Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600006/5/Wei/Bk

Linz, 13.05.1997

VwSen-600006/5/Wei/Bk Linz, am 13. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über den Antrag der Einschreiterin T GmbH, P, vertreten durch Mag. Dr. A, vom 25. März 1996 auf Bestrafung des C wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Gesetz vom 22. Oktober 1975 über die Verfolgung von Ehrenkränkungen, LGBl Nr. 76/1975 (O.ö. Ehrenkränkungsgesetz 1975), samt Privatbeteiligtenanschluß betreffend einen Vorfall vom 6. März 1996 nach Übergang der Entscheidungspflicht aufgrund des Devolutionsantrags der Einschreiterin vom 24. Februar 1997 zu Recht erkannt:

I. Der Strafantrag der Einschreiterin vom 25. März 1996 wird mangels Aktivlegitimation und inhaltlicher Mindesterfordernisse als unzulässig zurückgewiesen. Der gleichzeitig erklärte Privatbeteiligtenanschluß wird wegen Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges (Unzuständigkeit der Verwaltungsbehörden) zurückgewiesen.

II. Das gegen wegen des Verdachts der Ehrenkränkung nach dem O.ö. Ehrenkränkungsgesetz 1975 eingeleitete Strafverfahren wird gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlagen: § 56 Abs 3 VStG 1991 iVm § 73 AVG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Schriftsatz vom 25. März 1996 teilte Rechtsanwalt Mag. Dl der Bezirkshauptmannschaft Eferding mit, daß er im Namen und im Auftrag der T(im folgenden: Einschreiterin genannt) an diese Behörde folgende "Sachverhaltsmitteilung" zu richten habe und führte folgendes aus:

"Am 6.3.1996 hat in den Unternehmensräumlichkeiten meiner Mandantschaft in eine KFZ-Übergabsverhandlung zwischen meiner Mandantschaft und H stattgefunden. Herr ist langjähriger Kunde meiner Mandantschaft und hatte meine Mandantschaft beauftragt, nachdem an dem von ihm bisher gelenkte PKW Marke Toyota MR2 ein Totalschaden eingetreten ist, einen gleichwertigen PKW zu beschaffen. Diesem Auftrag ist meine Mandantschaft nachgekommen und die Anmeldung dieses Fahrzeuges war für 6.3.1996 geplant.

Eben zu diesem Datum hat sich vereinbarungsgemäß Herr F in den Unternehmensräumlichkeiten meiner Mandantschaft eingefunden. In seinem Beisein hat sich Herr C befunden, der unbedingt der Besprechung zwischen meiner Mandantschaft und Herrn F beiwohnen wollte. Im Zuge der gesamten Besprechung der Übergabsformalitäten hat sodann Herr C gegenüber meiner Mandantschaft als auch gegenüber deren Geschäftsführer unwahre, unqualifizierte, beleidigende und geschäftsschädigende Äußerungen getätigt. Diese Äußerungen konnten von mehreren zu diesem Zeitpunkt in den Verkaufsräumlichkeiten meiner Mandantschaft befindlichen Kunden sowie vom gesamten Personal wahrgenommen werden (keine Hervorhebung im Original).

Nachdem sämtliche von Herrn P getätigten Äußerungen den Tatbestand der üblen Nachrede und Beleidigung im Sinn des Strafgesetzes erfüllen (keine Hervorhebung im Original) und zudem geeignet sind, den Ruf meiner Mandantschaft zu gefährden und das Ansehen des Unternehmens in kreditschädigender Weise herabzuwürdigen, wurde Herr Christian P dann mit Schreiben vom 7.3.1996 aufgefordert, derartige Äußerungen, Beleidigungen und Unwahrheiten in Zusammenhang mit dem Unternehmen meiner Mandantschaft und dessen Geschäftsführer zu unterlassen, und Kostenersatz für das zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Einschreiten des Rechtsfreundes der Firma T begehrt. Es besteht nunmehr der begründete Verdacht, daß Herr Christian P am 6.3.1996 eine Ehrenkränkung begangen hat, zumal auch im Zuge seiner Äußerungen meine Mandantschaft eine empflindliche Einkommenseinbuße hatte, als die bereits vereinbarte Übergabe des PKW an Herrn Fr durch Herrn P vereitelt wurde.

Namens und auftrags meiner Mandantschaft stelle ich daher binnen offener Frist den Antrag auf Bestrafung des Herrn Christian P im Sinn des § 56 VStG.

Einem allfällig durchzuführenden Strafverfahren schließt sich meine Mandantschaft mit ihren geldwerten Ansprüchen als Privatbeteiligte an, wobei die Konkretisierung dieser Anspüche einstweilen vorbehalten bleibt. Es wird gebeten, die Kanzlei des Einschreiters vom weiteren Vorgehen in dieser Angelegenheit informiert zu halten. ... " 1.2. Mit formlosen Schreiben vom 22. April 1996, Sich96-431-1996/Ma, teilte die Bezirkshauptmannschaft Eferding der Einschreiterin mit, daß nach ihren eigenen Ausführungen keine Ehrenkränkung iSd O.ö. Ehrenkränkungsgesetzes, sondern der Tatbestand der üblen Nachrede vorläge, weshalb keine Ehrenkränkung und keine Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft angenommen werden könnte.

Daraufhin brachte die Einschreiterin mit dem als "Stellungnahme" bezeichneten Schriftsatz vom 25. April 1996 im wesentlichen vor, daß der Antrag aufrechterhalten bleibe und im weiteren Verfahren zu klären sein werde, ob eine Ehrenkränkung oder eine gerichtlich strafbare Handlung (entweder nach § 115 oder nach § 111 StGB) vorliege.

In der Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Eferding mit Verfügung vom 6. Mai 1996 das Strafverfahren gegen Christian P gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als Wohnsitzbehörde (do. Aktenzahl: Sich96-156-1996) abgetreten.

1.3. Mit Schreiben vom 30. Mai 1996 forderte die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung die Einschreiterin unter Hinweis auf die Säumnisfolge nach § 56 Abs 2 VStG auf, binnen drei Wochen mitzuteilen, in welcher Art und Weise die Ehrenkränkung stattgefunden hätte. Diese teilte dann mit Schriftsatz vom 4. Juni 1996 erstmals konkretisierend mit, daß Herr Christian P am 6. März 1996 in den Verkaufsräumlichkeiten der Einschreiterin im Beisein ihres Geschäftsführers wortwörtlich geäußert hätte: "Ihr Gauner, so geht das nicht, einem jungen Burschen alle Monate ein Auto zu verkaufen und sich dabei gesundzustoßen." Im Büro, wohin P dem allein anwesenden Geschäftsführer der Einschreiterin gegen dessen Willen gefolgt wäre, hätte er diesen ausdrücklich als Gauner bezeichnet. Beim Verlassen des Büros hätte P das Unternehmen als "Saftladen" bezeichnet, der höchstens ein Auto monatlich verkauft.

2.1. Aufgrund der Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14. Juni 1996 rechtfertigte sich der Beschuldigte mit den von seinen Rechtsvertretern eingebrachten Schriftsätzen vom 10. Juli 1996 und 25. Oktober 1996 im wesentlichen dahingehend, daß er die inkriminierten Äußerungen nicht getätigt habe. Weiters seien Einzelpersonen, nicht jedoch juristische Personen beleidigungsfähig, im übrigen wäre die Bezirksverwaltungsbehörde nicht zuständig, da - wenn überhaupt - eine gerichtlich strafbare Handlung (§ 111 StGB) vorläge, letztlich sei die Tat außerdem verjährt.

Der Rechtsvertreter des Beschuldigten legte ein im Namen des Zeugen F verfaßtes Schreiben vom 7. März 1996 in Kopie vor, mit dem die Autohaus W GesmbH zur Herausgabe des Unfallwracks gegen Ersatz der bekanntzugebenden Aufwendungen aufgefordert wurde.

2.2. Die Bezirkshauptmanschaft Urfahr-Umgebung veranlaßte die zeugenschaftliche Einvernahme des A, Geschäftsführer der Einschreiterin, im Rechtshilfeweg durch die Bezirkshauptmannschaft Eferding (vgl Niederschrift vom 27.9.1996). Dieser erklärte anläßlich seiner Einvernahme zunächst, daß sich die Äußerungen des Beschuldigten hauptsächlich auf seine Person bezogen hätten. Am Morgen des 6. März 1996 zwischen 8.00 Uhr und 9.30 Uhr wäre der Kunde T, der Ende Februar 1996 sein unfallbeschädigtes Fahrzeug zur Einschreiterin abschleppen hätte lassen, in Begleitung des Beschuldigten erschienen. W hätte F einen Gebrauchtwagen besorgt und wäre vereinbart gewesen, daß er diesen am 6. März 1996 besichtigen und übernehmen hätte können. P hätte nach der Begrüßung im Verkaufsraum sofort dazwischen gesprochen und in Anwesenheit der Töchter des W geäußert: "So geht das nicht! Ihr Gauner wollt einem jungen Burschen jedes Monat ein neues Auto verkaufen und euch 'gesundstoßen'." Der erstaunte und verärgerte W hätte danach F eingeladen, in sein Büro zu kommen. P wäre ebenfalls gefolgt und hätte das Büro trotz Aufforderung nicht verlassen. Während die Äußerung im Verkaufslokal vielleicht als abwertend gegenüber der Firma W oder der Autohandels-Branche aufgefaßt hätte werden können, hätte P den Geschäftsführer danach im Büro wörtlich als "Gauner" beschimpft und die sofortige Herausgabe des Unfallfahrzeuges des Herrn F gefordert. Im Verkaufsraum hätte der Beschuldigte anschließend in Anwesenheit der Töchter des Geschäftsführers und zweier Kunden lautstark erklärt: "Dieser Saftladen verkauft ohnehin nur ein Auto in 3 Monaten." Der im Rechtshilfeweg von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land einvernommene Zeuge T (vgl Niederschrift vom 05.02.1997) schilderte den Vorfall anders. Danach wären F und der Beschuldigte P sofort mit dem Geschäftsführer W in dessen Büro gegangen, wo ihm der Zeuge erklärt hätte, daß P ein Freund wäre, den er gerne dabei hätte. W hätte aber darauf bestanden, daß P das Büro verlasse. F hätte auf sein Recht verwiesen, eine sachverständige Person beizuziehen, und gesagt, daß er andernfalls auch gehen werde. W und P hätten sich gegenseitig beschimpft. Ob im Büro das Wort "Gauner" gefallen wäre, wüßte er nicht mehr. Nach dem Verlassen des Büros durch F und den Beschuldigten hätte W im Verkaufsraum den beiden erklärt, daß er die Polizei rufen werde. Diese wären aber weggefahren und hätten auf ihren Rechtsanwalt verwiesen. Im Verkaufsraum wären zwei Frauen anwesend gewesen, die Angestellte der Einschreiterin waren. Der überwiegende Teil der Auseinandersetzung hätte im Büro stattgefunden. Der Zeuge F konnte die Worte nicht mehr wiedergeben. Er wüßte nur, daß sich beide sozusagen "nichts geschenkt" hätten und nicht unschuldig wären. Ob im Verkaufsraum noch Beschimpfungen zwischen P und W stattgefunden hätten, wüßte er nicht mehr.

2.3. Mit Schriftsatz vom 24. Februar 1997 stellte die Einschreiterin einen Devolutionsantrag, der am 26. Februar 1997 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich einlangte. Die Bezirksverwaltungsbehörde hatte über den Strafantrag samt Privatbeteiligtenanschluß vom 25. März 1996 bis dahin noch nicht entschieden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat den Strafakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung beigeschafft und nach Einsicht in die Aktenlage festgestellt, daß der Strafantrag der Einschreiterin wegen unheilbarer inhaltlicher Mängel von vornherein untauglich und zurückzuweisen war. Die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens war daher überflüssig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Nach den Tatbeständen des § 1 O.ö. Ehrenkränkungsgesetz begeht die Verwaltungsübertretung der Ehrenkränkung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen, wer vorsätzlich a) einen anderen einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, b) einem anderen eine gerichtlich strafbare Handlung vorwirft, für die die Strafe schon vollzogen oder wenn auch nur bedingt nachgesehen oder nachgelassen oder für die der Ausspruch der Strafe vorläufig aufgeschoben worden ist, c) einen anderen beschimpft, verspottet, am Körper mißhandelt oder mit einer körperlichen Mißhandlung bedroht, ohne daß die Tat das Tatbild einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt.

Die in den Buchstaben a) bis c) umschriebenen Tatbilder des § 1 O.ö. Ehrenkränkungsgesetzes entsprechen - abgesehen von den Publizitätserfordernissen - wörtlich den Delikten gegen die Ehre in den §§ 111 Abs 1 und 115 Abs 1 StGB. Da die für die gerichtliche Strafbarkeit gemäß §§ 111 Abs 1 und 115 Abs 1 StGB geforderte Mindestpublizität verschieden geregelt worden ist, muß im Hinblick auf die Subsidiarität der Verwaltungsübertretungen der Ehrenkränkung streng zwischen den Tathandlungen dieser Tatbilder unterschieden werden. 4.2. Die Einschreiterin ist als Wirtschaftsunternehmen in der Rechtsform einer GesmbH und somit als juristische Person nicht ehrfähig. Nach österreichischem Recht sind grundsätzlich nur physische Einzelpersonen beleidigungsfähig (vgl zum Ganzen mwN Kienapfel, BT I, 3. A, Vorbem §§ 111 ff StGB, Rz 67 u 73 f). Ist jedoch innerhalb eines Unternehmens ein bestimmter Personenkreis erkennbar, gegen den die Beleidigung zielt, so ist jeder, der diesem Personenkreis angehört, als beleidigt anzusehen. In einem solchen Fall spricht man von einer Ehrenbeleidigung von Einzelpersonen unter einer Kollektivbezeichnung (vgl näher Kienapfel, aaO, Vorbem §§ 111 ff StGB, Rz 77 ff).

Im gegebenen Zusammenhang war davon auszugehen, daß sich die erst im Laufe des Verfahrens konkretisierte - angebliche - ehrenrührige Äußerung des Beschuldigten (vgl Stellungnahme vom 4.6.1996: "Ihr Gauner, so geht das nicht, einem jungen Burschen alle Monate ein Auto zu verkaufen und sich dabei gesundzustoßen!"), gegen die Geschäftsführung der Einschreiterin und damit gegen den Geschäftsführer A richtete. Dieser fühlte sich - wie es auch nach den konkreten Umständen nahelag - in erster Linie persönlich betroffen (vgl Niederschrift über die Zeugenvernehmung vom 27.9.1996). Allerdings hat nicht der Geschäftsführer A Strafantrag erhoben. Vielmehr wurde im Namen und im Auftrag der T GmbH innerhalb der gesetzlichen Sechswochenfrist ein Strafantrag wegen Ehrenkränkung gestellt und ein Privatbeteiligtenanschluß erklärt. Mangels Beleidigungsfähigkeit kam der Einschreiterin aber keine Aktivlegitimation als Privatanklägerin wegen eines Ehrenkränkungstatbestandes zu.

4.3. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Strafantrag nach § 56 Abs 1 VStG den zugrundeliegenden Sachverhalt genau zu umschreiben, dessentwegen der Privatankläger die Bestrafung beantragt. Dabei muß im einzelnen dargelegt werden, welcher Sachverhalt als ehrenkränkend angesehen wird. Der Verwaltungsgerichtshof hielt auch die bloße Vorlage eines Briefes im Zusammenhang mit einer nicht ausgeführten "Anzeige wegen Ehrenkränkung" für nicht ausreichend (vgl VwSlg 9443 A/1977).

Die genaue Darlegung des als ehrenkränkend empfundenen Sachverhalts ist ein inhaltliches Erfordernis eines tauglichen Strafantrags nach § 56 Abs 1 VStG. Sie ist für die Identität der Tat und damit für den Prozeßgegenstand des Privatanklageverfahrens von entscheidender Bedeutung. Es handelt sich um keinen verbesserungsfähigen Formfehler. Außerhalb der besonderen subjektiven Verfolgungsverjährungsfrist des § 56 Abs 1 VStG kann ein unzureichender Strafantrag nicht mehr rechtswirksam ergänzt werden. Nach Ablauf der sechswöchigen subjektiven Frist, also nach sechs Wochen ab Kenntnis der inkriminierten Äußerungen, ist ein Strafantrag wegen der mittlerweile eingetretenen subjektiven Verfolgungsverjährung nicht mehr zulässig. Deshalb darf auch keine die Identität und Unverwechselbarkeit der Tat betreffende inhaltliche Ergänzung oder Änderung eines unzureichenden Strafantrages außerhalb der Fristenbindung des § 56 Abs 1 VStG erfolgen.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte hat zutreffend vorgebracht, daß die Einschreiterin innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsfrist von sechs Wochen lediglich ausführte, der Beschuldigte hätte gegenüber dem (namentlich nicht genannten) Geschäftsführer der Einschreiterin "unwahre, unqualifizierte, beleidigende und geschäftsschädigende Äußerungen" getätigt, ohne in irgendeiner Weise anzugeben, welche Äußerungen fielen. Nach strafbehördlicher Aufforderung wurde im Schriftsatz vom 4. Juni 1996 erstmals ein konkreter Sachverhalt vorgebracht. Diese nachträgliche Konkretisierung war aber eindeutig verspätet und wegen der Verfristung des Verfolgungsrechtes auch ohne Wirkung für das anhängige Strafverfahren. Der unzureichende Strafantrag vom 25. März 1996 konnte dadurch nicht mehr saniert werden.

Die Bezirkshauptmannschaften Eferding und Urfahr-Umgebung haben diese Rechtslage verkannt. Durch die verfehlte strafbehördliche Aufforderung zur Konkretisierung wurde der wesentliche Inhaltsmangel des Strafantrags nicht zu einem verbesserungsfähigen Formfehler iSd § 13 Abs 3 AVG iVm § 24 VStG verwandelt. Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unverbesserbarkeit von Inhaltsmängeln bedürfte einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (arg § 67c Abs 3 AVG). Der nicht verbesserungsfähige Inhaltsmangel des gegenständlichen Strafantrages hätte daher zur sofortigen Zurückweisung durch die Bezirksverwaltungsbehörde führen müssen.

4.4. Der Vollständigkeit halber bleibt in materieller Hinsicht anzumerken, daß der Strafantrag auch in sich widersprüchlich und inhaltlich verfehlt ist, wenn einerseits die Erfüllung des Tatbestandes der Üblen Nachrede und der Beleidigung iSd StGB, zwei Absätze weiter jedoch das Vorliegen einer Ehrenkränkung behauptet wird. Auch nach den Behauptungen der Einschreiterin sind die inkriminierten Äußerungen jedenfalls im Beisein des Zeugen T gefallen. Außerdem bestand wohl auch im Verkaufsraum eine räumliche Nähe zu den zwei angestellten Bürokräften, den Töchtern des Geschäftsführers W. Da im gegebenen Zusammenhang primär an Üble Nachrede im Sinne eines Verhaltensvorwurfes zu denken war, erschien aber auch das Publizitätserfordernis ("in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise") des § 111 Abs 1 StGB erfüllt (zur deliktseigenen Publizität näher Kienapfel, BT I, 3. A, § 111 StGB Rz 28 ff und VwGH 16.12.1996, 96/10/0180). Der Vorwurf, die Geschäftsführung der Einschreiterin würde die altersbedingte Unerfahrenheit ihres Kunden ("junger Bursche") ausnutzen, indem sie regelmäßig ("alle Monate") diesem ein Auto verkaufen und so auf dessen Kosten Gewinn mache wolle ("sich gesundstoße"), ist ein konkret verhaltensbezogener Vorhalt (dazu Kienapfel, aaO, § 111 StGB Rz 16 ff, 21 ff, insb Rz 59), mit dem die Geschäftsführung eines unehrenhaften Verhaltens oder zumindest eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens bezichtigt wird. Da das Wort "Gauner" nicht isoliert betrachtet werden durfte, sondern die gesamten Umstände der Auseinandersetzung zu berücksichtigen waren, konnte von einer bloßen Beschimpfung iSd § 115 StGB wohl keine Rede sein.

Daher erscheint selbst nach dem Vorbringen der Einschreiterin im Hinblick auf die ausdrückliche Subsidiarität der Bestimmungen des § 1 O.ö. Ehrenkränkungsgesetz 1975 gegenüber gerichtlich strafbaren Handlungen der gegenständliche Strafantrag an die Verwaltungsstrafbehörde als unbegründet. Im Falle von gerichtlich strafbaren Ehrenbeleidigungen läge keine verwaltungsbehördlich zu ahndende Ehrenkränkung vor, was eine Einstellung nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG zur Folge hätte.

5. Im Ergebnis war der vorliegende Strafantrag schon mangels der inhaltlichen Mindesterfordernisse, die nach Ablauf der subjektiven Verfolgungsverjährungsfrist nicht rechtswirksam nachgetragen werden konnten, und wegen der fehlenden Aktivlegitimation der Einschreiterin aus formellen Gründen zurückzuweisen. Auch der erklärte Privatbeteiligtenanschluß war unzulässig, weil die Bezirksverwaltungsbehörde grundsätzlich nicht zuständig ist, über zivilrechtliche Schadenersatzansprüche zu entscheiden. Nur wo das besondere Verwaltungsrecht Ausnahmen regelt (vgl zB § 174 Abs 3 ForstG), ist ein Anschluß als Privatbeteiligter iSd § 57 VStG möglich und zulässig. Das O.ö. Ehrenkränkungsgesetz 1975 enthält hinsichtlich privatrechtlicher Ansprüche keine Regelung, weshalb es beim Grundsatz der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nach § 1 JN bleibt. Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.

Das gegen den Beschuldigten P eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren war jedenfalls gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen, weil Umstände vorliegen, die eine Verfolgung des Beschuldigten aufgrund des Vorfalles vom 6. März 1996 ausschließen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. W e i ß

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