Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280696/11/Ga/Da

Linz, 15.03.2005

 

 

 VwSen-280696/11/Ga/Da Linz, am 15. März 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Herrn S G in W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H, Dr. F, Mag. S in W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 23. Juni 2003, BZ-Pol-5002-2003, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) in drei Fällen, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung durch öffentliche Verkündung am 3. März 2005 zu Recht erkannt:
Die Berufung zu Faktum 1. wird abgewiesen und das Straferkenntnis insoweit bestätigt; dies mit der Maßgabe, dass in der Einleitung des Schuldspruchs die Wendung: "mit der Montage der Außenwandtäfelung" zu entfallen hat.
Der Berufungswerber hat zu 1. als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 98 Euro zu leisten.
Der Berufung zu den Fakten 2. und 3. wird stattgegeben, das Straferkenntnis insoweit aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z1 zweite Alternative (Fakten 2. und 3.), § 51 Abs.1, § 51c, § 51i, § 64 ff VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 23. Juni 2003 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe als Inhaber der Gewerbeberechtigung "Spengler", Standort in W, W, zu verantworten, dass auf seiner Baustelle in 4040 Linz, Haselgrabenweg, am 31. März 2003 ein namentlich genannter Leasing-Arbeitnehmer auf einem nicht verankerten, verfahrbaren Standgerüst auf der obersten Etage in ca. 12 m Höhe mit der Montage der Außenwandtäfelung beschäftigt worden sei, wobei das verwendete Gerüst folgende Mängel aufgewiesen habe:
"1. Die oberste Gerüstlage war trotz einer möglichen Absturzhöhe von 12 m (sechs Etagen) nicht mit Umwehrungen (Geländer) an den Absturzkanten, bestehend aus Brust-, Mittel- und Fußwehren, versehen.
2. Beim benützten, nichtverankerten Gerüst war die Sicherheit gegen Kippen nicht durch eine fachkundige Person nachgewiesen worden, obwohl der Abstand der Aufstandsfläche zur obersten Gerüstlage 12 m und damit mehr als 6 m sowie die kleinste Aufstandsbreite des Gerüsts 1,5 m und damit weniger als die bei Aufstellung im Freien erforderlichen 2 m betrug.
3. Das nicht verankerte, verfahrbare Standgerüst war weder freistehend standsicher aufgestellt noch an dem einzurüstenden Objekt sicher verankert, da die kleinste Aufstandsbreite des Gerüsts nur 1,5 m anstatt der bei Aufstellung im Freien erforderlichen 2 m betrug sowie das Verhältnis Höhe zur kleinsten Aufstandsbreite (12 : 1,5) den Wert 8 anstatt des gemäß ÖNORM B 4007 vorgeschriebenen Wertes 4 erreichte."

Dadurch habe der Berufungswerber jeweils gemäß § 130 Abs.5 Z1 BauV zu 1. iVm § 58 Abs.3 erster Satz sowie § 8 Abs.1 Z2, zu 2. iVm § 65 Abs.5 sowie § 66 Abs.6 und zu 3. iVm § 55 Abs.4 erster Satz BauV verletzt.
Über ihn wurden wegen dieser Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG folgende Strafen je kostenpflichtig verhängt: zu 1. und 3. je 490 Euro (je 23 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe), zu 2. 350 Euro (16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe).
 
Begründend stützte die belangte Behörde die Sachverhaltsannahme auf die Anzeige des Arbeitsinspektorats vom 2. April 2003 und das der Anzeige angeschlossene, über den Vorfall aufgenommene Baustellenfoto. Bei der Strafbemessung sei mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers bei gleichzeitigem Fehlen von Erschwerungsgründen zu werten gewesen. Die besondere Gefährdung beim Arbeiten in 12 m Höhe ohne entsprechendes Gerüst bzw. Absicherung sei jedoch besonders zu berücksichtigen gewesen.
 
Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, in der Hauptsache Aufhebung und Einstellung, hilfsweise Strafminderung bzw. das Absehen von der Strafe begehrende Berufung hat der UVS nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 3. März 2005, in der auch der Strafverfahrensakt der belangten Behörde erörtert wurde, erwogen:
 
Der Berufungswerber brachte vor, dass der auf dem Foto ersichtliche Leasing-Arbeiter (zusammen mit einem zweiten Leasing-Arbeiter) von ihm eigens nur mit dem Gerüstaufbau beschäftigt worden sei. Dieser Arbeiter hat nach seiner Überzeugung keine sonstigen Arbeiten durchgeführt. Wahrscheinlich sei er mit der Befestigung des Gerüstes an der Hausmauer beschäftigt gewesen, so wie er es ihm aufgetragen hätte. Jedenfalls sei das Gerüst noch nicht fertiggestellt gewesen und habe damit auch noch nicht allen Anforderungen entsprechen können.
 
In der Verhandlung am 3. März 2005 waren der Berufungswerber mit seinem Rechtsfreund und der Vertreter der Organpartei anwesend. Die belangte Behörde war unentschuldigt nicht erschienen. Der involviert gewesene Arbeitnehmer war als Zeuge geladen, jedoch durch ärztlich bestätigte Krankheit am Erscheinen verhindert.
 
Auf Grund der glaubwürdigen Angaben des Berufungswerbers im Zuge seiner Vernehmung, der Einschau in das vom Vorfall aufgenommene Foto und der Auskünfte und Schilderungen des zum Vorfall befragten Arbeitsinspektors wird folgender Sachverhalt als erwiesen und maßgebend für die Berufungsentscheidung festgestellt:


- Die Angaben des Schuldspruchs betreffend Tatzeit, Tatort und Baustelle, die Art des Gerüstes und die Höhe der obersten Gerüstlage, das Fehlen der Umwehrungen (Geländer) an den Absturzkanten dieser Gerüstlage, der Aufenthalt des Leasing-Arbeiters auf dieser obersten Gerüstlage.
- Der Berufungswerber ist (bzw. war auch schon zur Tatzeit) - als Konsequenz aus dem Ausgleich seiner Firma - ein Ein-Mann-Betrieb und hat die Leasing-Arbeiter nur für die Aufstellung und den Abbau des Spezialgerüstes an insgesamt sechs Örtlichkeiten der Gesamtbaustelle via Internet von einer Spezialfirma angeworben. Für die eigentlichen Facharbeiten beschäftigte er keine Arbeitnehmer. Daher wollte nur er allein das fertig aufgestellte Gerüst zur Durchführung der von ihm übernommenen Spenglerarbeiten (Herstellung des obersten Wandanschlusses des Lifthauses, sodann Wiederbefestigung der zuvor von einer anderen Firma entfernten Fassadenplatten) benützen. Der Vorfallstag war für ihn der erste Arbeitstag an der nämlichen Baustelle.
- Die oberste Gerüstetage war zum Kontrollzeitpunkt unvollständig. Die zur Befestigung der Geländer fehlenden Gerüstteile - es handelte sich um ein HAGO-Alu-Steckgerüst (fahrbares Standgerüst) - standen dem Leasing-Arbeiter gar nicht zur Verfügung; diese wollte der Berufungswerber nach tel. Meldung des Fehlbestandes durch den Leasing-Arbeiter dann selbst auf die Baustelle mitbringen. Der Gerüstarbeiter befand sich zum Kontrollzeitpunkt auf einer nicht ordnungsgemäß mit Umwehrungen gesicherten obersten Gerüstetage.
- Dass der Gerüstarbeiter von dieser Gerüstetage aus Baustellenarbeiten (Montage der Fassadenplatten) verrichtete, ist nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Eindeutigkeit hervorgekommen.

Bei dieser Sachlage hätte sich der Leasing-AN auf der obersten Gerüstetage nicht ungesichert aufhalten dürfen. Der belangten Behörde war daher in der Annahme der Tatbestandsmäßigkeit zu Faktum 1. nicht entgegen zu treten. Mit Maßgabe der erforderlichen (und aus dem Blickwinkel der Sachbindung des Tribunals noch zulässigen) Richtigstellung war der Schuldspruch zu 1. daher zu bestätigen.
Einer Herabsetzung der mit nicht einmal 7 % der Höchststrafe im untersten Bereich bemessenen Geldstrafe (oder dem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG) stand der im Hinblick auf die Absturzhöhe beträchtliche Unrechtsgehalt der Tat entgegen.
 
 
Zu 2. und 3.
war hingegen dem Vorbringen des Berufungswerbers zu folgen, weil nur durch ihn selbst (als Gewerbetreibender) das (schließlich fertiggestellte) Gerüst zur Vornahme der von ihm übernommenen Facharbeiten benützt worden wäre. Ausgehend davon aber sind die zu 2. und 3. dem Berufungswerber vorgeworfenen Taten für ihn nicht strafbar, weil die in Rede stehenden Schutzvorschriften nicht zur Gewährleistung der eigenen Sicherheit des Gewerbetreibenden, sondern jener der auf solchen Gerüsten von ihm als Arbeitgeber allenfalls beschäftigten Arbeitnehmer normiert sind.
 
Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber zu 1. der Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der gesetzlichen Höhe (20 % der verhängten und bestätigten Geldstrafe) aufzuerlegen.
Zu 2. und 3. hingegen entlastet die Aufhebung den Berufungswerber auch von der Kostenpflicht.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 
 

 

Mag. Gallnbrunner

 
 

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