Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280433/15/Le/Km

Linz, 06.11.1998

VwSen-280433/15/Le/Km Linz, am 6. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des G K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 26.5.1998, Ge96-8-1998-Gat, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes in Verbindung mit der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß zwischen den Worten "handelsrechtlicher Geschäftsführer der" und "K Transporte GmbH & Co.KG" folgende Wendung eingefügt wird: "K Transporte Gesellschaft mbH. als persönlich haftender Gesellschafterin der". Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängten Geldstrafen werden je auf 7.000 S, die Ersatzfrei- heitsstrafen werden je auf 4 Tage herabgesetzt.

Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 2.100 S. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 19, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe: Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 26.5.1998 wurden über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretungen des a) § 14a Abs.1 Arbeitszeitgesetz (im folgenden kurz: AZG) iVm Art.6 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85, b) § 15 Abs.2 und 3 AZG iVm Art.7 Abs.1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 und c) § 15a Abs.1 und 2 AZG iVm Art.8 Abs.1 und 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 drei Geldstrafen in Höhe von je 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je sechs Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der "K Transporte GmbH & Co.KG" im Standort K zu vertreten, daß der Lenker R H als Lenker eines LKW mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 t a) über die gesetzlich zulässige Lenkzeit hinaus eingesetzt wurde (Lenkzeit am 13.1.1998: 11 Stunden), b) die gesetzlich vorgeschriebenen Lenkpausen nicht einhalten konnte (am 13.1.1998 innerhalb einer Lenkzeit von 6 Stunden eine Lenkpause von nur 10 Minuten) und c) die gesetzlich vorgeschriebene tägliche Ruhezeit nicht einhalten konnte (vom 14. auf 15. Jänner 1998 betrug die tägliche Ruhezeit nur 7 Stunden und 4 Minuten).

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen die maßgebliche Rechtslage nach dem Arbeitszeitgesetz und der Verordnung (EWG) 3820/85 dargestellt. Sodann wurden von der Erstbehörde ihre Überlegungen hinsichtlich der Strafbarkeit des Verhaltens des Beschuldigten sowie seine Verantwortlichkeit auch für Straftaten, die im Ausland gesetzt wurden, dargelegt. Schließlich wurden die Gründe der Strafbemessung erläutert.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 17.6.1998, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, von Zuhause nicht kontrollieren zu können, wie lange die LKW-Lenker im Ausland unterwegs sind bzw. welche Ruhepausen sie gerade einhalten. Seine Fahrer würden so disponiert, daß sie die Lenkzeiten einhalten könnten. Seine Fahrer würden pro Woche nur mehr 2.000 km fahren, weshalb man nicht sagen könne, daß sie zu knapp eingeteilt werden. Wenn die Fahrer die Ruhepausen oder die Lenkzeiten überschreiten, werde dies von den Lenkern im Ausland entschieden und nicht von seinem Firmensitz in K.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Zur vollständigen Klärung der Sachlage führte der unabhängige Verwaltungssenat am 23.10.1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Berufungswerber sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates teilnahmen. Der Lenker des Berufungswerbers, Herr H, wurde als Zeuge einvernommen. Die Erstbehörde war ohne Angabe von Gründen zur Verhandlung nicht erschienen.

Als Ergebnis dieser Verhandlung steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen sind aufgrund der Tachographaufzeichnungen, die der Anzeige der Bundesgendarmerie vom 19.1.1998 beigelegt sind und in die auch während der öffentlichen mündlichen Verhandlung Einsicht genommen wurde, erwiesen. Der Lenker dieses LKW, R H, gab dazu an, daß er unbedingt zeitig beim Grenzübergang W sein wollte, damit die Abfertigung möglichst rasch erfolgen kann. Der Zeuge gab weiters an, daß er die Überschreitung der Lenkzeiten auf die langsame Abfertigung an den Grenzen zurückführe, wo man bis zu 12 Stunden im Stop-and-Go-Verkehr fahren müsse und dann noch mehrere Stunden auf die Abfertigung warten müsse.

Zum Kontrollsystem gab der Berufungswerber an, daß er alleine für die Disposition der Fahrten verantwortlich sei. Er teile die Fahrten ein und plane auch die Routen und den Zeitbedarf, wobei gerade bei Fahrten in Tschechien und Polen die Grenzwartezeiten oft viele Stunden dauern. Seine Fahrer wären per Handy erreichbar und würden diese vom jeweiligen Zielort anrufen. Er frage sie dann nach der Fahrzeit und entscheide darüber, ob bzw. wann sie zum nächsten Zielort weiterfahren können. Die Tachoscheiben kontrolliere er gelegentlich auf Einhaltung der Arbeitszeit. Wenn er Überschreitungen der Arbeitszeit feststelle, dann würde der Fahrer zurechtgewiesen und auf die Strafbarkeit seines Verhaltens hingewiesen. Er habe auch schon zwei Fahrer wegen Überschreitung der Lenkzeiten entlassen. In Arbeitsprozessen hätte er dann jedesmal viele Tausende Schilling nachzahlen müssen. Er hätte auch schon versucht, seinen Fahrern lediglich eine Arbeitszeit von 12 Stunden pro Tag zu bezahlen, unabhängig von den Zeiten, die auf der Tachoscheibe als Arbeitszeit eingetragen sind, um die Fahrer zu veranlassen, die Arbeitszeiten einzuhalten. Auch hier hätte er in Arbeitsprozessen bereits verloren. Der Berufungswerber verantwortete sich damit, daß ein Zeitdruck auf die Fahrer oft auch durch die Belader und Entlader entstehe, weil die Ware zu bestimmten Zeiten am Zielort sein müsse. Weiters würden auch die Fahrer selbst oft die Lenkzeiten bzw. Ruhezeiten nicht einhalten, weil sie nach Hause oder zur Freundin fahren wollen.

Bei dieser mündlichen Verhandlung stimmte der anwesende Vertreter des Arbeitsinspektorates in Hinblick auf die festgestellte Eigenmächtigkeit des Kraftfahrers Holowaty einer Herabsetzung der Strafen auf jeweils 7.000 S zu.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder. Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit Geldstrafen von je 10.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Die angelasteten Verwaltungsübertretungen sind durch die Aufzeichnungen der Schaublätter des EG-Kontrollgerätes bewiesen. Der Berufungswerber hat diese auch nicht bestritten, sodaß die Überschreitung der Lenkzeit, die Nichteinhaltung der Lenkpause sowie der täglichen Ruhezeit im angelasteten Tatzeitraum als erwiesen anzusehen sind. Damit aber wurden die vorgeworfenen Tatbestände in objektiver Hinsicht verwirklicht.

4.3. Zum Verschulden bestimmt § 5 Abs.1 VStG, daß dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Zu dieser erforderlichen Glaubhaftmachung gehört im Bereich des Arbeitszeitgesetzes, daß der Arbeitgeber initiativ sein Weisungs- und Kontrollsystem darzulegen hat, mit dem er die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften sicherstellt. Gerade im Gütertransportgewerbe ist es erforderlich, daß von vornherein alle Maßnahmen getroffen werden, um die Lenker der Lastkraftwagen, die außerhalb des Firmensitzes unterwegs sind und daher dem unmittelbaren Zugriff des Arbeitgebers entzogen sind, zur Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften zu verhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in einer Reihe von Erkenntnissen die Anforderungen an ein effizientes Kontrollsystem dargelegt:

Demnach ist die bloße Erteilung von Weisungen ebensowenig ausreichend wie eine bloß stichprobenartige Überwachung der Arbeitnehmer.

Im konkreten Fall hat der Berufungswerber dargelegt, daß die Arbeitszeitbestimmungen auf einer großen Schautafel im Betrieb ausgehängt sind. Der Arbeitnehmer H, der die im vorliegenden Verfahren inkriminierten Verwaltungsübertretungen initiiert hat, hat selber angegeben, lediglich ein- bis dreimal im Monat in der Firma anwesend zu sein. Auf die Frage des Arbeitsinspektors nach den maßgeblichen Ruhensbestimmungen hat er lediglich eine unzureichende Antwort gegeben. Daraus ist zu schließen, daß der Informationsfluß in punkto Arbeitszeitbestimmungen nicht vollständig verläuft.

Zur Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen hat der Berufungswerber darauf verwiesen, die Tachoscheiben gelegentlich zu kontrollieren, um im Fall von Verstößen gegen die Arbeitszeitbestimmungen die entsprechenden Arbeitnehmer darauf hinzuweisen bzw. diese zurechtzuweisen. In zwei Fällen hätte er bereits Kündigungen ausgesprochen.

Diese Art der Kontrolle entspricht nicht gänzlich den Anforderungen, die der Verwaltungsgerichtshof an ein funktionierendes Kontrollsystem stellt, zumal eben stichprobenartige Kontrollen als nicht ausreichend erachtet werden. Die Form der Überwachung durch den Berufungswerber ist jedoch im wesentlichen nichts anders als eine stichprobenartige Kontrolle.

Dies hat zur Folge, daß es dem Berufungswerber nicht gelungen ist, ein ausreichend funktionierendes Weisungs- und Kontrollsystem nachzuweisen, weshalb ihm an den festgestellten Verwaltungsübertretungen auch Verschulden in Form der Fahrlässigkeit anzulasten ist.

4.4. Die Strafbemessung hat nach den Grundsätzen des § 19 VStG zu erfolgen. Dabei sind auch die besonderen Milderungsgründe des § 34 StGB sinngemäß anzuwenden. In diesem Zusammenhang kommt der zeugenschaftlichen Aussage des Fahrers H insofern Bedeutung zu, als dieser aussagte, die Lenkpause deshalb nicht eingehalten zu haben, um noch vor 17.00 Uhr zum Grenzübergang W zu gelangen, da um diese Zeit die Wartezeit an der Grenze noch wesentlich kürzer sei als später. Das bedeutet, daß es diesem Lenker geradezu darauf angekommen ist, die entsprechenden Vorschriften zu mißachten, weil er für sich daraus einen persönlichen Vorteil erhoffte. Wie er bei der Vernehmung darstellte, betragen die Wartezeiten bei einer Ankunft vor 17.00 Uhr ca. zwei Stunden, wogegen die Wartezeit nach 19.00 Uhr 8 bis 9 Stunden betragen würde. Dieser Arbeitnehmer bestätigte auch, daß er von seinem Arbeitgeber, also dem Beschuldigten, über die Arbeitszeitvorschriften unterrichtet wurde und daß im Betrieb eine Schautafel mit den Arbeitszeitbestimmungen angebracht ist. Dies hat aber zur Folge, daß sich dieser Arbeitnehmer grob weisungswidrig verhalten hat, weshalb dadurch das Verschulden des Arbeitgebers an diesen Verwaltungsübertretungen als geringer zu bewerten ist. Dementsprechend hat auch der anwesende Vertreter des Arbeitsinspektorates im Hinblick auf diesen Milderungsgrund einer Herabsetzung der Geldstrafen zugestimmt. Dies erscheint überdies in Anbetracht des Strafrahmens von 1.000 S bis 25.000 S sowie der Vorstrafen des Berufungswerbers und der bei der mündlichen Verhandlung gezeigten Einsicht in die Problematik der Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen sowie deren Überwachung durchaus geeignet und angemessen, den Berufungswerber hinkünftig von weiteren Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafen zu bemessen. Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängten Strafen herabgesetzt wurden, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Kontrollsystem; Eigenmächtigkeit des Lenkers

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