Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280503/2/Ga/Fb

Linz, 18.01.2000

VwSen-280503/2/Ga/Fb Linz, am 18. Jänner 2000 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der J D, vertreten durch Dr. L J K und Dr. J M, Rechtsanwälte in P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 16. Dezember 1999, Ge96-70-1999, wegen Übertretung des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 - ArbIG, zu Recht erkannt:

Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben, dies mit der Feststellung, dass das zugrunde liegende Verwaltungsstrafverfahren nicht als eingestellt gilt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 16. Dezember 1999 wurde die Berufungswerberin einer Übertretung des § 8 Abs.3 iVm § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG für schuldig befunden. Als erwiesen wurde ihr vorgeworfen (§ 44a Z1 VStG), sie habe als persönlich haftende Gesellschafterin der im Firmenbuch eingetragenen T KEG verwaltungsstrafrechtlich dafür einzustehen, dass entgegen schriftlicher Aufforderung durch das Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk vom 8. September 1999 bestimmte Arbeitsaufzeichnungen dem Arbeitsinspektorat nicht übermittelt worden seien. Über die Berufungswerberin wurde gemäß "§ 8 Abs.3 ArbIG" (welche Vorschrift jedoch keine Strafverhängungsnorm ist) eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage) kostenpflichtig verhängt.

Aus Anlass der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat - nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt - erwogen:

Das vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung interpretierte Bestimmtheitsgebot iSd § 44a Z1 VStG verlangt eine ua durch Tatzeit und Tatort in eindeutiger Weise umschriebene Tatanklage.

Was die Tatzeit einer Zuwiderhandlung gegen das Übermittlungsgebot gemäß § 8 Abs.3 ArbIG anbelangt, kann diese frühestens mit Ablauf der vom Arbeitsinspektorat für die Übermittlung der Arbeitsaufzeichnungen bestimmten Frist angesetzt werden. Erst mit ungenütztem Ablauf des letzten Tages dieser Frist beginnt frühestens das deliktische Verhalten. Anders jedoch als die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses enthält der Schuldspruch nur das - hier unter dem Gesichtspunkt der Tatzeit unmaßgebliche - Datum des schriftlichen Verlangens des Arbeitsinspektorates.

Zum Tatort hingegen trifft der Schuldspruch überhaupt keine Aussage. Tatort der vorliegend angelasteten Übertretung iSd §§ 27 und 44a Z1 VStG ist im Zweifel der Sitz des als Arbeitgeber involvierten Unternehmens, und zwar als jener Ort, von dem aus die Arbeitgeber-Veranlassungen zur Durchführung der verlangten Übermittlung vorzunehmen gewesen wären. Die bloße Erschließbarkeit des Sitzortes aus der Bescheidadresse genügt als Tatortangabe im Sinne des Bestimmtheitsgebotes schon grundsätzlich nicht (vgl VwGH 22.4.1993, 92/09/0377, mit Vorjudikatur), zumal, wie aus der Aktenlage hervorgeht, im konkreten Fall der Ort der Unternehmensführung der D KEG der belangten Behörde selbst zweifelhaft schien und besondere Ermittlungen über diesen Ort nicht erfolgt sind. Nur in einem Aktenvermerk vom 21. Oktober 1999 hielt sie fest, dass der tatsächliche Sitz der Unternehmung sich nicht mehr in S, wie noch vom Firmenbuch ausgewiesen, befinden "dürfte", dies deswegen, weil das schriftliche Übermittlungsverlangen des Arbeitsinspektorates "seitens der Post" nach Sc weitergeleitet und dort von der Gesellschaft auch übernommen worden sei und sich überdies der Gewerbestandort gleichfalls in Sc befinde. Ein Feststellungsergebnis zur Bekräftigung der Vermutung einer (faktischen) Sitzverlegung nach Sc enthält der Akt nicht.

Von dieser Vermutung aber ausgehend trat die belangte Behörde die Anzeige des Arbeitsinspektorates an die Bezirkshauptmannschaft Schärding als gemäß § 27 Abs.1 VStG örtlich zuständige Strafbehörde ab. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding wiederum akzeptierte die Begründung ihrer örtlichen Zuständigkeit als Strafbehörde in diesem Fall, indem sie im Gegenzug gemäß § 29a VStG die Übertragung des Strafverfahrens - unter Hinweis auf den "Wohnsitz" (gemeint offenbar: der J D) - an die belangte Behörde vornahm. Die in der Adressierung des Straferkenntnisses angegebene Adresse kann nach dieser Aktenlage daher nur als (Haupt-)Wohnsitzadresse der Beschuldigten verstanden werden. Im übrigen vermochte auch die Anführung der Firmenbuchnummer im Schuldspruch den konkreten Tatort nicht zu ersetzen, weil damit gleichfalls nur die Erschließbarkeit desselben hergestellt wurde (vgl VwGH 18.10.1996, 95/09/0073, mit Verweis auf die oben zit. Jud.).

Ist aber, zusammengefaßt, der Tatort zufolge fehlender Feststellungen in Wahrheit zweifelhaft geblieben und unterblieb seine ausdrückliche Anführung im Schuldspruch (ebenso wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.11.1999), erwies sich ferner die im Schuldspruch enthaltene Zeitangabe als zur Umschreibung der Tatzeit nicht tauglich, so war das Straferkenntnis aus allen diesen Gründen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Von einer gleichzeitigen Verfügung der Einstellung des Verfahrens war jedoch im Hinblick auf die in diesem Fall noch offene Verjährungsfrist abzusehen.

Für die Fortführung des Strafverfahrens hält der Oö. Verwaltungssenat aus Zweckmäßigkeitsgründen noch folgendes fest:

Nach h Auffassung war die von der Bezirkshauptmannschaft Schärding (als nach dem - vermuteten - Sitz zuständige Strafbehörde) hier gemäß § 29a VStG vorgenommene Übertragung des Strafverfahrens eine von vornherein rechtswidrige Verfahrensanordnung, weil mit dieser Anordnung weder begründet wurde noch nach den Umständen dieses Falles überhaupt begründbar ist, worin die vom Gesetz für eine Übertragung geforderte wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens gelegen sein solle, wäre doch die Beschuldigte an der in Sc vermuteten Sitzadresse für die gemäß § 27 Abs.1 VStG zuständige Bezirkshauptmannschaft Schärding jederzeit (und jedenfalls leichter als für die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. unter Bedachtnahme auf die Wohnsitzadresse in S) für Zwecke des Strafverfahrens erreichbar gewesen.

In der Strafanzeige vom 13. Oktober 1999 begründete das Arbeitsinspektorat die beantragte Strafhöhe von 10.000 S in der Hauptsache damit, dass ein Erschwerungsgrund vorläge. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses übernahm die belangte Behörde die Ausführungen des Arbeitsinspektorates hinsichtlich des Erschwerungsgrundes ohne eigene Reflexion, übersah dabei jedoch, dass derartige Ausführungen des Arbeitsinspektorates in einer Strafanzeige nur Anregungscharakter entfalten und daher die Strafbehörde von der (abschließenden) Prüfung im Einzelfall nicht entbunden ist. Der vom Arbeitsinspektorat vorliegend angeregte und von der belangten Behörde schlicht übernommene Erschwerungsgrund ist allerdings nicht geeignet, gemäß § 19 Abs.2 VStG die subjektive Vorwerfbarkeit des Tatverhaltens iSd § 33 StGB zu verstärken. Inhaltlich ist die in Rede stehende Passage in der Arbeitsinspektorats-Anzeige als Darstellung der Motive des Arbeitsinspektions-Gesetzgebers für die Regelung des hier herangezogenen Straftatbestandes zu werten; ein das Verschulden erschwerender Umstand ist darin nicht zu erkennen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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