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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280439/5/Ga/Fb

Linz, 05.05.1999

VwSen-280439/5/Ga/Fb Linz, am 5. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Dipl.-Ing. G D in L gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 3. November 1998, GZ: 502-32/Li/We/23/98g, wegen Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

I. Zu Faktum 2. wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat 400 S zu leisten.

II. Zu Faktum 3. wird aus Anlaß der Berufung das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 f VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis (Fakten 2. und 3.) wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe als gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter (mit dem Dienstort 'L') der A Aktiengesellschaft dafür einzustehen, daß - im Zuge einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat - am 29. Jänner 1998 auf der von dieser Gesellschaft betriebenen, mit näherer örtlichen Beschreibung angegebenen Kanalbaustelle in S

2. § 6 Abs.6 BauV übertreten worden sei; als erwiesen wurde ihm vorgeworfen (§ 44a Z1 VStG), dafür verantwortlich zu sein, daß ein namentlich genannter Arbeitnehmer die dort ungesichert gewesene, 1,80 m tiefe Künette nur erschwert habe verlassen können, weil sich in dieser Künette keinerlei Ausstiegshilfen wie zB Leitern befunden hätten, obwohl § 6 Abs.6 BauV vorschreibe, daß dafür zu sorgen ist, daß alle Arbeitsplätze bei Gefahr schnell und sicher verlassen werden können;

3. § 27 Abs.1 iVm § 22 Abs.1 BauV verletzt worden sei; als erwiesen wurde ihm vorgeworfen (§ 44a Z1 VStG), dafür verantwortlich zu sein, daß ein namentlich angegebener Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kontrolle keinen Schutzhelm getragen habe, obwohl gemäß § 27 Abs.1 BauV jedem Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen ein geeigneter Schutzhelm zur Verfügung zu stellen sei, was ua insbesondere für Arbeiten in Künetten gelte, und gemäß § 22 Abs.1 BauV die zweckentsprechende Verwendung der Schutzausrüstung zu überwachen sei.

Über den Berufungswerber wurde zu 1. eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: sieben Stunden) und zu 2. eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Stunden) je kostenpflichtig verhängt.

Begründend verweist die belangte Behörde auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates, stellt das Ergebnis des daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahrens und die Beweiswürdigung dar und hielt - nach ausführlich wiedergegebener rechtlicher Beurteilung - die objektive und subjektive Tatbestandsmäßigkeit für verwirklicht.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung (zur Begründung ihrer Rechtzeitigkeit siehe die Ausführungen im h Erkenntnis VwSen-280438 vom heutigen Tag) hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafakt, erwogen:

Zu Faktum 2.

Wie schon im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde bestreitet der Berufungswerber die objektive Tatseite auch in seinem Rechtsmittel nicht. Der maßgebende Sachverhalt wurde von der belangten Behörde in einem die Verteidigungsrechte des Beschuldigten wahrenden Verfahren vollständig ermittelt; in der rechtlichen Beurteilung wurde die Tatbestandsmäßigkeit zutreffend angenommen. Der Sachverhaltsfeststellung durch die belangte Behörde und - im Ergebnis - der rechtlichen Beurteilung schließt sich der Oö. Verwaltungssenat an. Danach steht fest, daß vorliegend unter den im Schuldspruch näher angeführten, hinsichtlich der Beschaffenheit der Künette auf Faktum 1. des angefochtenen Straferkenntnisses verweisenden Umständen der Arbeitnehmer in eben dieser Künette zur Verrichtung bestimmter Arbeiten sich befunden hatte und dadurch der dort bestandenen Einsturzgefahr ausgesetzt gewesen ist und dennoch eine geeignete Ausstiegshilfe zum schnellen und sicheren Verlassen dieses gefahrvollen Arbeitsplatzes nicht vorgekehrt worden ist. In der rechtlichen Beurteilung unstrittig ist dabei die Bewertung der ungesichert gewesenen, dem Betretungsverbot gemäß § 48 Abs.7 BauV daher unterworfenen, dennoch zur Verrichtung bestimmter Arbeiten betretenen Künette als 'Arbeitsplatz' im Sinne BauV/ASchG, sodaß auch aus diesem Blickwinkel keine Bedenken gegen die Erfüllung der objektiven Tatbestandsmäßigkeit zu hegen waren.

Der Berufungswerber bestreitet auch nicht seine verwaltungsstrafrechtliche Haftung als gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG verantwortlicher Beauftragter.

Er bringt jedoch vor, daß ihm in diesem Fall kein persönlicher Schuldvorwurf gemacht werden dürfe, weil im Bereich der Baustelle, wenngleich nicht im Bereich der Künette, mehrere Leitern gelagert und die Arbeitnehmer über die Verfügbarkeit der Leitern auch entsprechend informiert gewesen seien. Darüber, daß er unter Umständen die Künette rasch verlassen können muß, sei sich der Arbeitnehmer im Klaren gewesen. Er habe sich jedoch darüber vergewissert bzw darauf vertraut, daß er die Künette über einen in der Längsrichtung bei einer Schräge abgestellt gewesenen Bagger ohne Schwierigkeiten werde verlassen können. Weil aber der Arbeitnehmer die Künette trotz Verbotes betreten hatte, habe den Berufungswerber auch nicht die Pflicht getroffen, für genügend Ausstiegshilfen aus der Künette Sorge zu tragen.

Mit diesem Vorbringen verhilft der Berufungswerber seinem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Er übersieht, daß die im § 6 Abs.6 BauV niedergelegte Sorgepflicht nicht unter dem Vorbehalt des rechtmäßigen Betretens solcher gefahrengeneigter Arbeitsplätze steht. Konnte nach den Umständen dieses Falles schon nicht ausgeschlossen werden, daß Arbeitnehmer entgegen allgemeinen Anweisungen und in Kenntnis der aktuell bestehenden Gefahr dennoch in die Künette hinabsteigen, um dort auftragsgemäße Arbeiten zu verrichten (konkret hier: Rohrverlege- bzw Betonierarbeiten), so mußte der dadurch gegebene Arbeitsplatz mit geeigneten, dh schnellen und sicheren Ausstiegshilfen fürsorglich, dh schon zugleich mit der Herstellung der Künette, versehen werden. Der nach den diesbezüglich unpräzisen Angaben des Arbeitnehmers "in Längsrichtung" (wo genau?) abgestellt gewesene Bagger ist keine von dieser Schutzvorschrift gemeinte Ausstiegshilfe.

All dies zugrunde legend aber ist es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auch für dieses Faktum die Erfüllung der subjektiven Tatbestandsmäßigkeit angenommen hat. Indem nämlich die belangte Behörde hiezu im wesentlichen ausführte, daß mit den vom Berufungswerber erwähnten Sicherheitsunterweisungen und der Erteilung von Anordnungen allein noch nicht die - im übrigen von der Rechtsprechung auf ein durchaus strenges, freilich auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit stehendes Niveau gehobenen - Überwachungspflichten des Arbeitgebers bzw des für ihn einstehenden Organs erfüllt sind und, davon abgesehen, vorliegend das Vorhandensein eines tauglichen, dh im betrieblichen Alltag auch wirksam gehandhabten Instruktions- und Kontrollsystems zur Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften vom Berufungswerber in keiner Weise initiativ dargelegt worden sei, so ist ihr darin nicht entgegenzutreten. Auch der Berufungsschriftsatz enthält derartige Darlegungen, mit denen dieses Kontrollsystem in allen maßgeblichen Einzelheiten behauptet und wenigstens bescheinigt werden müßte, nicht.

Im Ergebnis war somit auch die subjektive Tatbestandsmäßigkeit anzunehmen und aus allen diesen Gründen der Schuldspruch zu bestätigen.

Zu Faktum 2. wurde über den Berufungswerber die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Die Strafbemessung hat die belangte Behörde ausführlich anhand der Kriterien des § 19 VStG vorgenommen und hat dabei als mildernd die bisherige (absolute) Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet. Weitere Milderungsgründe hat der Berufungswerber zu diesem Faktum nicht geltend gemacht und waren solche Gründe auch vom Oö. Verwaltungssenat nicht aufzugreifen. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Milderung der Strafe) sieht der Oö. Verwaltungssenat in diesem Fall als nicht erfüllt, sodaß auch der Strafausspruch zu bestätigen war.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschuldigten der Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der gesetzlichen Höhe (20 % der bestätigten Geldstrafe) aufzuerlegen.

Zu Faktum 3.

Der vom angefochtenen Schuldspruch so formulierte Tatvorwurf, wonach der namentlich genannte Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kontrolle keinen Schutzhelm trug, umschreibt für sich allein noch kein iSd § 130 Abs.5 Z1 ASchG strafbares Zuwiderhandeln des Arbeitgebers gegen eine ihn verpflichtende Arbeitnehmerschutzvorschrift. Strafbar wäre das Nichttragen des Schutzhelmes durch den Arbeitnehmer für den Arbeitgeber - sachverhaltsbezogen - nur unter der einen Voraussetzung, daß er einen geeigneten solchen Schutzhelm dem Arbeitnehmer entgegen § 27 Abs.1 schon nicht zur Verfügung gestellt hat, oder unter der anderen Voraussetzung, daß er als Arbeitgeber den Schutzhelm (zum gebotenen Gebrauch durch den Arbeitnehmer) zwar zur Verfügung gestellt, jedoch entgegen § 22 Abs.1 BauV die tatsächliche Verwendung des Helms durch den Arbeitnehmer nicht bzw nicht (im Sinne der Judikatur) ausreichend überwacht hat.

Ein den Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG genügender Tatvorwurf hätte (schon mit der ersten Verfolgungshandlung, das ist hier die AzR vom 13. März 1998), anknüpfend an das Faktum des Nichttragens des Schutzhelmes, sich für den bestimmten Vorwurf der Verletzung der einen Pflicht oder der anderen Pflicht entscheiden müssen. Vorliegend aber wurde, noch dazu in bloß abstrakter Wiedergabe des Gesetzeswortlautes, gleichwertig die Verletzung beider Pflichten undifferenziert angelastet. Mit der dadurch einhergehenden Unbestimmtheit vermochte dieser Vorwurf die Verjährungsfrist jedoch nicht zu unterbrechen, sodaß, weil Verfolgungsverjährung eingetreten ist, dieser Schuldspruch aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen war.

Diese, vom Oö. Verwaltungssenat amtswegig aufzugreifen gewesene Unbestimmtheit des Tatvorwurfs war auch nicht etwa dadurch als saniert zu werten, daß der Berufungswerber nach der Aktenlage sich dahin verantwortet hatte, daß der Schutzhelm dem Arbeitnehmer sehr wohl zur Verfügung gestellt gewesen und dieser Umstand auch durch den zeugenschaftlich vernommenen Arbeitnehmer nicht bestritten worden sei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beschlagwortung: Arbeitsplatz; Künette; Betretungsverbot; Sorgetragungspflicht

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