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VwSen-280590/2/Ga/Ka

Linz, 29.05.2002

VwSen-280590/2/Ga/Ka Linz, am 29. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Herrn PB, vertreten durch Dr. J M, Rechtsanwalt in P, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 5. November 2001, Zl . Ge-128/00, wegen Übertretungen von Arbeitszeitvorschriften, zu Recht erkannt:

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis in den Fakten A1, A4 und A5 (Arbeitnehmer HO) sowie in den Fakten C1 bis C3 (AS) aufgehoben und das Verfahren insoweit eingestellt.

II. In den übrigen Fakten (A2 und A3; B1 bis B4; D1 bis D3) wird das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt. Hinsichtlich der Strafen wird der Berufung zu diesen (neun) Fakten hingegen stattgegeben: Die verhängten Geldstrafen werden auf je 85 €, die ausgemessenen Ersatzfreiheitsstrafen auf je 18 Stunden, die auferlegten Kostenbeiträge auf je 8,5 € (zusammengezählt daher 76,5 €) herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 5. November 2001 wurden über den Berufungswerber in 15 Übertretungsfällen gegen Arbeitszeitvorschriften Geldstrafen von jeweils 1.500 S (je Ersatzfreiheitsstrafen) je kostenpflichtig verhängt.

Näherhin wurde ihm angelastet, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als Außenvertretungsorgan der "MARKEV-Transport- und Logistik GmbH", Sitz in der Stadt Steyr, Gleinker Gasse 32, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass bestimmte namentlich genannte, als Lenker bei Güterbeförderungsfahrten mit KFZ von über 3,5 t höchstzulässigem Gesamtgewicht eingesetzte Arbeitnehmer von ihm (als Arbeitgeber) jeweils so beschäftigt worden seien, dass diese Lenker bestimmte Vorschriften des AZG bzw der VO (EWG) Nr.3820/85 nicht eingehalten hätten, nämlich der Arbeitnehmer HANIC Osman Vorschriften über die Lenkzeit und die Ruhezeit (Fakten A1 bis A5), der Arbeitnehmer KREMPL Christian Vorschriften über die Lenkzeit, die Ruhezeit sowie die Lenkpause (Fakten B1 bis B4), der Arbeitnehmer SCHWARZBAUER Vorschriften über die Lenkzeit, die Ruhezeit sowie die Lenkpause (Fakten C1 bis C3) und der Arbeitnehmer KITZMÜLLER Franz Vorschriften über die Lenkpause (Fakten D1 bis D3).

Als Tatzeiten wurden jeweils bestimmte Tage im Zeitraum vom 4. Oktober bis zum 11. November 1999, als Tatorte jeweils der Sitz der genannten Gesellschaft spruchgemäß vorgeworfen.

Über die gegen sämtliche Fakten dieses Straferkenntnisses in Schuld und Strafe erhobene Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:

Zu Faktum A1

Der spruchgemäße Tatvorwurf - der Arbeitnehmer Osman HANIC sei am 14. Oktober 1999 mehr als zehn Stunden mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges, welches der Güterbeförderung diene und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteige, beschäftigt worden, obwohl die gesamte tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten zehn Stunden nicht überschreiten dürfe (gemeint wohl: ... in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten an zwei Tagen pro Woche zehn Stunden, an den übrigen Tagen neun Stunden nicht überschreiten ...) - steht nicht im Einklang mit der Aktenlage. Der im Berufungsfall von der belangten Behörde als maßgebend für die Rechtsbeurteilung angenommene Sachverhalt ergibt sich - allein - aus der Anzeige des AI vom 27. Jänner 2000 bzw den hiefür als alleinige Unterlage herangezogenen Schaublättern. Danach aber steht fest, dass der hier involvierte Fahrer am 14. Oktober 1999 schon deswegen innerhalb der erlaubten täglichen Lenkzeit beschäftigt gewesen ist, weil sein Arbeitsbeginn (= Beginn der Lenkzeit an eben diesem Tag) unstrittig erst um 20.15 Uhr gewesen ist. Der Berufungswerber hat daher die ihm unter Faktum A1 zur Last gelegte Tat nicht begangen, weshalb in Stattgabe der Berufung gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG wie im Spruch zu verfügen war.

Zu Fakten A4 und A5

Gemäß § 28 Abs.4 AZG beträgt für Verstöße gegen die im Berufungsfall als verletzt angeführten Rechtsvorschriften im internationalen Straßenverkehr die Verjährungsfrist abweichend von § 31 Abs.2 VStG ein Jahr. Zu den Fakten 4 und 5 ist in sachverhaltsmäßiger Hinsicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "internationaler Straßenverkehr" aus der Aktenlage nicht nachvollziehbar. Anders als zu den Fakten 1 bis 3 (den Arbeitnehmer HANIC betreffend) sind den hier bezüglichen - nur grob mangelhaft ausgefüllten - Schaublättern keine Hinweise auf internationale Beförderungsfahrten zu entnehmen. Soweit überhaupt Ortsangaben aufscheinen, erlauben diese - nur als Destinationen eingetragenen innerösterreichischen Orte (Steyr; Lindach) - für sich genommen, aber auch in Verbindung mit den (offenbar unvollständigen) Km-Eintragungen keinen Rückschluss auf grenzüberschreitende Beförderungsfahrten.

Dass die von den Fakten 4 und 5 erfassten Güterbeförderungen im internationalen Straßenverkehr getätigt worden seien, wurde von der belangten Behörde offenbar stillschweigend vorausgesetzt; darauf bezügliche Ermittlungsergebnisse sind im Strafakt nicht dokumentiert; auch die Anzeige vom 27. Jänner 2000 gibt diesbezüglich nichts her.

In die Original-Schaublätter kann zu Beweisführungszwecken nicht mehr Einschau genommen werden. Wie der Oö. Verwaltungssenat durch ergänzende Erhebungen (§ 66 Abs.1 AVG) festgestellt hat, wurden die Original-Schaublätter schon vom AI dem Berufungswerber wieder zurückgegeben; dieser gab an, dass über sein Transportunternehmen mit Sitz in der Stadt Steyr am 5. Juli 2000 der Konkurs eröffnet worden sei und diese Schaublätter und andere, für die Konkursabwicklung nicht belangvoll gewesenen Unterlagen aus der fraglichen Zeit glaublich längst entsorgt worden seien.

Im Hinblick auf diese Sachlage durfte im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers daher in den Fakten A4 und A5 die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals für die Verdoppelung der Verjährungsfrist nicht angenommen werden. War daher aber die herkömmliche sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG zugrunde zu legen, so erwiesen sich die erstmals mit der Verfolgungshandlung vom 10. Juli 2000 (AzR) inkriminierten Übertretungen - mit Tatzeiten noch zur Gänze im Jahr 1999 - als bereits verjährt, weshalb wie im Spruch zu verfügen war.

Zu Fakten C1 bis C3

Zu diesen den Lenker "Schwarzbauer" betreffenden Tatvorwürfen wendet der Berufungswerber ein, es habe ein Herr Schwarzbauer nie in seiner Firma gearbeitet; es dürfte sich um den (wegen Drogenproblemen bei der Kripo Steyr amtsbekannt seienden) Herrn Schönbauer handeln.

Aus der Aktenlage sprechen folgende Umstände für die Glaubwürdigkeit und Richtigkeit dieses Einwandes: Der in den drei bezüglichen, in Kopie der Anzeige angeschlossen Schaublättern jeweils handschriftlich eingetragene Namenszug (ohne Vorname!) lässt sich mit ausreichender Deutlichkeit als "Schonbauer" entziffern; für den Namen "Schwarzbauer" spricht aus dieser Schreibweise nichts und auch sonst ist im Strafakt kein Indiz zu finden, das auf den Namen "Schwarzbauer" hindeuten könnte. Andererseits hat der Berufungswerber durch seinen Rechtsfreund mit Beweisantrag vom 20. Februar 2001 (OZ 12) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich beim "Zeugen N. Schwarzbauer" richtig um "Harald Schönbauer" handle. Auch im Schreiben vom 7. Juni 2001 des Rechtsfreundes an den Berufungswerber (OZ 21) ist der Name (des als nicht 'greifbar' bezeichneten Lenkers) mit "Harald Schönbauer" angegeben.

Im Ergebnis lässt sich die spruchgemäße (auch schon in der ersten Verfolgungshandlung, das ist die AzR vom 10.7.2000, aufscheinende), jedoch falsche Namensbezeichnung "Schwarzbauer" mit einem Versehen in der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 27. Jänner 2000 erklären; die belangte Behörde hat dann jedoch die Richtigstellung auf "Harald Schönbauer" weder für die erste Verfolgungshandlung noch im angefochtenen Straferkenntnis vorgenommen.

Damit aber erwiesen sich sämtliche Tatvorwürfe zu C als unbestimmt in einem wesentlichen Tatmerkmal, dh. als widersprüchlich zum Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG. Wenn nämlich die vorliegend angesprochenen Pflichten des Arbeitgebers (Lenker nicht über die zulässige Lenkzeit hinaus einzusetzen; Lenkern die tägliche Ruhezeit zu gewähren; Lenkern die Lenkpausen zu gewähren) jeweils nur bei einer konkreten Beförderungsfahrt gegenüber dem eingesetzten - und diesfalls auch namentlich zu nennenden - Arbeitnehmer als Lenker verletzt werden können (in diesem Sinne vgl. VwGH 31.3.2000, 96/02/0052), und aber der auf jenen Fahrten tatsächlich eingesetzt gewesene Lenker ungenannt geblieben ist, so vermochten die bezüglichen Verfolgungshandlungen wegen Unbestimmtheit die Verjährungsfrist nicht zu unterbrechen.

Aus diesem Grund war zu C1 bis C3 auf Aufhebung zu entscheiden und die Einstellung zu verfügen.

Zu den übrigen - neun - Fakten (A2 und A3; B1 bis B4; D1 bis D3)

Die hier zugrunde liegenden Tatvorwürfe sind in sachverhaltsmäßiger Hinsicht im Wesentlichen unstrittig; die Anlastungen erfolgten in Übereinstimmung mit der Aktenlage.

Soweit der Berufungswerber den Arbeitnehmer HANIC Osman betreffend tatseitig jedoch einwendet, es sei Hanic immer mit einem zweiten Fahrer die Touren gefahren; Hanic habe offensichtlich die Tachoscheibe nicht gewechselt, als er pausiert habe und der zweite Fahrer gefahren sei; es seien also zwei Mann mit einer Scheibe gefahren, so ist ihm zunächst die keinerlei Hinweis auf den behaupteten Zweitfahrer offenbarende Aktenlage sowie - vor allem - der Umstand entgegen zu halten, dass die hier (Fakten A2 und A3) bezughabenden Schaublätter eben nur HANIC Osman als Fahrer ausweisen. Davon abgesehen läge in der wissentlichen Duldung einer gegen Art.15 Abs.2 der VO (EWG) Nr. 3821/85 verstoßenden Verwendung von Schaublättern (im Falle von zwei im Fahrzeug befindlichen Lenkern) ein vom Berufungswerber als Arbeitgeber zu verantwortender Sorgfaltsverstoß.

Im Übrigen aber betrifft das Vorbringen des Berufungswerbers nur die Schuldseite. Hiezu macht er geltend, er habe jeden ersten Freitag im Monat mit seinen Fahrern eine Besprechung abgehalten und dort seine Fahrer, somit auch also die hier involvierten Fahrer Hanic, Krempl und Kitzmüller, stets belehrt und außerdem auch keine unzulässigen, dh. auf Überschreitung der Arbeitszeitvorschriften abzielenden Weisungen erteilt.

Dieses Vorbringen vermag den Berufungswerber nicht zu entlasten. Ob nämlich in Fällen wie hier der Arbeitgeber persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Haftung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er sich zutreffend darauf berufen kann, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht hin, entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei der Arbeitgeber das diesbezügliche Kontrollsystem detailliert darzulegen hat.

Von der Darlegung eines solchen Kontrollsystems durch den Beschwerdeführer im Verfahren vor der Strafbehörde oder in seiner Berufungsschrift kann allerdings keine Rede sein. Der Hinweis auf regelmäßige Besprechungen und Belehrungen, dh. auf Anweisungen und Schulungen der Arbeitnehmer, mögen diese auch regelmäßig stattfinden, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreichend (vgl. VwGH 31.3.2000, 96/02/0052, mit Vorjudikatur; ua).

Aus diesen Gründen ist der belangten Behörde hinsichtlich dieser (verbliebenen) Fakten in der Annahme der objektiven und subjektiven Tatbestandsmäßigkeit nicht entgegenzutreten.

Den - jeweiligen - Spruchabschnitt gemäß § 44a Z2 VStG des angefochtenen Straferkenntnisses betreffend, hätte es nach den Umständen des Berufungsfalles im Sinne des § 28 Abs.3 AZG genügt, jeweils nur das entsprechende Gebot oder Verbot der VO (EWG) Nr.3820/85 anzugeben. Als ein zur Aufhebung des Straferkenntnisses insgesamt führender Mangel ist die entbehrliche Doppelanführung (AZG + VO [EWG] Nr. 3820/85) jedoch nicht zu beurteilen bzw ergibt sich daraus allein noch keine zwingende Richtigstellungspflicht für das Tribunal.

Was hingegen die Strafbemessung betrifft, erwiesen sich die von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Schätzungsgrundlagen (30.000 öS netto Einkommen pro Monat; keine Sorgepflichten) als nicht haltbar.

Aufgrund der diesbezüglichen, von der belangten Behörde unwidersprochen gelassenen und auch durch ergänzende Ermittlungen (§ 66 Abs.1 AVG) des Tribunals erhärteten Angaben des Berufungswerbers waren folgende wirtschaftliche und persönliche Verhältnisse zugrunde zu legen: Eröffnung des Konkurses über sein Transportunternehmen mit Sitz in der Stadt Steyr am 5. Juli 2000 (noch nicht abgeschlossen), von der Insolvenz ist auch sein Privatvermögen erfasst (das Familienwohnhaus in der Gemeinde Laussa steht vor der Versteigerung), der Berufungswerber war zum Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Straferkenntnisses und ist noch immer arbeitslos; sein Arbeitseinkommen wäre jedoch von Lohnpfändungen betroffen; der Berufungswerber ist sorgepflichtig für vier unversorgte Kinder (im Alter von 16 Monaten bis elf Jahre) und Ehefrau.

Diese Umstände rechtfertigen die Herabsetzung der von der belangten Behörde einheitlich mit 1.500 öS festgesetzten Geldstrafen auf 85 € (= rund 1.170 öS); einer noch stärkeren Herabsetzung bzw der Herabsetzung auf die gesetzliche Mindeststrafe (= 72 € gemäß § 28 Abs.1a AZG idF Art.145 des 1. Euro-Umstellungsgesetzes - Bund, BGBl. I Nr.98/2001; demgemäß Höchststrafe für die einzelne Übertretung: 1.815 €) stand die von der belangten Behörde zutreffend als erschwerend gewertete einschlägige (noch nicht getilgte) Vortat entgegen.

Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Berufungswerber Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufzuerlegen; zu den aufgehobenen Fakten ist der Berufungswerber auch von seiner erstinstanzlichen Kostenpflicht befreit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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