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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280493/8/Kl/Rd

Linz, 11.10.2000

VwSen-280493/8/Kl/Rd Linz, am 11. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des U, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28.10.1999, Ge96-44-1999, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der BauV zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift gemäß § 44a Z2 VStG zu lauten hat: "§§ 87 Abs.3 und 5 und 161 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl.Nr. 340/1994 idgF iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994 idgF".

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zum Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 10.000 S (entspricht 726,73 €), zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28.10.1999, Ge96-44-1999, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 50.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 84 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.3 und 5 BauV und §§ 118 Abs.3 und 5 und 130 Abs.5 ASchG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der W Spenglerei GesmbH mit dem Sitz in ist, und es als solcher zu verantworten hat, dass die Arbeitnehmer E und D am 25.8.1999 um ca. 13.20 Uhr auf der Baustelle in Schärding, auf dem Dach mit einer Traufenhöhe an den südseitigen Dachgaupen von ca. 7,5 m bzw am nordseitigen Dach von ca. 4m bzw mit einer Dachneigung an der Südseite von 20 Grad bzw an der Nordseite von 45 Grad zu Arbeiten (Verlegen von Dachziegeln), welche nicht geringfügig waren und sich nicht nur auf dem Dachsaum oder den Giebelbereich beschränkten, herangezogen worden sind, ohne dass geeignete Schutzmaßnahmen (Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden) vorhanden waren, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser die Aufhebung des Straferkenntnisses und Herabsetzung der Geldstrafe auf 5.000 S beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass kein Verschulden vorliege, weil sämtliche Arbeiter angewiesen seien, im Bedarfsfall alle angeordneten Schutzmaßnahmen zu befolgen und die vorhandenen Sicherheitsmittel anzuwenden. Die Behörde wäre früher gehalten gewesen, dem Bw mitzuteilen, dass er initiativ alles zur Entlastung darzulegen hätte. Es entspreche nicht der Judikatur, dass die Erteilung von Weisungen nicht genüge. Die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden seien so gestaltet, dass kein Anreiz zu Verletzungen der Arbeitnehmerschutzvorschriften besteht. Die Arbeitnehmer sind angewiesen, sich an die bestehenden Vorschriften zu halten, widrigenfalls sie mit einer Auflösung des Dienstverhältnisses rechnen müssen. Auch wurde die Herabsetzung der Strafe beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Das zuständige Arbeitsinspektorat wurde am Verfahren beteiligt.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der geltenden Geschäftsverteilung die 8. Kammer zur Entscheidung zuständig.

Weil in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung hinsichtlich des Verschuldens geltend gemacht wurde und die Herabsetzung der Strafe beantragt wurde, die mündliche Verhandlung aber nicht ausdrücklich beantragt wurde, war von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z1 und 2 VStG abzusehen.

4. Bereits dem Verfahren erster Instanz und dem Straferkenntnis lag der erwiesene Sachverhalt zugrunde, dass am 25.8.1999 um ca. 13.20 Uhr auf der Baustelle in Schärding, namentlich genannte Arbeitnehmer auf dem Dach mit einer Traufenhöhe an der südlichen Dachgaupe von ca. 7,5 m bzw am nordseitigen Dach von ca. 4 m und einer Dachneigung an der Südseite von 20 Grad und an der Nordseite von 45 Grad zu Arbeiten (Verlegen von Dachziegeln) herangezogen wurden, ohne dass geeignete Schutzmaßnahmen (Dachfanggerüste oder -schutzblenden) vorhanden waren. Die Arbeiten waren nicht geringfügig und nicht nur auf den Dachsaum oder den Giebelbereich beschränkt. Dieser Sachverhalt ist aus der Aktenlage eindeutig erwiesen und wurde zu keiner Zeit im Verfahren vom Bw bestritten. Er kann auch dem Berufungsverfahren als erwiesen zu Grunde gelegt werden.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 87 Abs.3 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl.Nr. 340/1994, idF BGBl. II Nr. 121/1998, müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Geeignete Schutzeinrichtungen sind Dachschutzblenden und Dachfanggerüste (§ 88).

Gemäß § 87 Abs.5 BauV darf das Anbringen von Schutzeinrichtungen nach Abs.3 nur entfallen, bei

1) geringfügigen Arbeiten, wie Reparatur- oder Anstricharbeiten, die nicht länger als einen Tag dauern,

2) Arbeiten am Dachsaum oder im Giebelbereich. In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt sein.

Gemäß § 161 BauV sind Übertretungen dieser Verordnung nach § 130 Abs.5 Z1 ASchG zu bestrafen.

Gemäß § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994, gilt die BauV nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

5.2. Aufgrund des oa erwiesenen Sachverhaltes wurde der Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.3 BauV iVm § 130 Abs.5 Z1 ASchG einwandfrei erfüllt. Die belangte Behörde ist rechtsrichtig davon ausgegangen, dass nicht nur Ausbesserungsarbeiten bzw Reparaturarbeiten durchgeführt wurden, sondern dass es sich bei der Baustelle um die Neueindeckung des Daches gehandelt hat.

5.3. Was hingegen die Berufungsverantwortung betrifft, dass die Arbeitnehmer angewiesen waren, die Sicherheitsmittel anzuwenden und die Vorschriften einzuhalten, so kann dieses Vorbringen den Bw nicht entschuldigen.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG - diesen hat die Behörde zu Recht herangezogen - ist fahrlässiges Verhalten bei Ungehorsamsdelikten, zu welchen auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zählt, zu vermuten, es sei denn, dass der Bw glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Ein solcher Entlastungsnachweis ist aber dem Bw nicht gelungen, weil nach der ständigen Judikatur des VwGH Weisungen alleine nicht genügen, sondern es entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. Wenn sich der Bw hinsichtlich des Kontrollsystems auf Belehrungen und Anweisungen an die Arbeitnehmer, die Vorschriften einzuhalten, und auf stichprobenweise Kontrolle beschränkt, so stellt dies ein unzulängliches Kontrollsystem dar (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, S. 767ff, mN). Danach hat der Bw den Nachweis zu erbringen, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der pflichtgemäßen Sorgfalt bei der Überwachung eines mit der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften Beauftragten ist durch die bloße Erteilung von Weisungen nicht genüge getan. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. Hat der Bw nicht einmal Behauptungen darüber aufgestellt, er sei seiner Pflicht zur Überwachung nachgekommen, so ist ihm damit auch der ihm obliegende Entlastungsnachweis nach § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG misslungen (vgl. Hauer-Leukauf, S. 768 E55 mN).

Der Bw hat ein Kontrollsystem in der Berufung gar nicht behauptet und keine Beweise dazu angeboten. Wie aber die ständige Judikatur des VwGH zeigt, reicht das Erteilen von Weisungen nicht aus (Hauer-Leukauf, S. 768 E54). Auch die alleinigen Behauptungen, dass Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden keinen Anreiz für die Verletzung der Vorschriften bieten, reichen nicht, sondern müsste der Bw diese konkret darlegen, um sich entlasten zu können. Darüber hinaus hat er auch entsprechende Beweise dazu vorzutragen. Auch diesen Anforderungen ist er nicht nachgekommen (VwGH vom 9.6.1988, 88/08/0123 sowie Hauer-Leukauf, S. 759 mN).

Im Grunde dieser Judikatur fehlt auch der gegenständlichen Berufung jegliches konkretes Vorbringen, welche Maßnahmen der Bw gesetzt hat, um die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu gewährleisten. Auch fehlen jegliche Behauptungen über ein Kontrollsystem. Entsprechende Behauptungen und Vorbringen sowie Beweisanträge hat aber der Bw initiativ darzulegen und zu beantragen. Dies hätte er auch in der Berufung noch nachholen können. Es ist daher auch das Verschulden des Bw gegeben.

5.4. Hinsichtlich der Strafbemessung hat die belangte Behörde alle Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG berücksichtigt. Insbesondere hat sie auf die vom Bw selbst angegebenen persönlichen Verhältnisse Bedacht genommen. Sie ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass dem Bw ein Milderungsgrund, wie zB die Unbescholtenheit, nicht zugute kommt. Erschwerend waren einschlägige Verwaltungsvorstrafen zu berücksichtigen. Es hat daher die belangte Behörde das ihr eingeräumte Ermessen bei der Strafbemessung nicht in gesetzwidriger Weise ausgeübt und war daher die verhängte Geldstrafe ebenfalls zu bestätigen. Es ist der belangten Behörde beizupflichten, dass entsprechend dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat eine höhere Geldstrafe zu verhängen war. Auch war sie erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und bei ihm ein Einlenken zu erwirken, sodass er Maßnahmen setzt, die eine Vorsorge für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften gewährleisten. Im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene Höchststrafe bedeutet aber die verhängte Geldstrafe lediglich ein Viertel des gesetzlichen Strafrahmens und ist daher nicht überhöht.

6. Die Spruchkorrektur war im Grunde der VwGH-Judikatur erforderlich und ist in der rechtlichen Beurteilung begründet.

7. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 10.000 S, für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Kontrollsystem, kein Vorbringen, Weisung nicht ausreichend.

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