Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280642/11/Lg/Ni

Linz, 18.03.2003

 

 

 VwSen-280642/11/Lg/Ni Linz, am 18. März 2003

DVR.0690392

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 5. März 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der R J, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 21. August 2002, Zl. Ge96-22-2002, wegen einer Übertretung des AschG, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der (Straf-)Berufung wird Folge gegeben, die Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabgesetzt.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Bezirkshauptmannschaft Schärding ermäßigt sich auf 50 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil sie als persönlich haftende Gesellschafterin und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene der Bäckerei J KEG mit dem Sitz in T es verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass in der Arbeitsstätte in T am 23.5.2002 nicht für jeden Arbeitnehmer (neun Personen) ein Kleiderkasten zur Verfügung gestellt worden ist, der ausreichend groß, luftig und versperrbar sowie geeignet ist, Kleidung und sonstige persönliche Gegenstände gegen Wegnahme zu sichern und vor Einwirkungen, wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche zu schützen, weil lediglich zwei versperrbare Kästen (Spinde) vorhanden gewesen seien.
  2.  

    Die Berufungswerberin habe dadurch § 35 Abs.1 der Arbeitsstättenverordnung, BGBl. II Nr. 368/1998 iVm § 130 Abs.1 Z15 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes verletzt und sei gemäß § 130 Abs.1 Einleitungssatz des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes in genannten Höhe zu bestrafen gewesen.

     

    In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck (AI) vom 12.7.2002 sowie auf die niederschriftliche Rechtfertigung der Bw vom 26.7.2002.

     

    Die Rechtfertigung der Bw, wonach sie einen Kasten bestellt habe, welcher nicht den gesetzlichen Erfordernissen entspreche, vermöge diese nicht zu entschuldigen. Vielmehr hätte die Bw seit der letzten Beanstandung im Jahr 2000 genug Zeit gehabt, um die entsprechenden Kleiderkästen zu besorgen. Dabei hätte die Bw auch die Beratung durch das AI in Anspruch nehmen können.

     

    Anlässlich der Bemessung der Strafhöhe wird als erschwerend gewertet, dass die Bw zweimal schriftlich auf das Erfordernis des Vorhandenseins von versperrbaren Kästen hingewiesen wurde und sie bereits wegen der gleichen Verwaltungsübertretung bestraft worden sei. Mildernde Gründe lägen nicht vor. Ausgegangen wird von einer monatlichen Nettopension von 255 Euro, Schulden von ca. 255.000 Euro und einer Sorgepflicht für zwei Kinder. Auf spezialpräventive Gründe wird hingewiesen.

     

     

  3. In der Berufung wird geltend gemacht, § 35 Abs.1 der Arbeitsstättenverordnung sei auf mehrere der neun Arbeitnehmer nicht anzuwenden. Für das Schutzkleidung benötigende Verkaufspersonal (vier Personen im Fahrverkauf, Verkäuferinnen im Betrieb) sei § 35 Abs.2 der Arbeitsstättenverordnung einschlägig. Für die Verkäuferinnen im Betrieb stehe "ein versperrbarer Raum zum Abstellen der Tasche" zur Verfügung. Die "im Betrieb Beschäftigten" W T und C D würden im Haus bzw. unmittelbar über der Betriebsstätte wohnen und diese in Arbeitskleidung die Betriebsstätte betreten. Lediglich W T und S W seien als Bäcker gemeldet.

 

Der angefochtene Bescheid sei dadurch mit Rechtswidrigkeit belastet, dass nicht ermittelt worden sei, in wie weit die Voraussetzungen für die Anwendung des § 35 Abs.2 der Arbeitsstättenverordnung vorliegen. Die verhängte Strafe sei überhöht, da die Bw lediglich ein monatliches Nettoeinkommen von 225 Euro beziehe. Die Strafe sei auch nicht tat- und schuldangemessen.

 

 

  1. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  2.  

    Laut Anzeige des AI vom 12.7.2002 sei anlässlich einer Überprüfung der gegenständlichen Betriebsstätte durch den Arbeitsinspektor H W am 23.5.2002 festgestellt worden, dass für neun Arbeitnehmer trotz der Aufforderungen des AI vom 14.12.1998, vom 4.8.1999 und vom 4.1.2000 nur zwei versperrbare Kästen (Spinde) zur Verfügung gestellt worden seien.

     

    Mit Schreiben vom 17. Juli 2000 wurde die Bw zur Rechtfertigung aufgefordert. Am 26. Juli 2002 rechtfertigte sie sich vor der Behörde dahingehend, sie habe am 2. Mai 2002 einen Unfall gehabt und sei zum Zeitpunkt der Kontrolle am 23.5.2002 nicht anwesend gewesen. Sie hätte ansonsten schon damals bekanntgeben können, dass im Betrieb ein Spind für zwei Personen vorhanden gewesen sei. Für die anderen Arbeitnehmer habe die Bw schon vor der Kontrolle einen Kasten bestellt, welcher aber nicht den gesetzlichen Erfordernissen entsprochen habe. Sie werde den Kasten für die Aufbewahrung persönlicher Gegenstände im Betrieb belassen und die erforderliche Anzahl von Spinden zusätzlich bestellen. Es sei auch schon ein Raum geschaffen worden, in welchem die Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, sich umzuziehen.

     

     

  3. Anlässlich der Ladung zur Berufungsverhandlung beschränkte der Vertreter der Bw zunächst fernmündlich die Berufung auf eine bloße Berufung gegen die Strafhöhe (schriftlich ausgeführt am 6.3.2003). Die Bw sei voll geständig. Sie habe mittlerweile die vom AI geforderten Holzspinde besorgt und damit den gesetzeskonformen Zustand hergestellt. Sie bemühe sich nach Kräften, den Betrieb aufrecht zu erhalten und die bestehenden Arbeitsplätze zu sichern. Zur Tatzeit habe sie auf ihren mittlerweile aus dem Unternehme ausgeschiedenen Sohn vertraut. Auf ihre finanziellen Verhältnisse wird nochmals hingewiesen.
  4.  

     

  5. Der Vertreter des AI setzte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung den Behauptungen der Bw die Darstellung des Sachverhalts auf Grund seiner Unterlagen und die Rechtslage aus seiner Sicht entgegen. Konfrontiert mit der erwähnten Berufungseinschränkung erklärte er sich mit einer wesentlichen Herabsetzung der Strafe einverstanden. Es komme dem AI ja auf die Herstellung des rechtskonformen Zustandes, nicht auf die Bestrafung der Unternehmer an. Ob sich die Bw tatsächlich rechtskonform verhält, könne ja bei weiteren Kontrollen leicht festgestellt werden.
  6.  

     

  7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Bei einem gesetzlichen Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro (AschG BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 136/2001 - Euro-Umstellungsgesetz) bewegt sich die hier verhängte Strafe im untersten Bereich. Die verhängte Strafe entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat, welcher durch das Fehlen von Kleiderkästen für sechs Personen bestimmt ist (so der aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen des Vertreters des AI in öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Gunsten der Bw modifizierte Vorwurf). Als Verschuldensform sei zu Gunsten der Bw Fahrlässigkeit angenommen, wobei freilich wegen der aktenkundigen "Vorgeschichte" (einschlägige Vorstrafen, Ermahnungen durch das AI) von grober Fahrlässigkeit auszugehen ist. Im Hinblick auf die von der Bw anlässlich der Einschränkung der Berufung vorgebrachten Gründe und der Beteuerung ihrer Bereitschaft zu kooperativem Verhalten mit dem AI erscheint es jedoch vertretbar, die angefochtene Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabzusetzen. In Anbetracht der Zögerlichkeit, die die Bw bei der Herstellung des rechtskonformen Zustandes an den Tag legte, erscheint eine Wertung der zur Herabsetzung der Strafe führenden Gründe als überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG nicht angebracht. Keinesfalls bleibt die Tat soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zu denken wäre.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 
 

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