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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280609/5/Ga/Pe

Linz, 24.08.2002

VwSen-280609/5/Ga/Pe Linz, am 24. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des GF, vertreten durch Dr. S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 29. November 2001, Ge96-187-2000, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

Hinsichtlich der Schuld wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung hingegen stattgegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 1.160 €, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 200 Stunden, der auferlegte Kostenbeitrag auf 116 € herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 f VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 29. November 2001 wurde der Berufungswerber einer Übertretung des § 130 Abs.5 ASchG iVm § 87 Abs.2 und Abs.5 BauV für schuldig befunden. Als erwiesen wurde ihm vorgeworfen (§ 44a Z1 VStG):

"Sie haben es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der ''F Spengler- und Dachdecker Ges.m.b.H.'' mit Sitz in L zu verantworten, dass bei einer am 20.11.2000 durchgeführten Kontrolle der Baustelle Dr. W festgestellt wurde, dass die bei obiger Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer P P, HB, BJ und HM Dacharbeiten, nämlich die Verlegung von Welleternitplatten an der Westseite des Gebäudes, völlig ungesichert gegen Absturz durchführten.

Die Dienstnehmer trugen keine Sicherheitsgeschirre und waren nicht angeseilt.

Die Traufenhöhe betrug ca. 5 m, die Dachneigung 17 Grad.

An beiden Traufenseiten des Wohnobjektes, an dem die Arbeitnehmer beschäftigt wurden, war weder ein Dachfanggerüst, noch waren Dachschutzblenden oder Absturzsicherungen angebracht."

Über den Berufungswerber wurde gemäß § 130 Abs.5 ASchG eine Geldstrafe von 25.000 S (1.816,82 €) kostenpflichtig verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 300 Stunden festgesetzt.

Begründend verwies die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht auf die Anzeige des AI Vöcklabruck vom 23. November 2000 (über die am 20. November 2000 bei der Kontrolle einer bestimmten Baustelle wahrgenommenen ungesicherten Dacharbeiten), auf das hiezu unter Einbindung des Berufungswerbers (der auch Akteneinsicht nahm) und der Organpartei geführte Ermittlungsverfahren und stützte darauf den dem angefochtenen Schuldspruch zugrunde gelegten Sachverhalt.

Nach Wiedergabe der als verletzt angeführten Vorschriften sah die belangte Behörde in der Rechtsbeurteilung die Tatbestandsmäßigkeit in objektiver und subjektiver Hinsicht als verwirklicht an, zu letzterem, weil der Einwand des Berufungswerbers, eine Haftungsdelegierung auf einen verantwortlichen Beauftragten vorgenommen zu haben, zu verwerfen gewesen sei und die Haftung für die Übertretung daher ihn als handelsrechtlichen Geschäftsführer treffe.

Zur Strafbemessung führt die belangte Behörde unter Heranziehung der Kriterien des § 19 VStG aus, es seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen 20.000 S; Immobilien im Wert von 2 Mio. S, keine Sorgepflichten); strafmildernd sei die Unbescholtenheit, erschwerend hingegen seien keine Umstände zu werten gewesen.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, Aufhebung und Einstellung, hilfsweise ein Vorgehen nach § 21 Abs.1 VStG bzw die Strafreduzierung (unter Anwendung des § 20 VStG) beantragende Berufung, über die der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafakt der belangten Behörde erwogen hat:

Der Berufungswerber bestreitet mit seinem Rechtsmittel nicht die von der belangten Behörde für die sprucherfasste Baustelle als erwiesen erachtete Verletzung der Sicherungspflicht bei Dacharbeiten unter Absturzgefahr. Davon ausgehend wurde die objektive Tatbestandsmäßigkeit zu Recht angenommen. Außer Streit steht weiters, dass der Berufungswerber zur Tatzeit nach außen vertretungsbefugter Geschäftsführer der als Arbeitgeber involvierten Gesellschaft war.

Dennoch, so das Vorbringen des Berufungswerbers, sei er für die Übertretung nicht verantwortlich, weil, was die belangte Behörde zu Unrecht nicht anerkannt habe, zur Tatzeit die Bestellung des Herrn WR "zum verantwortlichen Beauftragten für alle Belange des Arbeitnehmerschutzes" noch aufrecht gewesen und die schriftliche Mitteilung darüber unter Anschluss eines Nachweises der Bestellung (Dienstzettel vom 5.5.1988) am 25. April 1995 und neuerlich (nach einer - näher dargestellten - Unternehmensübernahme) am 12. Juli 1996 - und somit rechtzeitig - an das zuständige AI, jeweils unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 23 Abs.1 ArbIG, erfolgt sei. Auch liege mit dem Dienstzettel ein Zustimmungsnachweis vor und sei dieser ausreichend. Diesen Nachweis habe das AI Vöcklabruck offenbar auch als erbracht angesehen. Wären die Mitteilungen mangelhaft gewesen, so hätte das AI als Behörde unter Anwendung der Bestimmungen der §§ 13 und 13a AVG entsprechende Belehrungen erteilen oder die Mitteilungen seines Unternehmens zur Verbesserung zurückstellen müssen. In diesem Zusammenhang verweise er darauf, dass gemäß Art.II Abs.2 lit.D Z42 EGVG auf das behördliche Verfahren der Arbeitsinspektorate das AVG anzuwenden sei.

Mit diesem, nur die Rechtsbeurteilung hinsichtlich seiner Verantwortlichkeit bekämpfenden Vorbringen ist der Berufungswerber aus folgenden Gründen nicht im Recht:

Die Auffassung des AI (Schriftsatz vom 3.10.2001), dass eine wirksame Mitteilung über die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht vorliege, wurde dem Berufungswerber in Wahrung des Parteiengehörs bekannt gegeben und er hat sich damit in seiner Stellungnahme vom 29. Oktober 2001 auseinandergesetzt. Schon in dieser Stellungnahme hat sich der Berufungswerber auf den vom AI zur Stützung seiner Argumentation herangezogenen Dienstzettel zwar nicht ausdrücklich, so doch inhaltlich eingelassen. Diesen Dienstzettel sowie die auf ihn verweisenden Schreiben der als Arbeitgeber involvierten Gesellschaft vom 25. April 1995 und vom 12. Juli 1996 hat die belangte Behörde in dem Mittelpunkt ihrer Erwägungen zur behaupteten Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gerückt. Dass diese als Beweismittel herangezogenen Urkunden auch den Berufungswerber bekannt und "zugänglich" waren, geht aus dem Berufungsvorbringen (Abschnitte 2. und 4.) zweifelsfrei hervor. Der Rüge des Berufungswerbers einer Verletzung des Parteiengehörs fehlt daher das Substrat.

Inhaltlich ist der belangten Behörde schon darin, dass sie den seinerzeit vorgelegten Dienstzettel nicht als - für das Rechtswirksamwerden der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragen iSd § 23 Abs.1 ArbIG als Tatbestandsmerkmal jedoch zwingend erforderlichen - Nachweis der Zustimmung des Bestellten anerkannt hat, nicht entgegenzutreten. Der - behauptungsgemäß - bestellte WR hat, wie unstrittig aus der von der belangten Behörde beim AI in Kopie beigeschafften Urkunde hervorgeht, mit seiner Unterschrift lediglich "den Erhalt des Dienstzettels" am 5. Mai 1988 bestätigt. Die erforderliche Ausdrücklichkeit einer Zustimmung zur verwaltungsstrafrechtlichen Haftungsübernahme iSd gesetzlichen Tatbestandes ist unter diesen Umständen keinesfalls nachgewiesen.

Davon aber - und auch von Ungereimtheiten des Bestellungsvorganges als solchen (die jedoch auf sich beruhen können) im Zusammenhang mit der vom Berufungswerber vorgetragenen Weiterwirkung der Bestellung für die von ihm vertretene, vorliegend involvierte Gesellschaft, auf die das zuständige AI tatsächlich, wie vom Berufungswerber eingewendet, hätte aufmerksam machen und zur Klarstellung hätte auffordern müssen (vgl. idS. VwGH 26.3.1998, 97/11/0332) - abgesehen liegt die Lösung des Berufungsfalles bereits in dem unzweifelhaften Umstand, dass für den vom Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter eingewendeten WR laut ausdrücklicher Formulierung des Dienstzettels eine Haftungsübernahme "für alle Belange des Arbeitnehmerschutzes" nicht generell für sämtliche Arbeitnehmer, sondern ausdrücklich eingeschränkt nur bei der ihm "jeweils zugeteilten Arbeitspartie" festgelegt war.

Dass jedoch die im Berufungsfall spruchgemäß involvierte Arbeitspartie dem WR zugeteilt gewesen wäre, hat der Berufungswerber selbst zu keiner Zeit behauptet. Nach der Aktenlage (vgl die Anzeige des AI vom 23.11.2000) gänzlich unstrittig - und somit als erwiesen festzustellen - war auf der sprucherfassten Baustelle Herr PP der zuständige Vorarbeiter für die dort tätig gewesene (aus insgesamt vier namentlich bezeichneten Arbeitnehmern bestehende) Arbeitspartie.

Ausgehend davon aber zielt das Vorbringen des Berufungswerbers hinsichtlich eines Haftungsüberganges auf WR ins Leere. Die belangte Behörde hat im Ergebnis zu Recht die Nichtdelegierung der verwaltungsstrafrechtlichen Haftung des Berufungswerbers in diesem Fall angenommen. Der Schuldspruch war daher zu bestätigen, ohne dass die vom Berufungswerber beantragte öffentliche Verhandlung durchzuführen gewesen wäre.

Was die Strafbemessung anbelangt, ist die belangte Behörde vor dem Hintergrund der Kriterien des § 19 VStG erkennbar von einem beträchtlichen Gefährdungspotenzial des Verstoßes gegen die durch die BauV geschützten Interessen ausgegangen. Die daher festzusetzen gewesene Höhe der Geldstrafe sei ausreichend, um den Berufungswerber in Hinkunft von der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten abzuhalten. Mit der Verhängung einer Geldstrafe gleich in der Höhe von einem Viertel der Höchststrafe hat die belangte Behörde (in Entsprechung des Strafantrages des AI) dennoch zu hoch gegriffen. Zu Bedenken war, dass die Neigung des Daches (17 Grad) noch keine extreme Rutschgefahr indizierte, dass die Rutschgefahr auch nicht durch Nässe verstärkt gewesen ist, dass ferner kein Unfallgeschehen zu beklagen war und dass schließlich die spezialpräventive Abschreckung der Strafe in diesem Fall im Hinblick auf die aus der Aktenlage ersichtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers nicht betont werden durfte. Das nun festgesetzte Strafausmaß befand der Unabhängige Verwaltungssenat als in gleicher Weise tat- und täterangemessen (wobei als gedanklicher Schlüssel immerhin noch die doppelte Mindeststrafe für jeden involvierten Arbeitnehmer zugrunde gelegt wurde).

Einer noch stärkeren Herabsetzung (und auch der Anwendung des § 21 VStG) standen das Gewicht des, auch an der unstrittigen Absturzhöhe von immerhin 5 m (bei Mindesthöhe von 3 m) zu bemessenden, Unrechtsgehaltes der Tat und schließlich der Umstand, dass die Einrichtung eines Kontrollsystems zur Verhinderung von Verstößen gegen arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften nicht einmal behauptet wurde, entgegen. Der hilfsweise beantragten Anwendung des § 20 VStG war nicht näher zu treten, weil das tatbestandlich geforderte "beträchtliche" Überwiegen von Milderungsgründen im Berufungsfall nicht vorlag.

Bei diesem Verfahrensergebnis war der strafbehördliche Kostenbeitrag von Gesetzes wegen entsprechend zu kürzen; ein Beitrag zu den Kosten des Tribunalverfahrens war nicht aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

Beachte:

Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.

VwGH vom 20. Mai 2003, Zl.: 2002/02/0247

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