Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280548/2/Le/La

Linz, 18.10.2000

VwSen-280548/2/Le/La Linz, am 18. Oktober 2000

DVR.0690392

B E S C H E I D

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des A K, pA. H Linz GmbH, H 5, L, vertreten durch Dr. M S, W, Bezirksstelle W, D 4, W, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5.9.2000, MA2-Pol-5008-1999, mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen worden war, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem Straferkenntnis vom 6.6.2000, MA2-Pol-5008-1999, wurden gegen Herrn August K wegen zahlreicher Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutz-gesetzes Geldstrafen in Höhe von insgesamt 66.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von insgesamt 221 Stunden) zuzüglich 10% Verfahrenskosten verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde dem nunmehrigen Berufungswerber nachweislich am 9.6.2000 an seinem Arbeitsplatz zugestellt; als Empfänger unterfertigte ein Postbevollmächtigter für RSa-Briefe.

Mit der Begründung, in den letzten zwei Wochen auf Urlaub gewesen zu sein und erst am heutigen Tage wieder in Linz anwesend zu sein, ersuchte der nunmehrige Berufungswerber mit Schreiben vom 23.5.2000 (gemeint wohl: 23.6.2000) bei der Erstbehörde um Verlängerung der Berufungsfrist. Diese teilte ihm am 26.6.2000 telefonisch mit, dass die Berufungsfrist erst am Tage nach seiner Rückkehr in die Firma zu laufen beginne und ihm ab diesem Zeitpunkt somit 14 Tage für die Einbringung der Berufung zukommen würden.

Zur Bestätigung seiner urlaubsbedingten Ortsabwesenheit legte er eine interne Urlaubsmeldung im Faxwege vor.

In der Folge unterließ es der Berufungswerber jedoch, eine schriftliche Berufung einzubringen, worauf ihm am 20.7.2000 die Mahnung vom 19.7.2000 hinsichtlich des offenen Strafbetrages zugestellt wurde.

2. Mit Schreiben vom 3.8.2000 stellte Herr Dr. M S von der W Oberösterreich, Bezirksstelle W, in Vertretung von Herrn A K einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, den er im Wesentlichen damit begründete, dass das Straferkenntnis MA2-Pol-5008-1999 Herrn K während seines Urlaubes (13.6. - 21.6.2000) zugegangen wäre. Unverzüglich nach seiner Urlaubsrückkehr hätte er eine Fristverlängerung beantragt, welche auch gewährt worden sei.

Nach firmeninterner Rücksprache wäre Herr Kdarüber informiert worden, dass in der gegenständlichen Angelegenheit hinsichtlich des zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführers H H ein Parallelverfahren laufe und hier die W die Rechtsvertretung übernommen habe. Er hätte sich daraufhin mit der W in Verbindung gesetzt und wäre ihm telefonisch zugesagt worden, dass er dieselbe Vertretung genießen könne wie in der "Causa H H".

Durch einen bis dato ungeklärten technischen Fehler in der Faxanlage wären die von Herrn K übermittelten Unterlagen der gegenständlichen Rechtssache in der Anlage hängen geblieben und hätten den Empfänger Dr. M S nicht erreicht. Dieser hätte sich jedoch in der Folge bis einschließlich 30.7.2000 auf Urlaub befunden. Herr K hätte erst durch die zugegangene Mahnung Kenntnis darüber erlangt, dass gegen das Straferkenntnis offensichtlich keine zeitgerechte Berufung eingebracht wurde.

Nach Wegfall des Hinderungsgrundes (Zustellung der Mahnung bzw Urlaubsrückkehr von Herrn Dr. M S) habe Herr K alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen.

Dem Antrag wurde eine schriftliche Vollmacht des Herrn K für Herrn Dr. M S von der W W, datiert mit 1.8.2000, beigelegt.

(Eine Berufung wurde nicht gleichzeitig erhoben.)

3. Die Erstbehörde hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5.9.2000 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

In der Begründung wurde nach einer Wiedergabe des maßgeblichen Sachverhaltes und der anzuwendenden Rechtslage ausgeführt, dass den Antragsteller hinsichtlich des vorgebrachten technischen Fehlers in der Faxanlage jedenfalls ein Verschulden treffe: Hätte das Gebrechen bei der Faxanlage des A K vorgelegen, so hätte dieser kein ordnungsgemäßes Übertragungsprotokoll erhalten und daher bei der W nachfragen müssen, ob die Unterlagen angekommen sind.

Wäre hingegen der Fehler bei der Faxanlage der W gelegen, so hätte sich diese mit A K in Verbindung setzen müssen, da die Übernahme seiner Vertretung und die Übersendung der Unterlagen telefonisch abgesprochen worden sei. Außerdem wäre bis zum 1.8.2000 keinerlei Bevollmächtigungsverhältnis zwischen A K und Dr. M S vorgelegen, sodass selbst bei rechtzeitiger Übermittlung der Unterlagen die Einbringung einer Berufung durch Dr. S rechtlich nicht möglich gewesen wäre.

Auch das Zuwarten von A K bis zur Rückkehr von Dr. S aus dem Urlaub am 31.7.2000 widerspreche der anzuwendenden Sorgfalt, da er bereits am 20.7.2000 gewusst hätte, dass gegen das Straferkenntnis keine zeitgerechte Berufung eingebracht worden sei und er somit selbst ein Rechtsmittel hätte ergreifen müssen.

Es sei daher insgesamt daher davon auszugehen, dass A K die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen habe.

4. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 20.9.2000, mit der beantragt wird, der Berufung Folge zu geben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es auf Grund einer Verkettung unglücklicher Umstände zur Fristversäumnis gekommen wäre und diese jedenfalls nicht zu Lasten des Herrn A K ausgelegt werden könne. Die W W pflege jährlich etwa 14.000 telefonische Kundenkontakte und allein an der Fax-Anlage würden einige tausend Faxerledigungen anfallen. Allein aus dieser Tatsache heraus erscheine es nicht denkunmöglich und nicht ausgeschlossen, dass im konkreten Fall kammerintern ein Fehler hinsichtlich der Weitergabe eines Gesprächsinhaltes des Herrn A K an den Empfänger Dr. S passiert sei und von diesem Versäumnis Herr K naturgemäß keine Kenntnis erlangen hätte können.

Was die zunächst unterbliebene Vollmachtserteilung durch Herrn K anlange, so müsse deutlich gesagt werden, dass Herrn K wohl bewusst gewesen sei, dass die W W seit vielen Jahren die Fa. H in allen Rechtsangelegenheiten betreue und hier auch ein Vollmachtsverhältnis mit der Fa. H vorliege. Somit könne ihm auch nach objektiven Maßstäben wohl nicht angelastet werden, dass er nicht von vornherein eine eigene Vollmacht erteilte, zumal er zu diesem Zeitpunkt der Auffassung gewesen wäre, dass es sich um ein "Gesamtverfahren H" gehandelt hätte.

Folglich hätte Herr K alle Maßnahmen zur Einleitung entsprechender Schritte erst nach Zustellung der Mahnung bzw Urlaubsrückkehr von Dr. S einleiten können.

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder ... (die Bestimmung der Z2 leg.cit. ist im Anwendungsfall nicht relevant).

Nach Abs.2 leg.cit. muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

Abs. 3 leg.cit. bestimmt, dass im Fall der Versäumung einer Frist die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen hat.

Es steht fest, dass der nunmehrige Berufungswerber innerhalb der offenen Berufungsfrist gegen das Straferkenntnis vom 6.6.2000 kein Rechtsmittel eingebracht hat. Somit sind die Voraussetzungen für die Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages formal gegeben. Dennoch wurde dem Antrag von der Erstbehörde zu Recht keine Folge gegeben.

5.2. In verfahrensrechtlicher Hinsicht:

Dem Rückschein ist zu entnehmen, dass das Straferkenntnis gegen den nunmehrigen Berufungswerber vom 6.6.2000 am 9.6.2000 durch Hinterlegung am Arbeitsplatz zugestellt wurde; unterschrieben hat ein Postbevollmächtigter für RSa-Briefe.

Der Berufungswerber war, wie dem per Fax am 28.6.2000 der Erstbehörde übermittelten Urlaubsantrag zu entnehmen ist, in der Zeit von 13.6. - 21.6.2000 auf Urlaub. Da der 22.6.2000 ein Feiertag (Fronleichnam) war, kam der Berufungswerber erst am 23.6.2000 wieder an seinen Arbeitsplatz. An diesem Tage setzte er sich mit Fax vom selben Tage (datiert allerdings mit "23.5.00") mit der Erstbehörde in Verbindung und erhielt - wie dem Aktenvermerk der Frau Mag. P vom 27.6.2000 zu entnehmen ist - am 26.6.2000 die Auskunft, dass die Berufungsfrist vom 26.6.2000 bis 10.7.2000 laufen würde.

In der Folge wurde jedoch keine Berufung eingebracht.

Am 20.7.2000 wurde dem Berufungswerber die Mahnung vom 19.7.2000 über den ausstehenden Strafbetrag einschließlich Verfahrenskosten zugestellt.

Damit erlangte der Antragsteller somit am 20.7.00 Kenntnis davon, dass keine Berufung eingebracht worden war. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 3.8.2000 ist somit rechtzeitig.

Allerdings wurde entgegen der ausdrücklichen Anordnung des § 71 Abs.3 AVG die versäumte Handlung, nämlich die Berufung gegen das Straferkenntnis vom 6.6.2000, nicht gleichzeitig nachgeholt, weshalb der Wiedereinsetzungsantrag unvollständig war und deshalb keine Rechtswirkungen entfalten konnte.

Bereits aus diesem Grunde ist der Wiedereinsetzungsantrag unbegründet.

5.3 Aus materiellrechtlicher Sicht:

Der Antragsteller hat vorgebracht, dass jährlich ca. 14.000 telefonische Anfragen und einige tausend Faxerledigungen bei der K durchlaufen würden, sodass es nicht denkunmöglich sei, dass kammerintern ein Fehler passiert ist. Die zunächst unterbliebene Vollmachtserteilung wurde damit begründet, dass die W seit vielen Jahren die Fa. H betreue, hier ein Vollmachtsverhältnis vorliege und die Angelegenheit als Teil des "Gesamtverfahrens H" angesehen worden sei.

Nach der Rechsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verschuldensfrage betreffend die Versäumung einer Frist jedenfalls im Einzelfall zu prüfen und ein Wiedereinsetzungsgrund nur dann zu verneinen, wenn dem Wiedereinsetzungs-werber wenigstens Fahrlässigkeit bei der Versäumung des Termins zur Last fällt.

Es mag schon sein, dass die von Herrn K an die W übermittelten Unterlagen auf dem Wege dorthin irgendwie verloren gegangen sind. Auf Grund des vorangehenden Telefonates wären jedoch sowohl Herr K als auch Herr Dr. S verpflichtet gewesen, jeweils beim Gesprächspartner nachzufragen, ob die Unterlagen angekommen sind bzw hätte Herr Dr. S bei Herrn K nachfragen müssen, wenn er die Unterlagen nicht erhalten hat.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass eine schriftliche Vollmacht des Herrn K an Herrn Dr. S erst am 1.8.2000 unterfertigt wurde. Damit ist zwar der Wiedereinsetzungsantrag von einem bevollmächtigten Vertreter eingebracht worden, doch zeigt das Datum auf, dass während der offenen Berufungsfrist eben noch kein ordentliches Vollmachtsverhältnis bestanden hat.

Das zwischen Herrn H und Herrn Dr. S bestehende Vollmachtsverhältnis, das mit der schriftlichen Vollmacht vom 21.6.2000 begründet worden war, konnte, da es sich beim Verwaltungsstrafverfahren um ein individuelles Verfahren handelt, offensichtlich nicht auf eine andere Person übertragen werden. Wenn eine natürliche Person einer anderen Person die Vollmacht gibt, sie in einem Verwaltungsstrafverfahren zu vertreten, kann diese Vollmacht offensichtlich nicht auch dahingehend interpretiert werden, dass eine dritte Person, die selbst keine Vollmacht erteilt hat, vom selben Vollmachtsnehmer vertreten werden kann.

Das Fehlen einer schriftlichen Vollmacht hätten sowohl Herr K als auch sein gewillkürter Vertreter Dr. S zum Anlass nehmen müssen, noch innerhalb der Berufungsfrist miteinander in Kontakt zu treten, um dieses Formerfordernis zu erfüllen. Aus dem Umstand, dass dies nicht geschehen ist, ist aber ein Verschulden zumindest des Vertreters ersichtlich, da er als Rechtskundiger seinen Mandanten darauf hätte aufmerksam machen müssen. Es ist ihm als Verschulden vorzuwerfen, dass er diesen Formmangel nicht behoben hat.

Damit aber sind die Voraussetzungen des § 71 Abs.1 Z1 AVG auch in materiellrechtlicher Hinsicht nicht erfüllt, weshalb der Wiedereinsetzungsantrag von der Erstbehörde zu Recht abgewiesen wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

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