Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280494/41/Kl/Rd

Linz, 17.01.2001

VwSen-280494/41/Kl/Rd Linz, am 17. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Ing. R, vertreten durch Rechtsanwalt gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 20.10.1999, GZ 502-32/Kn/We/27/98l, wegen Übertretungen nach der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 15.11.2000, 20.12.2000 und 15.1.2001 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Übertretungsnorm gemäß § 44a Z2 VStG zum Faktum 5 um den Ausdruck "und § 46 Abs.13 AAV" zu ergänzen ist. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen jeweils um 1.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafen um jeweils 3 Stunden herabgesetzt werden.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 2.200 S (entspricht 159,88 €); zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 20.10.1999, GZ: 502-32/Kn/We/27/98l, wurden über den Bw fünf Geldstrafen zwischen 3.000 S und 8.000 S, Ersatzfreiheitsstrafen zwischen 10 Stunden und 27 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs.5 Z1 iVm § 109 Abs.2 ASchG iVm 1) § 46 Abs.6 AAV, 2) § 46 Abs.11 AAV, 3) § 46 Abs.3 AAV, 4) § 46 Abs.11 AAV und 5) § 46 Abs.9 AAV, verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Ö Linz GesmbH, Linz, und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher zu vertreten hat, dass auf der Slipanlage im Betrieb der Ö GesmbH in, am 2.2.1998, wie anlässlich einer Kontrolle durch das AI für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, ein Arbeitnehmer der Ö GesmbH, nämlich Hr. P mit der Reparatur der Außenhaut des Schiffes "Dürnstein" in einer Höhe von ca. 4,3 m beschäftigt war, wobei als Standplatz für diese Tätigkeit ein mangelhaftes verfahrbares Gerüst mit einer Grundfläche von 1m x 3m mit einem Gerüstbelag in einer Höhe von 3,3 m über dem Boden diente und als Aufstieg auf diesen Gerüstbelag eine 4 m lange Anlegeleiter diente.

Das Gerüst wies folgende Mängel auf:

1) Obwohl sich der Gerüstbelag in einer Höhe von 3,3 m über dem Boden befand, wurde der Gerüstbelag im Gegensatz zu den Bestimmungen des § 46 Abs.6 AAV nicht mit Mittel- und Fußwehren als Absturzsicherung abgesichert.

2) Lediglich 2 der 4 Räder des verfahrbaren Gerüstes waren mit Feststellvorrichtungen ausgestattet, obwohl gemäß § 46 Abs.11 AAV alle Räder mit Feststellvorrichtungen auszustatten gewesen wären.

3) die kleinste Aufstandsbreite des verfahrbaren Gerüstes betrug 1m und dieses Gerüst war somit nicht standsicher gemäß § 46 Abs.3 AAV aufgestellt, da ein freistehendes Gerüst nur dann als standsicher angesehen werden kann, wenn der Abstand der Aufstandfläche zur obersten Gerüstlage nicht mehr als 6 m und die kleinste Aufstandsbreite mindestens 2 m beträgt.

4) Als Aufstieg auf das Gerüst diente eine Anliegeleiter. Dies widerspricht § 46 Abs.11 AAV iVm § 66 Abs.4 BAV, wonach Arbeitsplätze auf Gerüsten über sicher begehbare Zugänge, wie zB Leitern erreichbar sein müssen, wobei diese Leitern an der Schmalseite des Gerüstes montiert sein und mit diesem sicher verbunden sein müssen. Die Verwendung von Anlegeleitern als Aufstieg auf verfahrbare Gerüste ist unzulässig.

5) Gemäß § 46 Abs.9 AAV müssen Gerüste nach ihrer Fertigstellung und vor der Inverwendungnahme einer Prüfung durch geeignete fachkundige und hiezu berechtigte Aufsichtspersonen unterzogen werden, wobei über diese Prüfungen Vermerke zu führen sind. Diesbezügliche Vormerkungen konnten nicht vorgewiesen werden.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und der Bescheid dem gesamten Inhalt nach angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass ein ausreichendes und funktionierendes Kontrollsystem nachgewiesen worden sei. Die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften habe durch den Werkmeister K zu erfolgen und wird von diesem kontrolliert. Dieser ist eine taugliche Person. Darüber hinaus ist eine eigene Arbeitsgruppe zur Aufstellung von Gerüsten eingerichtet, die sog. Hofgruppe, und es wäre der Arbeitnehmer P verpflichtet gewesen, die Hofgruppe zur Errichtung des Gerüstes heranzuziehen. Dieser Pflicht ist der Arbeitnehmer nicht nachgekommen, sondern er habe das Gerüst selbständig aufgebaut. Dieses weisungswidrige Verhalten könne auch durch das beste Kontrollsystem nicht verhindert werden. Auch der Bw selbst habe ständig die Überwachung der Einhaltung der Sicherheitsvorschriften vorgenommen und selbst Kontrollen durchgeführt. Der Werkmeister sei im Rahmen von Dienstbesprechungen berichtspflichtig gewesen. Auch gäbe es disziplinäre Maßnahmen bei Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften wie einen Verweis sowie die Kündigung bzw Entlassung eines Arbeitnehmers.

Im Hinblick auf das aufgezeigte Kontrollsystem verstoße der bekämpfte Bescheid gegen die Begründungspflicht. Auch wurde Beweisanträgen nicht nachgekommen. Ferner wird die Strafhöhe angefochten. Die festgestellten Mängel am Gerüst seien keinesfalls kausal für den Arbeitsunfall und die Verletzungen des Arbeitnehmers gewesen. Bei der Strafbemessung habe die erstinstanzliche Behörde die Unbescholtenheit des Bw unberücksichtigt gelassen.

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das zuständige AI wurde am Verfahren beteiligt und in einer Stellungnahme wurde auf das mangelhafte Kontrollsystem hingewiesen und die Bestätigung des Straferkenntnisses beantragt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie die Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.11. und 20.12.2000 sowie 15.01.2001, zu welchen die Verfahrensparteien bzw ihre Vertreter geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen Z, K, R, P und Ing. R, alle Arbeitnehmer der Ö GesmbH, geladen und einvernommen. Weiters wurde der Zeuge DI T vom AI für den 9. Aufsichtsbezirk einvernommen.

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Zur Tatzeit war auf der gegenständlichen Baustelle der Ö GesmbH der namentlich genannte Arbeitnehmer P mit Reparaturarbeiten an der Außenhaut des Schiffes "Dürnstein" in einer Höhe von ca. 3,4 m beschäftigt, wobei als Standplatz für diese Tätigkeit ein fahrbares Gerüst mit einer Grundfläche von 1m x 3 m mit einem Gerüstbelag in einer Höhe von 3,3 m über dem Boden und als Aufstieg auf diesen Gerüstbelag eine 4 m lange Anlegeleiter diente. Der Gerüstbelag wurde nicht mit Mittel- und Fußwehren als Absturzsicherung abgesichert, lediglich an zwei der vier Räder war eine Feststellvorrichtung vorhanden, die kleinste Aufstandsbreite des Gerüstes betrug 1m, sodass eine Standsicherheit bzw Kippsicherheit nicht gegeben war, die Aufstiegsleiter war lediglich angelehnt und mit dem Gerüst nicht festverbunden und ein Vormerk über die Prüfung durch eine geeignete fachkundige Aufsichtsperson konnte nicht vorgewiesen werden. Dieser Sachverhalt wurde im Übrigen vom Bw zu keiner Zeit im Verfahren bestritten.

Für den Aufbau dieses Gerüstes gab es keinen Auftrag an die zuständige Ausrüstungswerkstätte, Hofgruppe, der Ö, sondern es wurde dieses Gerüst entgegen der allgemeinen Anweisung, dass Gerüste, die höher als 2m sind, von der Hofgruppe anzufordern und aufzustellen sind, von einer anderen Baustelle zum Schiff Dürnstein verbracht. Es wurde weder von dem verunfallten Arbeitnehmer, welcher über Sicherheitsvorschriften und Bauvorschriften eines Gerüstes nicht informiert und geschult ist, noch vom zuständigen Vorgesetzten und Meister K noch vom Sicherheitsbeauftragen das Gerüst vor seiner Verwendung überprüft und über diese Prüfung ein Vormerk vorgenommen. Das Gerüst wurde schon in der Vorwoche zur Baustelle gebracht und auf diesem bereits 3 bis 4 Tage zum Zweck der Reparaturen der Seitenwand des Schiffes gearbeitet.

Der Auftrag, Reparaturen am Kiemgang und an der Seitenwand des Schiffes durchzuführen und das hiefür erforderliche Gerüst sich zu beschaffen, erging vom Werkmeister K an den verunfallten Arbeitnehmer P, wobei dieser die Arbeiten selbständig durchführte und für diese Arbeiten bis zum Zeitpunkt des Unfalles keine Kontrolle durch den Werkmeister oder den Sicherheitsbeauftragten erfolgte. Der Werkmeister für Schiffbau sowie der Werkmeister für die Ausrüstungswerkstätte sowie der ihm unterstellte Arbeiter R sind für den Gerüstebau geschult und zum Gerüstebau ermächtigt. Über Vorkommnisse sind sie an die Geschäftsleitung und somit an den Bw berichtspflichtig, wobei entsprechende Maßnahmen wie Verweis oder Entlassung besprochen werden und vom Bw ausgesprochen werden. Weiters finden regelmäßige Sicherheitsbesprechungen der Werkmeister mit dem Sicherheitsbeauftragten statt und erfolgen Unterweisungen in Sicherheitsfragen durch den Sicherheitsbeauftragten. Im Rahmen seiner Aufgabe als Sicherheitsbeauftragter macht dieser auch Rundgänge durch die Werft, etwa ein bis zweimal in der Woche, und es wird dann der zuständige Meister über etwaige Mängel informiert und zur Mängelbehebung angehalten. Bei schwerwiegenden Angelegenheiten, insbesondere wenn größere Investitionen dadurch erforderlich werden, besteht Berichtspflicht an die Geschäftsleitung. Die Rundgänge durch den Betrieb werden entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen aufgezeichnet. Der Sicherheitsbeauftragte wird bei den täglichen Projektbesprechungen nur aus besonderem Anlass beigezogen. Der Sicherheitsbeauftragte ist aber kein generelles Kontrollorgan im Betrieb, sondern sind für die Kontrollen der Arbeitnehmer die Meistereien zuständig. Eine ständige Kontrolle der Arbeitnehmer konkret an ihrem Arbeitsplatz erfolgt daher durch den Sicherheitsbeauftragten nicht. Eine Kontrolle des aufgestellten Gerüstes sowie der Arbeit des auf diesem befindlichen Arbeitnehmers erfolgte einige Tage vor dem Vorfall sowie am Tag des Arbeitsunfalles nicht.

Diese Feststellungen stützen sich insbesondere auf die Aussagen des AI sowie des einvernommenen und verunfallten Arbeitnehmers P sowie des Sicherheitsbeauftragten. Mit diesen Aussagen übereinstimmend sind aber auch die Aussagen des Leiters der Ausrüstungswerkstätte, Hofgruppe, sowie die Angaben des Produktionsleiters R und des Bw. Auch die Einvernahme des Zeugen K brachte keine neuen Erkenntnisse betreffend das gegenständliche Gerüst sowie auch die Kontrolle des verunfallten Arbeitnehmers. Vielmehr gab dieser selbst an, dass der Arbeitnehmer P selbständig arbeiten musste und sich auch das Gerüst zu besorgen hatte, wenngleich auch die allgemeine Pflicht bestand, ein Gerüst von dieser Höhe von der Hofgruppe zu besorgen. Weiters hat die Einvernahme auch ergeben, dass der Bw selbst Kontrollen im Betrieb durchführt und im Übrigen im Rahmen von Besprechungen Berichtspflicht besteht.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 109 Abs.2 ASchG gelten bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz zur Durchführung des 3. Abschnittes für Betriebsmittel iSd Bundesgesetzes ua §§ 39 bis 47 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) als Bundesgesetz.

Gemäß § 46 Abs.1 AAV müssen Gerüste entsprechend den auftretenden Beanspruchungen unter Zugrundelegung ausreichender Sicherheit bemessen sowie in dem für die Ausführung der Arbeiten und den Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Umfang ausgeführt sein. Gerüste müssen auf tragfähigen Unterlagen aufgestellt sein; sie müssen standsicher, ausreichend verstrebt und nötigenfalls an standsicheren genügend festen Bauteilen verankert sein (Abs. 3).

Indem die Aufstandfläche 1m x 3m betrug und Standsicherheit erst bei einer Aufstandsbreite ab 2m anzunehmen ist, war die Standsicherheit des gegenständlichen Gerüstes, welches frei stand und eine Höhe von 3,3m aufwies, nicht gegeben. Es war daher der objektive Tatbestand gemäß § 46 Abs.3 AAV (Faktum 3) erfüllt.

Gemäß § 46 Abs.6 AAV müssen Gerüstbeläge, die über Gewässer liegen oder von denen Arbeitnehmer mehr als 2m abstürzen können, mit Brust- und Fußwehren gesichert sein. Zwischen Brust- und Fußwehr muss eine Mittelwehr so angebracht sein, dass der lichte Abstand zwischen jeweils zwei Teilen der Umwehrung nicht mehr als 0,40m beträgt.

Indem bei einer Absturzhöhe von 3,3m Mittel- und Fußwehren fehlten, war der Tatbestand nach § 46 Abs.6 AAV objektiv erfüllt (Faktum 1).

Gemäß § 46 Abs.11 AAV müssen Arbeitsplätze auf Gerüsten über sicher begehbare Zugänge, wie Leitern, Leitergänge, Stiegen oder Laufbrücken, erreichbar sein. Fahrbare Gerüste dürfen erst bestiegen werden, wenn sie standsicher aufgestellt und mit Feststellvorrichtungen gegen unbeabsichtigtes Bewegen gesichert sind.

Indem das gegenständliche Gerüst verfahrbar war und lediglich an zwei der vier Rädern mit Feststellvorrichtungen versehen war, wurde § 46 Abs.11 AAV übertreten (Faktum 2). Ein Zugang des Gerüstes über eine Leiter, die lediglich angelehnt ist und nicht sicher mit dem Gerüst verbunden ist, ist aber kein sicher begehbarer Zugang, weshalb auch hinsichtlich des Faktums 4 der objektive Tatbestand erfüllt ist.

Gemäß § 46 Abs.9 AAV dürfen Gerüste nur von geeigneten, fachkundigen und hiezu berechtigten Personen oder unter fachkundiger Aufsicht von mit solchen Arbeiten vertrauten Personen aufgestellt werden und sind Gerüste nach ihrer Fertigstellung einer Prüfung zu unterziehen. Sie dürfen erst nach ihrer Fertigstellung und Prüfung in Verwendung genommen werden. Gemäß § 46 Abs.13 AAV sind über diese Prüfungen bei Gerüsten, von denen Arbeitnehmer mehr als 2 m abstürzen können, Vormerke zu führen. Indem eine geeignete fachkundige und hiezu berechtigte Person das Gerüst nicht aufgestellt hat und bei der Aufstellung auch keine fachkundige Aufsicht vorhanden war, sowie nach Fertigstellung eine Prüfung des Gerüstes nicht stattgefunden hat und daher auch kein Vermerk vorgewiesen werden konnte, war auch der Tatbestand gemäß § 46 Abs.9 und 13 AAV erfüllt.

5.2. Zum Verschulden brachte der Bw in seiner ausführlichen Berufungsschrift vor, dass nach seiner Ansicht ein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet wurde, dass aber der verunfallte Arbeitnehmer weisungswidrig gehandelt habe und daher der Unfall nicht vorhersehbar war. Es treffe daher den Bw kein Verschulden.

Das diesbezüglich durchgeführte Beweisverfahren, insbesondere die einvernommenen Zeugen, haben aber ergeben, dass ein solcher Art vom Bw behauptetes ausreichendes und lückenloses Kontrollnetz nicht vorhanden war. Insbesondere haben die Zeugenaussagen eindeutig ergeben, dass das mangelhafte Gerüst ohne Aufsicht und Kontrolle einer befugten Person, insbesondere des vorgesetzten Werkmeisters K, herbeigeschafft wurde, ohne weitere Prüfung in Verwendung genommen wurde und auch mehrere Tage vor dem Unfall für die angeschafften Reparaturarbeiten benützt wurde. An diesen Tagen wurde weder das Gerüst noch der darauf arbeitende Arbeitnehmer kontrolliert und wurden daher Sicherheitsmängel nicht beanstandet. Schon dieser Sachverhalt zeigt auf, dass - iSd ständigen Judikatur des VwGH - nicht alle erforderlichen Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten lassen. Wie nämlich in der Rechtsprechung ausgeführt wird, reicht die bloße Erteilung von Weisungen nicht aus, sondern ist entscheidend deren wirksame Kontrolle. Die bloße Belehrung der Arbeitnehmer, wenn dies auch in Form einer Dienstanweisung erfolgte, sowie die stichprobenartige, regelmäßig durchgeführte Überwachung reichen jedoch nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, E52 ff mN). ISd ständigen Judikatur reichen daher Dienstanweisungen und Sicherheitsbesprechungen des Bw nicht aus, sondern er hat seinerseits für eine ausreichende Umsetzung und Kontrolle seiner Anweisungen Sorge zu tragen. Wie aber der gegenständliche Sachverhalt zeigt, hat eine ausreichende Kontrolle der Arbeitnehmer nicht stattgefunden. Auch war die Kontrolle des Bw gegenüber seinen unmittelbar untergebenen Werkmeistern nicht ausreichend, zumal ihm ansonsten auffallen hätte müssen, dass die von den Werkmeistern durchzuführenden regelmäßigen Kontrollen nicht in dieser Regelmäßigkeit durchgeführt wurden. Hätte nämlich eine solche Kontrolle stattgefunden, hätte schon die ursprüngliche Verwendung eines solchen Gerüstes unterbleiben müssen. Weiters hätte ein Vermerk über die Prüfung geführt werden müssen und es hätte der Arbeitnehmer nicht tagelang unbeaufsichtigt auf diesem Gerüst arbeiten können. Hingegen können die weiters angeführten allgemeinen Sicherheitsanweisungen auf Beizetteln zum Gehaltszettel der jeweiligen Arbeitnehmer den Bw nicht entlasten, zumal sich in der mündlichen Verhandlung herausstellte, dass es dabei hauptsächlich um die Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen ging und weil Weisungen allein für eine Entlastung nicht ausreichen, sondern eine entsprechende Kontrolle durchgeführt werden muss. Auch die Behauptung des Bw, dass der Sicherheitsbeauftragte zuständig für Kontrollen sei, kann den Bw nicht entlasten. Vielmehr sind diese Kontrollen im Lichte der entsprechenden Bestimmungen des ASchG zu sehen, wonach Kontroll- und Aufzeichnungspflichten des Sicherheitsbeauftragten vorgesehen sind. Diese ersetzen aber nicht eine Kontrolle des Arbeitgebers selbst bzw im Hinblick auf ein arbeitsteiliges Verfahren die Einrichtung eines lückenlosen Kontrollnetzes. Wenn auch der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer das Bestehen eines Kontrollsystems an sich dargelegt hat, dessen wesentliche Merkmale in der hierarchischen Gliederung der Verantwortungsträger und der Kontrolle jedes in diese Hierarchie eingebundenen durch den jeweils Übergeordneten bestehen, so hat er zwar das Existieren eines Kontrollsystems generell abstrakt glaubhaft gemacht, nicht hingegen aufgrund eines entsprechenden Tatsachenvorbringens und konkreter Beweise dargelegt, welche Maßnahmen der Bw an der Spitze der Unternehmenshierarchie vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, dh sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (VwGH 8.7.1991, 91/19/0095, 25.5.1992, 92/18/0045). Darüber hinaus ist der Arbeitgeber aber auch gehalten, alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften sicherzustellen. In dieser Beziehung konnte aber nicht einwandfrei nachgewiesen werden, dass die untergeordneten Arbeitnehmer über entsprechende Konsequenzen für den Fall der Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen informiert waren. Dies hat zB die Einvernahme des verunfallten Arbeitnehmers zu Tage gebracht.

Da ein konkret funktionierendes Kontrollnetz nicht glaubhaft gemacht wurde, ist dem Bw ein Entlastungsnachweis nicht gelungen, und es hat daher die belangte Behörde zu Recht im angefochtenen Straferkenntnis ein Verschulden angenommen.

5.3. Zur Strafhöhe wird den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis zunächst beigetreten. Auch ihren Schätzungen zu den persönlichen Verhältnissen wird nicht entgegengetreten. Wenn der Bw nunmehr seinen Ruhestand anführt und auf ein niedrigeres Einkommen hinweist, entsprechende Angaben aber nicht gemacht werden und auch keine Belege vorgelegt werden, so kann der Schätzung der belangten Behörde hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nichts entgegengehalten werden. Diese erscheinen realistisch und werden mangels einer Widerlegung durch den Bw aufrechterhalten. Hingegen ist die Berufung insofern im Recht, als die belangte Behörde keinen strafmildernden Umstand ihrer Strafbemessung zu Grunde legte. Dem Akt ist eine verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung des Bw nicht zu entnehmen. Es war daher entsprechend den Berufungsausführungen von Unbescholtenheit des Bw auszugehen. Dieser Umstand hat daher zu einer Herabsetzung der Strafe zu führen. Die Herabsetzung ist weiters in der Sorgepflicht für die Ehegattin begründet. Eine weitere Reduzierung der Strafe ist aber im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat, insbesondere im Hinblick auf die eingetretenen nachteiligen Folgen nicht gerechtfertigt. Hingegen wird darauf hingewiesen, dass sämtliche verhängten Strafen im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens liegen und daher keinesfalls als überhöht gelten. Hinsichtlich des Faktums 5 hat die Reduzierung im Übrigen eine Herabsetzung auf die Mindeststrafe ergeben. Das nunmehr festgesetzte Strafausmaß ist daher tat- und schuldangemessen und den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Ein Überwiegen von Milderungsgründen und geringfügiges Verschulden war nicht gegeben.

6. Weil die Berufung im Hinblick auf die Strafhöhe Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat nicht vorzuschreiben. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der reduzierten Strafen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Kontrollnetz, keine Prüfung des Gerüsts vor Fertigstellung

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 15.07.2004, Zl.: 2001/02/0050-6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum