Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280645/19/Lg/Ni

Linz, 06.05.2003

 

 

 VwSen-280645/19/Lg/Ni Linz, am 6. Mai 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 12. Februar 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des E G, p.A. F F- und D-Gesellschaft mbH, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels, vom 23. September 2002, Zl. MA 2-Pol-5013-2002, wegen Übertretungen des AschG iVm der BauV, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Bw hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag von 760 Euro (= 60 + 100 + 240 + 200 +160 Euro) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) fünf Geldstrafen in Höhe von

  1. 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden),
  2. 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 23 Stunden),
  3. 1.200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 56 Stunden),
  4. 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 46 Stunden) und von
  5. 800 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 37 Stunden)

 

verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma F F- und D-Gesellschaft mbH (Arbeitgeberin), W, zu verantworten habe, dass durch diese Firma am 8.5.2002 auf der Baustelle N T in U, drei Arbeitnehmer mit der Herstellung der Außenfassade des nördlichen Teiles dieses Neubaues beschäftigt worden seien, wobei das dabei verwendete drei-etagige Metallgerüst folgende Mängel aufgewiesen habe:

"1. Das Metallgerüst, das in der 18. Kalenderwoche zum ersten Mal von den Arbeitnehmern benützt worden war, war vor dieser erstmaligen Benützung - entgegen den gesetzlichen Vorschriften - von keiner fachkundigen Person des Gerüstbenützers auf offensichtliche Mängel geprüft worden.

  1. Obwohl Gerüste erst nach der oa. Prüfung und Beseitigung der bei dieser Prüfung festgestellten Mängel benützt werden dürfen, wurde das Metallgerüst, das erhebliche technische Mängel aufwies, zum Kontrollzeitpunkt bereits seit mehreren Tagen benützt.
  2. Die 2. und 3. Gerüstlage des insgesamt ca. 45 m langen Metallgerüstes war bei einer möglichen Absturzhöhe von 4 und 6 m nur mit Brustwehren versehen, obwohl Gerüstlagen mit Brust-, Mittel- und Fußwehren versehen sein müssen.
  3. Obwohl für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der Gerüstlagen sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge, wie Leitergänge, Treppentürme, Außentreppen oder lotrechte, festverlegte Leitern, anzubringen sind, war nur eine - weder lotrechte noch festverlegte - Anlegeleiter an der nordwestlichen Ecke des Gerüstes in die 2. Gerüstetage vorhanden. Die Arbeitnehmer benützten jedoch nicht einmal diese Anlegeleiter, sondern kletterten an der Außenseite des Gerüstes auf die jeweilige Etage.
  4. Das Metallgerüst war mit dem Objekt überhaupt nicht verankert und die als Abstützung gedachten Metallrohre zwar mit Rohrschellen am Gerüst befestigt, diese Metallrohre hätten jedoch ein Umstürzen des Gerüstes nicht verhindern können, weil sie nur auf dem Asphalt direkt oder auf Bretter aufgelegt waren. Nach den gesetzlichen Vorschriften müssen Standgerüste aber freistehend und standsicher aufgestellt oder an dem einzurüstenden Objekt sicher, insbesondere zug- und druckfest verankert sein."

 

Der Bw habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

  1. § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 AschG, BGBl. 450/1994 idgF iVm § 61 Abs.2 Satz 1 und § 161 BauV, BGBl 340 /1994 idgF,
  2. § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 AschG iVm § 62 Abs.1 Z2 und § 161 BauV,
  3. § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 AschG iVm § 58 Abs.3 Satz 1 sowie § 8 Abs.1 Z2 und § 161 BauV,
  4. § 130 Abs.5 Z1 und § 18 Abs.3 AschG iVm § 58 Abs.7 und § 161 BauV,
  5. § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 AschG iVm § 55 Abs.4 und § 161 BauV.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 AschG sei der Bw in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz (AI) vom 15.5.2002. Bezug genommen wird ferner auf die Rechtfertigung des Bw vom 2.8.2002 sowie auf die Stellungnahme des AI vom 13.8.2002.

 

Der vorgeworfene Sachverhalt sei durch den Bw nicht geleugnet worden, zumal feststehe, dass die Behebung der am 8.5.2002 aufgezeigten Mängel am Nachmittag des 13.5.2002 erfolgt sei. Die Glaubhaftmachung eines Nichtverschuldens iSd des § 5 Abs.1 VStG sei nicht gelungen.

 

Anlässlich der Bemessung der Strafhöhe wird festgestellt, dass weder Strafmilderungs- noch Straferschwerungsgründe vorlägen. Zu berücksichtigen sei, dass die Arbeitnehmer bei der Nachkontrolle trotz der aufgezeigten Mängel gearbeitet haben. Die unterschiedlichen Strafhöhen für die einzelnen Delikte ergebe sich aus dem unterschiedlichen hohen Gefahrenpotential.

 

 

  1. In der Berufung wird behauptet, dass "die Beweisaufnahme nicht den Tatsachen entspricht und bereits am darauffolgenden Montag sämtliche Mängel behoben waren." Als Zeugen werden die Herren B F, S M und S S genannt.

 

 

  1. Diese drei Personen sagten zeugenschaftlich vor der Erstbehörde einvernommen aus:

 

S S:

Er habe sich bei der Kontrolle des Arbeitsinspektors am 8.5.2002 bei Arbeiten auf dem Gerüst befunden. Über Herrn B habe er erfahren, dass der Arbeitsinspektor von einer Anzeige absehen würde, wenn das Gerüst bis Montag, 13.5.2002, mit Fuß- und Mittelwehren abgesichert würde. Am 13.5.2002 sei der Arbeitsinspektor sofort bei Arbeitsbeginn auf der Baustelle erschienen, als die Arbeiter gerade mit der Anbringung der Fuß- und Mittelwehren beschäftigt waren.

 

B F:

Der Arbeitsinspektor habe vom mittels Handy kontaktierten Chef am 8.5.2002 verlangt, dass das Gerüst mit Fuß- und Mittelwehren zu sichern sei und er von einer Anzeige absehen würde, wenn dies bis 13.5.2002 erfolgen würde. Am 13.5.2002 sei der Arbeitsinspektor sofort bei Arbeitsbeginn auf der Baustelle erschienen, als die Arbeiter gerade mit dem Anbringen der Fuß- und Mittelwehren auf der Nordseite des Gebäudes beschäftigt waren. Da die anderen drei Gebäudeseiten noch nicht mit Fuß- und Mittelwehren versehen waren, erklärte der Arbeitsinspektor, dass er nunmehr Anzeige erstatten werde. Eine Absicherung am 8.5.2002 sei mangels Materials nicht möglich gewesen, am Zwickeltag (10.5.2002) sei nicht gearbeitet worden und am 13.5.2002 sei mit dem mitgebrachten Material sofort bei Arbeitsbeginn mit der Absicherung begonnen worden.

 

S M:

Er habe von der Beanstandung am 8.5. von Herrn B erfahren. Am 13.5.2002 sei der Arbeitsinspektor sofort bei Arbeitsbeginn auf der Baustelle erschienen, als die Arbeiter gerade mit dem Anbringen der Fuß- und Mittelwehren auf der Nordseite des Gebäudes beschäftigt waren. Der Arbeitsinspektor teilte mit, Anzeige zu erstatten. Die Information, dass die Arbeiter gerade beim Absichern seien, sei vom Arbeitsinspektor einfach ignoriert worden.

 

In einer Stellungnahme vom 21.Oktober 2002 führte das AI aus, dass am Montag, den 13. März (gemeint wohl: Mai) 2002 die Arbeitnehmer beim Bearbeiten der Fassade und nicht beim Nachbau des Gerüstes angetroffen wurden. Dies sei durch die beiliegenden Fotos und die Beobachtung des Arbeitsinspektors erwiesen. Die Fragen des Arbeitsinspektors seien überhaupt erst nach Androhung einer Beiziehung der Gendarmerie beantwortet worden. Dessen ungeachtet sei der Tatvorwurf ohnehin unbestritten. Einer Herabsetzung der Strafe werde nicht zugestimmt.

 

 

Aus dem erstbehördlichen Akt ist im Übrigen ersichtlich:

 

In der Anzeige des AI vom 15. Mai 2002 sind die gegenständlichen Tatvorwürfe festgehalten.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung äußerte sich der Bw vor der Behörde am 2.8.2002 dahingehend, dass die am 8.5.2002 aufgezeigten Mängel am 13.5.2002 behoben gewesen seien. Dies werde durch die beiliegenden Fotos bewiesen. Da die zweite Kontrolle sofort bei Arbeitsbeginn erfolgt sei, seien zu diesem Zeitpunkt die Mängel noch nicht behoben gewesen, da der 8.5.2002 der letzte Arbeitstag vor einem verlängerten Wochenende (9.5.2002 - Feiertag - 10.5.2002 - arbeitsfreier Zwickeltag) gewesen sei. Zu seinen finanziellen Verhältnissen gab der Bw an: 2.000 Euro netto/Monat, Sorgepflicht für drei Kinder, Eigentumswohnung.

 

Dazu äußerte sich das AI mit Schreiben vom 13.8.2002 dahingehend, dass aus beigelegten Fotos ersichtlich sei, dass bis zur Nachkontrolle am 13.5.2002 die aufgezeigten Mängel in keiner Weise behoben gewesen seien, sondern die Arbeitnehmer weitergearbeitet hätten, obwohl bei der Erstkontrolle telefonisch Kontakt mit dem Bw hergestellt worden sei. Insbesondere das Foto Nr. 6 vom 13. Mai 2002 zeige, dass die Arbeitnehmer nicht mit der Nachrüstung des Gerüsts sondern mit der Weiterführung der Fassadenarbeiten beschäftigt gewesen seien.

 

Mit Schreiben vom 27.8.2002 wurde dem Bw nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt; dieser machte von dieser Möglichkeit jedoch nicht Gebrauch.

 

  1. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung ließ sich der Bw durch B F vertreten. Dieser räumte ein, dass am vorgeworfenen Tattag das Gerüst die vorgeworfenen Mängel aufwies. Der AI hätte dem Unternehmen jedoch zu wenig Zeit gelassen, die Mängel zu beheben, da die zweite Kontrolle bereits am 13. Mai morgens erfolgt sei. Der Bw habe am ersten Betretungstag (am 8. Mai 2002, also am vorgeworfenen Tattag) mit dem AI telefoniert und es sei vereinbart worden, das Gerüst in gesetzmäßigen Zustand zu bringen. Zum Beweis dafür wurden der Vertreter des Bw sowie die Arbeiter S M und S S als Zeugen geführt. Diesen Beweisantrag lehnte der Unabhängige Verwaltungssenat ab, da entscheidungserheblich lediglich der Gerüstzustand am vorgeworfenen Tattag ist. Für den Tattag steht die Richtigkeit der (in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht bestrittenen) Tatvorwürfe fest.

Ergänzend sei bemerkt, dass in der öffentlichen mündlichen Verhandlung strittig wurde, ob der AI gegenüber dem Bw "eine Beseitigung der Mängel bis 13. Mai zugesagt" hatte. Der AI bestritt die Abgabe "einer Zusage" nachdrücklich (und glaubwürdig: Der Bw konnte mangels Teilnahme an der öffentlichen mündlichen Verhandlung dazu nicht befragt werden, die Zeugen bzw. der Vertreter des Bw hatten dazu keine eigene Wahrnehmung; der AI argumentierte, es wäre ihm nicht eingefallen, befristet einen gesetzwidrigen Zustand zu akzeptierten). Selbst wenn man versuchte, dem Argument des "Wortbruchs" des Vertreters des Bw hypothetisch Glauben zu schenken, so wäre Voraussetzung der Prüfung der rechtlichen Konsequenzen des Verhaltens des AI den genauen Wortlaut von dessen "Zusage" zu kennen. Sollte das Inaussichtstellen des Absehens von einer Anzeige unter gewissen Voraussetzungen (etwa: Mängelbehebung innerhalb einer gewissen Frist) gemeint sein, so wäre dem (abgesehen von der Unglaubwürdigkeit) ferner entgegen zu halten, dass eine solche Zusage grundsätzlich die Strafbarkeit des Verhaltes des Bw am Tattag nicht entgegen stehen würde und überdies, dass die Erfüllung der Voraussetzungen (umgehende Mängelbeseitigung) nicht gewährleistet erscheint, da nach der glaubwürdigen (weil durch den Vertreter des Bw zunächst nur zaghaft, dann gar nicht mehr bestrittenen) Darlegung des AI das Gerüst auch am zweiten Kontrolltag noch mangelhaft war: Der Vertreter des Bw räumte sogar ein, dass die Fußwehren aus Gründen der Vereinfachung des Materialtransports systematisch ausgelassen und, Mittelwehren nur bei momentanen Arbeitsstellen montiert würden; zu fehlenden Aufstiegssicherungen bemerkte er, diese würden durch die Schub- (Auszieh-)Leiter ersetzt. Dazu kommt, dass der AI in der öffentlichen mündlichen Verhandlung unwidersprochen bekannt gab, bei einer weiteren Nachschau am 15.5.2002 von seinem Pkw aus das Fehlen von Mittel- und Fußwehren bei dem gegenständlichen Gerüst beobachtet zu haben. Hingegen sei erwiesen, dass sowohl vor der ersten Kontrolle als auch vor der zweiten Kontrolle Arbeiten stattgefunden hätten. Dies lasse sich auch anhand der Fotodokumentation demonstrieren. Dem setzte der Vertreter des Bw nichts Substantiiertes entgegen.

 

Angesicht dieser Ermittlungsergebnisse ist die Tat dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Hinsichtlich der Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass sich die
verhängten Strafen im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens
(145 Euro bis 7.620 Euro ) bewegen. Der Unrechtsgehalt der Taten ist durch das jeweilige (im angefochtenen Straferkenntnis angesprochene) Gefährdungspotential bestimmt, der Schuldgehalt der Tat durch die Nachlässigkeit der Unternehmensführung (Fährlässigkeit; dabei erscheint beachtlich, dass das Gerüst nicht nur am Tattag die entsprechenden Mängel aufwies sondern auch noch Tage später, obwohl zwischenzeitlich nachweislich Arbeiten geleistet wurden). Strafmilderungs- und Straferschwerungsgründe sind nicht ersichtlich. Zu berücksichtigen sind die aktenkundigen finanziellen Verhältnisse des Bw. Unter diesen Voraussetzungen sieht der Unabhängige Verwaltungssenat auch keinen Anlass, den verhängten Strafen unter dem Aspekt ihrer Höhe entgegenzutreten. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Taten bleiben auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zu denken wäre.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 

 
 

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