Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280491/38/Le/La

Linz, 24.03.2000

VwSen-280491/38/Le/La Linz, am 24. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des Andreas K, G 1, L, zH Rechtsanwälte M, R, S & Partner OEG, H / K, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.10.1999, GZ 502-32/Kn/We/215/98j, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.3.2000 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 15.000 S (entspricht 1.090,09 €) herabgesetzt, die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt unverändert.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 1.500 S (entspricht 109,00 €).

Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 19, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.10.1999, GZ 502-32/Kn/We/215/98j, wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 118 Abs.3 Arbeitnehmer-Innenschutzgesetz (im Folgenden kurz: ASchG) iVm § 7 Abs.1 bis 3 Bauarbeiterschutzverordnung (im Folgenden kurz: BAV) in Anwendung des § 130 Abs.5 Z1 ASchG eine Geldstrafe in Höhe von 35.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Tag) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der K Gesellschaft mbH und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der K Gesellschaft mbH & Co KG zu vertreten, dass am 13.10.1998 auf einer näher bezeichneten Baustelle in L drei Arbeitnehmer auf der Loggia im 3. Stock eines (näher bezeichneten) Hauses eine ca. 8 m lange und ca. 50 kg schwere Markise demontierten, ohne dass bei einer Absturzhöhe von ca. 8 m Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht waren, sodass in der Folge ein Arbeitnehmer, nämlich Herr K, mitsamt der Markise ca. 8 m auf den betonierten Hofplatz abstürzte.

Sicherheitseinrichtungen waren auf der Baustelle nicht vorhanden.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 8.11.1999, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls nach Verfahrensergänzung, einzustellen.

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, die am 27.1.2000 und am 16.3.2000 durchgeführt wurde. An diesen beiden Verhandlungstagen waren jeweils der Rechtsvertreter des Berufungswerbers, Herr Dr. Christian R, sowie der Vertreter des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk, Herr DI Arnold H, anwesend; der Berufungswerber nahm für kurze Zeit am zweiten Verhandlungstag teil.

Weiters wurden als Zeugen gehört der Arbeitsinspektor Ing. Peter D sowie die (ehemaligen) Arbeitnehmer des Berufungswerbers Arnold K, Josef O und Alban K.

3.2. Daraus steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Am 13.10.1998 hatten Arnold K und Josef O die Aufgabe, im Hause L, W Straße 226, von einer Loggia im 3. Stock eine Markise zu demontieren. Auf Grund der Länge und des Gewichtes dieser Markise wurde ein dritter Monteur mitgenommen, nämlich Alban K.

An der Baustelle angekommen, stellten die drei Arbeiter auf der Loggia zwei Stehleitern auf. In der Mitte unterhalb der Markise wurde ein Sessel (oder eine Bank), der auf der Loggia vorgefunden worden war, aufgestellt. Die Markise war an vier Montageschienen befestigt, wobei sie an jeder der Montageschienen mit zwei Schrauben gehalten wurde. Herr K löste die vier der Hofseite zugewandten Schrauben und sodann die beiden Schrauben in der Mitte. Danach löste er die rechtsseitige Schraube, während Herr K damit beschäftigt war, die linksseitige Schraube zu lösen. Herr O stand in der Mitte. Da Herr K die Schraube nicht sofort lösen konnte, drückten die beiden anderen Arbeitnehmer die Markise in die Höhe. Plötzlich löste sich die letzte Schraube und die Markise fiel Herrn K, der auf der Aluleiter stand, in die Arme. Dadurch verlor dieser das Gleichgewicht und stürzte über die Loggiabrüstung in die Tiefe, wobei er sich schwer verletzte.

Die beiden anderen Arbeitnehmer konnten die Markise zu zweit nicht halten, worauf diese ebenfalls in die Tiefe stürzte.

Die Innenhöhe der Loggia betrug 2,70 m. Die Arbeitnehmer standen bei der Demontagearbeit auf den Alu-Stehleitern und hatten zum Teil einen Fuß auf der Blechabdeckung der Mauerbrüstung.

Keiner der drei Arbeitnehmer war in irgendeiner Form gegen Absturz gesichert. Es waren auf der Baustelle keine - nach der Beurteilung des den Unfall aufnehmenden Arbeitsinspektors - geeigneten Sicherungseinrichtungen vorhanden.

3.3. Alle drei als Zeugen einvernommenen Arbeitnehmer gaben übereinstimmend an, bei der Firma K nie über die Anwendung von Sicherheitseinrichtungen und das Sichern an absturzgefährdeten Stellen geschult worden zu sein. Es gab auch keine Kontrolle durch die Geschäftsführer bzw deren Beauftragte.

Der Berufungswerber gab an, ausschließlich für den Vertrieb und den Verkauf zuständig zu sein. Die Montage werde unter Anleitung seines Bruders Christian K erledigt, der dafür ausschließlich und alleine verantwortlich sei. Er verwies dazu auf einen Gesellschafterbeschluss vom 9.5.1996, wonach bei der Gesellschafterversammlung einstimmig beschlossen worden sei, dass Herr Christian K für die Sicherheitsvorschriften der Arbeitnehmer im Montage- und Produktionsbereich zuständig sei. Von diesem Gesellschafterbeschluss legte er eine Kopie vor.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. § 7 Abs.1 BAV ordnet an, dass bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen sind.

Absturzgefahr liegt nach Abs.2 leg.cit. vor

4. an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.

§ 7 Abs.4 BAV bestimmt, dass die Anbringung von Absturzsicherungen (§ 8) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) entfallen kann, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit ist. In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer entsprechend § 30 BAV sicher angeseilt sein.

Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren kam klar hervor, dass an der gegenständlichen Arbeitsstelle der drei Arbeitnehmer der Firma K GesmbH & Co KG eine Absturzgefahr bestand und die Absturzhöhe mehr als 2 m, nämlich mindestens 8 m, betrug. Dennoch waren keinerlei Schutzeinrichtungen gegen Absturz angebracht und waren die Arbeitnehmer auch nicht angeseilt. Auf Grund der lichten Höhe der Loggia von immerhin 2,70 m und der dadurch notwendigen Verwendung von Leitern bestand Absturzgefahr, weil die Arbeitnehmer auf den Leitern ziemlich hoch aufsteigen mussten, um die Schrauben lösen und die Markise demontieren zu können. Dadurch bestand Absturzgefahr über die Brüstung der Loggia, was durch den Absturz des Arbeitnehmers Alban K auch tatsächlich dokumentiert wurde.

Durch den Absturz erlitt Alban K schwerste Verletzungen und schwebte einige Zeit sogar in Lebensgefahr. Die Folgen des Sturzes hat er auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht gänzlich überwunden: Er erschien im Zeugenstand vor dem UVS auf Krücken.

Damit aber ist ausreichend dargelegt, dass der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt ist, zumal keinerlei Sicherungseinrichtungen auf der Baustelle vorhanden waren.

Nach Ansicht des Arbeitsinspektorates wäre es leicht möglich gewesen, eine Seilsicherung an Ort und Stelle dadurch anzubringen, dass zwischen Tür und Fenster ein Seil geführt worden wäre, an dem dann die Sicherungsseile für die Arbeitnehmer hätten eingesetzt werden können. Es wäre auch eine Sicherung mit Zwingen technisch möglich gewesen.

Erwähnt werden soll, dass die Sicherung durch bloße Bauchgurte ohne Sicherheitsgeschirr von dem an Ort und Stelle den Unfall aufnehmenden Arbeitsinspektor als nicht zweckmäßig bezeichnet wurden. Bauchgurte wären zwar vorhanden gewesen (möglicher Weise lagen sie im Montagefahrzeug), doch waren die drei Arbeitnehmer laut ihren eigenen Aussagen über die Verwendung dieser Gurte nicht informiert.

Diese Sicherungsmöglichkeit durch Bauchgurte war somit völlig ungeeignet, und zwar einerseits aus objektiver Sicht, weil ein Sturz in einen Bauchgurt schwere innere Verletzungen des Gestürzten zur Folge haben kann, und andererseits auch subjektiv, weil die Arbeitnehmer mit der Handhabung dieser Gurte nicht vertraut waren.

Überdies fehlten die zur Verwendung der Bauchgurte unbedingt notwendigen Sicherungsseile.

Somit ist der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung als erfüllt anzusehen.

4.3. Der Berufungswerber vermeint, subjektiv für diese Verwaltungsübertretung nicht verantwortlich zu sein und führt dazu ins Treffen, dass nach einem Gesellschafterbeschluss vom 9.5.1996 Herr Christian K für die Sicherheitsvorschriften der Arbeitnehmer im Montage- und Produktionsbereich zuständig sei.

Dieser Beschluss wurde jedoch dem Arbeitsinspektorat nicht bekannt gegeben.

Nach § 23 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 (im Folgenden kurz: ArbIG) wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, in der jeweils geltenden Fassung für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist.

Aus der - unbestrittenen - Aussage des Vertreters des Arbeitsinspektorates für den (zuständigen) 9. Aufsichtsbezirk ist weder eine derartige schriftliche Mitteilung über die Bestellung des Herrn Christian K als Verantwortlichen für die Arbeitssicherheit beim Arbeitsinspektorat eingelangt noch ein Nachweis, dass Herr Christian K dieser Bestellung zugestimmt hat.

Dies hat zur Folge, dass die allgemeine Regelung der Verantwortlichkeit nach § 9 Abs.1 VStG zur Anwendung kommt, wonach strafrechtlich verantwortlich ist, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Es ist unbestritten, dass Herr Andreas K handelsrechtlicher Geschäftsführer der K GesmbH ist, die wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der K GesmbH & Co KG ist; dies ist durch das Firmenbuch (auch für den Tatzeitpunkt) belegt.

4.4. Der Berufungswerber vermeint, die Pflicht zur Verständigung des Arbeitsinspektorates über die Aufteilung der Verantwortung hätte nicht ihn getroffen, sondern den als Verantwortlichen bestellten Christian K.

Diese Ansicht kann nicht geteilt werden:

Voranzustellen ist, dass es § 23 Abs.1 ArbIG offen lässt, wer die Meldung erstattet; anzuschließen ist jedenfalls die Zustimmung des bestellten Verantwortlichen. Daraus ist somit zu folgern, dass die Meldepflicht generell alle Verantwortlichen trifft, insbesonders aber die, die aus der Verantwortung entlassen werden sollen, wobei derjenige, der die Verantwortung (ausschließlich) übernehmen soll, dieser Übernahme ausdrücklich zustimmen muss.

Es ist Sache eines ordentlichen Kaufmanns dafür zu sorgen, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen erfüllt; im Falle der Delegierung seiner Pflichten hat er die tatsächliche Erfüllung der Pflicht durch den Gehilfen zu kontrollieren.

Es ist somit dem Berufungswerber vorzuwerfen, die Meldung an das Arbeitsinspektorat nicht erstattet bzw. sich nicht darum gekümmert zu haben, ob Herr Christian K tatsächlich die erforderliche Meldung an das Arbeitsinspektorat erstattet hat.

4.5. Für die Einhaltung der Bestimmungen des ASchG haben die Arbeitgeber zu sorgen. Da es mit den Forderungen eines modernen Wirtschaftslebens nicht vereinbar ist, dass ein Arbeitgeber selbst alle Belange des Arbeitnehmerschutzes wahrnimmt, hat er nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Betrieb zur Umsetzung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen ein wirksames Weisungs- und Kontrollsystem einzurichten:

Der Verwaltungsgerichtshof konzediert die Unmöglichkeit, dass sich der Unternehmer bei der im heutigen Wirtschaftsleben notwendigen Arbeitsteilung aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt und zieht daraus die rechtliche Konsequenz, dass dem Unternehmer zugebilligt werden muss, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Der vom Verwaltungsgerichtshof entwickelte Maßstab des Kontrollsystems konzentriert sich auf die Erfüllung dieser Kontrollverpflichtung. Eine nach § 9 VStG haftende Person ist nur dann vom Vorwurf, eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben, befreit, wenn sie den Nachweis erbringen kann, Maßnahmen getroffen zu haben, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

Dabei ist die bloße Erteilung von Weisungen nicht ausreichend. Entscheidend ist vielmehr, ob auch eine wirksame Kontrolle dieser Weisungen erfolgt ist, wobei bloß stichprobenweise durchgeführte Kontrollen nicht ausreichen (siehe hiezu VwGH vom 30.3.1982, 81/11/0087; 18.9.1987, 86/17/0021; 19.5.1994, 93/17/0332, VwGH vom 26.1.1996, 95/02/0603; 98/09/0219-5 vom 23.2.2000 u.v.a.).

Im Lichte der genannten Grundsätze betrachtet besteht im Betrieb des Berufungswerbers kein ausreichendes Weisungs- und Kontrollsystem:

Alle drei als Zeugen vernommenen (ehemaligen) Arbeitnehmer gaben übereinstimmend an, in der Firma K in Belangen des Arbeitsschutzes und der Eigensicherung bei Arbeiten an absturzgefährdeten Stellen nicht geschult worden zu sein. Sie führten weiter aus, dass eine Kontrolle ihrer Tätigkeit in puncto Arbeitssicherheit auf den Baustellen nie stattgefunden habe.

Daraus ergibt sich, dass im Betrieb des Berufungswerbers kein ausreichendes Weisungs- und Kontrollsystem eingerichtet ist.

4.6. Zur Erfüllung der subjektiven Tatseite ist weiters die Bestimmung des § 5 Abs.1 VStG heranzuziehen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist demnach bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die gegenständlich angelastete Verwaltungsübertretung ist als sogenanntes Ungehorsamsdelikt vom Regelungsbereich dieser Bestimmung erfasst. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen glaubhaft zu machen, dass ihn kein Verschulden daran trifft, dass im Betrieb kein ausreichendes Weisungs- und Kontrollsystem eingerichtet ist. Er vermeinte, dieses fehlende Verschulden dadurch glaubhaft machen zu können, dass er nicht zur Meldung des Gesellschafterbeschlusses vom 9.5.1996 an das Arbeitsinspektorat verpflichtet gewesen wäre.

Diese Argumentation wurde jedoch bereits oben unter 4.4. widerlegt.

Weitere Gründe hat der Berufungswerber nicht vorgebracht.

Somit ist es dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden zumindest in Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.

4.7. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese von der Erstbehörde zu hoch angesetzt wurde, weshalb eine Reduzierung vorzunehmen war:

Nach § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Für die Bemessung der Strafe ist weiters der gesetzlich vorgegebene Strafrahmen des § 130 Abs.5 ASchG von 2.000 S bis 100.000 S zu berücksichtigen, die (unwidersprochen gebliebene) Einschätzung des monatlichen Einkommens in Höhe von 40.000 S, das Fehlen von Sorgepflichten sowie Vermögenslosigkeit.

Als erschwerend war zu berücksichtigen die schwere Schädigung derjenigen Interessen, die durch § 7 BAV geschützt werden sollen, durch die schwere Körperverletzung des Arbeitnehmers Alban K und die daraus resultierenden nachteiligen Folgen (Alban K ist derzeit noch immer auf die Benützung von Krücken angewiesen).

Der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit ist beim Berufungswerber nicht erfüllt; es fehlt jedoch eine (als erschwerend zu berücksichtigende) einschlägige Vorstrafe.

Als mildernd war der Milderungsgrund des § 34 Z6 StGB heranzuziehen, weil der Berufungswerber firmenintern nicht für die Belange der Arbeitssicherheit zuständig war. Dass dieser Gesellschafterbeschluss vom 9.5.1996 ihn nicht gänzlich exkulpieren konnte, ist bereits oben unter 4.3. dargelegt.

Der Umstand war daher bei der Strafbemessung als mildernd zu berücksichtigen.

Unter diesen Umständen erscheint die Strafe im herabgesetzten Ausmaß ausreichend, um dem Berufungswerber die Verwerflichkeit seiner Unterlassungen vor Augen zu führen und ihn zu veranlassen, hinkünftig die entsprechende Sorgfalt walten zu lassen. Die Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag war zu bestätigen, weil sie noch immer verhältnismäßig geringer als die reduzierte Geldstrafe ist (Ersatzfreiheitsstrafrahmen gemäß § 16 Abs.2 VStG beträgt nur zwei Wochen).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen.

Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. W e i ß

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen;

VfGH vom 25.09.2000, Zl.: B 996/00

 

 

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