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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280448/7/Gu/Pr

Linz, 21.04.1999

VwSen-280448/7/Gu/Pr Linz, am 21. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der S.Pf. gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 10.2.1999, Zl.Ge96-102-1998-Gat, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes verhängten Strafen zu Recht:

Die zu Faktum a verhängte Geldstrafe wird auf 8.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 Tage und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 800 S herabgesetzt.

Im übrigen werden die zu lit.b und c wegen Unterschreitung der täglichen Ruhezeit und der Nichteinhaltung der Lenkpausen verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen sowie Verfahrenskostenbeiträge bestätigt.

Bezüglich des Faktums a entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

Zu lit.b und c des angefochtenen Straferkenntnisses hat die Rechtsmittelwerberin einen Beitrag von 2.000 S und 1.200 S, daher in Summe 3.200 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 19, § 51e Abs.3 Z2, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 65 VStG, § 28 Abs.1a Auslaufsatz AZG

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche handelsrechtliche Geschäftsführerin der L. Pf. Transport GesmbH vertreten zu müssen, daß der Lenker H. S. (mit dem LKW pol. Kennzeichen, mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 t)

a.über die gesetzlich zulässige Lenkzeit hinaus eingesetzt wurde (Lenkzeit vom 29.9.1998 auf 30.9.1998: 19 Stunden und 28 Minuten - Lenkzeit vom 1.10.1998 auf 2.10.1998: 17 Stunden und 36 Minuten) und

b.die gesetzlich vorgeschriebene tägliche Ruhezeit nicht einhalten konnte (vom 29.9.1998 auf 30.9.1998 betrug die tägliche Ruhezeit nur 5 Stunden 57 Minuten - vom 1.10.1998 auf 2.10.1998 betrug die tägliche Ruhezeit nur 5 Stunden und 11 Minuten) und

c.die gesetzlich vorgeschriebenen Lenkpausen nicht einhalten konnte (es wurde am 1.10.1998 innerhalb einer Lenkzeit von 9 Stunden und 34 Minuten nur eine Lenkpause von 41 Minuten eingelegt).

Wegen Verletzung des Art.6 Abs.1 der Verordnung EWG Nr. 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl.EG Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985 iVm dem Kollektivvertrag im Sinne des § 28 Abs.1a Z4 des Arbeitszeitgesetzes einerseits und des Art. 8 Abs.1 der zitierten EWG-Verordnung iVm § 28 Abs.1a Z2 des AZG andererseits und schließlich des Art. 7 Abs.1 der zitierten EWG-Ratsverordnung iVm § 28 Abs.1a Z6 AZG wurde ihr deswegen in Anwendung des § 28 Abs.1a AZG Geldstrafen in der Höhe von

a.10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage)

b.10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) und

c.6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) sowie erstinstanzlichen Verfahrenskosten- beiträge von 10 % der ausgesprochenen Geldstrafen auferlegt.

In Ihrer dagegen erhobenen Berufung beantragt die Rechtsmittelwerberin die erhebliche Herabsetzung der Strafen im Hinblick darauf, daß vom Lenker das Erfassen der unterschiedlichen Zeitgruppen wahrscheinlich nicht ausreichend sorgfältig geschah. Das Nahebringen der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften anhand des im Unternehmen stehenden Kontrollsystems gestalte sich sicher etwas schwieriger, weil der Dienstnehmer im Hinblick auf die nahende Pension nicht mehr leicht von seinen Gewohnheiten abzubringen ist, aber andererseits angesichts der nahenden Pension nicht mehr gekündigt werden sollte. Im Ergebnis ersucht die Rechtsmittelwerberin um Berücksichtigung eines geringeren Grades der Verschuldens.

Was die geltend gemachte ungeschickte allenfalls unzureichende Erfassung der Zeitgruppen auf der Tachoscheibe - hervorgerufen durch den Arbeitnehmer - anlangt, so ist zu bemerken, daß aus den Schaublättern hervorgeht, daß sich im betreffenden LKW ein "automatisches Kontrollgerät" befand, bei dem die Lenkzeiten automatisch aufgezeichnet werden, egal welche Zeitgruppen, vom Fahrer eingegeben wurden.

Am Umfang der Lenkzeiten und Ruhezeiten ist daher nicht zu rütteln. Bei der Bewertung des Unrechtsgehaltes der Lenkzeiten im Verhältnis zur Unterschreitung der Ruhezeiten ergab sich allerdings im Hinblick darauf, daß die ziffernmäßig beträchtliche Überschreitung der Lenkzeiten durch die Nichtgewährung von ausreichenden Ruhezeiten entstand - welche Rechenmethode durch das Gesetz vorgegeben ist - die Lenkzeiten pro Tag isoliert betrachtet, jedoch nicht so gravierend überschritten wurden und daher diesbezüglich der Unrechtsgehalt im Hinblick auf die hinreichende Gewichtung der Unterschreitung der Ruhezeit geringer einzustufen war. Dies deshalb, weil nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zur Vermeidung von Doppelbestrafung) bestehende Rechtsvorschriften, die eine Handlung bzw. Unterlassung unter verschiedene Straftatbestände stellt - um das durchgängige Lenken handelt es sich um solche Vorschriften - verfassungskonform zu interpretieren sind.

Im Lichte der Rechtsprechung der Straßburger Instanzen (vergl. den Fall Oliviera gegen Schweiz) auf welche sich auch der Verfassungsgerichtshof unter anderem stützt, sind bei der Anwendung der Strafnormen die Aspekte zu prüfen und danach auszuloten, inwieweit diese in den Straftatbeständen bezüglich des Unrechtsgehaltes bereits mitenthalten und sanktioniert sind.

Bei den Lenkzeiten und bei den (täglichen) Ruhezeiten, stehen beide Male der Schutz der Gesundheit und des Erholungsbedürfnisses des Lenkers sowie der Gesundheit und das Leben anderer Verkehrsteilnehmer im Vordergrund.

Bei der Ruhezeit kommen auch noch familiäre und soziale integrative Momente in Betracht.

Unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Gebotes der Beachtung des Art. 4, 7. Zusatzprotokoll, zur Europäischen Menschenrechtskonvention war daher angesichts des in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruches am Strafrahmen des § 28 Abs.1a Auslaufsatz AZG, welcher je Delikt eine Geldstrafe von 1.000 S bis 25.000 S vorsieht, Maß zu nehmen.

Darüber hinaus war hinsichtlich der Strafbemessung gemäß § 19 VStG zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Bezüglich der Annahme der ersten Instanz, was die persönlichen und Einkommensverhältnisse anlangt, ist die Rechtsmittelwerberin den Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht entgegengetreten. Mildernde Umstände im Sinne des § 34 StGB, welcher sinngemäß auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, sind nicht hervorgetreten. Bei der Einhaltung der in Rede stehenden arbeitszeitrechtlichen Vorschriften handelt es sich um keine Erfolgsdelikte, sodaß das Ausbleiben von besonders schädlichen Schadensereignissen nicht als mildernd zu Buche schlägt. Hingegen wog der Unrechtsgehalt durch die kurzen Ruhezeiten zwischen 29.9. und 30.9.1998 und zwischen 1.10. auf 2.10.1998 von unter 6 Stunden beträchtlich. Gleiches gilt für die nicht ausreichende Lenkpause am 1.10.1998 angesichts einer Lenkzeit von 9 Stunden und 34 Minuten.

Die Gesamtlenkzeit am 1.10.1998 hob sich vom erlaubten Maß, selbst bei isolierter Betrachtungsweise ab, jedoch bei Berücksichtigung des übrigen vorgeworfenen Lebenssachverhaltes ließe man die ohnedies gesondert geahndete Unterschreitung der täglichen Ruhezeit beiseite, nicht so deutlich, wie dies die erste Instanz beurteilte.

Daß das Verschulden besonders geringfügig wäre, etwa dadurch, daß eine ausgewogene Disposition der Fahrten in den Tagesabfolgen und ein entsprechend dichtes Kontrollsystem installiert gewesen sei und es sich bei den Fahrten des Lenkers nur um seine nicht vorhersehbare Eigenwilligkeit bzw. Eigenmächtigkeit gehandelt habe, konnte von der Beschuldigten nicht dargetan werden und war daher die subjektive Tatseite gewichtig. Als erschwerend mußte die Beschuldigte gegen sich gelten lassen, daß sie bereits sechsmal wegen Übertretung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften bestraft worden ist und diese Abstrafungen sie nicht bewegen konnten, das Erforderliche zur Hintanhaltung der in Rede stehenden Übertretungen zu bewegen. In der Zusammenschau mußten daher die zu den Fakten b und c ausgesprochenen Strafen bestätigt werden.

Die zu lit.a des angefochtenen Straferkenntnisses ausgesprochene Strafe war unter Berücksichtigung, daß ein entsprechender Teil des Unrechtsgehaltes bereits zu Faktum b gewichtet wurde, auf das spruchgemäße Maß herabzusetzen.

Dementsprechend war wegen des Teilerfolges diesbezüglich eine Kostenvorschreibung zum Berufungsverfahren nicht zu treffen. Hinsichtlich der erfolglosen Berufung bezüglich der Fakten b und c war jedoch gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Pauschalbetrag von 20 % der bestätigten Geldstrafen als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vorzuschreiben.

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: Eintätiges Verhalten, Gewichtung des Unrechtsgehaltes bei Erfüllung von mehreren Straftatbeständen.

 

 

 

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