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VwSen-280531/8/Kl/Rd

Linz, 23.03.2001

VwSen-280531/8/Kl/Rd Linz, am 23. März 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 17.3.2000, Ge96-156-1999, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG iVm § 24 Abs.1 Einleitungssatz ArbIG und Art.4 Abs.1 7. ZPMRK.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 17.3.2000, Ge96-156-1999, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 30.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs.1 Z5 lit.d iVm §§ 4 Abs.3 und 7 Abs.5 ArbIG verhängt, weil er am 10.6.1999 um ca. 23.00 Uhr im Gastgewerbebetrieb in G in der angeschlossenen Diskothek bei der Kontrolle durch namentlich angeführte zwei Arbeitsinspektoren nachfolgende Tat begangen hat:

"Sie haben dem Arbeitsinspektionsorgan H keine Auskunft über die beiden, hinter der Schank mit dem Bedienen der Musikanlage beschäftigten Jugendlichen erteilt bzw darauf geantwortet, dass dies das Arbeitsinspektionsorgan nichts angehe. In weiterer Folge haben Sie das Arbeitsinspektionsorgan H gehindert, eine Befragung der Jugendlichen und eine Besichtigung der Räumlichkeiten, der Arbeitsstätte sowie Betriebseinrichtungen und Betriebsmittel durchzuführen und haben durch Ihr Verhalten die Arbeitsinspektoren bei der Ausübung der im ArbIG vorgesehenen Aufgaben (insbesondere betreffend §§ 4 und 7 ArbIG) behindert bzw die Erfüllung der Ihnen übertragenen gesetzlichen Aufgaben vereitelt:

Gemäß § 4 Abs.1 ArbIG sind die Organe der Arbeitsinspektion zur Durchführung ihrer Aufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Arbeitsstellen jederzeit zu betreten und zu besichtigen. Gemäß § 4 Abs.3 ArbIG haben die Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Betriebsstätten und Arbeitsstellen sowie die Betriebseinrichtungen und Betriebsmittel den Arbeitsinspektionsorganen jederzeit zugänglich sind.

Gemäß § 7 Abs.5 ArbIG sind Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitsinspektionsorganen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen."

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Bestrafung eine klassische Doppelbestrafung darstellen würde, weil der Tatvorwurf im Verwaltungsstrafverfahren ident mit jenem im rechtskräftig beendeten Strafverfahren vor dem LG Steyr zu GZ 15 Evr 361/99 sei. Eine Bestrafung stelle einen Verstoß gegen Art.4 Abs.1 7. ZPMRK dar. Der Unrechts- und Schuldgehalt des Beschuldigtenverhaltens sei voll durch den im Strafverfahren herangezogenen Deliktstypus erschöpft, sodass ein weitergehendes Strafbedürfnis entfalle. Die Tathandlung bestehe bei jeder der beiden Gesetzesstellen darin, dass der Täter einen Beamten an einer Amtshandlung hindert. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Das zuständige Arbeitsinspektorat wurde am Berufungsverfahren beteiligt.

Weil in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z1 VStG.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der geltenden Geschäftsverteilung die 8. Kammer zur Entscheidung zuständig.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z5 lit.d Arbeitsinspektionsgesetz 1993 - ArbIG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 S bis 50.000 S zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in, soweit nicht Z1 bis 4 zur Anwendung kommen, auf sonstige Weise die Organe der Arbeitsinspektion oder des Zentralarbeitsinspektorates bei der Ausübung der in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Aufgaben behindert oder die Erfüllung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben vereitelt.

Gemäß § 4 Abs.1 ArbIG sind die Organe der Arbeitsinspektion zur Durchführung ihrer Aufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Arbeitsstellen jederzeit zu betreten und zu besichtigen. Gemäß § 4 Abs.3 ArbIG haben Arbeitgeber/innen dafür zu Sorgen, dass die Räumlichkeiten und Stellen sowie die Betriebseinrichtungen und -mittel den Arbeitsinspektionsorganen jederzeit zugänglich sind.

Gemäß § 7 Abs.5 ArbIG sind Arbeitgeber/innen verpflichtet, den Arbeitsinspektionsorganen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

4.2. In Übereinstimmung mit dem in erster Instanz durchgeführten Ermittlungsverfahren wird im angefochtenen Straferkenntnis dem Bw zum Vorwurf gemacht, Arbeitsinspektionsorganen bei der Kontrolle des gegenständlichen Betriebes nicht die geforderte Auskunft über die Beschäftigung von Jugendlichen hinter der Schank gegeben zu haben und in der Folge durch Verweisung aus dem Lokal und tätliche Angriffe an der Besichtigung der Betriebsräumlichkeiten und Durchführung der weiteren Amtshandlung gehindert zu haben.

Im Grunde dieses Sachverhalts erging eine Strafanzeige an das LG Steyr und es wurde der Bw durch das LG Steyr mit Urteil vom 1.2.2000, 15 Evr 361/99, wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs.1 erster Fall StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 120 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt. Er wurde schuldig erkannt, am 10.6.1999 in G dadurch, "dass er die Kontrolle eines Gastgewerbebetriebes durch die beiden Beamten des AI Linz, H und P, verhinderte, indem er, um eine Befragung allfälliger beschäftigter Jugendlicher unmöglich zu machen, H von hinten an der Kleidung erfasste, mit beiden Händen dessen Kopf ergriff und dabei mit seinem Daumen in dessen rechtes Auge fuhr, wodurch dieser eine Bindehautreizung rechts mit einer Bulbusverletzung rechts erlitt sowie diesen gegen einen Tisch drängte und mit der rechten Hand zu einem Schlag gegen diesen ausholte, einem Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung gehindert hat".

Weil daher der gegenständliche Sachverhalt bereits einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, war eine Strafbarkeit wegen derselben Tat gemäß § 24 Abs.1 Einleitungssatz ArbIG im Grunde der darin ausdrücklich zum Tragen kommenden Subsidiarität nicht gegeben.

Es ist daher die Berufung im Recht, dass eine zusätzliche Bestrafung nach § 24 Abs.1 Z5 lit.d ArbIG dem Grundsatz der Doppelbestrafung nach Art.4 Abs.1 7. ZPMRK widersprechen würde.

Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Behinderung einer Amtshandlung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Doppelbestrafung.

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