Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590027/3/WEI/Ni

Linz, 09.09.2003

VwSen-590027/3/WEI/Ni Linz, am 9. September 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Mag. F S, Apotheker in O, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 18. März 2003, Zahl SanRB01-234-2002, betreffend die Abweisung des Antrags auf Zurücknahme der Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke des Dr. F D (mitbeteiligte Partei) zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991

Entscheidungsgründe:

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage und der eingebrachten Berufung von folgendem Sachverhalt aus:

1.1. Mit Schreiben vom 12. November 2002 teilte der Berufungswerber (Bw) Mag. pharm. W S durch seinen Rechtsvertreter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit, dass ihm mit Bescheid des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 14. August 1998, GZ 262-201/1-VIII/A/4/1998 die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in O erteilt worden sei. Da er die Apotheke am 2. Dezember 2002 eröffne, beantrage er die Zurücknahme jener Bewilligungen zur Haltung von ärztlichen Hausapotheken, die Ärzten erteilt wurden, deren Berufssitze weniger als vier Straßenkilometer von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke entfernt gelegen sind.

Die Eröffnung der öffentlichen Apotheke in O erfolgte tatsächlich am 2. Dezember 2002 (vgl Anzeige der Eröffnungsfeier).

Mit Eingabe vom 20. November 2002 gab Dr. med. F D, Arzt für Allgemeinmedizin, B 19, 4901 O/H., der belangten Behörde bekannt, dass er mit 20. November 2002 seinen Ordinationssitz und zugleich auch die Betriebsstätte seiner ärztlichen Hausapotheke von O/H., B, auf T, H verlege.

1.2. Mit Schreiben vom 26. November 2002 ersuchte die Behörde erster Instanz den bautechnischen Sachverständigendienst (Örtliche Raumordnung) des Amtes der Oö. Landesregierung um Abgabe einer gutachtlichen Stellungnahme zur Frage, ob es sich bei der Verlegung der Hausapotheke von B nach H (beides Gemeinde O) - unter topographischen und strukturellen Gesichtspunkten um ein räumlich von anderen Siedlungsgebieten klar abgegrenztes Siedlungsgebiet handelt. Rechtssätze des Verwaltungsgerichtshofs zum Begriff Ortschaft wurden angeschlossen.

In der fachlichen Stellungnahme vom 11. Dezember 2002, BauRO-Ö-307054/1-2002/Kie/Ki, trifft Dipl.-Ing. O K von der Abteilung Raumordnung (Örtliche Raumordnung) zunächst folgende Feststellungen:

Topographische Gesichtspunkte:

Die Ortschaft H liegt im Nordwesten des Gemeindegebietes von O und ist von der Ortschaft E, die mit der Ortschaft B zusammen gewachsen ist, durch eine ca. 200 m breite landwirtschaftlich genutzte Grünzone optisch deutlich getrennt. Der Ortsname und die Ortstafel unterstreichen dieses Faktum. Im Entwurf zum Örtlichen Entwicklungskonzept (ÖEK) wird diese räumliche Trennung durch 'Baulandgrenzen' und durch eine 'Grünzone' manifestiert.

Strukturelle Gesichtspunkte:

Die Ortschaft H hat 185 Einwohner. In der Ortschaft befinden sich ein Bahnhof der ÖBB-Linie A - S, ein Gasthaus, ein Sportplatz, eine Halle für Stockschützen, ein Musikheim und ein Stahlbaubetrieb mit 13 Beschäftigten.

Der Amtssachverständige wirft dann unter Hinweis auf nur unzureichend definierte Begriffe kritisch die Frage auf: "Was ist ein strukturell klar abgegrenztes Siedlungsgebiet?

In weiterer Folge nimmt er auf den allgemeinen Sprachgebrauch in Oberösterreich Bezug, wo man unter Ortschaft eine Siedlungsform zwischen Weiler (ländliche Kleinsiedlung) und Ort versteht, bei dem es sich um eine Siedlung mit einer Mindestausstattung sozialer Infrastruktur wie Volksschule, Kirche, Kindergarten, Nahversorgung usw handle. Als Beispiel nennt er B im Südosten von H. Bei diesem Sprachgebrauch scheine der Begriff Ortschaft auf H anwendbar.

In Bezug auf die räumliche Abgrenzung werde es schon schwieriger. Der Amtssachverständige fragt, ob 200 m Grünland dazwischen reichen. Hier tue sich ein gewisser Ermessensspielraum auf. Von der Optik her sei H jedenfalls als räumlich getrennte Ortschaft erkennbar.

Der Begriff "strukturell" erscheint dem Amtssachverständigen problematisch. Etwas Klarheit sei aus einem Rechtssatz zu gewinnen, wonach sich der Begriff Ortschaft mit der Vorstellung einer Gruppenniederlassung, eines Kreises räumlich geeigneter Wohnstätten, in welchem sich die allen Bewohnern eines gewissen Umkreises und ihren gemeinschaftlichen sozialen Bedürfnissen dienenden Ubikationen (Kirche, Schulhaus, Gasthaus, Gemeindeamt usw) befinden. Solche Einrichtungen der sozialen Infrastruktur seien in B vorhanden, in H aber sehr dünn gesät. B sei mit den umliegenden Ortschaften als Bevölkerungsschwerpunkt der ländlichen Region anzusehen, während H eine Randlage aufweise und kein günstiger Standort für einen Arzt sei. Auch der Entwurf des örtlichen Entwicklungskonzepts der Gemeinde O sehe in B großflächigere Baulanderweiterungen und in H lediglich "Erweiterungen und Abrundungen im Einzelfall" vor. Auf der anderen Seite könne eine Arztpraxis in H auch als Aufwertung gesehen werden. Die Mehrheit der Patienten erspare sich den Weg in die Apotheke, wenn der Arzt seine Hausapotheke behalten könne.

Zusammenfassend betont der Amtssachverständige zwar die Problematik auf Grund des hohen Ermessensspielraums meint aber, dass bei H von einem unter topografischen und strukturellen Gesichtspunkten klar abgegrenzten Siedlungsgebiet gesprochen werden könne.

1.3. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2002 hat die belangte Behörde eine Kopie des Gutachtens der Abteilung Raumordnung (Örtliche Raumordnung) vom 11. Dezember 2002 dem betroffenen Allgemeinmediziner Dr. D zur Kenntnis gebracht und aufmerksam gemacht, dass bei Verlegung an den Standort T, H, um Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke neu anzusuchen sei.

In der rechtsfreundlich vertretenen Stellungnahme Dris. D vom 29. Jänner 2003 wird nach näheren Ausführungen zum unbestimmten Rechtsbegriff "Ortschaft" auf die Identität des Patientenkreises vor und nach der Übersiedlung als wichtigstes Indiz dafür, dass keine Verlegung des Berufssitzes in eine andere Ortschaft iSd § 29 Abs. 3 ApothekenG erfolgte, abgestellt. Die Beurteilung, ob die Ortschaftsteile E, H und B eine Ortschaft iSd § 29 Abs. 2 ApothekenG sind, sei nicht Tatsachenfrage, sondern Rechtsfrage. Dem Gutachten der Abteilung Raumordnung komme nur untergeordnete Bedeutung zu. In der Stellungnahme dazu wird auf das Zusammenwachsen der Ortschaftsteile H, E und B und den allen Ortsteilen gemeinsamen Bahnhof in E hingewiesen, was ein Indiz für eine Ortschaft iSd ApothekenG sei. Auf den allgemeinen Sprachgebrauch komme es für den Begriff der Ortschaft nicht an, sondern auf den Regelungszweck des Apothekengesetzes, eine funktionierende Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten sicherzustellen. Dass sich die Einrichtungen der sozialen Infrastruktur beinahe ausschließlich in B befinden, spreche auch dafür, dass B und H Teile einer Ortschaft sind, andernfalls diese Einrichtungen sowohl in B, als auch in H zu finden wären. Die gutachtlichen Feststellungen zu strukturellen Gesichtspunkten würden für das Vorliegen einer Ortschaft mit den Teilen H, E und B sprechen. Mit der Verlegung seines Berufssitzes von B nach H habe der Einschreiter demnach nicht die Ortschaft iSd § 29 Abs. 3 ApothekenG gewechselt, weshalb Standortidentität gegeben sei und die Anzeige des neuen Ordinationssitzes an die Behörde ausreiche. Die Verlegung der Hausapotheke innerhalb einer Ortschaft sei bewilligungsfrei und an sie seien keine Rechtsfolgen geknüpft.

1.4. Die belangte Behörde holte daraufhin die weitere Stellungnahme der Abteilung Raumordnung (Örtliche Raumordnung) vom 27. Februar 2003, Zl. BauRO-Ö-307054/2-2003-Kie/Ki, ein. Im Einzelnen stellt der Amtssachverständige zum relevanten Sachverhalt nunmehr fest:

Zusammenfassend erklärt der Amtssachverständige, dass die Meinung geteilt werden könne, wonach mit der Verlegung des Berufssitzes von B nach H nicht die Ortschaft iSd § 29 Abs. 3 ApothekenG gewechselt wurde.

1.5. Am 11. Februar 2003 hielt die Behörde erster Instanz nach einer Begehung vor Ort in einem Aktenvermerk fest, dass im Haus H eine Ordination mit einem eigenen Raum für die Hausapotheke eingerichtet worden ist. An der Hausmauer und im Vorraum waren Schilder angebracht, die auf die Arztpraxis und Hausapotheke hinweisen. Auch eine Sprechstundenhilfe war bei der Überprüfung anwesend.

1.6. Die belangte Behörde übermittelte dem Rechtsvertreter des Bw die Gutachten der Abteilung Raumordnung des Amtes der Oö. Landesregierung und räumte Gelegenheit zur Stellungnahme ein. In der Eingabe vom 10. März 2003 vertrat der Bw zusammenfassend den Standpunkt, dass Dr. D durch die Verlegung seiner Ordination von B nach H die Ortschaft des ursprünglichen Sitzes der Hausapotheke gemäß § 29 Abs. 1 ApothekenG verlassen hätte und daher seine Bewilligung zum Betrieb einer Hausapotheke gemäß § 29 Abs. 3 ApothekenG erloschen wäre.

1.7. Im angefochtenen Bescheid vom 18. März 2003, Zl. SanRB01-234-2002, stellt die belangte Behörde erster Instanz zunächst im Spruchpunkt 1) fest, dass es sich bei der mit Wirkung vom 20.11.2002 von Herrn Dr. med. F D angezeigte Verlegung der ärztlichen Hausapotheke von B (O) nach H (T) um eine Verlegung innerhalb der Ortschaft handelt.

Im Spruchpunkt 2) wurde der Antrag des Bw auf Zurücknahme der Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke von Dr. F D in B, O, abgewiesen.

1.8. Gegen diesen dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 25. März 2003 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 3. April 2003 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung vom 28. März 2003, in der die Änderung des angefochtenen Bescheids im Sinne einer Zurücknahme der Bewilligung Dris. D zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke, in eventu die Aufhebung und Zurückverweisung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Verwaltungsbehörde erster Instanz beantragt wird.

2.1. In der Begründung des angefochtenen Bescheids stellt die belangte Behörde den Verfahrensgang und den wesentlichen Sachverhalt näher dar. Auf diese Darstellung wird im Einzelnen verwiesen.

Ergänzend ist die Feststellung der belangten Behörde anzuführen, dass dem praktischen Arzt Dr. D mit Bescheid des Amtes der Oö. Landesregierung (gemeint: des Landeshauptmannes von Oberösterreich) vom 24. Oktober 1995, Zl. SanRB-20192/6-1995-A/Ga, die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in O, erteilt worden ist. Diese führte er in B bis zum 20. November 2002, an welchem Tag er die Verlegung seiner Ordination nach H, T, anzeigte. Wie die Überprüfung der belangten Behörde ergab, betreibt er dort tatsächlich seine Ordination samt ärztlicher Hausapotheke. Die Entfernung zu der in O errichteten "Hausruck Apotheke" des Bw beträgt etwa 5,8 km.

Im Ergebnis ging die belangte Behörde davon aus, dass Dr. D seine Ordination samt Hausapotheke noch rechtzeitig vor Eröffnung der "Hausruck-Apotheke" verlegt und seit damals seinen Berufssitz in einer Entfernung von mehr als 4 und weniger als 6 Straßenkilometer hat. Die Voraussetzungen für die Zurücknahme der Bewilligung seinen daher nicht gegeben.

2.2. Die Berufung macht inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Zum letztgenannten Berufungsgrund wird die Unterlassung eines beantragten Lokalaugenscheins gerügt, bei dessen Durchführung die belangte Behörde den eigenständigen Charakter der Ortschaften B, E und H hätte feststellen können. Angekündigt wird noch die Vorlage eines Luftbildes des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen.

Zum Berufungsgrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit zitiert die Berufung weitwendig aus Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff "Ortschaft" und leitet dann "aus nachstehenden Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens" ab, dass H und B eigene Ortschaften der Gemeinde O seien.

B gehöre zum Postamtsbereich O a.H. und H zu dem von T. Gerade aus der Feststellung, dass B dem Postamt T näher liege als H, folge eine bewusste Unterscheidung zwischen verschiedenen Ortschaften, weil sonst nichts dagegen gesprochen hätte, H ebenfalls dem Postamtsbereich O zuzurechnen. Außerdem bestehen für alle Ortschaften eigene Ortstafeln nach der StVO. Der 200 m breite Grünstreifen befinde sich zwischen E und H, auch wenn die Ortstafel E am westlichen Rand dieses Streifens aufgestellt worden sein sollte. H weise eine gewisse Selbständigkeit gegenüber B auf, weil in H eine Gemeindehalle zur Abhaltung diverser lokaler Veranstaltungen errichtet worden sei. Letztlich sei es auch nicht nachvollziehbar, wenn die Behörde erster Instanz den Umstand, dass eigene Vereine zur Sportausübung und für kulturelle Aktivitäten in B und H bestehen, einfach wegwische.

Im Übrigen versucht die Berufung entgegen den Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juli 1992, VwSlg 13.685 A/1992, zu begründen, dass auf den Zeitpunkt der Erlassung des Konzessionsbescheids zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke und nicht auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der neuen öffentlichen Apotheke abzustellen sei. Dabei argumentiert sie mit der neuen Rechtslage durch § 62 ApothekenG idF BGBl I Nr. 16/2001. Da der Gesetzestext im Zusammenhang mit der Hausapotheke das Wort "besteht" verwendet und zuvor von der Erteilung einer Konzession für eine öffentliche Apotheke spricht, werde klar zum Ausdruck gebracht, dass die Bewilligung unabhängig davon zurückzunehmen sei, wohin die Hausapotheke in der Folge "gewandert" sein mag.

2.3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung mit den bezughabenden Verwaltungsakten zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Mit der beim Oö. Verwaltungssenat am 17. April 2003 eingelangten Urkundenvorlage übermittelte der Bw durch seinen Rechtsvertreter das angekündigte Luftbild des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen sowie eine Kopie aus der Österreichkarte des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen im Maßstab 1:25.000. Auf dieser Kartenkopie wurde der Bahnhof H orange und die Nordschleife der Hausruckbahn grün ersichtlich gemacht.

Zum vorgelegten Luftbild bringt der Berufungsvertreter vor, dass die Ortsgebiete von B und E fast zusammengewachsen seien. Zwischen E und B befinde sich ein längerer unbebauter Streifen, auf dem sich Äcker befinden. Dieser Streifen wurde schwarz schraffiert. Auf dem Luftbild sei ebenso wie auf der Karte eindeutig zu sehen, dass es sich bei H um eine eigenständige Ortschaft im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handle.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage hinlänglich geklärt erscheint und zur Lösung des Falles im Wesentlichen Rechtsfragen zu beurteilen sind. Der vom Bw beantragte Lokalaugenschein erscheint schon im Hinblick auf die in tatsächlicher Hinsicht unbestritten gebliebenen Stellungnahmen des Amtssachverständigen der Abteilung Raumordnung des Amtes der Oö. Landesregierung entbehrlich. Nach der nunmehr erfolgten zusätzlichen Vorlage eines Luftbildes und einer Kartenkopie durch den Berufungsvertreter könnte ein Lokalaugenschein mit Sicherheit keine weitere Aufklärung bringen. Dieser Beweis war demnach nicht aufzunehmen.

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Das ApothekenG, RGBl Nr. 5/1907, wurde zuletzt durch Art 18 des Verwaltungsreformgesetzes 2001, BGBl I Nr. 65/2002, geändert.

Nach § 29 Abs. 1 ApothekenG ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke einem praktischen Arzt zu erteilen, wenn sich in der Ortschaft, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet und der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist.

Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist gemäß § 29 Abs. 2 ApothekenG auf Antrag dem Nachfolger eines praktischen Arztes mit Hausapothekenbewilligung auch dann zu erteilen, wenn die Entfernung zwischen Berufssitz des hausapothekenführenden Arztes und der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mehr als vier und weniger als sechs Straßenkilometer beträgt.

Gemäß § 29 Abs. 3 ApothekenG erlischt die für den vorherigen Berufssitz erteilte Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke, wenn ein praktischer Arzt seinen Berufssitz in eine andere Ortschaft verlegt.

Nach § 29 Abs. 4 ApothekenG ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des Arztes und Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet und in dem rechtskräftigen Bescheid zur Konzessionierung der neuen öffentlichen Apotheke ein Versorgungspotential im Sinne des § 10 von zumindest 5.500 Personen für die neue öffentliche Apotheke festgestellt wurde.

§ 29 Abs. 5 Satz 1 ApothekenG verpflichtet den Inhaber der neu errichteten öffentlichen Apotheke, den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Apotheke der Behörde mitzuteilen.

Gemäß § 54 ApothekenG (Zuständigkeit der Behörden bei der Verlegung) ist für die Genehmigung der Verlegung einer öffentlichen Apotheke gemäß § 14 Abs. 2, einer Filialapotheke oder einer Anstaltsapotheke die Bezirkverwaltungsbehörde zuständig.

Übergangsbestimmung des § 62 ApothekenG idF BGBl I Nr. 16/2001:

Wurde eine Konzession für eine öffentliche Apotheke nach dem 1. April 1998 und vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 16/2001 erteilt, so ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke, die im Umkreis von vier Straßenkilometern um diese öffentliche Apotheke besteht, mit Ablauf von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 16/2001 zurückzunehmen. Erfolgt die Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke aber nach diesem Zeitpunkt, so ist die Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke mit Inbetriebnahme dieser öffentlichen Apotheke zurückzunehmen.

Das BGBl. I Nr. 16/2001 wurde am 2. März 2001 ausgegeben.

Mit Bescheid vom 14. August 1998, GZ 262-201/1-VIII/A/4/98, erteilte der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales Herrn Mag. pharm. W S die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in O (N und O), indem er Berufungen abwies und den Konzessionsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Mai 1992, Zl. SanRB-20053/9-1992-Ai/Br, bestätigte.

Die Inbetriebnahme der neuen öffentlichen Apotheke in O erfolgte am 2. Dezember 2002 (vgl Eingabe des Mag. S vom 12.11.2002 samt Eröffnungsanzeige).

Die Übergangsbestimmung des § 62 ApothekenG ist demnach auf den gegenständlichen Fall anzuwenden.

4.2. Zunächst ist die Frage zu klären, ob die Verlegung des Berufssitzes des Dr. D am 20. November 2002 von B nach H eine solche innerhalb der Ortschaft iSd § 29 Abs. 3 ApothekenG oder nicht anzusehen ist.

Insofern teilt der erkennende Verwaltungssenat die näher dargelegte Ansicht der Behörde erster Instanz in ihrer Bescheidbegründung (vgl dazu Bescheid vom 18.03.2003, Seite 4f), auf die grundsätzlich verwiesen wird. Die in der Berufung ausgeführten Gründe zur Frage, ob getrennte Ortschaften vorliegen, sind nicht stichhältig. Entgegen der Ansicht des Bw spielen für den Ortschaftsbegriff weder der Postamtssprengel, noch die Ortstafeln iSd StVO, noch der 200 m breite Grünstreifen zwischen E und H eine maßgebliche Rolle. Wie aus der schlüssigen und unbedenklichen Stellungnahme des Amtssachverständigen der Abteilung Raumordnung des Amtes der Oö. Landesregierung vom 27. Februar 2003 klar hervorgeht, befinden sich die Einrichtungen des täglichen Bedarfs und der sozialen Infrastruktur überwiegend im Ortschaftsteil B, wobei diese Einrichtungen auch den angrenzenden Ortschaftsteilen B, E und H dienen. H weist demnach mit seinen bloß 185 Einwohnern strukturell wenig Eigenständigkeit auf. Die auf dem vorgelegten Luftbild des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen gut erkennbare räumliche Trennung durch einen Grünstreifen (landwirtschaftlich genutzte Freifläche) von ca. 200 m zwischen den Ortschaftsteilen E und H vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Diese ohnehin nur geringfügige räumliche Trennung ist nach Ansicht des Amtssachverständigen auch topographisch kaum geeignet, H zu einem geschlossenen Siedlungsraum zu machen. Die Bebauung in dieser Zone ist derart dispers, dass sich ein geschlossener Siedlungsraum eher aus B und den weiteren Ortschaftsteilen B, E und H ergibt. Dieser Siedlungsraum ist von den Ortschaften O und T topographisch klar abgegrenzt.

Die zentralen Ubikationen (Kirche, Schule, Freibad, Geschäfte, Tankstelle etc.) befinden sich in B. Der gemeinsame Bahnhof der erwähnten Ortschaftsteile liegt in E. Diese Ortschaftsteile verfügen demnach über eine gemeinsame Struktur, weshalb bei einer Verlegung des Berufssitzes von B nach H von Standortidentität ausgegangen werden muss. Auf die nach dem Regelungszweck der StVO aufgestellten Ortstafeln oder auf landwirtschaftlich genutzte Flächen innerhalb einer Ortschaft kommt es dabei entgegen der Ansicht des Bw grundsätzlich nicht an (vgl VwSlg 13.416 A/1991).

Die Rüge des Bw bezüglich der (nur scheinbar) widersprüchlichen Stellungnahmen des Amtssachverständigen der Abteilung Raumordnung vom 11. Dezember 2002 und vom 27. Februar 2003 ist unberechtigt. Der Amtssachverständige ging in seiner ersten Stellungnahme von einer von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichenden Begriffsbildung zu Siedlungsformen (Weiler - Ortschaft - Ort) aus, wobei er dem Begriff "Ort" (Siedlung mit Mindestausstattung sozialer Infrastruktur) etwa jene Bedeutung beimaß, die der Begriff "Ortschaft" in der Terminologie des Verwaltungsgerichtshofes hat. Der Widerspruch liegt demnach in der dem Amtssachverständigen ohnehin nicht obliegenden rechtlichen Beurteilung, nicht aber im Rahmen der Feststellungen auf tatsächlicher Ebene. Deshalb liegt entgegen der Berufung in Wahrheit kein beachtlicher Widerspruch und damit auch kein Verfahrensmangel vor.

4.3. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. Juli 1992, Zl. 90/10/0031 (VwSlg 13.685 A/1992) ausgesprochen hat, kann die Ordinationsstätte des Arztes und mit ihr die Betriebsstätte einer ärztlichen Hausapotheke gemäß § 29 Abs. 3 ApothekenG (arg. e contrario) innerhalb derselben Ortschaft bewilligungsfrei verlegt werden. Da sich aus § 19 Abs. 2, 3 und 4 ÄrzteG ergibt, dass der Arzt zwei Berufssitze haben darf, kann schon im Hinblick auf § 29 Abs. 3 ApothekenG die Betriebsstätte seiner ärztlichen Hausapotheke ohne behördliche Zustimmung innerhalb derselben Ortschaft verlegt werden. Eine Behördenzuständigkeit sieht das ApothekenG ausschließlich bei Verlegungen von öffentlichen Apotheken gemäß § 14 Abs. 2 ApothekenG, Filialapotheken oder Anstaltsapotheken vor. Die Verlegung einer ärztlichen Hausapotheke in eine andere Ortschaft ist ex lege ausgeschlossen und würde zum Erlöschen der erteilten Bewilligung führen.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass Dr. F D seine Ordination samt ärztlicher Hausapotheke per 20. November 2002 von B 19 nach H verlegt hat. Die Eröffnung (Inbetriebnahme) der öffentlichen Apotheke des Bw in O erfolgte am 2. Dezember 2002. Nach der am 3. März 2001 in Kraft getretenen Übergangsbestimmung des § 62 ApothekenG idF BGBl Nr. 16/1991 waren Bewilligungen zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke im Umkreis von vier Straßenkilometern zur öffentlichen Apotheke mit Ablauf von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten, bei späterer Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke mit dieser zurückzunehmen.

4.4. Da die Entfernung der verlegten ärztlichen Ordination zur "Hausruck-Apotheke" in O unstrittig rund 5,8 km beträgt und nach den obigen Ausführungen eine zulässige Verlegung der ärztlichen Hausapotheke innerhalb einer Ortschaft iSd § 29 Abs. 3 ApothekenG vorlag, war die Bewilligung der ärztlichen Hausapotheke nach wie vor aufrecht und bestand für die belangte Behörde keine rechtliche Grundlage für deren Zurücknahme.

Entgegen der Ansicht des Bw kommt es für die Zurücknahme einer Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Konzession zur Errichtung der neuen öffentlichen Apotheke an.

Entscheidungsrelevant ist die Entfernung zwischen der Ordinations- bzw Betriebsstätte der ärztlichen Hausapotheke und der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke zum Zeitpunkt des Ablaufes von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten des § 62 ApothekenG idF BGBl I Nr. 16/2001 (Stichtag daher 03.03.2003). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 10. Juli 1992, Zl. 90/10/0031 (VwSlg 13.685 A/1992) zu § 29 Abs. 5 ApothekenG, wo ausschließlich auf die Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke abzustellen war, ausgeführt, dass nach dem Regelungsinhalt des § 29 Abs. 5 (in der damals geltenden Fassung) der Inbetriebnahmezeitpunkt die entscheidende Zäsur darstellt. Bezogen auf die Übergangsvorschrift des § 62 ApothekenG stellt der 3. März 2003 - nach der bereits im Dezember 2002 erfolgten Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke - den entscheidungsrelevanten Zeitpunkt dar. Darauf muss auch das Tatbestandselement "im Umkreis von vier Straßenkilometern" bezogen werden.

Von einer durch § 62 ApothekenG idF BGBl I Nr. 16/2001 geänderten Rechtslage kann entgegen der Berufung keine Rede sein. Wie bereits unter Punkt 4.1. im Einzelnen dargestellt und hervorgehoben, kommt es in allen einschlägigen Bestimmungen des ApothekenG auf die Betriebsstätte bzw Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke an. Selbst der § 62 ApothekenG spricht im zweiten Satz ausdrücklich von der Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke, sodass es im ersten Satz nicht auf etwas anderes ankommen kann. Die dem Bw vorschwebende Auslegung des § 62 ApothekenG erscheint willkürlich und von einem Wunschdenken getragen zu sein. Die belangte Behörde hat diese Rechtsmeinung des Bw mit Recht unter Hinweis auf VwSlg 13.685 A/1992 verworfen.

5. Im Ergebnis war daher die Berufung gegen die erstbehördliche Abweisung des Antrags auf Zurücknahme der Bewilligung des Dr. D zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke als unbegründet abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren von 13 Euro für die Berufungsschrift, 13 Euro für die Urkundenvorlage vom 16.04.2003 und 7,20 Euro für 2 Beilagen, insgesamt daher 33,20 Euro, angefallen.

Dr. W e i ß

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 22.12.2003, Zl.: 2003/10/0263-3

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