte die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung nicht übertragen werden, weil dadurch nicht bescheinigt ist, daß der Wille von der zur Vertretung nach außen berufenen Person durch entsprechende Unterfertigung dokumentiert ist. Ferner fehlt es an der gemäß § 9 Abs.2 VStG erforderlichen Zustimmung der namhaftgemachten Person und ist die Stellung als leitender Angestellter im Sinne der Bestimmungen des Arbeitsinspektionsgesetzes nicht bescheinigt. Schließlich ist die klare Umschreibung des sachlich abgegrenzten Bereiches, für den F. zuständig sein sollte, fraglich.

Aus dem Gesagten ergibt sich mangels wirksamer Delegation, daß die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für den oben beschriebenen Lebenssachverhalt die Beschuldigte traf.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Bei dem vorliegenden Delikt handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsams-delikt. Die Beschuldigte hat nicht dargetan, was auf schuldbefreiende Umstände hinwies. Aus all diesen Gründen war, weil die objektive und subjektive Tatseite erfüllt erschien, der Schuldspruch zu bestätigen.

Da das Gefährdungspotenzial nicht unbedeutend war, schied ein Absehen von einer Bestrafung im Sinne des § 21 Abs.1 VStG aus. Was die Strafbemessung anlangt, so war zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Festgestellt wird, daß die Beschuldigte vor der Tat einschlägig rechtskräftig vorbestraft ist (BH Steyr-Land Ge96-215-1995 vom 4.12.1995).

Demnach handelte es sich um eine Wiederholungstat und betrug der Strafrahmen in Geld von 4.000 S bis 200.000 S.

Der Strafantrag des Arbeitsinspektorates betrug für die drei einzeln betrachteten Straftaten, weil ihm jeweils das Fehlen von Brust-, Mittel- und Fußwehr gesondert strafbar erschien, für jede Tat 2.000 S, sohin die Mindeststrafe des ersten Strafrahmens von 2.000 S bis 100.000 S. Dem ist die erste Instanz gefolgt.

Aufgrund des Verbotes der "reformatio in pejus" kam eine Hinaufsetzung der Geldstrafe nicht in Betracht.

Die Ersatzfreiheitsstrafe hingegen, welche unabhängig davon zu bemessen ist, war ohnedies maßgerecht.

Nachdem eine Rüge der Strafhöhe nicht vorlag und eine amtswegige Überprüfung der Strafzumessungsgründe ergab, daß bei dem zu verbleiben habenden ersten Strafrahmen von 2.000 S bis 100.000 S jedenfalls der Erschwerungsgrund der einschlägigen Vorstrafe vorlag, demgegenüber kein Milderungsgrund bestand und wenn man berücksichtigt, daß die objektive Tatseite Gewicht hatte und die subjektive Tatseite nicht unterdurchschnittlich zu bewerten war, so konnte der ersten Instanz kein Ermessensmißbrauch vorgeworfen werden, wenn sie bei der Berechnung der Geldstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens blieb.

Auch das anzunehmende unterdurchschnittliche Einkommen der Beschuldigten vermochte hiezu keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.

Nachdem keine Milderungsgründe vorhanden waren, schied die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes aus.

Im Strafantrag des Arbeitsinspektorates und auch in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wurde die Meinung vertreten, daß es sich bei dem als verwirklicht anzusehenden Lebenssachverhalt um drei Straftaten handelte. Das Verbot des Benützens eines unvollständigen Gerüstes ergibt sich jedoch aus § 62 Abs.4 BauV. Gleich ob dem Gerüst nur ein Teil oder mehrere Teile fehlten, ist demnach nur eine strafbare Handlung gegeben, die jedoch durch das Fehlen von drei wesentlichen Teilen ein gesteigertes Gefährdungsspotenzial und somit eine bedeutende Verletzung des Schutzzweckes der Norm beinhaltete. Um dem Gebot des § 44a VStG zu entsprechen, war dies dementsprechend auszuweisen. Durch die neue Fassung des Spruches erschienen die Verteidigungsrechte der Beschuldigten nicht beeinträchtigt, zumal sie von vorneherein wußte, worum es im gesamten Verfahren ging. Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Da die Berufung im Ergebnis keinen Erfolg hatte, hat die Rechtsmittelwerberin gemäß § 64 Abs.1 und 2 die gesetzliche Pflicht, einen Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens leisten zu müssen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r Beschlagwortung: Verwendung eines unvollständigen Gerüstes bei dem 3 Teile fehlten ist nur 1 Delikt

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