Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280681/10/Lg/Hu

Linz, 18.11.2004

 

 

 VwSen-280681/10/Lg/Hu Linz, am 18. November 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des P M, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. L J K, Dr. J M, P, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 12. Mai 2003, Zl. Ge96-54-2002, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die Geldstrafen werden jedoch in beiden Punkten des angefochtenen Straferkenntnisses auf 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf 148 Stunden herabgesetzt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dahingehend zu korrigieren, dass zu Pkt. 1. (betreffend Art. 6 Abs.1 der VO 3820/85) als verletzte Rechtsvorschrift § 28 Abs.1a Z4 Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr. 98/2001 und zu Pkt.2 (betreffend Art. 8 Abs.1 der VO 3820/85) § 28 Abs.1a Z2 AZG zu zitieren ist.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf insgesamt (80 + 80 =) 160 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.1, 19 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber (Bw) vorgeworfen:

 

"Sie haben es als der für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes verantwortliche Beauftragte der S S mit dem Sitz in B-W gem. § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass der im Güterbeförderungsbetrieb der Gesellschaft in B-W, B, beschäftigte Arbeitnehmer V A, geb. am, als Lenker des Kraftfahrzeuges, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr auf der Fahrtstrecke Esslingen-Chiasso-Bari-Frosinone-Adige-Kufstein

1. zwischen dem 3.4.2002,08.00 Uhr und dem 5.4.2002,07.30 Uhr, insgesamt 30 Stunden 10 Minuten zum Lenken des Kraftfahrzeuges herangezogen wurde, obwohl die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten von maximal 10 Stunden nicht überschritten werden darf;

2. innerhalb des Zeitraumes vom 3.4.2002, 08.00 Uhr bis 4.4.2002, 02.45 Uhr, eine Ruhezeit von 5 Stunden 15 Minuten und innerhalb des Zeitraumes vom 4.4.2002, 08.15 Uhr bis 5.4.2002,08.15 Uhr eine Ruhezeit von 45 Minuten gewährt bekam, obwohl innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 9 Stunden zu gewähren ist.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (EG-VO 3820/85) iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe

2. Art. 8 Abs. 1 der Verordnung 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (EG-VO 3820/85) iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Bw gemäß § 28 Abs. la letzter Halbsatz AZG folgende Strafe verhängt:

ad 1: 1300 Euro Geldstrafe, 240 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe,

ad 2: 1000 Euro Geldstrafe, 185 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe."

 

In der Begründung wird ausgeführt:

 

"SACHVERHALT/VERFAHRENSABLAUF

Im Zuge einer am 2.7.2002 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Wels durchgeführten Kontrolle der Tachographenschaublätter wurde festgestellt, dass der im Güterbeförderungsunternehmen der S S beschäftigte V A hinsichtlich der absolvierten Lenk- und Ruhezeiten zu Arbeitsleistungen herangezogen wurden, die der Verordnung 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr zuwiderlaufen.

 

Aufgrund der gemachten Feststellungen hat das Arbeitsinspektorat Wels bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen beantragt, gegen den Verantwortlichen der Fa. S S ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten und eine Geldstrafe von insgesamt 3.315 Euro zu verhängen.

 

In dem hierauf eingeleiteten Verfahren haben Sie mit dem Schreiben vom 14.8.2002 rechtfertigend im Wesentlichen darauf verwiesen, dass sowohl die Disposition als auch die Kontrolle bei diesem Fahrzeug entsprechend den Vorschriften durchgeführt worden sei. Der Fahrer habe die Weisung gehabt, am 3.4.2002 in Esslingen zu laden und am 5.4.2002 in der Früh in Bari auszuladen. Diese Fahrstrecke mit einer Länge von 1390 km wäre ohne Probleme unter Einhaltung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten möglich gewesen. Nachdem aufgrund dieser Disposition eine Fahrzeitüberschreitung nicht hätte stattfinden müssen, sei die Angelegenheit einzig und allein auf ein Verschulden des Fahrers zurückzuführen. Darüber hinaus erhalte jeder Fahrer bei der Einstellung ein Fahrerhandbuch, in dem die Lenk- und Ruhezeiten vorgeschrieben seien und die Einhaltung gefordert werde. Ein Auszug des Fahrerhandbuches wurde diesem Schreiben beigelegt. Für die Verfehlung sei daher der Fahrer verantwortlich.

 

In der Folge wurde der Lenker V A im Wege der Rechtshilfe durch die Bezirkshauptmannschaft Kufstein als Zeuge einvernommen. In der mit ihm am 2.1.2003 aufgenommenen Niederschrift hat dieser - unter Hinweis auf die Zeugenpflichten und die Folgen einer falschen Zeugenaussage - im Wesentlichen zu Protokoll gegeben, dass er sich an die konkrete Fahrt Anfang April 2002 nicht mehr genau erinnern könne.

Die Fa. S lege auf die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten überhaupt keinen Wert; so sei er pro Woche zwischen ein- und zweimal so disponiert worden, dass die Einhaltung der Ruhezeit überhaupt nicht möglich gewesen sei. Besonders bei Fahrten in Italien sei dies der Fall gewesen, da dort sehr wenig kontrolliert werde.

Bezüglich der Tachographenscheiben hätte er die Anweisung gehabt, diese abzugeben; eine Kontrolle durch die Fa. S dürfte nie erfolgt sein. Überschreitungen arbeitszeitrechtlicher Vorschriften hätten keine Konsequenzen durch die Fa. S nach sich gezogen. Die Entlohnung sei nach der Anzahl der durchgeführten Be- und Entladungen erfolgt. Wer bei der Firma viel gefahren sei, sei gut bezahlt worden.

 

In einer ergänzenden Stellungnahme hat das Arbeitsinspektorat Wels mit dem Schreiben vom 7.2.2003 darauf verwiesen, dass die Aussagen des Zeugen A den Schluss zuließen, dass er von der Fa. S zu ungesetzlichen Arbeitsleistungen herangezogen worden sei. Auch wenn er sich an die konkrete Fahrt nicht mehr genau erinnern könne, so würden die Übertretungen nicht in Abrede gestellt. Der Strafantrag werde daher in vollem Umfang aufrecht erhalten.

 

Zur Wahrung des Parteiengehörs wurden Ihnen die Zeugenaussage des V A und das Schreiben des Arbeitsinspektorates Wels zur Kenntnis gebracht. In einer abschließenden Stellungnahme haben Sie dazu mit dem Schreiben vom 28.2.2003 im Wesentlichen darauf verwiesen, dass in der Fa. S monatlich ein Teil der Tachographenscheiben durch den Betriebsrat kontrolliert werde und die Fahrer bei entsprechenden Mängeln verwarnt bzw. aufgefordert würden, die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten. Auch die Schaublätter des Fahrers V A seien im Jahr 2002 kontrolliert und für in Ordnung befunden worden. Dem Schreiben vom 28.2.2003 waren Ablichtungen diverser Schreiben an Fahrer angeschlossen, in denen diese aufgefordert werden, die Fahrt- und Ruhezeiten entsprechend einzuhalten, da sonst entsprechende Maßnahmen zu ergreifen seien. Daneben wurden Fahrerlisten vorgelegt, bei denen offensichtlich Kontrollen der Tachographenscheiben durchgeführt wurden.

 

ANZUWENDENDE RECHTSVORSCHRIFTEN

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist - sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen - für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung berufen ist. Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind gem. Abs. 2 berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften wird erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist (§ 23 ArbIG).

 

Nach Art. 6 Abs. 1 VO 3820/85 darf die gesamte Lenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 VO 3820/85 ist innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden einzuhalten, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf.

 

Gemäß § 28 Abs. 1a AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die tägliche Ruhezeit gemäß Art 8 Abs. 1 der Verordnung 3820/85 nicht gewähren (Z 2) und Lenker über die gemäß Art 6 Abs. 1 der Verordnung 3820/85 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen (Z 4) von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1815 Euro zu bestrafen.

 

RECHTLICHE WÜRDIGUNG

1. Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit

Nach den Eintragungen im Firmenbuch des Landesgerichts Wels zu FN 98835 x ist Frau C S seit 29.5.2001 selbständig vertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführerin der S S. Aus dieser Funktion würde sich im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG grundsätzlich die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit von Frau S für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die S S ableiten.

 

Seitens der S S wurden seit 1994 verantwortliche Beauftragte für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich namentlich ausdrücklich genannter Fahrer bestellt. Diese Verantwortungsbereiche wurden zwischenzeitlich mehrmals sowohl im Hinblick auf die Personen der verantwortlichen Beauftragten als auch im Hinblick auf die jeweiligen Lenker modifiziert. Aus den bei der Behörde aufliegenden Unterlagen geht hervor, dass Sie hinsichtlich des Lenkers V A jedenfalls zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen bestellt wurden.

 

2. Zu den angelasteten Verwaltungsübertretungen

Das Arbeitszeitgesetz besagt in seinem 4. Abschnitt "Sonderbestimmungen für Lenker von Kraftfahrzeugen" (§ 13 Abs. 2), dass, wenn eine Bestimmung dieses Abschnittes Bestimmungen der VO 3820/85 wiederholt oder eine Angleichung durch Kollektivvertrag erfolgt ist, die jeweilige Bestimmung im Geltungsbereich der VO 3820/85 nicht anzuwenden ist. Daraus leitet sich ab, dass die VO 3820/85 dem österreichischen Recht vorgeht, wenn beide Regelungsbereiche gleiche Bestimmungen vorsehen oder eine kollektivvertragliche Anpassung erfolgt. Der Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs (Arbeiter) sieht hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten der Lenker analoge Bestimmungen zu den Vorschriften der VO 3820/85 vor, so dass im ggstdl. Fall jedenfalls diese Verordnung Anwendung zu finden hat.

 

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt gründet sich im wesentlichen

Es ist somit als erwiesen anzusehen, dass der Lenker zu den im Spruch dieses Straferkenntnisses angeführten Zeiten zum einen über das gesetzlich zulässige Ausmaß das Kraftfahrzeug gelenkt und zum andern die vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht eingehalten hat. Die Verwirklichung des objektiven Tatbildes der angelasteten Verwaltungsübertretungen steht sohin fest und ist auch nicht strittig.

 

Zur subjektiven Tatseite ist anzuführen, dass bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes Fahrlässigkeit dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs. 1 VStG). Damit wird also bei diesen als Ungehorsamsdelikte einzustufenden Verwaltungsübertretungen - auch bei den in Rede stehenden, Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen handelt es sich um Ungehorsamsdelikte - das Vorliegen der Fahrlässigkeit widerleglich vermutet. Bei den Ungehorsamsdelikten ist die Behörde zur amtswegigen Feststellung des objektiven Tatbestandes verpflichtet. Nur hinsichtlich der subjektiven Tatseite (Verschulden) trifft die Behörde keine Beweislast, da das Vorliegen von Fahrlässigkeit widerleglich vermutet wird. Macht dagegen der Täter nur glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, dann darf die Behörde nicht mehr auf die gesetzliche Fiktion des Vorliegens von Fahrlässigkeit zurückgreifen und es kommt zu einer Beweislastumkehr. Das heißt, dass die Behörde den Täter nur für schuldig erkennen kann, wenn sie dessen Fahrlässigkeit nachweist.

 

Zur erforderlichen Glaubhaftmachung, an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden zu haben, gehört im Bereich des Arbeitszeitgesetzes, dass der Arbeitgeber bzw. der für die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen verantwortliche Beauftragte initiativ sein Weisungs- und Kontrollsystem darzulegen hat, mit dem er die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften sicher stellt. Gerade im Gütertransportgewerbe ist es erforderlich, dass von vornherein alle Maßnahmen getroffen werden, um die Lenker der Lastkraftwagen, die außerhalb des Firmensitzes unterwegs sind und daher dem unmittelbaren Zugriff des Arbeitgebers entzogen sind, zur Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften zu verhalten.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in einer Reihe von Erkenntnissen die Anforderungen an ein effizientes Weisungs- und Kontrollsystem dargelegt:

 

Demnach ist die bloße Erteilung von Weisungen ebenso wenig ausreichend wie eine bloß stichprobenartige Überwachung der Arbeitnehmer.

 

Im konkreten Fall haben Sie rechtfertigend dargelegt, dass

 

Diese Art der von Ihnen rechtfertigend vorgebrachten Vorsorgen zur Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Bestimmungen entspricht nicht den strengen Anforderungen, die der Verwaltungsgerichtshof an ein funktionierendes Kontrollsystem stellt, zumal die Aushändigung von Fahrerhandbüchern und stichprobenartige Kontrollen der Tachographenschaublätter nicht ausreichen.

 

Um von einem wirksamen Kontrollsystem, welches eine Entlastung des Arbeitgebers bzw. des verantwortlichen Beauftragten bewirkt, sprechen zu können, muss dieser glaubhaft machen, dass er die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so gestaltet und solche disziplinären Maßnahmen angedroht und durchgeführt hat, dass für die Arbeitnehmer keinerlei Anreiz zur Verletzung der Arbeitnehmerschutzvorschriften gegeben ist.

 

Nur dann, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften durch einen Arbeitnehmer trotz des Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im Einzelnen darzulegenden Kontrollsystems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden.

 

Die von Ihnen rechtfertigend vorgebrachten Argumente sind nicht geeignet darzutun, dass im Unternehmen der S S ein derart wirksames, auf die konkrete Situation abgestelltes, eine Bestrafung ausschließendes Kontrollsystem in Bezug auf die Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften besteht. Die im Unternehmen gehandhabte Praxis kann bestenfalls als Teil eines derartigen Kontrollsystems, keinesfalls aber als so zielführende Maßnahme angesehen werden, um die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften gewährleisten zu können.

 

Bei Beurteilung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes war auch der Aussage des V A entsprechende Beweiskraft beizumessen. Wenn dieser zeugenschaftlich zu Protokoll gibt, dass

so ist daraus ableitbar, dass im Güterbeförderungsbetrieb der S S scheinbar bewusst Übertretungen arbeitszeitrechtlicher Vorschriften in Kauf genommen werden und keinesfalls von einem wirksamen Kontrollsystem im Sinne der strengen Anforderungen des Verwaltungsgerichtshofes gesprochen werden kann.

 

Wenn Sie schließlich geltend machen, dass im ggstdl. Fall die Disposition des Lenkers A so erfolgt ist, dass die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten problemlos möglich gewesen wäre, so ist auch dem entgegenzuhalten, dass diese Angaben durch keinerlei Belege (z.B. Frachtbriefe, Dispositionsblätter u.dgl) erhärtet wurden, weshalb eine schlüssige Überprüfung nicht möglich war und letztlich als Schutzbehauptung angesehen werden müssen.

 

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass - nachdem es im ggstdl. Fall zu Überschreitungen des AZG bzw. der VO 3820/85 gekommen ist und von Ihnen offensichtlich keine geeigneten innerbetrieblichen Kontrollmechanismen im Sinne obiger Ausführungen eingerichtet wurden - Ihnen ein Verschulden an den angelasteten Verwaltungsübertretungen in Form der Fahrlässigkeit anzulasten ist."

 

 

  1. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:
  2.  

    "Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten, also insoweit, als der Beschuldigte schuldig erkannt wurde, er habe es als der für die Einhaltung der Bestimmungens des Arbeitszeitgesetzes verantwortlicher Beauftragte der Firma S S mit dem Sitz in B-W gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass der im Güterbeförderungsbetrieb der Gesellschaft in B-W, B, beschäftigte Arbeitnehmer V A, geb., als Lenker des Kraftfahrzeuges, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr auf der Fahrtstrecke Esslingen-Chiasso-Bari-Frosinone-Adige-Kufstein zwischen dem 03.04.2002, 08:00 Uhr und dem 05.04.2002, 07:30 Uhr, insgesamt 30 Stunden 10 Minuten zum Lenken des Kraftfahrzeuges herangezogen wurde, obwohl die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten von max. 10 Stunden nicht überschritten werden darf und innerhalb des Zeitraumes vom 03.04.2002,08:00 Uhr bis 04.04.2002, 02:45 Uhr, eine Ruhezeit von 5 Stunden 15 Minuten und innerhalb des Zeitraumes vom 04.04.2002,08:15 Uhr bis 05.04.2002,08:15 Uhr eine Ruhezeit von 45 Minuten gewährt bekam, obwohl innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 9 Stunden zu gewähren sei und er hiedurch die Rechtsvorschriften nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe und Art. 8 Abs. 1 dieser Verordnung verletzt habe, aufgrund welcher Verwaltungsübertretungen er zu einer Geldstrafe von Euro 1.300,00 und Euro 1.000,00 verurteilt wurde.

     

     

    Der Beschuldigte habe es als der für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes verantwortliche Beauftragte der S S mit dem Sitz in B-W gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass der im Güterbeförderungsbetrieb der Gesellschaft in B-W, B, beschäftigte Arbeitnehmer V A, geb. am, als Lenker des Kraftfahrzeuges 60K, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr auf der Fahrtstrecke Esslingen-Chiasso-Bari-Frosinone-Adige-Kufstein zwischen dem 3. 4. 2002, 8.00 Uhr und dem 5. 4. 2002, 7.30 Uhr, insgesamt 30 Stunden, 10 min zum Lenken des Kraftfahrzeuges herangezogen wurde, obwohl die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten von maximal 10 Stunden nicht überschritten werden darf und innerhalb des Zeitraumes vom 3. 4. 2002, 8.00 Uhr, bis 4. 4. 2002, 2.45 Uhr, eine Ruhezeit von 5 Stunden und 15 min und innerhalb des Zeitraumes vom 4.4.2002,8.15 Uhr bis 5.4.2002, 8.15 Uhr, eine Ruhezeit von 45 min gewährt bekam, obwohl innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 9 Stunden zu gewähren ist. Diese Feststellungen hat das Arbeitsinspektorrat Wels bei durchgeführten Kontrollen der Tachographenschaublätter festgestellt und anschließend Anzeige an die BH Grieskirchen erstattet mit dem Antrag, gegen den Verantwortlichen der Fa. S S ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten und eine Geldstrafe von insgesamt Euro 3.315,-- zu verhängen.

     

    Der Beschuldigte hat sich in seiner Rechtfertigung vom 14.8.2002 dahingehend gerechtfertigt, dass der Fahrer die Weisung hatte, am 3.4.2002 in D-73733 Eslingen zu laden und in Bari am 5.4.2002 in der Früh auszuladen. Diese Fahrtstrecke hat eine Länge von 1.390 km und ist diese Strecke ohne Probleme unter Einhaltung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten zu bewältigen, d.h., die Disposition wurde so gemacht, dass eine Fahrzeitüberschreitung nicht stattfinden hätte müssen. Diese Sache ist einzig und allein auf Verschulden des Fahrers zurückzuführen. Weiters bekommt bei der Fa. S S jeder Fahrer bei Einstellung ein Handbuch, in dem unter Punkt 3 die Lenk- und Ruhezeiten vorgeschrieben sind und die Einhaltung gefordert wird.

     

    Weiters geht aus Punkt 3 des Fahrerhandbuches hervor, dass der Fahrer exakt nach Ende der Fahrzeit, egal, wo er sich befindet, seine Ruhezeit zu machen hat und erst dann die Weiterfahrt antreten darf. Die Fahrer werden darauf hingewiesen, dass sie die Konsequenzen zu tragen haben.

     

    In weiterer Folge wurde der Lenker V A als Zeuge einvernommen und hat im Rahmen dieser Zeugenaussage angegeben, dass die Fa. S auf die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten überhaupt keinen Wert legt. Des weiteren sei er pro Woche zwischen 1-2 so disponiert worden, dass die Einhaltung der Ruhezeit überhaupt nicht möglich gewesen sei. Bezüglich der Tachographenscheiben hätte er die Anweisung gehabt, diese abzugeben. Eine Kontrolle durch die Fa. S dürfte nie erfolgt sein. Überschreitungen arbeitszeitrechtlicher Vorschriften hätten keine Konsequenzen durch die Fa. S nach sich gezogen. Die Entlohnung sei nach der Anzahl der durchgeführten Be- und Entladungen erfolgt. Wer bei der Firma viel gefahren sei, sei gut bezahlt worden.

     

    In seiner abschließenden Stellungnahme vom 28. 2. 2003 hat der Beschuldigte darauf verwiesen, dass der Zeuge sich nicht mehr an den fraglichen Zeitpunkt erinnern konnte.

     

    Weiters wies der Beschuldigte daraufhin, dass es nicht richtig ist, dass in der Fa. S S kein Wert darauf gelegt wird, dass die Lenk- und Ruhezeiten eingehalten werden. Betreffend Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten werden monatlich ein Teil der Tachoscheiben der Fahrer durch den Betriebsrat kontrolliert und bei entsprechenden Mängeln die Fahrer verwarnt bzw. aufgefordert, die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten.

     

    Der Fahrer V A hat diesen betriebsinternen Weisungen, die ihm sowohl im Rahmen einer Einschulung bei seiner Einstellung mündlich erteilt wurden, als auch anhand des Fahrerhandbuches, noch nie zuwider gehandelt und bestand kein Anlass, den Fahrer ergänzend etwaigen Nachschulungen betreffend Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten zu unterziehen. Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass der Zeuge A bei seiner Zeugeneinvernahme angegeben hat, dass eine Kontrolle durch die Fa. S nie erfolgt sein dürfte. Selbstverständlich wurden Kontrollen betreffend den Fahrer V A durchgeführt. Beim Fahrer V A wurden aber keine Lenk- bzw. Ruhezeitüberschreitungen festgestellt, sodass auch kein Anlass bestand, den Fahrer anzuweisen, in Zukunft die Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten. Erstmals kam es zu einer Überschreitung der Lenk- und Ruhezeiten durch den Fahrer V A in der Zeit zwischen 3.4.2003 und 5.4.2002.

     

    Wie schon der Beschuldigte in seiner Rechtfertigung vom 4. 8. 2002 angegeben hat, wurde der Fahrer V A in der Art und Weise disponiert, dass es ihm leicht möglich gewesen wäre, den Transport von Esslingen nach Bari in der Zeit von 3. 4. 2003 bis 5. 4. 2002 so durchzuführen, dass es zu keiner Überschreitung der gesetzlich einzuhaltenden Lenk- und Ruhezeiten gekommen wäre.

     

    Im Rahmen der Fa. S S wurde im Zusammenwirken der Geschäftsführerin C S und der jeweils zuständigen Disponenten ein betriebsinterner Kontroll- und Überwachungssystem geschaffen, welches sich wie folgt darstellt:

    Der Beschuldigte hat durch Zusammenwirken mit der Geschäftsführerin C S ein betriebsinternes Kontroll- und Überwachungssystem geschaffen, welches dazu dient, Vorsorge darüber zu treffen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten durch die Fahrer eingehalten werden. Zu diesem Zweck wird jeder Fahrer bei Dienstantritt entsprechend eingeschult und wird auf die Verpflichtung zur Einhaltung der gesetzlichen Lenk -und Ruhezeiten hingewiesen und wird ihm zu diesem Zweck auch ein Fahrerhandbuch gegeben, in dem er nochmals ausdrücklich auf die einzuhaltenden gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten hingewiesen wird, und dass bei Missachtung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten Strafen angedroht und diese auch vollstreckt werden. Die Fahrer werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Strafrahmen von S 1.000,-- bis S 25.000,-- besteht und diese von den jeweiligen Fahrern zu bezahlen sind und von der Firma keine Strafen übernommen werden. Des weiteren werden gewichtige dienstrechtliche Konsequenzen angedroht für den Fall der Missachtung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten. Kontrolliert wird die Einhaltung der betriebsinternen Weisungen in der Art und Weise, dass die Fahrer monatlich die Tachographenscheiben in der Fahrerabrechnung abzugeben haben.

     

    Die Tachographenscheiben werden dann durch den Betriebsrat kontrolliert und sollte festgestellt werden, dass von dem jeweiligen Fahrer die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten nicht eingehalten werden, der zuständige Disponent in diesem Fall der Beschuldigte informiert und die Fahrer, wie auch aus den schon vorgelegten Schreiben, beispielsweise Herr H A, Herr A Br oder Herr B C S hingewiesen, dass sie in Hinkunft die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten haben, da ansonsten entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.

     

    Bei Kenntnis der Überschreitung hätte der Beschuldigte dem Fahrer sofort untersagt, den Transport fortzusetzen und ihm angeordnet, die gesetzlichen Ruhezeiten einzuhalten. Dabei wurden dem Fahrer, der die gegenständliche Überschreitung der Lenk- und Ruhezeiten begangen hat, Herr V A, noch niemals derartige Unzulänglichkeiten festgestellt. Es handelte sich hier um einen sehr verlässlichen Fahrer.

     

    Es werden Feststellungen im Sinne des oben Vorgebrachten zu treffen beantragt.

     

    Selbst unter Zugrundelegung des von der Erstbehörde festgestellten Sachverhaltes liegt keine Fahrlässigkeit, nicht einmal leichte Fahrlässigkeit des Beschuldigten vor. Wenn die Erstbehörde ausführlicher und konkreter auf die beigelegten Auszüge aus dem Fahrerhandbuch eingegangen wäre, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass ausreichende dienstrechtliche Konsequenzen für den Fall des Verstoßes gegen die Arbeitszeitbestimmungen angedroht wurden, und diese geeignet sind, zu verhindern, dass Fahrer gegen Arbeitszeitbestimmungen verstoßen.

     

    Es besteht für Arbeitnehmer keinerlei Anreiz zur Verletzung der gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten, weil ausreichend, wie aus dem Fahrerhandbuch hervorgeht, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so gestaltet sind, dass dienstrechtliche Konsequenzen gegen die Arbeitszeitbestimmungen angedroht und vollstreckt werden, um einen Verstoß der Arbeitnehmerschutzvorschriften durch die Arbeitnehmer zu verhindern. Es stellt ein ausreichendes Sanktionssystem dar, in dem dem Fahrer angedroht wird, die Konsequenzen selber zu tragen, etwa die Bezahlung der Strafe oder Abzüge vom Lohn.

     

    Selbstverständlich wäre ein derartiges Kontroll- und Überwachungssystem sinn- und zwecklos, wenn die Fahrer nicht kontrolliert werden würden, was aber im Falle des Beschuldigten und der Fa. S S nicht vorliegt, da die Fahrer in monatlichen Abständen die Tachographenschaublätter abzugeben haben und diese dann kontrolliert werden, ob die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten eingehalten wurden.

     

    Beweis: P M, B, P

     

    Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Erstbehörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass seitens des Beschuldigten keinerlei Verschulden, nicht einmal leichte Fahrlässigkeit im Bezug auf den übertretenen Verwaltungsstraftatbestand vorliegt.

     

    Selbst für den Fall, dass man ein Verschulden des Beschuldigten im Ausmaß von Fahrlässigkeit, in diesem Fall nicht einmal leichte Fahrlässigkeit, annehmen sollte, was im Rahmen der Berufung lediglich eventualiter geltend gemacht wird, zumal nach dem Standpunkt des Beschuldigten kein Verschulden vorliegt, bedarf es jedoch keiner Bestrafung, sondern genügt rücksichtlich des Umstandes, dass aus der Übertretung keine Folgen entstanden sind, eine Ermahnung des Beschuldigten.

     

    Gegen eine Ermahnung sprechen weder spezial- noch generalpräventive Gründe und ist eine Ermahnung dazu geeignet, den Beschuldigten in Hinkunft von derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten."

     

  3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der Verhandlungsleiter den Akteninhalt wieder und erörterte insbesondere die Rechtfertigung des Bw vom 28.2.2003 samt Beilagen. Der Vertreter des Bw korrigierte die Darstellung des Verhandlungsleiters insofern, als in der Rechtfertigung des Bw keineswegs eine lückenlose Überprüfung der Tachografenscheiben behauptet worden sei, sondern nur eine stichprobenartige.
  4.  

  5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Nach dem Vorbringen des Bw ist die Tat in objektiver Hinsicht unbestritten. Strittig ist lediglich das Verschulden des Bw, näherhin die Frage, ob ein ausreichendes Kontrollsystem im Sinne der Rechtsprechung des VwGH eingerichtet war.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. statt vieler jüngst VwGH 29.1.2004, Zl. 2003/11/0289 sowie VwGH 4.7.2002, Zl. 2000/11/123) hat der Beschuldigte bei Ungehorsamsdelikten nach dem AZG (wie den gegenständlichen) "glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war; er hätte demnach INITIATIV (Hervorhebung im Original) alles, was für seine Entlastung spricht, darlegen und unter Beweis stellen müssen, um der Behörde eine Beurteilung zu ermöglichen, ob sein Vorbringen geeignet sei, im Falle seiner Richtigkeit eine Schuldlosigkeit zu erweisen. Was die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften anlangt, so hat der Arbeitgeber (das Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG) ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüberhinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen, wozu es etwa gehört, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, dass sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen. Nur wenn der Arbeitgeber (das Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG) glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden System ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden." (unter Hinweis auf VwGH 9.11.1990, Zl. 90/19/0413).

 

Demnach obliegt es dem Beschuldigten, ein konkretes Tatsachenvorbringen zu erstatten, aus dem sich detailliert ergibt, welches Kontroll- und Maßnahmensystem geschaffen wurde und wie dieses konkret funktioniert (vgl. etwa VwGH 20.9.2001, Zl. 99/11/0227). Insbesondere ist konkret aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen (vgl. VwGH 30.9.1998, Zl.98/02/0148, 28.6.2002, Zl. 98/02/0180) vorgesehen waren, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten. Zutreffend stellt das angefochtene Straferkenntnis fest, dass der Arbeitgeber (der Verantwortliche) initiativ sein Kontrollsystem darzulegen hat, mit dem er die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften sicherstellt. Wenn dort ebenfalls zu Recht festgestellt wird, dass gerade im Gütertransportgewerbe es erforderlich sei, dass von vornherein alle Maßnahmen getroffen werden, um die Lenker der Lastkraftwagen, die außerhalb des Firmensitzes unterwegs sind und daher dem unmittelbaren Zugriff des Arbeitgebers entzogen sind, zur Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften zu verhalten, so kann dem im Hinblick auf das besonders hohe Gefährdungspotential, das durch übermüdete Fahrer entsteht, nur mit dem Bemerken beigepflichtet werden, dass an das Kontrollsystem einschließlich der Maßnahmen, die dessen Funktionieren sicherstellen, hohe Anforderungen zu stellen sind.

 

Wenn der Bw darlegt, dass im gegenständlichen Fall die Disposition so getroffen wurde, dass die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften möglich war, so ist ihm zunächst entgegen zu halten, dass er diese Behauptung, wie im angefochtenen Straferkenntnis zu Recht bemerkt wird, nicht näher zu belegen versucht hat.

 

Zum Vorbringen, dass die Fahrer (über das Fahrtenhandbuch u.dgl.) über die Arbeitszeitvorschriften belehrt werden und außerdem angewiesen sind, diese Vorschriften auch einzuhalten und dass stichprobenartige Kontrollen der Tachografenscheiben durchgeführt werden, ist festzuhalten: Beschränkt sich das betriebliche Kontrollsystem auf Belehrungen, Aufforderungen an die Lenker, die Arbeitszeitvorschriften einzuhalten und stichprobenweise Kontrollen (etwa der Schaublätter), so stellt dies ein unzulängliches Kontrollsystem dar (vgl. z.B. VwGH 29.1.1987, Zl. 86/08/0172, 0173; 29.1.1987, Zl. 86/08/0109, 0110). Bloße Belehrungen und Dienstanweisungen sowie regelmäßige stichprobenartige Überwachung genügen nicht (vgl. z.B. VwGH 4.7.2002, Zl. 2000/11/0123 u.v.a.).

 

Der Verantwortliche hat darüber hinaus darzulegen, welche wirksamen Schritte den Arbeitnehmern für den Fall festgestellter Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften in Aussicht gestellt sind, um Verstößen vorzubeugen (vgl. z.B. VwGH 4.7.2002, Zl. 2000/11/0123; 8.10.1990, Zl. 90/19/0099). Dabei ist zu beachten, dass - nach Sinn und Wortlaut dieses Leitsatzes - nicht nur die (im Einzelnen darzustellende) Inaussichtstellung von Maßnahmen darzulegen ist, sondern auch die Wirksamkeit der Maßnahmen aus der Darstellung hervorzugehen hat.

 

Darüber hinaus ist der Arbeitgeber gehalten, alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften sicherzustellen, wozu es z.B. gehört, die Arbeitsbedingungen und die Entlohnungsmethoden so zu gestalten, dass sie keinen Anreiz zur Verletzung von Arbeitszeitvorschriften darstellen (vgl. VwGH 30.5.1989, Zl. 88/08/0007; 13.6.1989, Zl. 88/08/0150 u.v.a.).

 

Was die Kontrollen der Tachografenblätter betrifft, hat der Bw in seinem Schreiben vom 28.2.2003 dargetan, dass monatlich ein Teil (!) der Tachografenscheiben kontrolliert wird. Schon dieser offensichtliche Mangel an "Kontrolldichte" lässt das System unzulänglich erscheinen, bleibt doch offen, dass bei dem anderen Teil der Fahrer die Überprüfung nicht einmal monatlich erfolgt. Eine Darlegung, in welcher Frequenz die Lückenlosigkeit der Prüfung aller Fahrer erreicht wird, hat der Bw unterlassen (sollte die Beilage zum Schreiben, aus dem ersichtlich ist, dass 177 alphabetisch geordnete Fahrer in Gruppen von je 20 mit einer Monatsbezeichnung versehen sind, dahingehend zu verstehen sein, dass je 20 Fahrer monatlich überprüft werden, so würde dies ein noch ungünstigeres Licht auf die Praxis werfen).

 

Aus einer weiteren Beilage (zum Nachweis, dass die Prüfung des hier gegenständlichen Lenkers positiv ausfiel, ersichtlich gemacht durch den Vermerk: "ok") geht hervor, dass sich bei den 20 überprüften Fahrern der "ok-Vermerk" nicht einmal bei der Hälfte der Fahrer findet und bei den übrigen Fahrern erhebliche Mängel vermerkt sind. Auch dieser Umstand weckt - schon an sich - tiefgreifende Bedenken hinsichtlich der Funktionsfähigkeit des Kontrollsystems.

 

Wenn der Bw in diesem Schreiben weiter ausführt, dass "bei entsprechenden Mängeln der Fahrer verwarnt bzw. aufgefordert wird, die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten", so deutet diese Formulierung auf ein schwaches - und daher wenig effizientes - Sanktionssystem hin. Dieser Eindruck wird bestätigt durch beigelegte Kopien von "Schreiben an die Fahrer, welche nicht nach den Vorschriften fahren". Darin heißt es: "Bei der Kontrolle der Tachoscheiben in den Monaten ... haben wir festgestellt, dass Sie nicht nach den gesetzlich vorgeschriebenen Fahrt- und Ruhezeiten fahren. Wir fordern Sie daher auf, die Fahrt- und Ruhezeiten entsprechend einzuhalten, da wir sonst gezwungen werden, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Sollten Sie jedoch in Unwissenheit gehandelt haben, gibt Ihnen diesbezüglich jederzeit Ihr Betriebsrat ... entsprechende Auskünfte.". Auch wenn in der Berufung behauptet wird, dass für den Fall der Missachtung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten "gewichtige dienstrechtliche Konsequenzen angedroht" werden, ändert dies nichts an der besagten Unzulänglichkeit, da es der Bw verabsäumt hat, darzulegen, welcher Art diese Konsequenzen sind und unter welchen Voraussetzungen sie genauerhin angedroht sind. Ferner hätte der Bw glaubhaft zu machen gehabt, dass die "Konsequenzen" tatsächlich praktiziert werden und zwar in einer Weise, dass zu Recht von "Wirksamkeit" gesprochen werden kann. Auch die Behauptung in der Berufung, dass die Fahrer darauf hingewiesen werden, dass die Verletzung von Vorschriften den Fahrer selbst strafbar machen und der Betrieb diese Strafen nicht übernimmt, bewirkt kein erheblich günstigeres Bild.

 

Schließlich hat es der Bw verabsäumt, darzulegen, dass das Entlohnungssystem so gestaltet ist, dass kein Anreiz zur Verletzung von Arbeitszeitvorschriften besteht. Zu einer solchen Darlegung hatte der Bw um so mehr Anlass, als sich das angefochtene Straferkenntnis die Behauptung des hier gegenständlichen Fahrers stützt, seine Entlohnung sei nach der Anzahl der durchgeführten Be- und Entladungen erfolgt.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Darstellung des Kontrollsystems durch den Bw unter mehreren Blickwinkeln defizitär ist, wobei jeder einzelne der angesprochenen Mängel für sich ausreicht, um das Verschulden des Bw zu begründen.

Bei der Bemessung der Strafhöhe ist vom gesetzlichen Strafrahmen ausgehend (siehe oben) der Unrechtgehalt (vgl. die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hinsichtlich der Zielsetzungen der gegenständlichen Arbeitnehmerschutzvorschriften auch im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs; zu berücksichtigen ist dabei auch der Umfang der gegenständlichen Taten) und der Schuldgehalt (hier: Fahrlässigkeit) der Taten zu berücksichtigen. Milderungs- und Erschwerungsgründe sind nicht ersichtlich. Der Erschwerungsgrund der einschlägigen Vortat liegt - wie eine Überprüfung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat ergab - nicht vor. Hinsichtlich der finanziellen Verhältnisse des Berufungswerbers ist auf die - nicht bestrittene - Schätzung im angefochtenen Straferkenntnis (3.000 Euro netto pro Monat; kein Vermögen) zu verweisen. Bei Gesamtabwägung dieser Umstände erscheint es vertretbar, die Strafen auf das im Spruch festgesetzte Maß herabzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

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