Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280443/6/Kon/Pr

Linz, 11.06.1999

VwSen-280443/6/Kon/Pr Linz, am 11. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 11.2.1999, Zl:Ge96-43-1998, mit welchem Herrn H. H., R. wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, gemäß § 21 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, eine Ermahnung erteilt wurde, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und über den Beschuldigten H. H. anstelle der ihm erteilten Ermahnung gemäß § 130 Abs.5 Z1 Arbeitnehmerschutzgesetz - ASchG eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Stunden, verhängt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem eingangs zitierten Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems Herrn H. H. der Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.3 BauV für schuldig erkannt, jedoch gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und Genannten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt.

Hiezu führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß vom Beschuldigten, - da der gesamte L-Bau nicht auf einmal habe eingerüstet werden können -, anläßlich der Baustellenbesichtigung am Vortag der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat seinen Arbeitnehmern den Auftrag erteilt habe, daß nur an der Seite, an der das Schutzgerüst angebracht ist, gearbeitet werden dürfe. Erst nach der Umgerüstung an die Hofseite hätte dort weitergearbeitet werden dürfen. Dies sei durch die Angaben des als Zeugen vernommenen Vorarbeiters, Herrn E. M., bestätigt worden. Genannter Zeuge habe angegeben, daß entgegen dem Auftrag des beschuldigten Arbeitgebers schon vor der angeordneten Umgerüstung an die Hofseite mit Dachdeckungsarbeiten begonnen worden sei. Der Grund hiefür sei darin gelegen, daß eine auf der eingerüsteten Seite abgestellte Palette wegen einer Behinderung des Baustellenverkehrs wegzuheben war und wegen Platzmangels am Boden gleich auf die hofseitige Dachfläche hochgehoben worden sei.

Aufgrund dieser Umstände und der bisherigen Unbescholtenheit des Herrn H. H. hinsichtlich der Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen lägen die Voraussetzungen für die Bestimmungen des § 21 VStG vor.

Gegen diesen Bescheid hat das Arbeitsinspektorat rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung vorgebracht wie folgt:

Von den in der Anzeige angeführten Arbeitnehmern der H. GembR, R. seien am 11.9.1998 Arbeiten auf dem Dach durchgeführt worden. Dabei hätten sich diese Arbeitnehmer auf einer völlig ungesicherten Dachfläche befunden. Die Absturzhöhe habe ca. 7,5 m betragen und das Dach habe ferner eine Neigung von ca. 30o aufgewiesen. Außerdem war die Dachlattung noch naß gewesen, sodaß eine zusätzliche Gefährdung vorgelegen sei.

Gemäß § 21 VStG sei von der Verhängung einer Strafe nur dann abzusehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig und die Folgen der Übertretung unbedeutend seien. Da der Gesetzgeber offensichtlich die Absicht verfolge, derartige Übertretungen scharf zu ahnden (Strafhöhe bis zu S 100.000,--), obwohl zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht erforderlich sei, müsse die Aussprechung einer Ermahnung als unzureichend angesehen werden. Ferner seien, wie oben angeführt, besondere Gefährdungsmerkmale (Absturzhöhe, nasse Lattungen) vorgelegen.

Die Erteilung einer Weisung (z.B. an den Arbeitnehmer E. M.) stelle noch kein entsprechendes Kontrollsystem dar, sodaß es in weiterer Folge auch zu diesem "Tatbestand" kommen konnte.

Die in der Ermahnung angeführte Begründung, daß der Beschuldigte unbescholten sei, dürfe nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH auch nicht als Milderungsgrund herangezogen werden.

Somit ergehe folgender Antrag:

Die Ermahnung aufzuheben und ein Straferkenntnis gegen den Beschuldigten im Sinne des beantragten Strafantrages vom 28.9.1998 zu erlassen, wobei einer Herabsetzung der Strafhöhe auf S 5.000,-- (fünftausend) zugestimmt wird.

Vom unabhängigen Verwaltungssenat ist zunächst festzuhalten, daß der mit der erteilten Ermahnung bestätigte Schuldspruch vom Beschuldigten nicht bekämpft wurde und daher in Rechtskraft erwachsen ist.

In Bezug auf die Berufung des Arbeitsinspektorates hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Die in der zitierten Gesetzesstelle normierten Voraussetzungen für ein Absehen der Strafe, allenfalls unter gleichzeitiger Erteilung einer Ermahnung, sind geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Übertretung, wobei beide Voraussetzungen vorliegen müssen. Fehlt auch nur eine, ist ein Absehen von der Strafe nicht möglich.

Zieht man in Betracht, daß im vorliegenden Fall die Absturzhöhe 7,5 m und die Dachneigung ca. 30o betrugen, obwohl gemäß § 87 Abs.3 BauV schon bei einer Absturzhöhe von mehr als 3 m und einer Dachneigung von mehr als 20o Schutzgerüste anzubringen sind, kann die Folge der vorliegenden Übertretung, die in einer beträchtlichen Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der eingesetzten Arbeitnehmer zu erblicken ist - Stürze aus 7,5 m Höhe enden in sehr vielen Fällen letal - nicht als unbedeutend gewertet werden.

Allein schon dieser Umstand stand einem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG entgegen, sodaß eine Prüfung der Frage, ob bloß geringfügiges Verschulden vorlag, entbehrlich ist.

Für die demnach zu verhängende Strafe sind die Bestimmungen des § 130 Abs.5 Z1 ASchG und des § 19 VStG heranzuziehen.

Gemäß § 130 Abs.5 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in

1.den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Beschuldigte ist zunächst darauf hinzuweisen, daß jede innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens erfolgte Strafzumessung eine Ermessensentscheidung darstellt, die von der Behörde nach Maßgabe der Bestimmungen des § 19 VStG vorzunehmen ist.

In Anbetracht des Strafrahmens von 2.000 S bis 100.000 S einerseits und dem Unrechtsgehalt der Tat, welcher durch die Gefährlichkeit der Verhältnisse und das Ausmaß der Folgen eines möglichen Absturzes gekennzeichnet ist, erweist sich das festgesetzte Strafausmaß als angemessen. Der Umstand, daß im vorliegenden Fall der Schuldgehalt gegenüber dem Unrechtsgehalt der gegenständlichen Tat etwas geringer in Erscheinung tritt, läßt die Angemessenheit des Strafausmaßes dabei unberührt. Auch gewährleistet das Strafausmaß in der festgesetzten Höhe den Präventionszweck der Strafe. Anhaltspunkte dafür, daß die in der festgesetzten Höhe verhängte Geldstrafe dem Beschuldigten wirtschaftlich nicht zumutbar ist, liegen nicht vor.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

 

 

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