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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280483/20/Kl/Rd

Linz, 27.09.2000

VwSen-280483/20/Kl/Rd Linz, am 27. September 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7.9.1999, Ge96-2442-1998, Fakten 2 und 3, wegen Verwaltungsübertretungen nach der BauV nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 20.9.2000 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 2 und 3 mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG zu lauten hat: "2) § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG iVm § 3 Abs.1 BauV und 3) § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG iVm §§ 155 Abs.1, 22 Abs.1 und 27 Abs.1 BauV".

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafen, ds 2.200 S (entspricht 159,88 €) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7.9.1999, Ge96-2442-1998, wurde zu Faktum 2 und 3 über den Bw eine Geldstrafe von 2) 5.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden und zu 3) 6.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß 2) § 130 Abs.5 ASchG iVm § 3 Abs.1 BauV und zu 3) § 130 Abs.5 ASchG iVm §§ 155 Abs.1, 22 Abs.1 und 27 Abs.1 BauV verhängt, weil er es als Inhaber der "Bauunternehmung S" mit Sitz in F zu verantworten hat, dass bei einer am 19.2.1998 um ca. 14.35 Uhr auf der Baustelle S durchgeführten Kontrolle, Folgendes festgestellt wurde:

2) Die betreffende Baustelle war dem Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk nicht gemeldet worden, obwohl Baustellen, die voraussichtlich länger als fünf Tage dauern, zu melden sind.

3) Die oa Dienstnehmer befanden sich im Drehbereich des Turmdrehkranes und trugen zum Zeitpunkt der Kontrolle keine erforderlichen Schutzhelme, obwohl der Arbeitgeber für die ordnungsgemäße Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung zu sorgen und diese zu überwachen hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser dargelegt, dass einige Tage vor der Kontrolle eine anwesenheitspflichtige Betriebsveranstaltung zum Thema "Sicherheit am Bau" durchgeführt wurde. Auch werden die Arbeitnehmer durch die Vorgesetzten, den Polier oder Bauleiter, auf die Notwendigkeit der Einhaltung der geltenden Normen hingewiesen. Der Prokurist Ing. H ist verantwortlicher Beauftragter und daher für die Baustelle verantwortlich. Darüber hinaus ist auch noch der Polier B im Hinblick auf die Zimmererarbeiten verantwortlich. Vom Bw werden nur sporadische Überprüfungen durchgeführt. Die persönliche Schutzausrüstung, wie die erforderlichen Schutzhelme waren an der Baustelle vorhanden und wurden ohne Wissen des Bw nicht verwendet. Eine ständige Überwachung ist unzumutbar. Das Melden der betreffenden Baustelle beim AI gehört in den Verantwortungsbereich des Bauleiters. Dieser ist verlässlich und sind derartige Verfehlungen durch den Bauleiter in den letzten Jahren nicht vorgekommen. Der Bauleiter ist im Übrigen auch verantwortlicher Beauftragter.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das zuständige AI wurde am Berufungsverfahren beteiligt.

Hinsichtlich des Faktums 1 ergeht eine gesonderte Entscheidung der zuständigen Kammer des Oö. Verwaltungssenates.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.9.2000, zu welcher die Verfahrensparteien sowie die Zeugen Ing. W, AI für den 18. Aufsichtsbezirk, und Ing. H, Bauleiter, geladen und einvernommen wurden. Der weiters geladene Zeuge B ist zur Verhandlung unentschuldigt nicht erschienen und es wurde vom Bw auf dessen Einvernahme verzichtet, weil er keine Aussage machen könne.

Aufgrund des Beweisverfahrens ist erwiesen, dass bei der Kontrolle am 19.2.1998 auf der Baustelle S, drei namentlich angeführte Arbeitnehmer sich im Drehbereich des Turmdrehkranes befunden haben, wobei durch die Arbeitnehmer nicht die erforderlichen Schutzhelme getragen wurden und die Verwendung der Schutzhelme nicht überwacht wurde. Die Schutzhelme waren laut einhelligen Aussagen der einvernommenen Zeugen zwar auf der Baustelle vorhanden, und zwar für jeden einzelnen Arbeitnehmer in der Bauhütte. Aber erst aufgrund der Beanstandung durch den AI wurden die Schutzhelme aus der Bauhütte geholt und bei der Arbeit getragen. Der Bauleiter war auf der Baustelle nicht anwesend. Die Verwendung der Schutzhelme wurde daher nicht überwacht. Der Bauleiter besichtigt die Baustelle jedenfalls montags, ansonsten nur sporadisch. Die Kontrolle fand an einem Donnerstag statt. Der Bauleiter wird seinerseits durch den Firmeninhaber, nämlich den Bw, nicht kontrolliert. Die Arbeitnehmer werden zwar von der Firmenleitung und der Bauleitung zum Tragen der persönlichen Schutzausrüstung angehalten und es werden auch diesbezügliche Informationsveranstaltungen durch den Firmeninhaber durchgeführt. Sofern der Bauleiter bei der Baustelle anwesend ist, werden Mängel bei den Arbeitnehmern beanstandet. Die Umsetzung der Rügen und Beanstandungen wird vom Bauleiter nur gelegentlich kontrolliert. Das Unternehmen wurde im Jahr 1999 nach ISO 9001 zertifiziert. Danach ist der Bauleiter für die jeweilige Baustelle verantwortlich und obliegt es dem Bauleiter, die Baustelle dem AI vor Arbeitsbeginn zu melden. Es wurde vom Bauleiter selbst zugegeben, dass die Meldung an das AI im gegenständlichen Fall versehentlich nicht erfolgt ist und diesbezüglich eine Verbesserung im System vorgenommen wurde.

Der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Verwaltungsvorstrafenauszug weist rechtskräftige Vorstrafen auf.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV ist dem zuständigen Arbeitsinspektorat nachweislich Meldung zu erstatten, wenn Bauarbeiten im Sinne dieser Verordnung ausgeführt werden, die voraussichtlich länger als fünf Arbeitstage dauern.

Gemäß § 27 Abs.1 BauV ist jedem Arbeitnehmer, für den durch herabfallende, umfallende oder fortgeschleuderte Gegenstände oder Materialien sowie pendelnde Lasten die Gefahr einer Kopfverletzung besteht oder eine solche durch Anstoßen an Hindernisse zu erwarten ist, ein geeigneter Schutzhelm zur Verfügung zu stellen. Dies gilt insbesondere für Bauarbeiten unter oder in der Nähe von Kranen. Gemäß § 22 Abs.1 BauV müssen persönliche Schutzausrüstungen kostenlos zur Verfügung gestellt werden und ist die zweckentsprechende Verwendung der Schutzausrüstung zu überwachen.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt. Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die BauV nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

5.2. Im Grunde des erwiesenen Sachverhaltes wurde der objektive Tatbestand sowohl zu Faktum 2 als auch Faktum 3 objektiv erfüllt. Dies wurde im Übrigen auch gar nicht bestritten.

Im Hinblick auf das Verschulden war § 5 Abs.1 VStG anzuwenden. Weil auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen zu den Ungehorsamsdelikten zählen, war Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen, wenn der Bw nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Ein solcher Entlastungsnachweis ist ihm nicht gelungen. Wie nämlich die ständige Judikatur des VwGH besagt, genügt es nicht nur, dass die Verantwortung auf geeignete Personen übertragen wird, sondern hat der Arbeitgeber sich auf die Kontrolle der beauftragten Personen zu beschränken. Er hat daher ein lückenloses hinreichendes Kontrollsystem einzurichten. Es wäre am Bw gelegen gewesen, ein solches Kontrollnetz initiativ darzulegen. Der diesbezügliche Nachweis ist aber nicht gelungen. Vielmehr hat die Verhandlung gezeigt, dass einerseits die Kontrolle des Poliers sowie der Arbeitnehmer auf der Baustelle durch den vorgesetzten Bauleiter nur lückenhaft erfolgt und dass andererseits eine Kontrolle des Bauleiters durch den Bw überhaupt nicht erfolgt. Hingegen genügen Anordnungen und Weisungen durch den Bw nicht, um eine Entlastung zu bewirken. Vielmehr hat er die Einhaltung seiner Anordnungen durch eine entsprechende Kontrolle nachzuweisen. Es war daher auch vom Verschulden des Bw, nämlich von fahrlässiger Begehung auszugehen.

5.3. Die Ausführungen des Bw, dass ihn keine Verantwortung treffe, weil er einen verantwortlichen Beauftragten bestellt habe und eine Urkunde vom 23.12.1997 hinsichtlich des Bauleiters vorlegte, führen nicht zum Erfolg. Gemäß § 23 ArbIG 1993 ist die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen AI eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist. Beim zuständigen AI ist eine entsprechende Mitteilung unter Nachweis der Zustimmung nicht vorliegend und nicht eingelangt. Dies wurde vom Bw auch nicht behauptet und nicht unter Beweis gestellt. Es ist daher die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht rechtswirksam geworden und eine Delegation der Verantwortung an den Bauleiter nicht erfolgt.

5.4. Im Hinblick auf die Strafbemessung hat die belangte Behörde bereits sämtliche Strafbemessungsgründe gemäß § 19 VStG in Betracht gezogen. Insbesondere liegen rechtskräftige Vorstrafen vor und kommt dem Bw der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zugute. Sonstige Milderungsgründe traten nicht hervor. Die persönlichen Verhältnisse wurden von ihm im Verfahren erster Instanz mit 30.000 S monatliches Nettoeinkommen und Sorgepflichten für die Gattin und ein Kind angegeben. Diese wurden bereits von der belangten Behörde berücksichtigt. In Anbe-tracht des Unrechtsgehaltes der Tat und des Verschuldens des Bw ist die von der Behörde verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen und den persönlichen Verhältnissen angepasst. Auch ist sie im Hinblick auf die Verhinderung einer weiteren Tatbegehung durch den Bw erforderlich (Spezialprävention). Es kann nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde von dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hat. Es waren daher die verhängten Geldstrafen zu den Fakten 2 und 3 ebenfalls zu bestätigen.

5.5. Die Berichtigung der Übertretungsnorm ist aufgrund der obigen rechtlichen Ausführungen erforderlich.

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war zusätzlich zum Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ein Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der jeweils verhängten Strafe, ds insgesamt 2.200 S, gemäß § 64 VStG, aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Kontrollsystem, keine gültige Bestellungsurkunde

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