Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280547/18/Gu/Pr

Linz, 19.12.2000

VwSen-280547/18/Gu/Pr Linz, am 19. Dezember 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender: Mag. Alfred Kisch, Berichter: Dr. Hans Guschlbauer, Beisitzerin: Mag. Karin Bissenberger) über die Berufung des F. P., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J. B., Dr. J. H., Mag. B. Th., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 1.8.2000, Ge96-2424-1998, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung nach der am 5.12.2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, an deren Schluss die Entscheidung mündlich verkündet wurde, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren 3.000 S (entspricht 218,02 Euro) zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 9 Abs.1, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG iVm § 85 Abs.4 BauV.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegt, es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ und damit gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der "P. Stahl- und Hallenbau Gesellschaft m.b.H." mit dem Sitz in A. verantworten zu müssen, dass am 15.1.1998 der bei der Baustelle "Hallenzubau Firma T. N. in H., S./N." beschäftigte Arbeitnehmer G. R. bei der Ausführung von Montagearbeiten in ca. 8 bis 9 m Höhe mit dem Lösen des Anschlagmittels, das für den Transport der Traufenpfette verwendet wurde bzw. mit dem Fixieren dieser Traufenpfette beschäftigt worden sei, wobei als Zugang sowie als Standplatz ein ca. 18 cm breiter Stahlträger gedient habe und der Arbeitnehmer weder bei der Ausführung der oben angeführten Arbeiten, noch bei der Benützung des ca. 18 cm breiten Stahlträgers als Zugang zu seinem Arbeitsplatz gegen Absturz gesichert gewesen sei.

Wegen Verletzung des § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG iVm § 85 Abs.4 BauV wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 15.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 180 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 1.500 S auferlegt.

Die erste Instanz stützt ihr Straferkenntnis auf die Wahrnehmungen eines eine Inspektion führenden Arbeitsinspektors, nahm die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung an einen Herrn H., wie vom Beschuldigtenvertreter im erstinstanzlichen Verfahren gefordert, nicht an, weil keine Bestellung beim zuständigen Arbeitsinspektorat Linz eingelangt sei, und ging nicht davon aus, dass der Beschuldigte ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet habe, von dem mit gutem Grund erwartet werden konnte, dass es geeignet sei, die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften sicherzustellen.

In seiner gegen das Straferkenntnis gerichteten Berufung beantragt der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte die Einstellung des Verfahrens gegen ihn, weil die Meldung des Herrn L. H. als verantwortlicher Beauftragter an das für den Firmensitz der P. Stahl- und Hallenbau GesmbH im Bezirk Vöcklabruck zuständige Arbeitsinspektorat Vöcklabruck ergangen sei. Auch wenn die Baustelle im Sprengel des Aufsichtsbereiches des Arbeitsinspektorates Linz gelegen gewesen sei, so werde der Zweck der Norm des § 23 ArbIG auch dann erfüllt, wenn das Arbeitsinspektorat informiert werde, in dessen Sprengel der Arbeitsort bzw. Betriebssitz gelegen sei.

Im Übrigen könne der Umstand, dass eine temporär kurzfristige Übertretung festgestellt wurde, nicht ausreichend sein, um ein unwirksames Kontrollsystem und somit ein Verschulden festzustellen.

Es sei von der Erstbehörde unterlassen worden, festzustellen, welche Form eines Kontrollsystems im Unternehmen des Beschuldigten bestünde. In der Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren seien Beweise dafür vorgelegt worden, dass alle Mitarbeiter über die Belange des Arbeitnehmerschutzes unterwiesen worden seien, wobei diese Belehrung auch durch die betroffenen Arbeitnehmer mit Datumsangabe unterfertigt worden sei. Jeder in Frage kommende Mitarbeiter besitze eine persönliche Sicherheitsausrüstung und sei zur Verwendung verpflichtet. Dies werde sowohl durch die Vorarbeiter als auch durch die zuständigen Organe erwiesenermaßen kontrolliert.

Nachdem die erste Instanz diese Beweisergebnisse nicht verwertet habe, liege aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung ein sekundärer Feststellungsmangel vor. Es bestehe keine Erfolgshaftung, sondern es könne nur subjektiv rechtswidriges vorwerfbares Verhalten relevant sein.

Aus der Dogmatik des Strafrechtes ergebe sich, dass der Begriff der objektiven Sorgfaltswidrigkeit eine Begrenzung durch den Vertrauensgrundsatz erfahre. Der Vertrauensgrundsatz finde nicht nur im Straßenverkehr Anwendung, sondern vor allem auch in den Bereichen Industrie und Gewerbe, wobei beim Zusammenwirken mehrerer Personen in Form von Arbeitsteilung stets von diesem Vertrauensgrundsatz auszugehen sei. Vom Handelnden werde daher nur jene Sorgfalt verlangt, die unter der Annahme erforderlich sei, dass sich seine Mitarbeiter ebenfalls sorgfaltsgemäß verhalten. Nur dann, wenn die objektive Sorgfaltswidrigkeit des Verhaltens eines anderen bereits eindeutig, erkennbar oder konkret indiziert sei, dürfe man auf die Sorgfaltsgemäßheit nicht mehr vertrauen. Dies sei insbesondere dann von Bedeutung, wenn es sich um Sorgfaltswidrigkeiten handle, welche mit der Beaufsichtigung oder gar Überwachung des Verhaltens anderer im Zusammenhang stehe (OGH 13 OS 67/91-39). Wenn die Behörde erster Instanz das Verschulden des Beschuldigten in einem einmaligen Versagen des wirksamen funktionierenden und erfolgreichen Kontrollsystems erblicke, so sei darin eine falsche rechtliche Beurteilung gelegen. Die Behörde habe es unterlassen festzustellen, worin das rechtmäßige Alternativverhalten des Beschuldigten hätte bestehen sollen. Es sei dem Beschuldigten weder zumutbar noch möglich, jede Baustelle persönlich zu überwachen.

Auch gemäß § 5 VStG fordere für die Zurechnung zu einer Verwaltungsübertretung immer ein subjektives Element und zwar ein Verschulden (zumindest Fahrlässigkeit). Es lägen keine Beweisergebnisse und Sachverhaltsfeststellungen darüber vor, dass der Beschuldigte Zweifel an der Wirksamkeit und Funktion des Überwachungssystems hätte haben müssen, oder auf ein gesetzeskonformes Verhalten der unterwiesenen, ausgebildeten, ausgestatteten und durch Verantwortliche auf der Baustelle unmittelbar und ständig kontrollierten Mitarbeiter nicht hätte vertrauen dürfen.

Was das Strafausmaß anlange, so sei die erkennende Behörde von einer fiktiven Einkommens- und Unterhaltssituation ausgegangen. Einem Fristerstreckungs-ansuchen des Verteidigers, eine Kontaktnahme mit dem Beschuldigten, der sich auf einer mehrmonatigen Auslandsreise befand, zu ermöglichen in eventu der zeugenschaftlichen Einvernahme des Bruders des Beschuldigten, sei nicht entsprochen worden.

Die Begründung, dass die Strafhöhe sich im unteren Bereich des Strafrahmens bewege, sei aufgrund des Verfahrensmangels nicht ausreichend.

Die Fa. P. Stahl- und Hallenbau GesmbH. verfüge über zwei handelsrechtliche Geschäftsführer. Der Geschäftsführer Franz P. - der Beschuldigte - sei aufgrund der seit Jahren vereinbarten Arbeitsteilung in der Verantwortlichkeit der beiden Geschäftsführer zuständig für die Belange Rechnungswesen, Lohnverrechnung, Budgetierung, Kostenkontrolle und interne Organisation. Der Geschäftsführer K. P. sei für die technisch, sachlich und rechtlich korrekte Abwicklung der Bauvorhaben verantwortlich. Die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen obliege daher dem aufgrund dieser internen Verantwortungsteilung zuständigen Geschäftsführer K. P.

Aufgrund der Berufung wurde am 5.12.2000 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Vertreters des Beschuldigten, eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk und von Vertretern der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck durchgeführt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen G. R. und wurden folgende Beweismittel (Ablichtung von Urkunden) zur Erörterung gestellt:

Darüber hinaus wurde Einsicht genommen in die Lichtbilder betreffend den verfahrensgegenständlichen Lebenssachverhalt (Monteur auf Stahlschiene ungesichert) und den Firmenbuchauszug vom 22.8.2000 und es wurden diese Unterlagen zur Erörterung gestellt.

Schließlich wurde das Antwortschreiben des AI Linz vom 20.10.2000 zur Frage der Bestellung eines verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichen und die Bekanntgabe des AI Vöcklabruck betreffend Bestellung von verantwortlich Beauftragten im Unternehmen P. erörtert.

Aufgrund des Beweisverfahrens, insbesondere der Lichtbilddokumentation und der Aussage des Zeugen R. steht unbestrittenermaßen fest, dass am 15.1.1998 bei der Baustelle Hallenzubau T. N. in H., S./N., die Arbeitgeberin P. Stahl- und Hallenbau GesmbH mit dem Sitz in A. den Arbeitnehmer G. R. damit beschäftigt hat, in der Höhe von ca. 8 bis 9 m bei der Ausführung von Montagearbeiten ein Anschlagmittel, das für den Transport einer Traufenpfette verwendet wurde, zu lösen bzw. diese Traufenpfette zu fixieren, wobei als Zugang sowie als Standplatz ein ca. 18 cm breiter Stahlträger diente und der Arbeitnehmer weder bei der Ausführung dieser Arbeiten noch der Benützung dieses ca. 18 cm breiten Stahlträgers als Zugang zu seinem Arbeitsplatz gegen Absturz gesichert war.

Die Sicherung des Arbeitnehmers, etwa durch Gerüst oder Anhängen eines zu tragenden Geschirrs an einem Sicherungsseil war möglich und geboten.

Der Beschuldigte ist einer der handelsrechtlichen Geschäftsführer der P. Stahl- und Hallenbau GesmbH mit dem Sitz in A.

Zur Tatzeit lag keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten, sei es aus dem Kreise der beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer, sei es von anderen Personen unter Abgrenzung bestimmter Aufgaben, im Hinblick auf die eingangs beschriebene Baustelle in H. vor.

Rechtlich war bei dem Sachverhalt zu bedenken:

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Nach § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung nach Maßgabe der folgenden Bestimmung als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 85 Abs.1 des II. Hauptstückes 10. Abschnitt BauV muss bei der Ausführung von Montagearbeiten die Tragfähigkeit und die Standsicherheit des Bauwerkes während der einzelnen Montagezustände gewährleistet sein. Wenn bei der Montage besondere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind oder für die Montage die Kenntnis besonderer sicherheitstechnischer Angaben erforderlich ist, sind von einer fachkundigen Person schriftliche Montageanweisungen und Zeichnungen zu erstellen. Dabei sind die für die Durchführung der Montagearbeiten erforderlichen Standplätze, die Absturzsicherungen, die Schutzeinrichtungen und die Befestigungseinrichtungen für die persönliche Schutzausrüstung (Sicherheitsgeschirr) festzulegen.

Gemäß § 85 Abs.3 BauV dürfen für die Durchführung von Montagearbeiten, abweichend von § 6 Abs.2 und 7 und § 7 Konsolen, angeschweißte Sprossen, Profile von Gittermasten und ähnliche tragfähige Konstruktionen als Standplätze verwendet werden, wenn eine Befestigungsmöglichkeit für eine Absturzsicherung vorhanden ist, an der die Arbeitnehmer angeseilt sind.

Gemäß § 85 Abs.4 BauV dürfen bei Vorliegen aller in Z1 bis 6 genannten Voraussetzungen abweichend von Abs.3, § 6 Abs.2 und 7 und § 7 zum Lösen oder Befestigen von Anschlagmitteln sowie für das Fixieren von Bauteilen geeignete Bauteile als Zugang und Standplatz verwendet werden:

  1. Das Anbringen von Absturzsicherungen, Schutzeinrichtungen sowie das Erreichen oder Anbringen der zum Benützen der persönlichen Schutzausrüstung (Sicherheitsgeschirr) erforderlichen Befestigungsmöglichkeiten wäre mit größeren Gefahren verbunden als die Durchführung der im Einleitungssatz genannten Tätigkeiten ohne Absturzsicherung,
  2. die in § 6 Abs.7 genannten Einrichtungen können aus technischen Gründen zur Durchführung der im Einleitungssatz genannten Tätigkeit nicht eingesetzt werden, oder es käme durch die Verwendung dieser Einrichtungen zu größeren Absturzgefahren als bei Durchführung der im Einleitungssatz genannten Tätigkeiten ohne Absturzsicherung,
  3. es liegen günstige Witterungsverhältnisse vor,
  4. die Tätigkeiten werden von unterwiesenen, erfahrenen und körperlich geeigneten Arbeitnehmern durchgeführt,

  1. die als Zugänge benützten Bauteile sind ausreichend verankert, und

  1. die als Zugänge benützten Bauteile sind mindestens 20 cm breit, wenn sie im Reitsitz benützt werden, oder sind bei geringerer Breite mit Einrichtungen für ein sicheres Festhalten versehen, wie Handläufe, gespannten Stahldrahtseilen oder Konstruktionsteilen.

Gemäß § 155 Abs.1 BauV hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass den Vorschriften des I., II. (wie hier vorliegend) und III. Hauptstückes dieser Verordnung sowie den aufgrund dieser Bestimmungen von der Behörde vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen sowie den erteilten Aufträgen sowohl bei der Einrichtung als auch bei der Unterhaltung und Führung der Baustelle entsprochen wird.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen - bei der P. Stahl- und Hallenbau GesmbH handelt es sich um eine solche - sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Gemäß § 9 Abs.4 VStG kann ein verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Gemäß § 23 Abs.1 ArbIG 1993 wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 in der jeweils geltenden Fassung für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung für die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist.

Gemäß § 14 Abs.1 ArbIG wird das Bundesgebiet, sofern nicht Zweckmäßigkeitsgründe entgegenstehen, unter Berücksichtigung der Grenzen der Länder, in Aufsichtsbezirke der Arbeitsinspektion eingeteilt. Für jeden Aufsichtsbezirk ist ein Allgemeines Arbeitsinspektorat einzurichten.

Aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 14 Abs.4 ArbIG wurden die örtlichen Sprengel der Arbeitsinspektorate mittels Verordnung festgelegt.

Gemäß § 15 Abs.1 ArbIG betreffend die örtliche Zuständigkeit stehen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Befugnisse nach diesem Bundesgesetz jenem Allgemeinen Arbeitsinspektorat (§ 14 Abs.1) zu, in dessen Aufsichtsbezirk sich die Betriebsstätte oder die Arbeitsstelle befindet.

Zu diesen Befugnissen zählt auch im Sinne des § 9 ArbIG die Feststellung und die Anzeige von Übertretungen.

Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz kennt den Begriff der "Arbeitsstelle" nicht gesondert, sondern es weist nur die Begriffe Arbeitsstätten (in Gebäuden und Arbeitsstätten im Freien) und demgegenüber den Begriff Baustellen auf.

Der Begriff Baustelle iSd ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes wird in § 2 Abs.3 allerdings teilweise im Zirkelschluss (weil Definitionen nur durch Heranziehung eines Überbegriffes unter Konkretisierung einzelner Merkmale gewonnen werden können) umschrieben. Hiebei ist auch der Querverweis auf die Begriffsbestimmungen des § 1 Z8 bis 16 und des § 2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung beachtlich.

Allerdings ist festzuhalten, dass der Begriff der Arbeitsstelle in den gültigen zur Rechtsanwendung bestimmten Normen der AAV nicht mehr vorkommt, weil wie bereits dargetan, nur hilfsweise die begrifflichen Bestimmungen des § 1 Z8 bis 16 AAV, gelten und der Begriff der Arbeitsstelle in Z5 des § 1 geregelt wurde, der allerdings Montagen und Baustellen umfasst hatte.

Aufgrund der umschriebenen Zuständigkeitsbereiche der Arbeitsinspektorate und des darauf Bezug habenden § 23 Abs.1 ArbIG (vgl. die Worte "beim zuständigen Arbeitsinspektorat") und des ansonst nicht vorkommenden Begriffes der Arbeitsstelle im Materiengesetz - dem Arbeitnehmerschutzgesetz - ist daher nicht sicher, ob die Meldung der betreffenden Person mit der Wirkung der Delegation der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung nur beim Arbeitsinspektorat der Baustelle bewirkt werden kann oder ob die Meldung beim Arbeitsinspektorat, welches für den Sitz des Unternehmens zuständig ist, hinreicht.

Fest steht und wird auch vom Berufungswerber nicht bestritten, dass eine Meldung einer Person eines verantwortlichen Beauftragten für die in Rede stehende Baustelle beim Arbeitsinspektorat Linz nicht erfolgt ist.

Es erfüllte aber auch die Meldung des Herrn H. an das AI für den 18. Aufsichtsbezirk bezüglich die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten nicht die gesetzliche Voraussetzung des bestimmt abgegrenzten Bereiches, zumal neben ihm beim Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk (Vöcklabruck) F. St., F. P., H. H., G. W. und J. T. als verantwortliche Beauftragte gemeldet erschienen und die Abgrenzung eines räumlichen Zuständigkeitsbereiches gegenüber der mehrfach genannten Verantwortungsbeauftragten nicht vorliegt (vgl. dagegen die Wortfolge "für den in ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich" in § 9 Abs.4 VStG, sowie hiezu die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Aber auch die bloß intern vorgenommene Aufgabenteilung der beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer, welche zur Vertretung der GesmbH nach außen berufen sind, konnte den Beschuldigten nicht entlasten, zumal eine schuldbefreiende Wirkung nur gegeben wäre, wenn eine entsprechende Meldung iSd § 23 Abs.1 an das zuständige Arbeitsinspektorat erfolgt wäre. Im Falle, dass keine solche Meldung erfolgt und mehrere zur Vertretung nach außen berufene Personen bestellt sind, trifft jede von ihnen die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung in vollem Umfang.

Die erste Instanz ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Beschuldigte für die vorgeworfene Tat als zur Vertretung nach außen berufene Person der als Arbeitgeberin tätig gewordenen GesmbH einzustehen hatte.

Zwar ergibt sich von selbst, dass bei einem größeren Umfang eines Unternehmens und einer Arbeits- und Aufgabenteilung ein zur Vertretung nach außen Berufener nicht allgegenwärtig sein kann, um die Einhaltung der allseitigen Verwaltungsvorschriften - so auch jene des Arbeitnehmerschutzes - bewerkstelligen zu können, sondern dass sich der Verantwortliche tauglicher Erfüllungsgehilfen bedienen kann und soll. Wenn nun der Rechtsmittelwerber unter Zitierung einer oberstgerichtlichen Judikatur bezüglich der Verschuldensfrage argumentiert, es sei Pflicht der Behörde das Verschulden nachweisen zu müssen und so vermeint, der Verantwortung entgehen zu können, so verkennt er den 2. Satz des Abs.1 des § 5 VStG.

Zur Verwirklichung des Tatbestandes der ungesicherten Lastannahme bzw. des ungesicherten Gehens zum Montageplatz in 8 bis 9 m Höhe auf einer nur 18 cm breiten Stahlschiene bedarf es keines Eintrittes einer Gefahr oder eines Erfolges. Dieses Delikt ist ein Ungehorsamsdelikt und daher trifft den Beschuldigten die Umkehr der Beweislast, dh er selbst hat aufgrund der gesetzlichen Bestimmung initiativ darzutun und glaubhaft zu machen, durch welche konkreten im Einzelnen durchgeführten Maßnahmen er durch exakte Unterweisung, insbesondere auch in Richtung der Bewusstseinsbildung der einzelnen verwendeten Arbeitnehmer und durch welches dichte Netz der Kontrolle er sichergestellt hat, dass im speziellen Einzelfall der betreffende Arbeitnehmer entsprechend geschützt gearbeitet hätte. Es bedarf eben nicht des Aufzeigens des rechtmäßigen Alternativverhaltens durch die Behörde, um ein Verschulden (Fahrlässigkeit) anzunehmen, sondern der konkreten Vorsorgemaßnahmen in Schulung und Kontrolle mit dem Aufzeigen entsprechender Ahndungs- und Durchgriffsrechte von etwaigen Erfüllungsgehilfen, um bei Vorliegen der objektiven Tatseite von Schuld befreit zu sein.

Hiezu genügte nicht der Hinweis, dass unter Nennung einiger Namen eine Kontrollkette bestand, sondern welche einzelnen Aufgaben verteilt waren und wie diesen tatsächlich nachgekommen werden konnte (vgl hiezu VwGH vom 23.9.1994, 94/02/0258-0259; 26.1.1996, 95/02/0603; 23.4.1996, 96/04/0053; 26.6.1996, 96/07/0097 u. v. a. m.).

Auch die Namhaftmachung einer Sicherheitsvertrauensperson rückte die Sache nicht in ein besseres Licht, weil die Bestellung einer solchen ohnedies eine gesetzliche Pflicht ist. Nachdem der Inhalt der erforderlichen Maßnahmen weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Berufungsschrift selbst noch bei der mündlichen Verhandlung dargetan wurde, zu welcher hätte der Beschuldigte persönlich befragt werden sollen, war mangels eines relevanten konkreten Beweisthemas dessen Vernehmung nicht erforderlich und zielte augenscheinlich nur auf die Verschleppung des Verfahrens ab, um über die absolute Verjährungsgrenze hinauszukommen. Dies erschien dem Oö. Verwaltungssenat deshalb offenbar, als wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung trotz ausgewiesener rechtzeitiger Verständigung und dem Hinweis auf die Säumnisfolgen der Vertreter des Beschuldigten dessen Verhinderung am persönlichen Erscheinen mit einer Auslandsreise entschuldigen und die Vertagung erreichen wollte und, als ihm erklärt wurde, dass angesichts der langen Planungsmöglichkeit durch rechtzeitige Verständigung von der Verhandlung der von ihm angezogene Entschuldigungsgrund keinen hinreichenden Grund für die Vertagung beinhalte, in der mündlichen Verhandlung dann umschwenkte und bekannt gab, der Beschuldigte sei plötzlich erkrankt, ohne ein entsprechendes ärztliches Zeugnis vorzulegen.

Wenn daher der Beschuldigte in der Gesamtbetrachtung vermeint, die Behörde müsse Beweis führen, dass ihn an der Übertretung kein Verschulden treffe, so lag er aufgrund der positiv rechtlichen Bestimmung des § 5 Abs.1 2. Satz VStG daneben. Eine entsprechende, bereits im erstinstanzlichen Verfahren angezeigte Mitwirkung bezüglich Darlegung ganz konkreter initiativer Maßnahmen und Kontrollen, die die Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung verhindert hätten oder eines diesbezüglichen Vorbringens im Berufungsverfahren lagen nicht vor und wurde von ihm außer allgemeingehaltener Formulare über Mitarbeiterunterweisung und einer Arbeitnehmerschutzbestimmung, die von dem spruchgegenständlichen Arbeitnehmer unterfertigt war, nichts beigebracht, was das Kontrollwesen hätte als ausreichend erscheinen lassen.

Aus all diesen Gründen war auch von der Erfüllung der subjektiven Tatseite auszugehen und der Schuldspruch zu bestätigen.

Was die Strafbemessung anlangt, so war zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Wie bereits dargetan, beträgt der Strafrahmen für das gegenständliche Delikt in Geld von 2.000 S bis zu 100.000 S und an Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen. Der Hauptstrafzumessungsgrund im Verwaltungsstrafverfahren - das Gewicht der objektiven Tatseite - erschien angesichts der Bewegung bzw. des Stehens des Arbeitnehmers auf einem nur 18 cm breiten Stahlträger in 8 bis 9 m Höhe jedenfalls von mittlerem Gewicht, wozu auch nicht unberücksichtigt bleiben konnte, dass die Arbeiten im Winter, sohin in der kühleren Jahreszeit stattfanden und dass im Hinblick auf den Werkstoff "Stahl" Kondenswasserbildungen leicht möglich sind.

Das Gefährdungspotential wurde durch die auch nur als kurz bezeichneten Arbeiten nicht wesentlich gemindert. Insofern kam iSd § 21 VStG ein Absehen von einer Bestrafung nicht in Betracht.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite war Fahrlässigkeit anzunehmen.

Besondere Erschwerungsgründe iSd § 33 StGB lagen nicht vor. Ein besonderer Milderungsgrund des § 34 Z2 StGB konnte dem Beschuldigen nicht zugute gehalten werden, weil nur das gänzliche Freisein von Verwaltungsstrafen die Berücksichtigung dieses Milderungsgrundes indiziert und der Beschuldigte aber wegen Verkehrsübertretungen verwaltungsstrafrechtlich vorgemerkt ist.

Was die Rüge der infolge Verschweigens schätzungsweisen Annahmen der Einkommensverhältnisse und persönlichen Verhältnisse durch die erste Instanz anlangt, so ist zu bemerken, dass der Beschuldigte seit seiner Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter am 2.3.1998 und dann noch konkret seit 6.6.2000 bis zur Abfassung der Berufung am 22.8.2000 Gelegenheit hatte, diese Verhältnisse zu konkretisieren und dies auch in der mündlichen Verhandlung am 5.12.2000 unterlassen hat. Der Beschuldigte hat den Schätzungen der ersten Instanz nicht konkret widersprochen und damit auch das ihm offenstehende Mitwirkungsrecht nicht ausgeschöpft, was er selbst zu vertreten hat.

Selbst wenn der Beschuldigte in ungünstigen Verhältnissen leben sollte, was er nicht konkret dargetan hat, erscheint im Hinblick auf das Gewicht der objektiven Tatseite die von der ersten Instanz über Antrag des Arbeitsinspektorates ausgesprochene Geldstrafe von 15.000 S angesichts des Strafrahmens von 2.000 S bis zu 100.000 S als kein Ermessensmissbrauch.

Eine außerordentliche Milderung stand mangels mehrerer überwiegender Milderungsgründe zur Beurteilung nicht heran.

Schließlich sprachen auch spezial- und generalpräventive Gründe für die festgesetzte Strafe.

Die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe angesetzte Ersatzfreiheitsstrafe entsprach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Indem der Berufung ein Erfolg versagt blieb, trifft den Rechtsmittelwerber die Pflicht, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der bestätigten Geldstrafe zahlen zu müssen (§ 64 Abs.1 und 2 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Kontrollnetz Umkehr der Beweislast

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 15.07.2004, Zl.: 2001/02/0043-7

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