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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280583/5/Kl/Rd

Linz, 06.08.2002

VwSen-280583/5/Kl/Rd Linz, am 6. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10.7.2001, Ge96-98-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der BauV zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 290,69 Euro, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10.7.2001, Ge96-98-2001, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG iVm § 87 Abs.3 und 5 und § 88 BauV verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin "F" GmbH mit Sitz in T, zu vertreten hat, dass, wie von Organen des Arbeitsinspektorates St. Pölten anlässlich einer Unfallerhebung am 9.4.2001 festgestellt wurde, auf der Baustelle in A, Wohnhaus Familie H, am 9.42001 die Arbeitnehmer der oa Gesellschaft Herr W und Herr B auf der Dachfläche im Giebelbereich des oa Wohnhauses bei einer möglichen Absturzhöhe von ca. 8 m und einer Dachneigung von 45° mit dem Abkleben der Giebelmauer für Fassadenarbeiten beschäftigt wurden, ohne dass die Arbeiter mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt waren, oder geeignete Schutzmaßnahmen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, vorhanden waren, obwohl gemäß § 87 Abs.5 BauV Arbeitnehmer bei Arbeiten am Dachsaum oder im Giebelbereich mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt oder gemäß § 87 Abs.3 BauV bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m (im konkreten Fall: ca. 8m) geeignete Schutzeinrichtungen, wie Dachschutzblenden und Dachfanggerüste (gemäß § 88 BauV) vorhanden sein müssen, wodurch die oa Arbeitnehmer als der 5/8 Holzstaffel, mit welchem die zum Zwecke der Durchführung der oa Tätigkeiten auf dem 45-gradigen Satteldach aufgelegte Holzdachleiter abgestützt wurde, ausbrach, ca. 8m in die Tiefe stürzten und sich schwere Verletzungen zuzogen.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin dargelegt, dass die F GmbH zwei handelsrechtliche Geschäftsführer besitze, nämlich den Bw und Herrn K, wobei letzterer für den Bereich NÖ zuständig sei. Es werde daher beantragt, den Strafbescheid an Herrn K weiterzuleiten.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat zunächst den Bw aufgefordert, einen schriftlichen Nachweis über die Gebietsaufteilung vorzulegen. Weiters hat sie eine niederschriftliche Einvernahme des zweitgenannten handelsrechtlichen Geschäftsführers am 22.8.2001 vorgenommen, worin dieser bestätigte, für das Gebiet NÖ zuständig zu sein, wobei ein Niederlassungsleiter für die Bauleitung und Auftragsausführung bestellt sei. Der Bw sei für die Logistik und den Einkauf in zuständig.

Daraufhin hat die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat das zuständige Arbeitsinspektorat am Verfahren beteiligt.

Weil in der Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde und eine mündliche Verhandlung in der Berufung nicht verlangt wurde, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

Vom Bw blieb der gesamte von der Behörde festgestellte und ihrer Entscheidung zu Grunde gelegte Tathergang (Sachverhalt) unbestritten und kann - da Schlüssigkeit gegeben ist - auch der Berufungsentscheidung zu Grunde gelegt werden.

Hinsichtlich der nach außen vertretungsbefugten Organe ist bereits aus dem im Akt befindlichen Firmenbuchauszug ersichtlich, dass für die genannte GmbH zwei handelsrechtliche Geschäftsführer bestellt sind, nämlich der Bw und Herr K.

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Der Tatvorwurf und sohin der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung wurde vom Bw nicht bestritten und ist daher erwiesen. Auch die Bestellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer und daher die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bw als zur Vertretung nach außen berufenes Organ ist erwiesen.

5.2. In der Berufung macht aber der Bw mangelndes Verschulden geltend, indem er sich auf eine Aufgabenaufteilung mit dem weiteren handelsrechtlichen Geschäftsführer stützt, nämlich dass dieser für das Gebiet NÖ zuständig sei. Hiezu ist auszuführen:

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG wurde vom Bw nicht geltend gemacht und es wurde ein solcher verantwortlicher Beauftragter auch nicht dem zuständigen Arbeitsinspektorat gemäß dem ArbIG namhaft gemacht. Es war daher die strafrechtliche Verantwortlichkeit des nach außen Vertretungsbefugten gegeben. Sind mehrere handelsrechtliche Geschäftsführer bestellt, so ist jeder Geschäftsführer für sich verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, allerdings nur insoweit, als ihm ein Verschulden zur Last fällt. Nach der ständigen Judikatur des VwGH ist eine Abwälzung der strafrechtlichen Verantwortung auf andere Personen ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich. Es ändert daher die interne Aufgabenverteilung - wie sie der Bw vorbringt - nichts an der grundsätzlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung des Bw.

Hinsichtlich des Verschuldens regelt § 5 Abs.1 VStG, dass, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt und Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt dar und es ist fahrlässige Begehung zunächst zu vermuten, sofern ein Entlastungsnachweis durch den Bw nicht gelingt. Eine solche Entlastung ist auch dem Bw nicht gelungen. Er hat nämlich iSd § 5 Abs.1 VStG den Nachweis zu erbringen, dass Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften (hier der Arbeitnehmerschutzvorschriften) mit gutem Grund erwarten lassen, und zwar auch dann, wenn die Verstöße ohne Wissen und Willen des verantwortlichen Organs begangen worden sind. Auch im Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern ist der Arbeitgeber (zur Vertretung nach außen Berufener) nur entschuldigt, wenn er geeignete Maßnahmen (einschließlich eines wirksamen Kontrollsystems) ergriffen hat, um die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu gewährleisten (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 817 E50a und 50b mN). Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, die Einhaltung der in Betracht kommenden Bestimmungen durch den Arbeitnehmer zu ermöglichen, sie zu überprüfen und alle sonstigen (bei Ausnutzung aller tatsächlichen und rechtlichen im konkreten Betrieb zur Verfügung stehenden Mittel) möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen sicherzustellen. Es hat daher der Geschäftsführer zur Vermeidung einer Bestrafung wegen Verstoßes gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften darzulegen, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die allgemeine Behauptung des Bestehens eines Kontrollsystems ohne Darlegung, wie dieses Kontrollsystem im Einzelnen insbesondere auf der gegenständlichen Baustelle funktionieren soll, reicht nicht aus (VwGH 2.7.1990, 90/19/0109).

Im Sinne dieser Judikatur hat aber der Bw nicht einmal Maßnahmen vorgebracht und auch kein Kontrollsystem vorgebracht, sodass ihm eine Entlastung nicht gelungen ist. Auch im Hinblick auf die Arbeitsteilung hat er kein näheres Vorbringen gemacht, wie er sonst seiner angemessenen Kontrollpflicht nachgekommen ist. Ein solches Vorbringen hat aber der Bw initiativ darzulegen. Es ist daher auch vom Verschulden des Bw auszugehen. Es war daher das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld zu bestätigen.

5.3. Auch hinsichtlich der verhängten Strafe war das Straferkenntnis zu bestätigen. Die belangte Behörde hat zu Recht gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG den Unrechtsgehalt der Tat, insbesondere die nachteiligen Folgen für die beiden Arbeitnehmer gewürdigt und die Erschwerungs- und Milderungsgründe und die persönlichen Verhältnisse des Bw berücksichtigt. Sie hat zu Recht eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe als straferschwerend gewertet. Milderungsgründe kamen nicht hervor und wurden auch vom Bw nicht vorgebracht. Auch hat der Bw die geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht angefochten und konnten diese Schätzungen auch im Berufungsverfahren zu Grunde gelegt werden. Angesichts der Höhe des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens und der schweren Folgen der Tat, war daher die verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen und auch erforderlich, um den Bw vor einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Es war daher auch das verhängte Strafausmaß zu bestätigen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 VStG ein Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

BauV, Ressortaufteilung, Gebietsaufteilung, keine Entlastung

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VwGH vom 20.12.2002, Zl.: 2002/02/0245

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