Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280655/3/Ga/Pe

Linz, 28.01.2003

 

 

 VwSen-280655/3/Ga/Pe Linz, am 28. Jänner 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung der Frau RJ in gegen das - durch eigenhändige Übernahme erst am 31. Dezember 2002 zugestellte - Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 27. Mai 2002, Ge96-34-2002, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben; die Geldstrafe wird auf 350 €, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden, der auferlegte Kostenbeitrag auf 35 € herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 f Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe in ihrer Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin der IGH IuGH GmbH, Sitz in der Gemeinde, dafür einzustehen, dass am 12. April 2002 zwei namentlich genannte (Leasing-) Arbeitnehmer von dieser Gesellschaft entgegen § 30 BauV auf der Dachkonstruktion einer bestimmten Baustelle in der Gemeinde Kefermarkt trotz Absturzgefahr ungesichert (und auch sonst ohne entsprechende Schutzeinrichtungen) beschäftigt wurden; sie habe dadurch § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG iVm § 7 Abs.1 und 2 Z4 und § 30 BauV verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 2.000 € (Ersatzfreiheitsstrafe: 360 Stunden) kostenpflichtig verhängt.
 
Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, mit Schriftsatz vom 16. Jänner 2003 ausdrücklich auf die Strafe eingeschränkte Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
 
Zufolge der Einschränkung des Rechtmittels ist der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses rechtskräftig (unangreifbar) geworden. Zu prüfen aufgrund der Berufung ist nur die Rechtmäßigkeit des Strafausspruches.
 
Begründend zur Strafbemessung verweist die belangte Behörde auf den hier - es handle sich um einen Wiederholungsfall - anzuwendenden erhöhten Strafsatz von 290 € bis 14.530 €. Unter "Rücksichtnahme" auf § 19 VStG sei sie bei der Festsetzung der Strafhöhe von einem Einkommen der Berufungswerberin als Geschäftsführerin von 1.000 € bis 1.500 € ausgegangen; das für die Strafbemessung zu berücksichtigende Einkommen sei also niedrig angesetzt worden. Als erschwerend sei zu werten gewesen, dass die Baustelle sicherheitstechnisch nur ungenügend eingerichtet gewesen sei. Als erschwerend sei überdies zu werten gewesen, dass die Berufungswerberin bereits zweimal wegen Übertretungen der BauV bestraft worden sei.
 
Die Berufungswerberin beantragte die Herabsetzung der verhängten Strafe und trug (Schriftsatz vom 16.1.2003) hiezu vor:
"Am 25. Juni 2002 wurde vom LG Steyr unter Zahl 14 S 147/02 V über das Vermögen der Firma IGH GesmbH das Konkursverfahren eröffnet und läuft derzeit noch.
Festhalten möchte ich, dass die Firma liquidiert wird und daher eine neuerliche Übertretung ausgeschlossen werden kann.
Durch dieses Konkursverfahren bin ich persönlich schwer betroffen. Auf Anraten der Psychologin während meines mehrwöchigen Krankenhausaufenthaltes im LKH Steyr im Mai/Juni 2002 habe ich nach meinem körperlichen als auch finanziellen Zusammenbruch die Hilfe der psychosozialen Beratungsstelle in Anspruch genommen und werde auch derzeit noch betreut, um mein Leben wieder in geordnete Bahnen zu bringen.
Zu meiner derzeitigen finanziellen Situation möchte ich folgendes bemerken:
Ich habe mir im Juni 2001 einen Kredit in Höhe von € 21.801.85 (ATS 300.000.--) aufgenommen und diesen in die Firma eingebracht. Wie Sie aus beiliegendem Beleg v. 31.12.02 ersehen können haftet davon noch ein Betrag von € 8.766.24 zur Zahlung an die Raiffeisenbank aus. (Abstattungskreditvertrag, Kontoauszüge)
Ich habe zwar das gesamte von mir eingebrachte Darlehen nach Konkurseröffnung als Forderung angemeldet, jedoch wurde mir mitgeteilt, dass dieser Betrag als Eigenkapital verwertet werden wird und daher auch mit einer möglichen Quote nicht zu rechnen ist. Forderungsanmeldung v. 8.7.2002 eingebrachtes Darlehen € 21.785.96.
Weiters habe ich eine Bürgschaft gegenüber der Raiba für die Firma IGH GmbH in Höhe von € 18.168.21 (ATS 250.000.--) übernommen, welche ich im Anschluss nach Abstattung des o.a. Kredites noch bezahlen muss.
Bürgschaftsvertrag v. 28.2.2002, sowie Schreiben der Raiba v. 27. Juni 2002.
Des weiteren wurden die als Sicherheit hinterlegten Wertpapiere meiner Töchter V und CJ mit einem ausgewiesenen Wert per 14.1.2002 in Höhe von je € 9.000.- von der Raiba einbehalten und in der Zwischenzeit verwertet.
Verpfändetes Wertpapier Depot Nr. 60.101.623 und 60.101.631, sowie Pfandverträge.
Ich sehe es als meine moralische Verpflichtung an, auch diesen Betrag, nach Abstattung des Kredites und der übernommenen Bürgschaft, zurückzuzahlen.
Ich bin ab Jänner 2003 bei der Firma ‚S' N-uK GmbH als Teilzeitangestellte beschäftigt und mein Bruttoeinkommen beträgt € 1.500.--, das sind ca. € 1.100.- netto.
Zur Zeit leiste ich eine Rückzahlung in Höhe von € 350.- an die Raiba, sodass mir nach Abzug der monatlichen Regien (Miete, Strom, Haushaltsversicherung, GIS und dgl.) ca. € 300.- für meinen persönlichen Bedarf, sowie für Treibstoff, für den von meiner Tochter zur Verfügung gestellten PKW, damit ich meinen Arbeitsplatz erreiche, verbleiben.
Diese Situation wird sich aller Voraussicht nach in den nächsten 6 - 7 Jahren nicht verändern, da mir eine höhere Rückzahlungsrate einfach nicht möglich ist."
 

Dieser Berufungseinschränkung waren zur Untermauerung des Vorbringens insgesamt 14 Bescheinigungsmittel (Kontoauszüge, diverse Kreditvertragsurkunden, Unterlagen zum Insolvenzverfahren, z.T. Original, z.T. in Kopie) angeschlossen.
 
Das Vorbringen der Berufungswerberin zu ihrer sehr ungünstigen persönlichen und finanziellen Situation, vergleichbar dem Zurückversetztsein auf das Existenzminimum, erscheint plausibel und ist auch glaubwürdig belegt. Dem vorgelegten Strafakt ist zu entnehmen, dass die prekären persönlichen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Berufungswerberin, die ursächlich auf ihr unternehmerisches Scheitern mit der involvierten Gesellschaft zurückzuführen sind, noch vor Mitte Mai virulent geworden sind und zu längerem stationären Krankenhausaufenthalt geführt haben, sodass schon die (noch an die Geschäftsadresse in gerichtet gewesene) Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. Mai 2002 die Berufungswerberin nicht mehr erreicht hatte.
Glaubwürdig ist auch, dass die Gesellschaft als Folge der Insolvenz ihren Marktauftritt auch rechtlich beenden wird. Als Arbeitgeberin (aus dem Blickwinkel des ASchG) ist die Gesellschaft schon seit der Konkurseröffnung endgültig nicht mehr tätig. Zufolge dieses Umstandes ist auch, weil ein künftiges Tätigwerden der Berufungswerberin in ähnlicher Funktion wie hier daher ausgeschlossen werden kann, die spezialpräventive Motivation der Strafsanktion im Berufungsfall weggefallen.
 
Rechtswidrig, weil gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßend, war die Berücksichtigung zweier einschlägiger Vortaten als besonderer Erschwerungsgrund durch die belangte Behörde, ist doch eben dieser Umstand bereits als strafsatzerhöhend zu Lasten der Berufungswerberin gewertet worden. Als besonderen Erschwerungsgrund durfte weiters nicht das Fehlen einer ausreichenden sicherheitstechnischen Vorbereitung der Baustelle berücksichtigt werden, war doch das diesbezügliche Manko unter objektiven Gesichtspunkten mit Tatbestandswirkung schon beim Unrechtsgehalt der Tat zu berücksichtigten.
 
Aus allen diesen Gründen war die Geldstrafe nicht bloß marginal herabzusetzen, würde sich doch anderenfalls eine nur geringfügig geminderte Geldstrafe, soweit und sofern aufgrund der geschilderten Faktizität jeglicher finanzielle Spielraum (inkludierend die Ersparnisse; die Kreditaufnahmemöglichkeiten) abhanden gekommen ist und absehbar die Ersatzfreiheitsstrafe schlagend werden würde, auf indirekte Weise wie eine (hier jedoch gesetzlich nicht vorgesehene) Primärarreststrafe auswirken.
 
Einer noch stärkeren Herabsetzung bzw. der Verhängung der Mindeststrafe in diesem Fall stand die beträchtliche Rechtsgutverletzung durch hohe Sicherheitsmängel auf der hier in Rede stehenden Baustelle entgegen.
 
Bei diesem Verfahrensergebnis war ein Beitrag zu den Kosten des Tribunalverfahrens nicht aufzuerlegen.
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 
 

Mag. Gallnbrunner

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