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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280475/8/Kl/Rd

Linz, 31.05.2000

VwSen-280475/8/Kl/Rd Linz, am 31. Mai 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Dipl.-Ing. S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 29.6.1999, GZ 502-32/Kn/We/58/98i, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der BauV zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 20.000 S (entspricht 1.453,46 €), die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage herabgesetzt wird. Im Übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 2.000 S (entspricht 145,35 €), ds 10 % der verhängten Strafe. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 9, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 29.6.1999, GZ 502-32/Kn/We/58/98i, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 40.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs.5 Z1 und 118 Abs.3 ASchG iVm § 87 Abs.2 BauV verhängt, weil er als Vorstandsmitglied der F AG, Linz, welche Partnerfirma der Arge D (GesbR) und Betreiberin der Baustelle "1210 Wien, V (Stg. 20-21)" ist und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten hat, dass am 25.3.1998 auf der oa Baustelle die 3 Arbeitnehmer S, H und Z, auf dem Dach der Stiegen 20 und 21, bei einer Dachneigung von ca. 15 Grad und einer Absturzhöhe von ca. 15 m, mit dem Entfernen der vorhandenen Dachdeckung (Welleternitplatten) beschäftigt waren, ohne dass Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden gewesen wären (Dachschutzblenden oder Dachfanggerüste), obwohl § 87 Abs.2 BauV vorschreibt, dass bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 - 10 vorhanden sein müssen.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis vollinhaltlich bekämpft. Begründend wurde ausgeführt, dass mit Bestellungsurkunde R zum verantwortlichen Beauftragten bestellt wurde, wobei die Urkunde nur vom Vorstandsmitglied Ing. H, jedoch nicht vom Bw unterfertigt wurde. Dies sei aber aufgrund der Bestimmungen des § 9 VStG nicht erforderlich, sondern gelte die Bestellung gegenüber dem gesamten Vorstand. Darüber hinaus sei die verhängte Strafe überhöht, zumal der Bw bis dato in keiner Weise nachteilig in Erscheinung getreten sei und nur von einem sehr geringen Verschulden auszugehen sei, da der Bw die Überwachung durch dritte Personen angeordnet habe. Auch sei auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht Bedacht genommen worden.

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat das zuständige Arbeitsinspektorat am Verfahren beteiligt. In einer Stellungnahme wurde ausdrücklich wiederholt darauf hingewiesen, dass zum Tatzeitpunkt beim AI für Bauarbeiten eine Bestellungsurkunde hinsichtlich des R zum verantwortlichen Beauftragten nicht vorgelegen sei, weshalb keine rechtswirksame Bestellung vorliege. Zur Strafhöhe wurde auf die erhebliche Gefährdung für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer hingewiesen. Der Bw hat hiezu eine Gegenäußerung eingebracht.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der geltenden Geschäftsverteilung die 8. Kammer zur Entscheidung zuständig.

Weil in der Berufung nur unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht, und die Höhe der Strafe bekämpft wurde sowie eine öffentliche mündliche Verhandlung ausdrücklich nicht beantragt wurde, konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 und 2 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der dem Verfahren erster Instanz zu Grunde gelegte Sachverhalt, welcher auch im angefochtenen Straferkenntnis ausführlich dargelegt und erwiesen wurde, wurde in der Berufung nicht bestritten und kann daher auch der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Es ist daher die Erfüllung des objektiven Tatbestandes der im Straferkenntnis ausgewiesenen Verwaltungsübertretung erwiesen.

Zur Verantwortlichkeit des Bw:

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden (Abs.2).

Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist (Abs.4).

Vom Bw wurde im erstbehördlichen Verfahren eine Mitteilung "an das AI für Bauarbeiten" in Wien über die Bestellung des R zum verantwortlichen Beauftragten der Arge D mit Zustimmungserklärung vom 27.1.1998 vorgelegt. Diese Mitteilung wurde vom Vorstandsmitglied Ing. H der F AG unterzeichnet.

Hiezu hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 24.3.1994, 92/18/0176; 92/18/0181, ausgesprochen, dass die Rechtsansicht, dass einen verantwortlichen Beauftragten nur die zur Vertretung nach außen Berufenen iSd § 9 Abs.1 VStG bestellen können, im Hinblick auf den Wortlaut des § 9 Abs.2 VStG keinen Bedenken begegnet. "Nicht geteilt werden kann hingegen die dem angefochtenen Bescheid erkennbar zu Grunde liegende Auffassung, dass die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten durch eine Urkunde nachzuweisen sei, die von dem zur Vertretung nach außen Berufenen gefertigt ist. Die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten und die Zustimmung des zum verantwortlichen Beauftragten Bestellten können grundsätzlich formfrei erfolgen. Erforderlich ist nur, dass die Zustimmung gemäß § 9 Abs.4 VStG nachweislich erfolgt ist, was nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedeutet, dass nur ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis aus der Zeit vor der Begehung der strafbaren Handlung zur Erbringung des Nachweises geeignet ist".

Im Grunde dieser Judikatur ist die Rechtsauffassung der belangten Behörde, dass eine Unterschrift des Bw auf der vorgelegten Bestellungsurkunde fehle und daher eine Bestellung nicht zu Stande gekommen sei, verfehlt. Ungeachtet dessen, ob die vorgelegte Urkunde eine bloße Mitteilung über die Bestellung oder der Bestellungsakt selbst ist, war aber die Bestimmung des § 23 Abs.1 ArbIG anzuwenden, wonach die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam wird, nachdem beim zuständigen AI eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Für die Rechtswirksamkeit der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten und sohin des Überganges der Verantwortlichkeit auf diesen ist daher die Tatsache des Einlangens der schriftlichen Mitteilung über die Bestellung samt dem Zustimmungsnachweis beim zuständigen AI notwendig. Diesen Anforderungen wurde im gegenständlichen Fall nicht nachgekommen, zumal ein zuständiges AI in der Mitteilung nicht benannt wurde (der Aufsichtsbezirk wurde nicht näher angeführt) und auch das Einlangen vom Bw nicht näher verfolgt wurde. Dies bedeutet, dass sich der Bw als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ der juristischen Person erst dann seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung als entledigt erachten kann, wenn er sich Kenntnis über das nachweisliche Einlangen der schriftlichen Mitteilung über die Bestellung samt Zustimmungsnachweis beim zuständigen AI verschafft hat. Der Bw vermochte aber weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch gegenüber dem unabhängigen Verwaltungssenat den Nachweis zu erbringen, dass die mit 21.7.1998 datierte Mitteilung über die Bestellung des Herrn R zum verantwortlichen Beauftragten vor dem Tatzeitpunkt beim zuständigen AI für Bauarbeiten eingelangt ist. Da aber wesentliche Voraussetzung das Einlangen beim AI ist, ist nach dem Willen des Gesetzgebers damit eine Sorgfaltspflicht verbunden, nämlich sich über das Einlangen Kenntnis zu verschaffen. Dass diesbezügliche Anstrengungen vom nach außen vertretungsbefugten Organ bzw Bw vorgenommen wurden, ist dem gesamten Vorbringen im Strafverfahren nicht ersichtlich. Es ist daher der Bw zum Tatzeitpunkt irrtümlich von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Nichtverantwortlichkeit ausgegangen, wobei aber er diesem Irrtum in fahrlässiger Weise unterlegen ist und daher durch diesen Irrtum nicht entschuldigt ist.

Es hat daher der Bw die Tat zu verantworten, wobei auch Verschulden im Hinblick auf die subjektive Tatseite anzunehmen ist. Wegen seines nicht entschuldbaren Irrtums über die Verantwortlichkeit war auch die mangelhafte Kontrolle des vermeintlichen verantwortlichen Beauftragten sowie der Arbeitnehmer auf der Baustelle subjektiv dem Bw anzulasten. Allerdings ist im Sinne der Berufungsausführungen dem Bw zuzugestehen, dass ihn zufolge seines Irrtums ein wesentlich geringeres Verschulden hinsichtlich der Kontrolle der Arbeitnehmer trifft, weil sein Verhalten allgemein begreiflich und der Lebenserfahrung entsprechend angesehen werden kann. Dies war bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

4.2. Im Hinblick auf die Strafbemessung hat die belangte Behörde bei ihren rechtlichen Erwägungen im angefochtenen Straferkenntnis auf die Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG Bedacht genommen und insbesondere die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer im Rahmen des Unrechtsgehaltes der Tat und daher des Strafrahmens Bedacht genommen. Im Rahmen der subjektiven Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.2 VStG hat die belangte Behörde zu Recht auf die mangelnde Unbescholtenheit Bedacht genommen. Die persönlichen Verhältnisse, welche vom Bw selbst im Verfahren erster Instanz angegeben wurden, wurden bei der Strafbemessung berücksichtigt. Im Hinblick auf die Ausführungen zum Verschulden des Bw war es aber gerechtfertigt, die beantragte und verhängte Geldstrafe dem Verschuldensausmaß angepasst festzusetzen und daher entsprechend herabzusetzen. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass ansonsten den Bestimmungen des § 9 Abs.2 und 4 VStG voll entsprochen und auch seitens des AI angegeben wurde, dass es hinsichtlich der F AG bezüglich der Bestellung von verantwortlichen Beauftragten bis dato keine Übermittlungsschwierigkeiten gegeben habe. Es war daher auch bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass davon ausgegangen werden kann, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung auf ein tatsächlich irrtümliches Verhalten zurückzuführen ist und die beabsichtigte verwaltungsstrafrechtliche Delegation nicht vorgetäuscht werden sollte.

Die nunmehr verhängte Geldstrafe erweist sich als tat- und schuldangemessen und wird auch dem Strafzweck der General- und Spezialprävention gerecht.

5. Weil die Berufung zumindest hinsichtlich der Strafe Erfolg hatte, war zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat kein Kostenbeitrag zu leisten. Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafe musste auch der Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz herabgesetzt werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Zustimmungsnachweis, Mitteilung, Einlangen, Wirksamkeit, Irrtum über Verantwortung, geringes Verschulden.

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