Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280504/12/Kon/Pr

Linz, 11.10.2000

VwSen-280504/12/Kon/Pr Linz, am 11. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die sich allein gegen das Strafausmaß richtende Berufung des Herrn A. H., G., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 16.12.1999, Ge96-69-1999, wegen Übertretung des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 - ArbIG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 15.000 S (entspricht 1.090,09 Euro), die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 100 Stunden und der auferlegte Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz auf 1.500 S (entspricht  109,01 Euro) herabgesetzt werden.

Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Verwaltungsstrafnorm (§ 44a Z3 VStG) richtigerweise zu lauten hat: § 24 Abs.1 Einleitungssatz ArbIG.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG

Entscheidungsgründe:

Im eingangs zitierten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs.1 Z1 lit.d iVm § 8 Abs.3 ArbIG eine Geldstrafe in der Höhe von 30.000 S, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen verhängt. Laut Strafausspruch wurde als Verwaltungsstrafnorm (§ 44a Z3 VStG) § 8 Abs.3 ArbIG herangezogen.

Hinsichtlich des von ihr festgesetzten Strafausmaßes führt die belangte Behörde unter Hinweis auf § 19 VStG und § 24 Abs.1 ArbIG begründend im Wesentlichen aus, dass dem Strafantrag des Arbeitsinspektorates vollinhaltlich zu entsprechen gewesen sei, da der Beschuldigte offenbar nur durch die Verhängung von hohen Geldstrafen zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften verhalten werden könne. Dabei sei nach Ansicht des Arbeitsinspektorates als erschwerend zu berücksichtigen, dass durch die nicht durchgeführte Übermittlung der Arbeitszeitaufzeichnungen versucht werde, einer Anzeige nach der EG-Verordnung bzw. dem Arbeitszeitgesetz zu entgehen. Im Jahr 1998 sei der Verantwortliche der H. A. GmbH bereits rechtskräftig bestraft worden, weil dem Arbeitsinspektorat Vöcklabruck keine Arbeitsaufzeichnungen übermittelt worden wären.

Bei der Strafbemessung sei, wie dem Beschuldigten mit Schreiben vom 5.11.1998 angekündigt worden sei, von einem monatlichen Nettoeinkommen von 15.000 S bei sonstiger Vermögenslosigkeit und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen worden.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig eine, dem Wortlaut des Berufungsantrages nach, sich nur gegen das Strafausmaß richtende Berufung erhoben.

Zur Begründung bringt der Beschuldigte dabei mit näheren Darlegungen vor, dass er zum Tatzeitraum völlig überlastet gewesen sei. Die A. H. GmbH sei ein kleines Unternehmen und sei er selbst hauptsächlich im Fahrdienst unterwegs. Seit seine Tochter nicht mehr zur Verfügung stehe, müsse er die anfallenden Büroarbeiten selbst erledigen, bis er wieder eine geeignete Kraft bekomme. Die Anstellung einer Ganztagskraft sei bei einem relativ geringen Gesamtumsatz des Unternehmens unwirtschaftlich und wäre eine solche auch nicht ausgelastet.

Dass er dem Aufforderungsschreiben des Arbeitsinspektorates vom 8.9.1999 nicht nachkommen habe können, hätte seinen Grund darin gehabt, dass über Aufforderung des BG F. die Gendarmerie F. sämtliche Tachoscheiben von ihm abgeholt habe und diese derzeit entweder in Gerichts- oder Gendarmerieverwahrung seien. Ohne Einsicht in diese Unterlagen wäre es ihm nicht möglich gewesen, die geforderten Aufzeichnungen vorzulegen. Wenn er darüber dem Arbeitsinspektorat Vöcklabruck nicht Mitteilung gemacht habe und auch im Verwaltungsstrafverfahren nicht auf diesen Umstand hingewiesen habe, liege der Grund darin, dass er arbeitsmäßig überlastet gewesen sei.

Die verhängte Geldstrafe habe ein Ausmaß, das seine finanziellen Kräfte und auch die des Betriebes bei weitem übersteige. Er beziehe ein Bruttoeinkommen von 11.000 S, dazu kämen allerdings Diäten, die aber durch die vielen Auslandsaufenthalte und auswärtigen Verrichtungen zur Gänze aufgebraucht würden. Er führe ein sehr einfaches, spartanisches Leben, deshalb könne er auch mit diesem relativ geringen Geschäftsführergehalt auskommen. Wenn nun in dem Straferkenntnis angeführt sei, dass gemäß § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG eine Geldstrafe von 500 S bis 5.000 S verhängt werden könne, so glaube er, dass in seinem Fall mit der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden könne. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis kenne ihn persönlich und seine persönlichen Verhältnisse. Sie wisse auch, dass er ein bescheidenes Einkommen habe, dass er sehr bescheiden lebe und nur über geringfügige Geldmittel verfüge.

Wenn angeführt sei, dass mit Straferkenntnis vom 28.1.1999 eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S verhängt worden wäre und diese Geldstrafe "offenbar noch nicht geeignet" gewesen wäre, ihn von weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten, so führe er hiezu aus, dass auch die damalige Strafe natürlich viel zu hoch gewesen sei, er aber dagegen nicht berufen habe, weil er aus Arbeitsüberlastung damals die Rechtsmittelfrist versäumt habe.

Er verspreche, dass er sich in Hinkunft ganz besonders der Einhaltung verwaltungsrechtlicher Vorschriften befleißigen werde. Nochmals möchte er betonen, dass er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht aus Eigensinn oder Desinteresse begangen hätte, sondern einzig und allein deshalb, weil er als Kleinstunternehmer in seinem Betrieb praktisch "Mädchen für alles" sei und dabei leider manche Dinge unerledigt blieben, obwohl dies keinesfalls sein dürfte.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 lit.d ArbIG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 S bis 50.000 S, im Wiederholungsfall von 1.000 S bis 50.000 S zu bestrafen, wer als Arbeitgeber entgegen § 8 Abs.3 Unterlagen, Ablichtungen, Abschriften oder Auszüge nicht übermittelt.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

In Bezug auf die gegenständliche Strafzumessung ist aufzuzeigen, dass die belangte Behörde einerseits zur Begründung des von ihr festgesetzten Strafausmaßes darauf hinweist, dass über den Beschuldigten bereits mit Straferkenntnis vom 28.1.1999 eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S verhängt wurde, andererseits aber zur Begründung des von ihr festgesetzten Strafausmaßes offenbar den Ersttatstrafrahmen des § 24 Abs.1 ArbIG heranzieht, indem sie nur diesen in ihren begründenden Ausführungen zitiert. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass auch im unbekämpften Schuldspruch des Straferkenntnisses kein Hinweis auf eine bereits rechtskräftig erfolgte Bestrafung wegen einer gleichen Verwaltungs-übertretung enthalten ist; eine solche ergibt sich nur aus der Aktenlage (Begründung des Straferkenntnisses) bzw. dem nachträglich übermittelten Verwaltungs-vorstrafenauszug.

Da demnach unklar bleibt, welchen Strafrahmen die belangte Behörde ihrer Strafzumessung letztlich zugrunde gelegt hat, vermochte der Unabhängige Verwaltungssenat die Kontrolle der diesbezüglichen Ermessensausübung nur nach Maßgabe des Ersttatstrafrahmens (500 S bis 50.000 S) vorzunehmen, um eine Missachtung des Pejorationsverbotes hintanzuhalten.

Betreffend das Strafausmaß selbst ist der Beschuldigte darauf hinzuweisen, dass jede innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens erfolgte Strafzumessung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Ist dies der Fall, kann von einer fehlerhaften Ermessensausübung der Behörde nicht die Rede sein.

Ob, und bejahendenfalls inwieweit im gegenständlichen Fall die belangte Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung dabei straferschwerende und mildernde Umstände bei der Strafzumessung berücksichtigt hat oder nicht, ist der Begründung ihres angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen.

Sie weist zwar auf die Ansicht des Arbeitsinspektorates im Strafantrag hin, wonach als erschwerend zu berücksichtigen sei, dass sich der Beschuldigte als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher durch die nicht durchgeführte Übermittlung von Arbeitszeitaufzeichnungen einer Anzeige nach der EG-Verordnung bzw. dem Arbeitszeitgesetz zu entziehen versuche, lässt dabei aber offen, ob dieser Ansicht zu folgen sei oder nicht. Klarstellend sei jedoch darauf hingewiesen, dass nur solche Umstände als erschwerend oder auch mildernd bei der Strafbemessung herangezogen werden können, deren Vorliegen eindeutig erwiesen ist. Dies trifft jedenfalls auf die oben angeführte Behauptung des Arbeitsinspektorates in dessen Strafantrag nicht zu, weil deren Richtigkeit durch keinerlei Beweise bestätigt werden kann.

So betrachtet, waren vom Unabhängigen Verwaltungssenat weder Straferschwerungsgründe noch Strafmilderungsgründe festzustellen.

Ihren begründenden Ausführungen nach stützt demnach die belangte Behörde das von ihr festgesetzte Strafausmaß im Wesentlichen auf (spezial-)präventive Erwägungen in Verbindung mit den von ihr angenommenen Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten, da ansonsten keine Hinweise hervorgehen, inwieweit auf die übrigen Strafbemessungskriterien des § 19 VStG, insbesondere den Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat, Bedacht genommen wurde.

Wenngleich bei der Strafbemessung auch Umstände der Spezial- und der Generalprävention ungeachtet des Umstandes, dass davon im VStG (ebenso wie im StGB) keine ausdrückliche Rede ist, bei der Strafbemessung nicht zu vernachlässigen sind, können jedoch präventive Erwägungen nicht in diesem Ausmaß herangezogen werden, wie dies im gegenständlichen Fall offenbar erfolgt ist, auch wenn der Beschuldigte wegen der gleichen Verwaltungsübertretung bereits einmal bestraft wurde. Dies vor allem im Hinblick auf die gesetzliche Strafuntergrenze von 500 S im Ersttatstrafrahmen, ebenso wie der von 1.000 S im Wiederholungstatstrafrahmen. Bei den verfahrensgegenständlichen Arbeitszeit-aufzeichnungen, deren unterbliebene Übermittlung an das Arbeitsinspektorat dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, handelte es sich um solche, die mit dem Arbeitszeitgesetz als Materie des Arbeitnehmerschutzes im direkten Zusammenhang stehen. So handelt es sich bei den in Rede stehenden Aufzeichnungen um solche im Sinne des § 26 AZG bzw. § 25 ARG.

Zieht man den im § 28 Abs.1 AZG normierten Strafrahmen von 300 S bis 6.000 S wie auch den des § 27 Abs.1 ARG von 500 S bis 30.000 S in Betracht, erweist sich mangels Vorliegen von Erschwerungsgründen die verhängte Strafe auch in Anbetracht des Strafrahmens nach dem ArbIG (500 S bis 50.000 S bzw. 1.000 S bis 50.000 S) als wesentlich überhöht und insbesondere dem der Tat zugrunde zu legenden Unrechtsgehalt nicht mehr angemessen. So ist eine Anhebung der gesetzlichen Mindeststrafe von 500 S (Ersttatstrafrahmen) um das 60fache bzw. um das 30fache des Wiederholungstatstrafrahmens auch noch im Fall der erstmaligen Wiederholung als überhöht zu bewerten, zumal mit der gegenständlichen Übertretung anders als bei solchen nach dem AZG oder ARG, keine unmittelbaren Angriffe gegen Rechtsgüter der Arbeitnehmer (Leben oder Gesundheit) verbunden sind.

Aus den dargelegten Gründen war in teilweiser Stattgebung der Berufung das Strafausmaß auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabzusetzen.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses sind dem Beschuldigten keine Kosten für das Berufungsverfahren aufzuerlegen gewesen (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum