Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280459/5/Ga/Mm

Linz, 30.10.2000

VwSen-280459/5/Ga/Mm Linz, am 30. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des N, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 12. April 1999, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften,zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 12. April 1999 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe es "gemäß § 9" VStG in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "Gesellschaft m.b.H.", Sitz in R, zu verantworten, dass "bei einer am 5. November 1997" auf einer örtlich beschriebenen Baustelle durch das zuständige AI durchgeführten Unfallerhebung "folgendes festgestellt" worden sei:

"Der Arbeitnehmer P, geb. 30.9.1973, wurde mit der Arbeit an einer Erdwärmeanlage beschäftigt, ohne dass nach der Entleerung der mit Propan R 290 gefüllten Leitung Vorsorge getroffen wurde, dass sich keine brennbaren, explosionsfähigen Gase in diesem Schacht mehr befinden, bevor Feuerarbeiten vorgenommen werden, bzw. der Arbeitsvorgang nicht unter solchen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt wurde, dass Arbeitnehmer durch Explosion nicht gefährdet werden."

Dadurch habe er § 118 Abs.3 iVm § 130 Abs.1 Z15 ASchG iVm § 120 Abs.1 bis 3 und § 121 Abs.2 und 3 BauV verletzt, weshalb wegen dieser Verwaltungsübertretung über ihn gemäß § 118 Abs.3 iVm § 130 Abs.1 Z15 ASchG eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe) kostenpflichtig zu verhängen gewesen sei.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, mit näherer Begründung Aufhebung und Einstellung, hilfsweise die Herabsetzung der Strafe bzw. das Absehen von einer Strafe beantragende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den Strafverfahrensakt der belangten Behörde und Anhörung des Arbeitsinspektorates, erwogen:

Im Ergebnis hat die belangte Behörde in der rechtlichen Beurteilung zu Unrecht die Tatbestandsmäßigkeit einer Übertretung der im Spruchteil gemäß § 44 a Z2 VStG genannten Vorschriften der BauV (§ 120 Abs.1 bis 3; § 121 Abs.2 und 3) angenommen.

Diese Schutzvorschriften treffen allgemeine Regelungen für die in der Überschrift zum 17. Abschnitt der BauV genannten Arbeiten einerseits und besondere Regelungen für die Durchführung von Feuerarbeiten (in oder an Behältern, Silos, Schächten etc.) andererseits.

So enthält § 120 Abs.1 BauV keine eigene sanktionsbewehrte Verhaltensnorm, sondern trifft nur eine allgemeine Anwendungsregelung für die Absätze 2 bis 5 des

§ 120 BauV.

Hingegen enthält der gleichfalls als verletzt vorgeworfene Abs.2 des § 120 BauV zwei - unterschiedliche - Gebotsvorschriften:

Der erste Satz bestimmt die Pflicht der Aufsichtsperson, vor Betreten der Einrichtungen und vor Beginn der Arbeiten an diesen Einrichtungen die notwendigen Schutzmaßnahmen schriftlich anzuordnen. Der zweite Satz ordnet an, dass die Einhaltung dieser dergestalt angeordneten Schutzmaßnahmen im Regelfall durch die Aufsichtsperson selbst sichergestellt sein, dh unmittelbar überwacht werden muss.

Und schließlich bestimmt auch der überdies als verletzt angeführte Abs.3 des § 120 BauV zweierlei Gebotsnormen:

Gemäß dem ersten Satz dürfen die genannten Einrichtungen überhaupt nur nach Erlaubniserteilung der Aufsichtsperson betreten werden; der zweite Satz regelt, unter welchen Voraussetzungen die Aufsichtsperson diese Erlaubnis zum Betreten erteilen darf.

Vor diesem hier maßgeblichen Rechtshintergrund enthält nun der eigentliche Tatvorwurf des angefochtenen Schuldspruches (dessen Abs.2) weder geeignete Sachverhalte, die einen Verstoß gegen die besonderen Gebotsnormen der Abs.2 und 3 des § 120 BauV näherhin umschreiben könnten, noch - darauf gestützt - die wesentlichen Tatbestandsmerkmale dieser Gebotsnormen selbst.

Aber auch die Übertretung des zusätzlich als verletzt vorgeworfenen § 121 Abs.2 und 3 BauV kann der spruchgemäßen Anlastung nicht entnommen werden. Dies schon deshalb nicht, weil die Gebote der Abs.2 und 3 leg.cit. ausdrücklich an die Durchführung von (im Abs.1 dieser Vorschrift) näher definierten Feuerarbeiten anknüpfen. Ein dem Bestimmtheitsgebot des § 44 a Z1 VStG genügender Tatvorwurf müsste daher in sachverhaltsmäßiger Hinsicht von einer festgestellten konkreten Feuerarbeit ausgehen und (nur) damit verbunden die Erfüllung eben dieses Tatmerkmales vorwerfen. Die Formulierung des angefochtenen Schuldspruches: "...bevor Feuerarbeiten vorgenommen werden" erwähnt das Merkmal nur abstrakt; ein bestimmter Sachverhalt, dass und welche Feuerarbeiten an der sprucherfassten Baustelle tatsächlich durchgeführt worden sind, ist damit nicht zum Ausdruck gebracht.

Auch die im Berufungsfall gesetzte erste Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16.12.1997) enthielt in der Anlastung keinen für die Annahme der Tatbestandsmäßigkeit einer Verletzung der hier in Rede stehenden Schutzvorschriften geeigneten Lebenssachverhalt.

Erwies sich aus allen diesen Gründen der angefochtene Schuldspruch (und ebenso die erste Verfolgungshandlung) als daher dem Bestimmtheitsgebot nicht entsprechend, so war wie im Spruch zu entscheiden. Auf die Ausführungen in der Berufung, wonach die belangte Behörde den im Schuldspruch genannten Arbeitnehmer zu Unrecht nicht als Abwesenheits-Aufsichtsperson iSd § 120 Abs.2 zweiter Satz BauV habe gelten lassen, brauchte schon deswegen nicht eingegangen zu werden, weil, wie dargelegt, im Berufungsfall der Vorwurf eines Verstoßes gegen dieses Schutzgebot (Überwachung von bestimmten, schriftlich angeordneten Schutzmaßnahmen entweder durch die Aufsichtsperson oder bei deren Abwesenheit durch einen in besonderer Weise bestellten Arbeitnehmer) gar nicht erhoben wurde. Auf sich beruhen kann auch, dass der (generelle) Straftatbestand einer Übertretung der BauV, jedenfalls nach der Judikatur des VwGH, im § 130 Abs.5 Z1 ASchG niedergelegt ist und - wie im angefochtenen Straferkenntnis unternommen - ein Rückgriff auf die Kasuistik des § 130 Abs.1 AschG sich daher als rechtswidrig erweist.

Dieses Verfahrensergebnis entlastet den Berufungswerber auch aus seiner Kostenpflicht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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