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VwSen-280549/17/Kl/Rd

Linz, 30.03.2001

VwSen-280549/17/Kl/Rd Linz, am 30. März 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Ing. S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.7.2000, Ge96-204-1998/Ew, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der BauV nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 21.3.2001 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich des Strafausmaßes wird der Berufung Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 30.000 S (entspricht 2.180,19 €), für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe auf vier Tage herabgesetzt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 3.000 S (entspricht 218,02 €); zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.7.2000, Ge96-204-1998/Ew, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 50.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 7 Abs.1, 2 Z1 und 4, 8 Abs.1 Z1 und 2 und Abs.2, 9 und 10 der BauV iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin S GmbH mit dem Sitz in E, zu vertreten hat, dass auf der Baustelle in T, am 6.7.1998, wie von einem Organ des AI Linz anlässlich einer Unfallerhebung festgestellt wurde, der Arbeitnehmer der oa Gesellschaft S mit Isolierarbeiten und Anbringen von Lattungen auf dem Dach des Ost-Traktes beschäftigt wurde, wobei sich in der Nähe des Stiegenhauses eine ca. 9 m2 große Öffnung befand und im oberen Teil dieser Öffnung auf einer Breite von ca. 30 cm eine Folie aufgelegt war und bei einer Absturzhöhe von 3,4 m auf den Betonboden keine Absturzsicherungen gegen den Absturz von Menschen getroffen wurden, obwohl gemäß § 7 Abs.1 BauV bei Absturzgefahr (gemäß § 7 Abs.2 Z1 BauV liegt Absturzgefahr bei Öffnungen und Vertiefungen im Fuß- oder Erdboden, wie Schächten, Kanälen, Gruben, Gräben und Künette, bei Öffnungen in Geschoßdecken, wie Installationsöffnungen oder in Dächern, wie Lichtkuppeln- oder Sheddachöffnung sowie gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV an Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2m Absturzhöhe vor) Absturzsicherungen (gemäß § 8 Abs.1 Z2 BauV sind Absturzsicherungen Umwehrungen (Geländer) an den Absturzkanten, die aus Brust-, Mittel- und Fußwehren bestehen, wobei diese Wehren gemäß § 8 Abs.2 aus widerstandsfähigem Material herzustellen sind und die dazu verwendeten Bretter gemäß § 58 Abs.3 einen Mindestquerschnitt von 12 cm x 2,4 cm aufweisen müssen und weiters so zu befestigen sind, dass sie nicht unbeabsichtigt gelöst werden können), Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen (wie Fanggerüste oder Auffangnetze) anzubringen sind.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe beantragt. In der Begründung wurde zunächst bestätigt, dass es richtig sei, dass am 6.7.1998 der Bw der handelsrechtliche Geschäftsführer und Verantwortliche der S GesmbH war. Weiters sei es richtig, dass der genannte Arbeitnehmer am 6.7.1998 auf der genannten Baustelle mit Arbeiten beschäftigt war und dabei durch eine Dachöffnung zu Tode stürzte. Die S GesmbH wurde bei der genannten Baustelle mit der Errichtung der Dachstühle beauftragt, wobei sämtliche erforderliche Schutzmaßnahmen iSd ASchG und der BauV getroffen wurden. Insbesondere war für die Baustelle ein speziell konstruiertes Gerüst für die Errichtung des Dachstuhles im Einsatz. Dieses wurde aber ohne Wissen des Bw am 2.7.1998 im Zuge der Baureinigung für die am 3.7.1998 folgende Gleichenfeier abgetragen und am darauffolgenden Montag, 6.7.1998, für das Schließen der restlichen Dachfläche nicht mehr aufgestellt. Die Berufung stützt sich im Wesentlichen darauf, dass dem Bw kein Verschulden angelastet werden kann, sondern dass eine bedauerliche Verkettung unglücklicher Umstände vorgelegen hätte, die als "höhere Gewalt" zu qualifizieren sei und jegliches Verschulden - also auch bereits leichte Fahrlässigkeit - von vornherein ausschließe. Das Aufsichts- und Baustellenpersonal sei laufend über Sicherheitsmaßnahmen informiert bzw in diese eingewiesen worden. Es habe nicht nur ein bloßes Weisungs- sondern vor allem ein umfassendes und detailliertes Kontroll- und Überwachungssystem zur Einhaltung der Sicherheitsvorschriften existiert. Während der Zeit, als der Bw handelsrechtlicher Geschäftsführer gewesen sei, sei es zu keinem Zeitpunkt zu gravierenden Unfällen gekommen, was beweise, dass das Sicherheits-, Weisungs- und Kontrollsystem funktioniert habe. Im Fall der Bestrafung des Bw gehe die Behörde im Ergebnis nur von einem bloßen Erfolgsunrecht (= Haftung für Kausalität) und nicht, wie in den gesetzlichen Bestimmungen vorgesehen, von einem dem Bw vorzuwerfenden Verhaltensunrecht aus. Dies widerspreche dem Grundsatz des Schuldprinzips. An der Baustelle seien baustellenerfahrene Personen eingesetzt worden, nämlich ein Bauleiter sowie ein Polier, die entsprechend ausgebildet seien. Diese werden auch laufend geschult, nämlich im Unternehmen selbst aber auch vor Ort auf den Baustellen. Die gegebenen Weisungen hätte der Bw persönlich überwacht und auf den Baustellen auch ausreichend kontrolliert. Warum jedoch das Gerüst nicht wieder aufgestellt worden sei, sei für den Bw in keiner Weise nachvollziehbar, weil dieses Nichtaufstellen des Gerüstes in einem krassen Widerspruch zu den bisherigen Gepflogenheiten der S GmbH stand. Weil das Fehlen des Gerüstes dem Bw nicht bekannt war und ihm auch dieses Nichtwissen in keiner Weise angelastet werden kann, habe er auch nicht darauf reagieren können. Es wäre jedoch vollkommen lebens- und realitätsfremd anzunehmen, dass die Einhaltung von Schutzvorschriften lückenlos von ihm oder den von ihm beauftragten Aufsichtsorganen überprüft werden könnte.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der geltenden Geschäftsverteilung die 8. Kammer zur Entscheidung zuständig.

Das zuständige Arbeitsinspektorat wurde am Berufungsverfahren beteiligt und beantragte, das Straferkenntnis zu bestätigen. Lediglich in Punkt 3 des Berufungsantrages, in eventu die Strafhöhe herabzusetzen, wurde zugestimmt.

Der Bw brachte in einer Berufungsergänzung weiters vor, dass wöchentliche Bauleitersitzungen stattgefunden hätten. Auch seien für das Unternehmen zwei ausgebildete Sicherheitsvertrauenspersonen bestellt worden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21.3.2001. Zu dieser wurden die Verfahrensparteien geladen und sind mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen. Die Arbeitnehmer R und L wurden als Zeugen geladen und einvernommen.

Der Bw hat bereits in seiner Berufung die gegenständlichen Arbeiten und die mangelnde Sicherung bestätigt. Demnach ist erwiesen, dass auf dem gegenständlichen Dach eine ca. 9 m2 große Öffnung vorhanden war, wobei auf einer Breite von ca 30 cm eine Folie aufgelegt war. Beim Betreten stürzte ein Arbeitnehmer ab und verletzte sich tödlich. Es sollte am Tattag die Öffnung durch eine Sichtschalung geschlossen werden. Absturzsicherungen fehlten an dieser Stelle, weil das entsprechende Gerüst bereits am 2.7.1998 zur Baustellenreinigung für eine Gleichenfeier am 3.7.1998 beseitigt wurde. Dieses Gerüst wurde vor Arbeitsbeginn am 6.7.1998 nicht wieder aufgestellt.

Der als Zeuge einvernommene R war Bauleiter der Fa. S GesmbH und für die Baustelle verantwortlich. Der Bauleiter war zu den Bauleiterbesprechungen jeweils am Dienstag - fallweise am Donnerstag - an der Baustelle anwesend. Vor der Gleichenfeier und unmittelbar nachher bis zum Arbeitsbeginn am Unfalltag sowie vor dem Unfall war er nicht mehr an der Baustelle. An der Baustelle selbst ist ein Vorarbeiter verantwortlich, der anwesend ist und die Einhaltung der Schutzvorschriften kontrolliert. Der Bauleiter betreute mehrere Baustellen sowie auch den Fuhrpark der Firma. Seitens der Firmenleitung finden ebenfalls wöchentliche Bauleiterbesprechungen statt, bei denen auch der Bauleiter anwesend ist. Auf den Baustellen selbst ist der Bauleiter im großen und ganzen selbständig. Gelegentlich wird er von der Geschäftsführung, also vom Bw oder Herrn S kontrolliert. Diese Kontrollen finden stichprobenartig und nicht regelmäßig statt. Der Zeuge gab weiters an, dass für diese Baustelle besondere Sicherheitsabschrankungen und -gurte angeschafft wurden. Der für die Baustelle konkret zuständige Polier war dem Bauleiter zugeteilt und wurde von ihm regelmäßig ein- bis zweimal in der Woche kontrolliert, jedenfalls aber am Tag der Bauleiterbesprechung. Auch gab es eine Anweisung, dass bei Gefährdung die Sicherheitsgurte zu verwenden sind. Wann dies der Fall ist, haben aber die Vorarbeiter selbst zu entscheiden. Der Vorarbeiter war derselbe wie in der Vorwoche, die übrigen Arbeiter der Partie wurden aber ausgewechselt, so auch der verunfallte Arbeitnehmer. Anweisungsblätter über Schutzmaßnahmen an die Mitarbeiter hat der Bauleiter nicht ausgegeben und von den Arbeitnehmern unterschreiben lassen. Der Bauleiter hat die Bauhandwerkerschule absolviert, ist seit 15 Jahren im Baugewerbe tätig, zunächst als Polier und dann etwa 6 bis 7 Jahre als Bauleiter. Der abgestürzte Hilfsarbeiter war Maurerhilfsarbeiter der Firma. Am Tattag wurde er zu Zimmermannarbeiten als Hilfsarbeiter herangezogen. Konkret ging es um die Aufbringung von der Lattung und er sollte die Bretter bringen. Bei dieser Arbeitseinteilung wurde über Sicherheitsvorkehrungen nicht gesprochen. Der Hilfsarbeiter gehörte im Übrigen zu einer anderen Truppe unter einem anderen Bauleiter und wurde nur für diese Arbeiten ausgeborgt. Der Bauleiter hat im Übrigen auch nicht um diese Öffnung gewusst sondern nur, dass ein Teil der Schalung fehlt.

Der ebenfalls als Zeuge einvernommene Vorarbeiter gab überdies an, dass der verunfallte Arbeitnehmer an diesem Tag das erste Mal seiner Partie zugeteilt war und dass schon über Gefahren am Dach und die Sicherung gesprochen wurde, dass er aber nicht sicher weiß, ob der abgestürzte Arbeitnehmer dies verstanden habe, zumal er Ausländer war. Die letzte Kontrolle durch den Bauleiter war in der vorangegangenen Woche am Dienstag bei der Bauleiterbesprechung. Der Bw war einmal auf der Baustelle, nämlich ganz am Anfang. Der Vorarbeiter gab weiters an, eine Schulung über Sicherheitsvorkehrungen nicht zu haben, es gab aber Informationen aus Zeitschriften, die vom Betriebsrat bei Informationsveranstaltungen gegeben werden. Unterweisungen auf besondere Gefahren und besondere Einschulungen habe er nicht bekommen. Von Sicherheitsvertrauenspersonen auf der Baustelle hat er nichts gewusst und wurde er von diesen vor dem Unfall nicht kontrolliert. Vielmehr war dies erst nach dem Unfall der Fall. Es hat regelmäßige Baustellenbesuche durch den Bw und Hrn. S nicht gegeben, sondern nur gelegentliche Besuche. Schriftliche Arbeitsanweisungen bzw Anweisungen über Sicherheitsvorkehrungen sind dem Vorarbeiter nicht in Erinnerung und hat er diese nicht unterschrieben. Es wurde zwar jedesmal bei den Bauleiterbesprechungen auf die Einhaltung der Sicherheit hingewiesen. Konkrete und detaillierte Anweisungen, was aufzustellen ist, gab es aber nicht und war dies dem Vorarbeiter überlassen.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG gilt die BauV nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

Gemäß § 7 Abs.2 BauV liegt Absturzgefahr vor bei Öffnungen und Vertiefungen im Fuß- oder Erdboden, wie Schächten, Kanälen, Gruben, Gräben und Künetten, bei Öffnungen in Geschoßdecken, wie Installationsöffnungen oder in Dächern, wie Lichtkuppel- oder Sheddachöffnungen oder an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00m Absturzhöhe (§ 7 Abs.2 Z1 und 4 BauV).

Müssen zur Durchführung von Arbeiten Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen entfernt werden, sind geeignete andere Schutzmaßnahmen zu treffen, wie Anwendung von persönlichen Schutzausrüstungen. Nach Beendigung oder Unterbrechung solcher Arbeiten ist unverzüglich dafür zu sorgen, dass diese Absturzsicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen wieder angebracht oder andere gleichwertige Schutzmaßnahmen getroffen werden.

Aufgrund des Verfahrensergebnisses sowie der bestätigenden Ausführungen des Bw ist die Erfüllung des objektiven Tatbestandes einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 BauV iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG erfüllt.

5.2. Den Ausführungen des Bw, dass sein Verschulden, nämlich Fahrlässigkeit des Bw, nicht vorhanden gewesen sei und er ein ausreichendes Kontrollnetz nachweisen könne, kann hingegen nicht Folge geleistet werden. Wie in der öffentlichen mündlichen Verhandlung eindeutig zu Tage getreten ist, hat es zwar eine Hierarchie zwischen der Firmenleitung und dem Bauleiter und Vorarbeiter gegeben, jedoch sind Kontrollen nicht regelmäßig und ausreichend durchgeführt worden, sondern nur stichprobenartig. Weiters hat es konkret für eine Baustelle und die jeweiligen Arbeiten Belehrungen und Weisungen für den Einsatz von Sicherheitsvorkehrungen nicht gegeben, sondern war der Vorarbeiter hinsichtlich der Anwendung der konkreten Sicherheitseinrichtungen selbständig. Er verfügte auch nicht über eine schulische oder sonstige ausreichende Ausbildung. Auch der Bauleiter war nicht über Einzelheiten informiert, sodass er über die Öffnung nicht Bescheid wusste. Auch wurde der Bauleiter nur stichprobenartig kontrolliert. Ein ausreichendes und funktionierendes Kontrollnetz konnte daher nicht nachgewiesen werden. Die iSd Judikatur des VwGH hat nämlich der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Bloßes Leugnen und allgemein gehaltene Behauptungen reichen nicht aus. Der dem Bw nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann nicht allein durch den Nachweis erbracht werden, dass die ihn treffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist. Werden einzelne Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich überlassen, so ist die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Ob der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. ISd Judikatur reicht also die bloße Erteilung von Weisungen nicht aus. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. Dabei stellen regelmäßige stichprobenweise Kontrollen des Verhaltens des mit der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften betrauten Angestellten kein die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des für die Einhaltung vor der Behörde gegenüber Verantwortlichen ausschließendes wirksames Kontrollsystem dar. Für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers wird eine stichprobenartige Überwachung des Bevollmächtigten ebenso nicht als ausreichend erachtet, wie die bloße Erteilung von Weisungen. Entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei das Kontrollsystem darzulegen ist. Durch die Schaffung der Aufsicht durch zwei Oberbauleiter oder durch die wöchentliche Bauleiterbesprechung und allfällige Stichproben wird kein wirksames Kontrollsystem eingerichtet. Hat der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer GmbH die Einrichtung eines Kontrollsystems dargetan, dessen wesentliche Merkmale in der hierarchischen Gliederung der Verantwortungsträger und der Kontrolle jedes in diese Hierarchie Eingebundenen durch den jeweils Übergeordneten bestehen, so hat er damit nur das Existieren eines Kontrollsystems in genereller Form glaubhaft gemacht, nicht hingegen - wie erforderlich - auf der Grundlage entsprechenden Tatsachenvorbringens dargelegt, wie dieses Kontrollsystem konkret, insbesondere in der verfahrensgegenständlichen Filiale funktionieren soll. Hiezu wäre es nötig gewesen, aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der dem betreffenden Filialleiter unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet ist, um durchzusetzen, dass jener das zulässige Ausmaß der Arbeitszeit nicht überschreitet und welche Maßnahmen der Bw als an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehender Anordnungsbefugter vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, dh sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene, nämlich die einzelnen Filialen, gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 759ff, mN, insbesondere E 76). Aufgrund dieser zahlreichen und ständigen Judikatur des VwGH ist ein Entlastungsnachweis nicht gelungen, sodass auch vom fahrlässigen Verhalten des Bw auszugehen ist. Es sind daher die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses vollinhaltlich zu bestätigen.

5.4. Hinsichtlich der Strafbemessung ist die belangte Behörde gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG vorgegangen. Sie hat insbesondere die Unbescholtenheit als strafmildernd gewertet und ist hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse aufgrund einer Schätzung von keinem Vermögen, keinen Sorgepflichten und einem monatlichen Nettoeinkommen von 25.000 S ausgegangen.

Wie der Bw in der mündlichen Verhandlung darlegen konnte, wurde der Betrieb geschlossen und hat seine Tätigkeit in der Firmenleitung geendet. Der Bw ist in Pension und bezieht eine monatliche Pension von ca. 21.000 S netto. Er ist sorgepflichtig für eine Ehegattin. Aufgrund dieser geänderten persönlichen Verhältnisse sowie auch aufgrund des Umstand, dass keine präventiven Aspekte mehr zum Tragen kommen, konnte auch im Grund der Stellungnahme durch das anzeigende Arbeits-inspektorat die verhängte Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß herabgesetzt werden. Entsprechend musste auch die Ersatzfreiheitsstrafe reduziert werden. Mit der nunmehr verhängten Strafe kann das Auslangen gefunden werden. Diese war aber insofern erforderlich, als eine gravierende Schädigung der durch die Verwaltungsvorschrift zum Ausdruck kommenden rechtlich geschützten Interessen stattgefunden hat und der Tod eines Arbeitnehmers eine schwerwiegende nachteilige Folge der Verwaltungsübertretung darstellt.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt gemäß § 65 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren. Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend herabzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

konkretes Kontrollsystem, kein Entlastungsnachweis

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