Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280467/7/Kl/Rd

Linz, 31.05.2000

VwSen-280467/7/Kl/Rd Linz, am 31. Mai 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des S, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5.5.1999, Ge96-200-1997/Ew, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der BauV zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass in der Übertretungsnorm der "§ 7 Abs.1, Abs.2 Z1 und 4" BauV zu zitieren ist.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu dem Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat einen Verfahrenskostenbeitrag von 3.000 S (entspricht 218,02 €), ds 20 % der verhängten Strafe, zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5.5.1999, Ge96-200-1997/Ew, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 15.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 58 Abs.3, 7 Abs.1, Abs.2 Z1 und 2, 8 Abs.1 Z2 und Abs.2 der BauV iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der S GesmbH (Komplementär GesmbH zur Arbeitgeberin S GesmbH & Co KG), zu vertreten hat, dass auf der Baustelle 4020 Linz, am 22.7.1997, wie von einem Organ des AI Linz anlässlich einer Überprüfung festgestellt wurde, ein Arbeitnehmer der oa Gesellschaft auf der 4. Etage (in 8 m Höhe) des Stahlrohrrahmengerüstes mit dem Bohren von Löchern für Kunststoffdübel zur Befestigung des Vollwärmeschutzes beschäftigt wurde, wobei sich diese Arbeitsstelle auf einem 1,3 m breiten Übergang zwischen den zwei beidseitig neben einem Kellerschacht aufgestellten Stahlrohrrahmengerüsten befand und dieser Übergang nur mit einer Brustwehr in Form einer 2 cm breiten, 3 cm hohen und ca. 1,5 m langen Leiste sowie einer Mittelwehr in Form einer 1,5 cm breiten, 5 cm hohen und ca. 1,5 m langen Leiste "abgesichert" war, weiters fehlte die Fußwehr zur Gänze und somit keine geeigneten Absturzsicherungen gegen den Absturz von Menschen getroffen wurden, obwohl gemäß § 7 Abs.1 BauV bei Absturzgefahr (gemäß § 7 Abs.2 Z1 liegt Absturzgefahr bei Öffnungen und Vertiefungen im Fuß- oder Erdboden, wie Schächten, Kanälen, Gruben, Gräben und Künetten bei Öffnungen in Geschoßdecken, wie Installationsöffnungen oder in Dächern, wie Lichtkuppeln- oder Sheddachöffnung sowie gemäß § 7 Abs.2 Z2 an Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen über Gewässern oder anderen Stoffen, in denen man versinken kann, vor) Absturzsicherungen (gemäß § 8 Abs.1 Z2 BauV sind Absturzsicherungen Umwehrungen (Geländer) an den Absturzkanten, die aus Brust-, Mittel- und Fußwehren bestehen, wobei diese Wehren gemäß § 8 Abs.2 aus widerstandsfähigen Material herzustellen sind und die dazu verwendeten Bretter gemäß § 58 Abs.3 einen Mindestquerschnitt von 12 cm x 2,4 cm aufweisen müssen und weiters so zu befestigen sind, dass sie nicht unbeabsichtigt gelöst werden können), anzubringen sind.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und als Berufungsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Begründend wurde ausgeführt, dass unstrittig sei, dass ein Arbeitnehmer an der näher beschriebenen Baustelle und am näher beschriebenen Arbeitsplatz mit der Befestigung des Vollwärmeschutzes beschäftigt war. Die Brust- und Mittelwehr sei in stabiler Ausführung abgesichert gewesen. Feststellungen zur Qualität der Leisten seien von der Behörde nicht getroffen worden. Im Übrigen seien die Absturzsicherungen im § 8 Abs.1 Z2 nur beispielhaft aufgezählt. Darüber hinaus seien alle Mitarbeiter angewiesen gewesen, entsprechende Absturzsicherungen anzubringen und sei der Bauleiter angewiesen gewesen, laufend Kontrollen vorzunehmen. Auch sei die verhängte Geldstrafe bei weitem überhöht.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der geltenden Geschäftsverteilung die 8. Kammer zur Entscheidung zuständig.

Weil in der Berufung nur unrichtige rechtliche Beurteilung und die Höhe der verhängten Strafe angefochten und eine öffentliche mündliche Verhandlung ausdrücklich nicht verlangt wurde, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 und 2 VStG).

Das zuständige Arbeitsinspektorat wurde am Berufungsverfahren beteiligt. Es wies in einer Stellungnahme darauf hin, dass gemäß § 58 Abs.3 BauV die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 versehen sein müssen, wobei die Bretter einen Mindestquerschnitt von 12 cm x 2,4 cm aufweisen müssen. Dies sei nicht der Fall gewesen, weshalb eine geeignete Absturzsicherung nicht vorgelegen sei. Darüber hinaus fehlte auch die Fußwehre.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl.Nr. 340/1994, sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen. Absturzgefahr liegt nach § 7 Abs.2 BauV vor, bei Öffnungen und Vertiefungen im Fuß- oder Erdboden, wie Schächten, Kanälen, Gruben, Gräben und Künetten, bei Öffnungen in Geschoßdecken usw (Z1) oder an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe (Z4).

Gemäß § 8 Abs.1 Z2 BauV sind geeignete Absturzsicherungen Umwehrungen (Geländer) an den Absturzkanten, die aus Brust-, Mittel- und Fußwehren bestehen. Gemäß § 8 Abs.2 BauV müssen Brust-, Mittel- und Fußwehren aus widerstandsfähigem Material hergestellt und so befestigen sein, dass sie nicht unbeabsichtigt gelöst werden können.

Gemäß § 58 Abs.3 BauV müssen die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 versehen sein. Bretter mit einem Mindestquerschnitt von 12 cm x 2,4 cm dürfen als Brustwehren verwendet werden.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenSchutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 47/1997, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

4.2. Aufgrund des im Verfahren erster Instanz vorgeworfenen und erwiesenen Sachverhaltes, welcher in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ausführlich dargelegt wurde und im Übrigen vom Bw auch vor dem Oö. Verwaltungssenat nicht bestritten wurde, steht fest, dass ein Arbeitnehmer auf einem Arbeitsgerüst bei einer Absturzhöhe von 8 m mit der Befestigung des Vollwärmeschutzes beschäftigt war, obwohl eine Fußwehr zur Gänze fehlte und nur eine Brustwehr, die aus einer 2 cm breiten, 3 cm hohen und ca. 1,5 m langen Leiste bestand, und eine Mittelwehr, die aus einer 1,5 cm breiten, 5 cm hohen und ca 1,5 m langen Leiste bestand, vorhanden war. Durch die Ausführung einer solcher Art aufgestellten Sicherung wurde den obzit. Bestimmungen der BauV nicht entsprochen. Die vorgefundenen Leisten entsprechen nicht § 8 Abs.2 BauV, nämlich dass sie aus widerstandsfähigem Material hergestellt sein müssen. Insbesondere ist für die Brustwehr eines Arbeitsgerüstes nach § 58 Abs.3 BauV ein Brett mit einem Mindestquerschnitt von 12 cm x 2,4 cm vorgesehen. Diesen Anforderungen wird die vorgefundene Leiste mit den Abmessungen 2 cm x 3 cm nicht gerecht. Da im Übrigen eine Absturzhöhe von mehr als 2 m gegeben ist, können Fußwehren auch nicht entfallen. Es wurde daher eine Übertretung nach der BauV eindeutig gesetzt.

Die in der Berufung weiters vorgebrachte Möglichkeit der Absicherung durch Abgrenzungen gemäß § 9 BauV steht im gegenständlichen Fall nicht offen, zumal Arbeitsgerüste in einer Spezialregelung nach § 58 BauV geregelt sind und § 58 Abs.3 für die Gerüstlagen jedenfalls Wehren gemäß § 8 vorsieht.

Es ist daher der objektive Tatbestand erfüllt.

Die Verwaltungsübertretung hat der Bw auch subjektiv zu verantworten.

Gemäß § 60 Abs.7 BauV dürfen nämlich Gerüste weder unvollständig errichtet noch teilweise abgetragen und so belassen werden, dass eine Verwendung derselben möglich ist, wenn der bereits aufgestellte oder noch stehen bleibende Teil den Anforderungen an Gerüste nicht voll entspricht. Gemäß § 62 Abs.4 BauV darf ein unvollständig errichtetes oder nur teilweise abgetragenes Gerüst, das den Anforderungen an Gerüsten nicht voll entspricht, nicht benützt werden.

Aus diesen gesetzlichen Anordnungen ist ersichtlich, dass den Arbeitgeber Sorgfaltspflichten treffen, nämlich dahingehend, dass unvollständige Gerüste nicht in Betrieb genommen werden dürfen. Diesen Sorgfaltspflichten ist der Bw nicht nachgekommen. Sein Vorbringen ist nicht geeignet, eine Entlastung nachzuweisen. Wenn sich nämlich der Bw auf Anordnungen an seine Arbeitnehmer stützt, so ist ihm die ständige Judikatur des VwGH entgegenzuhalten, wonach Weisungen und Anordnungen allein nicht ausreichen, um den Arbeitgeber zu entlasten. Vielmehr hat dieser auch die Einhaltung seiner Anordnungen zu kontrollieren. Diesbezüglich hat er ein lückenloses Kontrollnetz anzuführen und unter Beweis zu stellen. Eine solche Kontrolle durch ihn oder eine beauftragte Person wurde vom Bw nicht konkretisiert und dazu keine Beweise angeboten. Die Berufungsausführungen, wonach der Bauleiter eine Kontrolle durchzuführen hätte, dient der Entlastung nicht. Wie sich nämlich aus dem Verfahren erster Instanz einwandfrei ergibt (Stellungnahme des Bw vom 24.11.1997), war zum Tatzeitpunkt die Inbetriebnahme dieser Arbeitsstelle nicht vorgesehen gewesen und wurde eine fachliche Überprüfung erst am 24.7.1997, also zwei Tage nach dem Tatzeitpunkt durchgeführt. Eine Kontrolle zum Tatzeitpunkt wurde daher nicht durchgeführt. Eine Kontrolle des Bauleiters hingegen wurde nicht einmal vorgebracht. Es ist daher dem Bw eine Entlastung iSd § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen.

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld vollinhaltlich zu bestätigen.

4.3. Hinsichtlich der verhängten Strafe ist die belangte Behörde nach den Strafbemessungsregeln des § 19 VStG vorgegangen. Beim Unrechtsgehalt der Tat hat sie zu Recht auf die Absturzgefahr und die hohe Gefährdung des Lebens und der Gesundheit des Arbeitnehmers aufgrund der Absturzhöhe Bedacht genommen. Zu den persönlichen Strafbemessungsgründen hat sie zu Recht die mehrmaligen rechtskräftigen Verurteilungen wegen Übertretungen der BauV als straferschwerend gewertet. Strafmilderungsgründe kamen nicht hervor. Die persönlichen Verhältnisse wurden nach den Angaben des Bw zu Grunde gelegt (Konkursverfahren und Existenzminimum des Bw). Weitere Strafbemessungsgründe brachte der Bw auch in seinem Berufungsschriftsatz nicht vor. In Anbetracht der schon mehrmaligen Verurteilungen nach der BauV ist die verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen und aus spezialpräventiven Gründen, nämlich den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten, erforderlich. Aus diesen Gründen war auch trotz der bescheidenen persönlichen Verhältnisse des Bw eine höhere Geldstrafe erforderlich. In Anbetracht des gesetzlichen Höchstrahmens bewegt sich aber die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens und ist daher als nicht überhöht zu werten. Darüber hinaus war aber die Geldstrafe auch erforderlich, um andere Arbeitgeber vor einer derartigen Verwaltungsübertretung abzuschrecken. Immerhin soll das höchste Rechtsgut von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer geschützt werden. Es war daher auch der Strafausspruch zu bestätigen.

5. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, musste zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ein Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, ds 3.000 S, gemäß § 64 VStG auferlegt werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Gerüst, Kontrollsystem, Entlastung

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