Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280476/5/Kon/Pr

Linz, 08.05.2000

VwSen-280476/5/Kon/Pr Linz, am 8. Mai 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten, Wien, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 29.6.1998, Zl.: 502-32/Kn/We/58/98k, mit welchem das Verwaltungsstrafverfahren betreffend Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) gegen Herrn Ing. G. H. gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt wurde, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz behoben und Herr Ing. G. H., G., der Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) iVm § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) für schuldig erkannt, weil er als Vorstandsmitglied und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher der F.-B.-Werke AG, Linz, welche Partnerfirma der A. D. + W., Linz (GesbR) und Betreiberin der Baustelle "1210 Wien" ist, es zu vertreten hat, dass am 25.3.1998 auf der o.a. Baustelle die 3 Arbeitnehmer P S., E. H. und L. Z., auf dem Dach der Stiegen 20 und 21, bei einer Dachneigung von ca. 15 Grad und einer Absturzhöhe von ca. 15 m, mit dem Entfernen der vorhandenen Dachdeckung (Welleternitplatten) beschäftigt waren, ohne dass Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden gewesen wären (Dachschutzblenden oder Dachfanggerüste), obwohl gemäß § 87 Abs.2 BauV bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 - 10 vorhanden sein müssen.

Wegen der dadurch begangenen Verwaltungsübertretung wird über den Beschuldigten Ing. G. H. gemäß § 130 Abs.5, Einleitungssatz, eine Geldstrafe in der Höhe von 20.000 S (entspricht 1.453,46 €), im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 168 Stunden verhängt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG,

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass dem Beschuldigten (Berufungsgegner) an der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe.

So habe er mit der Leistung seiner Unterschrift auf der Bestellungsurkunde betreffend Herrn M. R. vom 27.1.1998 den Willen zum Ausdruck gebracht, Herrn R. seine Verantwortung hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des Arbeitnehmerschutzgesetzes betreffend die gegenständliche Baustelle zu übertragen.

Er hätte wohl auch davon ausgehen können, dass diese Bestellungsurkunde beim zuständigen Arbeitsinspektorat eingehen würde. Es würde wohl zu weit gehen, im gegenständlichen Fall ein Verschulden dahingehend zu konstruieren, dass er einer etwaigen Überwachungspflicht hinsichtlich seiner Angestellten, welche die von ihm unterfertigte Bestellungsurkunde hätten weiterleiten sollen, nicht nachgekommen sei.

Mit Unterfertigung der gegenständlichen Bestellungsurkunde sei jedenfalls davon auszugehen gewesen, dass seine Anweisungs- und Kontrollpflichten aus seiner subjektiven Sichtweise auf den verantwortlichen Beauftragten übergegangen seien und sei ihm somit ein Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Überwachung der gegenständlichen Baustelle nicht vorzuwerfen.

Die dem Beschuldigten (Berufungsgegner) angelastete Verwaltungsübertretung sei daher hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit als nicht erwiesen anzusehen.

Gegen diesen Bescheid hat das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten in Wien, Fichtegasse 11, Berufung erhoben und zu deren Begründung im Wesentlichen vorgebracht:

Zum Tatzeitpunkt (25.3.1998) habe betreffend Herrn M. R. keine Bestellungsurkunde zum verantwortlichen Beauftragten vorgelegen. Diese Bestellungsurkunde sei ha. (Arbeitsinspektoraten für Bauarbeiten) im Zuge der Übermittlung von Niederschriften durch den Magistrat der Landeshauptstadt Linz, am 18.6.1998 eingelangt. Es läge somit keine rechtswirksame Bestellung vom verantwortlich Beauftragten vor.

Der Beschuldigte als Berufungsgegner hat eine Gegenäußerung zur Berufung des Arbeitsinspektorates erstattet und darin mit näherer Begründung die Bestätigung des erstbehördlichen Bescheides betreffend die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Übereinstimmend mit der belangten Behörde ist zunächst festzustellen, dass die objektive Tatseite der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung als gegeben zu erachten ist. Die Tat wurde dem Beschuldigten und nunmehrigen Berufungsgegner auch innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) in einer dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG entsprechenden Weise vorgehalten. Dies ungeachtet des Umstandes, dass in den Verfolgungshandlungen vom 13.5.1998 (Aufforderung zur Rechtfertigung) und dem Rechtshilfeersuchen an das magistratische Bezirksamt für den 18. Bezirk - Währing, vom 26.8.1998 bei den Tatumschreibungen jeweils die Bestimmungen des § 87 Abs.3 BauV und nicht jene des § 87 Abs.2 leg.cit. als rechtmäßiges Alternativverhalten angeführt wurden. Der damit verbundene Verstoß gegen die Bestimmungen des § 44a Z1 VStG wurde jedoch durch den Hinweis in der Niederschrift über die Beschuldigteneinvernahme vom 5.6.1998 innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist dadurch saniert, als darin dem Beschuldigten zur Kenntnis gebracht wurde, dass durch den in der Aufforderung zur Rechtfertigung am 13.5.1998 angeführten Sachverhalt der Verdacht einer Übertretung nach § 87 Abs.2 BauV vorliege, wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 - 10 vorhanden sein müssten.

Nicht gefolgt werden kann jedoch der Ansicht der belangten Behörde, dass im gegenständlichen Fall die subjektive Tatbestandsmäßigkeit als nicht erwiesen anzusehen sei. Der Beschuldigte und nunmehrige Berufungsgegner vermochte mit seiner gesamten Verantwortung sowohl im Verfahren vor der belangten Behörde als auch in seiner Gegenäußerung zur Berufung des Arbeitsinspektorates keinesfalls im Sinne des § 5 Abs.1 glaubhaft darzulegen, dass ihn an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe.

So ist diesbezüglich auf die Bestimmungen des § 23 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz (ArbIG) zu verweisen, wonach die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2, 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, in der jeweils geltenden Fassung für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam wird, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist.

Demnach kann sich ein zur Vertretung nach außen berufenes und sohin verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ einer juristischen Person erst dann seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung als entledigt erachten, wenn er Kenntnis über das nachweisliche Einlangen der schriftlichen Mitteilung über die Bestellung beim zuständigen Arbeitsinspektorat erlangt hat. Der Beschuldigte vermochte aber weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch in seiner gegenüber dem Unabhängigen Verwaltungssenat erstatteten Gegenäußerung den Nachweis zu erbringen, dass die mit 27.1.1998 datierte Mitteilung über die Bestellung des Herrn M. R. zum verantwortlichen Beauftragten vor dem Tatzeitpunkt beim Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten eingelangt ist.

Die Delegation verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlichkeit auf dem Gebiet des Arbeitnehmerschutzes stellt im Hinblick auf den Rechtsgüterrang der geschützten Interessen (Leben und Gesundheit von Arbeitnehmern) wie weiters in Anbetracht der strengen Sanktionen gegen Verstöße auf diesem Gebiet einen Rechtsakt von erheblicher Bedeutung dar. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde wäre es aus diesem Grunde dem Beschuldigten mit gutem Grund oblegen gewesen, sich vom Einlangen der Mitteilung der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten beim zuständigen Arbeitsinspektorat zu überzeugen und sich den diesbezüglichen Nachweis hiefür zu verschaffen.

Der Beschuldigte ist daher zum Tatzeitpunkt irrtümlich von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Nichtverantwortlichkeit ausgegangen, wobei er diesem Irrtum in fahrlässiger Weise unterlegen ist.

Aus diesem Grunde ist auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung gegeben.

Zur Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist gemäß § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen.

Wenngleich in Bezug auf den Unrechtsgehalt der Tat das vom Arbeitsinspektorat beantragte Strafausmaß für angemessen zu erachten wäre, ist bei der Bewertung des Verschuldens jedoch zu berücksichtigen, dass dem Beschuldigten keine Verletzung von Überwachungspflichten in Bezug auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften sondern die irrtümliche Nichtwahrnehmung seiner Verantwortlichkeit vorzuwerfen ist. So kann anhand der Aktenlage davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte glaubhaft seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit durch Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten delegieren wollte. Wie sich diesbezüglich aus der im Akt erliegenden Kopie der Bestellungsurkunde ergibt, wurde dabei den Bestimmungen des § 9 Abs.4 VStG voll entsprochen. Diesem auf diese Weise zustande gekommenen Irrtum des Beschuldigten über seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit ist aber ein geringerer Schuldgehalt beizumessen, als dies bei einer Verletzung der Überwachungspflicht in Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen der BauV der Fall wäre.

In Anbetracht der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten vom 7.7.1998, Zl.1160/67-51/98, wonach es seitens der F.-B.-Werke AG bezüglich der Bestellung von verantwortlichen Beauftragten bis dato keine Übermittlungsschwierigkeiten gegeben habe, kann auch mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung auf ein tatsächlich irrtümliches Verhalten zurückzuführen ist und die beabsichtigte verwaltungsstrafrechtliche Delegation nicht vorgetäuscht werden sollte.

Die in diesem Ausmaß verhängte Geldstrafe erweist sich als schuldangemessen und steht im Einklang mit den sonstigen Strafzumessungskriterien des § 19 VStG. Sie wird in diesem Ausmaß auch dem Strafzweck der General- und Spezialprävention gerecht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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