Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280558/11/Le/La

Linz, 09.04.2001

VwSen-280558/11/Le/La Linz, am 9. April 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des K K, A Nr. 30, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8.11.2000, Zl. Ge96-39/2-2000, wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 26.2.2001, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 1.000 S (entspricht  72,67 Euro) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8.11.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 28 Abs.1a Z2 Arbeitszeitgesetz (im Folgenden kurz: AZG) iVm Art.8 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3820/85 eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es zu verantworten, dass dem in seinem Güterbeförderungsbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer M C als Lenker eines Kraftfahrzeuges, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, laut den vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen die vorgeschriebene Ruhezeit nicht gewährt wurde.

Arbeitsbeginn am 2.5.2000 um 02.15 Uhr (Schaublattwechsel am 2.5.2000 um 08.45 Uhr und am 3.5.2000 um 20.30 Uhr, Schaublatt wurde am 3.5.2000 in der Zeit von 08.45 Uhr bis 20.30 Uhr überschrieben), Arbeitsende am 4.5.2000 um 15.55 Uhr, innerhalb eines Zeitraumes von 60 Stunden 40 Minuten ab Arbeitsbeginn ergibt sich somit, dass keine Ruhezeit eingehalten wurde. Längste zusammenhängende Lenkunterbrechung am 3.5.2000 von 02.05 Uhr bis 07.45 Uhr insgesamt 5 Stunden 40 Minuten.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 21.11.2000, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass die Fahrer in Fahrerversammlungen mündlich und auch schriftlich von ihm angewiesen worden seien, die Fahrzeiten bzw. Ruhezeiten unbedingt einzuhalten. Die Transportaufträge wären so eingeteilt, dass die Fahrer die Ruhezeit auch einhalten können, weshalb ihm keine Schuld zugewiesen werden kann. Es wäre ihm möglich, bei einem Fahrer mitzufahren und diesen zu kontrollieren, nicht jedoch bei 12 Fahrern.

Der genannte Fahrer M C habe außerdem bei einem weiteren Vergehen mit der Entlassung zu rechnen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat am 26.2.2001 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Berufungswerber teilnahm; die belangte Behörde ist ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Aufgrund eines Zustellmangels war kein Vertreter des Arbeitsinspektorates anwesend.

3.2. Bei dieser mündlichen Berufungsverhandlung gab der Berufungswerber an, dass der Fahrer C beim gegenständlichen Vorfall die Arbeitszeit aus rein persönlichen und privaten Gründen nicht eingehalten habe.

Sein Weisungs- und Kontrollsystem legte er so dar, dass sein Unternehmen ein Familienbetrieb sei und die Fahrer auch bei ihm zu Hause essen. Die Tachoscheiben würden dabei jede Woche von den Fahrern in der Firma abgegeben und von ihm kontrolliert. Zwei Mal im Jahr würden Fahrerversammlungen abgehalten, bei denen der Berufungswerber seine Fahrer eindringlich darauf hinweise, die Bestimmungen über die Lenk- und Ruhezeiten genauestens einzuhalten. Die Fahrer unterschreiben diese Belehrungen.

Der Berufungswerber betonte auch, dass er für seine Fahrer keinerlei Strafen zahle, und zwar weder wegen Verletzung der Arbeitzeitbestimmungen noch wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen udgl.

Die Fahrteinteilungen mache er so, dass sich alle Fahrten innerhalb der vorgeschriebenen Zeiten ausgehen. Er habe außerdem hauptsächlich regelmäßige Fuhren, sodass er genau wisse, wo die Fahrer momentan sind und wie lange sie üblicherweise für diese Fahrtstrecken benötigen.

Sein Entlohnungssystem stellte er so dar, dass die Fahrer Stundenberichte abgeben und dann monatlich die Gehälter ausbezahlt werden. Dabei müsse er Herrn C, der hauptsächlich nach Ungarn fährt und oft im Zollhof an der ungarischen Grenze steht, die Stehzeiten zahlen.

Wenn er bei der Kontrolle der Tachoscheiben feststelle, dass die Arbeitszeiten nicht eingehalten wurden, so stelle er die Fahrer zur Rede. Dem Lenker C habe er wegen der gegenständlichen Ruhezeitverletzung die Entlassung angedroht.

3.3. Das Ergebnis der mündlichen Verhandlung wurde dem Arbeitsinspektorat zur Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. In seiner Stellungnahme vom 14.3.2001 legte das Arbeitsinspektorat im Einzelnen dar, dass der Berufungswerber kein wirksames Kontrollsystem im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes initiativ dargelegt habe, weshalb der Strafantrag vollinhaltlich aufrecht blieb.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG)

4.2. Die angelastete Verwaltungsübertretung ist durch die Aufzeichnungen der Schaublätter des EG-Kontrollgerätes bewiesen. Der Berufungswerber hat diese auch nicht bestritten, sodass die Unterschreitung der Ruhezeiten als erwiesen anzusehen sind.

Somit steht fest, dass die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht wurde.

4.3. Zum Verschulden bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Zu dieser erforderlichen Glaubhaftmachung gehört im Bereich des Arbeitszeitgesetzes, dass der Arbeitgeber initiativ sein Weisungs- und Kontrollsystem darzulegen hat, mit dem er die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften sicherstellt. Gerade im Gütertransportgewerbe ist es erforderlich, dass von vornherein alle Maßnahmen getroffen werden, um die Lenker der Lastkraftwagen, die außerhalb des Firmensitzes unterwegs sind und daher dem unmittelbaren Zugriff des Arbeitgebers entzogen sind, zur Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften zu verhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in einer Reihe von Erkenntnissen die Anforderungen an ein effizientes Weisungs- und Kontrollsystem dargelegt:

Demnach ist die bloße Erteilung von Weisungen ebenso wenig ausreichend wie eine bloß stichprobenartige Überwachung der Arbeitnehmer.

Im konkreten Fall hat der Berufungswerber dargelegt, dass er zweimal im Jahr Fahrerversammlungen abhalte, bei denen er seine Fahrer hinsichtlich der Arbeitszeitbestimmungen belehre und sie auffordere, diese unbedingt einzuhalten. Weiters erkläre er seinen Fahrern, keine Strafgelder wegen Arbeitszeitverletzungen zu bezahlen.

Zur Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen hat der Berufungswerber darauf verwiesen, die wöchentlich abgegebenen Tachoscheiben zu kontrollieren. Wenn er Arbeitszeitverletzungen feststelle, so weise er seine Fahrer darauf hin. Im konkreten Fall habe er dem Arbeitnehmer M C deshalb auch die Kündigung angedroht.

Dass der Berufungswerber bereits Kündigungen ausgesprochen hat, hat er nicht vorgebracht.

Diese Art der Kontrolle entspricht nicht gänzlich den strengen Anforderungen, die der Verwaltungsgerichtshof an ein funktionierendes Kontrollsystem stellt, zumal stichprobenartige Kontrollen und bloße Hinweise an die Fahrer, künftig die Arbeitszeitbestimmungen einzuhalten, nicht ausreichen.

Um von einem wirksamen Kontrollsystem, welches eine Entlastung des Arbeitgebers bewirkt, sprechen zu können, muss dieser glaubhaft machen, dass er die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so gestaltet und solche disziplinären Maßnahmen angedroht und durchgeführt hat, dass für die Arbeitnehmer keinerlei Anreiz zur Verletzung der Arbeitnehmerschutzvorschriften gegeben ist.

Nur dann, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften durch einen Arbeitnehmer trotz des Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im Einzelnen darzulegenden Kontrollsystems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden.

Diesen strengen Anforderungen entspricht das vom Berufungswerber dargelegte Kontrollsystem jedoch nicht, weshalb ihn ein Verschulden an dieser Verwaltungsübertretung in Form der Fahrlässigkeit anzulasten ist.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Straferhöhend war vor allem der Umstand, dass in dem Tatzeitraum von 61 Stunden und 40 Minuten keine einzige Ruhezeit eingehalten wurde und die längste zusammenhängende Lenkzeitunterbrechung lediglich 5 Stunden und 40 Minuten dauerte.

Erschwerend war auch eine einschlägige Vorstrafe.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 1.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung: Ruhezeitunterschreitung

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