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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280706/32/Kl/Pe

Linz, 23.03.2004

 

 

 VwSen-280706/32/Kl/Pe Linz, am 23. März 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des L S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.10.2003, Ge96-2497-2003, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem KJBG nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 28.1.2004 und 10.3.2004 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat einen Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 100 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.10.2003, Ge96-2497-2003, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 30 Abs.2 und 23 Abs.2 KJBG iVm § 6 Abs.1 Z2 und Abs.3 KJBG-VO verhängt, weil ihm als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG strafrechtlich verantwortliche zur Vertretung nach außen berufene Organ der H S GmbH mit Sitz in als Arbeitgeberin Folgendes zur Last gelegt wird:

"Der Jugendliche D R, arbeitete am Mittwoch, den 11.6.2003 um ca. 17.20 Uhr im Sägewerk in, im Bereich der Kappsäge und bemerkte dabei ein verklemmtes Brett in der Vierseithobelmaschine. Zur Behebung dieser Störung ging R in die Schallschutzkabine, hob die Schutzhaube beim Vierseithobelautomat an und ist beim Versuch, das verklemmte Brett herauszuschieben, mit der linken Hand in die erste, untere Hobelwelle gelangt und verletzte sich dabei an den Fingern dieser Hand schwerst. Jugendliche dürfen mit Störungsbeseitigungsarbeiten an Hobelmaschinen mit rotierenden Messerwellen nur dann beschäftigt werden, wenn dies gefahrlos möglich ist, das heißt, wenn ein Öffnen der Schutzhaube bei laufender Maschine und bei Nicht-Sicherung gegen Wiederinbetriebnahme nicht vorgenommen werden kann."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und nach Durchführung der beantragten Beweisaufnahme die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass jeder Dienstnehmer bei Antritt eine exakte Arbeitsunterweisung erhält und diese auch mit AI V abgesprochen wurde. Die Arbeitsunterweisung ist auch in Schriftform festgehalten und wird jedem Dienstnehmer bei Dienstantritt ausführlich erklärt und von diesem zur Kenntnis genommen und unterfertigt. Der Vorgesetzte des Verletzten wurde zu einer Störung einer Maschine gerufen und war daher bei der Störung im gegenständlichen Fall nicht anwesend. Entgegen der Anweisung und weil er es offensichtlich gut gemeint hat, hat D R völlig eigenmächtig versucht, die Maschine zu reparieren, da es sich ja nur um einen Schaden in Form eines verklemmten Brettes handelte. Dies ist strikt untersagt und verboten und darf nur von ausdrücklich befugten und entsprechend eingeschulten Mitarbeitern durchgeführt werden. Gegenständlich wäre dies der Aufseher M W. Dieser ist auch für die Kontrolle der Arbeitnehmer zuständig. Weitere Kontrollen finden durch Vorgesetzte statt. Es kann aber nicht jeder Arbeitnehmer ständig überwacht und kontrolliert werden sondern man habe eine gewisse Eigenverantwortung. Grundsätzlich ist das Kontrollsystem der H S GmbH sehr wirksam und handelt es sich um einen absoluten Ausnahmefall. Zum Beweis für die Richtigkeit wird die Einvernahme von M W beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28.1.2004, fortgesetzt am 10.3.2004, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen AI Ing. F R, M W, D R und G S geladen und einvernommen.

 

4.1 Im Grunde der Beweisaufnahme hat sich der in der Anzeige des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck dargelegte Sachverhalt, welcher auch dem angefochtenen Straferkenntnis in der Begründung zugrundegelegt wurde, bestätigt, wonach im Betrieb der H S GmbH in der Jugendliche D R, am 11.6.2003 um ca. 17.10 Uhr im Bereich der Kappsäge arbeitete, sich dann ein Brett bei der anschließenden Vierseithobelmaschine im Hobelwerk I verklemmte, er daraufhin die Schallschutzkabine betrat, die Schutzhaube beim Vierseithobelautomaten anhob und beim Versuch, das verklemmte Brett herauszuschieben mit der linken Hand in die erste untere Hobelwelle gelangte und dabei an den Fingern der linken Hand verletzt wurde. Der Vierseithobelautomat ist innerhalb der Schallschutzkabine noch zusätzlich mit Schutzhauben gesichert, welche derart verriegelt sind, dass bei ihrer Öffnung die laufenden Werkzeuge sowie die Fördereinrichtungen nach einigen Sekunden zum Stillstand kommen. Zu diesem Zweck sind bei den schnelllaufenden Werkzeugwellen Bremsmotore eingebaut. Am Tag der Unfallerhebung funktionierte jedoch bei der ersten unteren Hobelwelle (das ist jene Hobelwelle, an der der Unfall passierte) diese Motorbremse nicht, sodass es einige Minuten dauerte, bis diese Hobelwelle zum Stillstand kam. Der Sägewerksbetrieb in verfügte über 140 bis 150 Arbeitnehmer, die Gewerbeberechtigung besitzt die H S GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschuldigte ist.

 

Der verunfallte Arbeitnehmer D R ist seit 26.9.2001 im gegenständlichen Betrieb als Hilfsarbeiter beschäftigt und wurde nach der ersten Woche vom Schichtführer G S beim Arbeitsplatz Kappsäge eingeteilt. Er ist Jugendlicher und sollte zum Schichtführer ausgebildet werden. Im Jahr 2002 kam Herr W zum Hobelwerk I und wurde dieser zum Schichtführer ausgebildet und auch als Stellvertreter des Schichtführers S bestellt. An der Hobelmaschine arbeiten nur die Schichtführer abwechselnd. Zum Unfallszeitpunkt war aber Herr W zur Störungsbehebung bei der Bündelmaschine (diese ist etwa 10 m von der Kappsäge entfernt und ein an die Hobelmaschine angrenzender Arbeitsbereich). Herr S musste weg und ließ den Jugendlichen zur Kappsäge. Dabei hat sich dann das Brett - wie oben dargestellt - verspießt und damit nicht zu viele Stehzeiten auftreten, ist dann der Jugendliche in die Schallschutzkabine gegangen und hat die Schutzhaube angehoben, um den Störfall zu beheben. Wenn man die Schutzhaube aufmacht sollte sich die Maschine abschalten. Diese lief aber noch einige Sekunden. Die Maschine stand nicht sofort still, sodass der Jugendliche an den Fingern der linken Hand erfasst wurde.

 

Dieser Hergang und Sachverhalt ist aus den eingeholten Zeugenaussagen einhellig ersichtlich. Er kann als erwiesen zugrundegelegt werden.

Während der Arbeitsinspektor bekannt gab, dass bei der Unfallerhebung die Aussage gemacht wurde, dass der Jugendliche schon öfter solche Störungsbehebungen vorgenommen hätte und weiters der Jugendliche diesbezüglich eine Aussage auch vor dem Gendarmerieposten machte, erklärte der Jugendliche anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung, dass er gemeint hätte eine Störbehebung nur außerhalb der Schutzhaube, indem ein Drucktaster betätigt wird und dann ein verspießtes Brett herausgenommen wird. Der Jugendliche selbst beteuerte über mehrmaliges Befragen, dass er in den Bereich der Schutzkabine noch nie allein gegangen ist und selbständig noch nie eine Störbehebung dort vorgenommen hat. Dies wird im Übrigen auch von den weiteren Zeugen W und S bestätigt.

 

4.2. Zu der Unterweisung und Einschulung befragt, gab der Jugendliche als Zeuge einvernommen an, dass er als Hilfsarbeiter eingestellt wurde und dann von Herrn S direkt mit der Funktion der Kappsäge vertraut gemacht wurde und dann auch zu seiner Tätigkeit an der Kappsäge eingeteilt wurde. Bei Störfällen an der Hobelmaschine war einer der Schichtführer zu rufen, die übrigen Arbeitnehmer hatten die Anweisung, die Schutzkabine nicht zu betreten. Dies war eine mündliche Anweisung, eine schriftliche Anweisung gab es nicht. Es war eine ungeschriebene Regel, dass für solche Fälle ein Schichtführer zu holen ist. Allerdings ist die Schutzkabine nicht unzugänglich versperrt, sondern steckt der Schlüssel und kann dadurch jederzeit von jedermann betreten werden. Neben der Einschulung über die Funktion der Kappsäge hat der Jugendliche insofern eine Unterweisung hinsichtlich Sicherheitsbestimmungen erhalten, dass er die Anordnung hatte, nicht in laufende Maschinen hineinzugreifen. Weitere Unterweisungen hatte er nicht. Diese Unterweisung bekam er vom Schichtführer S. Vom Betriebsleiter M M bekam er keine Belehrungen und Unterweisungen. Laufende Änderungen an der Maschine wurden den Schichtführern in jährlichen Schulungen mitgeteilt und diese gaben dann die Neuerungen an die Arbeitnehmer weiter. Der Betriebsleiter geht gelegentlich durch den Betrieb, einen Kontakt zum Betriebsleiter hat der Jugendliche nicht gehabt. Weiters wird von den Zeugen W, R und S bestätigt, dass über das Alter des jugendlichen Beschäftigten nie gesprochen wurde und daher weder die Schichtführer noch die Sicherheitsvertrauensperson G S wussten, dass es sich um einen Jugendlichen handelte. Es wurde daher auch nicht über besondere Bestimmungen für Jugendliche gesprochen. Es wurde auch der Schichtführer W nicht unterrichtet, dass Sonderbestimmungen für Jugendliche gelten. Dieser wusste allerdings von sich aus, dass es besondere Bestimmungen für Jugendliche gibt, nämlich, dass Jugendliche nicht bei rotierenden Maschinen arbeiten dürfen. Auch wurde vom Betriebsleiter nie mitgeteilt, dass es sich um einen Jugendlichen handelt. Auch die Sicherheitsvertrauensperson war nicht informiert, dass im Betrieb Jugendliche beschäftigt waren. Die einvernommene Sicherheitsvertrauensperson verwies weiters glaubwürdig auf den im Akt befindlichen Zettel über Sicherheitsanweisungen, welche gemeinsam mit Herrn W, der Sicherheitsfachkraft, ausgearbeitet und jedem Arbeitnehmer bei Arbeitsantritt erteilt werden. Jeder Arbeitnehmer muss sie durchlesen und dann auch unterschreiben und bestätigt damit, dass er sie verstanden hat. Auch diese Sicherheitsvertrauensperson bestätigt, dass im Regelfall die Schichtführer die Störungen in einem Werk beheben, wobei dies eine ungeschriebene Regel ist und es keine schriftliche Anweisung dazu gibt. Die Sicherheitsvertrauensperson wusste nicht, dass der Verunfallte ein Jugendlicher war und überhaupt, dass Jugendliche im Betrieb beschäftigt waren. Es hat daher auch keine Evaluierung im Hinblick auf die Beschäftigung von Jugendlichen gegeben. Allerdings gibt es im Hobelwerk I keinen Arbeitsplatz, an dem nicht Jugendliche arbeiten könnten, mit Ausnahme der eingehausten Teile, wo sich rotierende Teile befinden. Die Sicherheitsvertrauensperson konnte jedenfalls aber ausschließen, dass der Jugendliche als Lehrling beschäftigt war, weil im gesamten Betrieb keine Lehrlinge ausgebildet werden.

 

4.3. Zur Hierarchie befragt gaben die Zeugen an und wurde vom Beschuldigten ebenfalls ausgeführt, dass der Jugendliche R Anweisungen erhielt von Schichtführer S bzw. von dessen Stellvertreter W, diese hatten auch die ordnungsgemäße Verrichtung der Arbeiten durch den Jugendlichen zu kontrollieren. Über den Schichtführern war der Betriebsleiter M, welcher Kontrollen im Betrieb durchführt. Herrn M vorgesetzt ist der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer des Betriebes. Außer dem bereits genannten Blatt über Anweisungen, welche im Akt aufliegen und sehr allgemein gehalten sind und entsprechende Anordnungen hinsichtlich einzelner Maschinen und Arbeitsplätze nicht enthalten, wurden spezielle Anordnungen und Evaluierungen hinsichtlich einzelner Maschinen sowie hinsichtlich besonderer Vorschriften für jugendliche Beschäftigte nicht vorgenommen. Auch wurde zwar von den Zeugen bestätigt, dass eine Anweisung bestand, die Schutzkabine nicht zu betreten, allerdings war diese gegen Betreten nicht geschützt, weil der Schlüssel steckte und jedermann das Betreten möglich war und es wurde das Betreten auch nicht kontrolliert. Dies ist insbesondere aus dem Unfallhergang ersichtlich, weil ein Schichtführer nicht im Hobelwerk anwesend war und der Stellvertreter an einer anderen Maschine arbeitete und daher keine Information und keinen Überblick über die anderen Arbeitsbereiche hatte. Weitere Kontrollen und Anordnungen bzw. Maßnahmen, die die Einhaltung der mündlichen Betriebsanordnungen gewährleisten sollen, wurden nicht behauptet und sind auch anlässlich der Zeugeneinvernahme nicht hervorgekommen. Auch wurden weder vom Beschuldigten Maßnahmen oder Sanktionen geltend gemacht, die Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen hintanhalten sollen. Auch der verunfallte Jugendliche hat keinerlei Maßnahmen oder Sanktionen betreffend sein Zuwiderhandeln dargelegt. Er ist weiterhin noch im Betrieb beschäftigt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1 Gemäß § 1 Abs.1 Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 - KJBG, BGBl. Nr. 599/1987 idF BGBl. I. Nr. 98/2001, gilt dieses Bundesgesetz für die Beschäftigung von Kindern mit Arbeiten jeder Art und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, die in einem Dienstverhältnis, einem Lehr- oder sonstigen Ausbildungsverhältnis stehen. Jugendliche iSd Bundesgesetzes sind gemäß § 3 KJBG Personen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, die nicht als Kinder iSd § 2 Abs.1 gelten.

 

Gemäß § 23 Abs.1 KJBG hat der Dienstgeber vor Beginn der Beschäftigung und bei jeder bedeutenden Änderung der Arbeitsbedingungen die für die Sicherheit und Gesundheit des Jugendlichen sowie für die Sittlichkeit bestehenden Gefahren zu ermitteln. Er hat alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit, der Gesundheit und der Sittlichkeit zu treffen. Er hat die Präventivdienste bei der Ermittlung der Gefährdung und der Festsetzung von Schutzmaßnahmen heranzuziehen. Durch Verordnung kann die Beschäftigung von Jugendlichen in bestimmten Betrieben, mit bestimmten Arbeiten oder unter bestimmten Einwirkungen, die mit besonderen Gefahren für die Sicherheit, Gesundheit oder Sittlichkeit verbunden sind, untersagt oder von Bedingungen abhängig gemacht werden (§ 23 Abs.1a, Abs.1b und Abs.2 KJBG).

 

Es wurde daher mit Verordnung über Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche (KJBG-VO, BGBl. II Nr.436/1998 in § 6 Abs.1 Z2) festgelegt, dass verboten sind Arbeiten mit Arbeitsmitteln, an denen durch bewegte Werkzeuge und Werkzeugstücke, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugsstellen bilden, oder durch andere Gefahrstellen eine besondere Gefahr von Verletzungen gegeben ist, sofern an den Arbeitsmitteln bestehende Unfallgefahren nicht durch geeignete Maßnahmen beseitigt sind, etwa durch Zweihandschaltung, Lichtschranken oder andere trennende Schutzeinrichtungen. Verboten sind insbesondere Hobelmaschinen mit rotierenden Messerwellen.

 

Gemäß § 6 Abs.3 KJBG-VO dürfen Jugendliche mit Störbeseitigung an im Betrieb befindlichen Arbeitsmitteln, sonstigen Anlagen und Einrichtungen nach Abs.1 beschäftigt werden, soweit dies gefahrlos möglich ist.

 

Gemäß § 1 KJBG-VO gilt diese Verordnung für die Beschäftigung von Jugendlichen, wobei Jugendliche iSd Verordnung Jugendliche iSd § 3 KJBG und Minderjährige iSd § 2 Abs.1a KJBG sind.

 

Gemäß § 30 Abs.2 KJBG sind Dienstgeber und deren Bevollmächtigte von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.090 Euro zu bestrafen, die den Bestimmungen der Abschnitte 3 und 4 dieses Bundesgesetzes oder einer aufgrund einer Bestimmung dieser Abschnitte erlassenen Verordnung zuwiderhandeln.

 

5.2. Im Grunde des festgestellten und erwiesenen Sachverhaltes war der verunfallte Arbeitnehmer zum Unfall- und Tatzeitpunkt Jugendlicher iSd KJBG und der KJBG-VO. Es war daher eine Beschäftigung bzw. waren Arbeiten an einer Hobelmaschine mit rotierenden Messerwellen verboten. Auch eine Störbeseitigung durch Jugendliche an dieser Maschine war gemäß § 6 Abs.3 KJBG-VO verboten, weil diese gefahrlos nicht möglich ist. Es widerspricht daher die vorgenommene Behebung durch den Jugendlichen den genannten Bestimmungen und wurde daher der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Wenn vom Berufungswerber entgegengehalten wird, dass die Arbeiten erlaubt waren, weil der Jugendliche unter Ausbildung zum Schichtführer stand, so ist dem die Bestimmung des § 1 Abs.2 KJBG-VO entgegenzuhalten, wonach Ausbildung iSd Verordnung jede Ausbildung im Rahmen eines Lehrverhältnisses oder eines sonstigen gesetzlich oder kollektivvertraglich geregelten Ausbildungsverhältnisses ist. Es ist aber erwiesenermaßen kein Lehrverhältnis eingegangen worden und konnte auch kein sonstiges gesetzlich oder kollektivvertraglich geregeltes Ausbildungsverhältnis z.B. iSd Berufsausbildungsgesetzes vorgebracht und nachgewiesen werden. Darüber hinaus bestimmt § 1 Abs.3 KJBG-VO, dass die Ausnahmen von Beschäftigungsverboten nur gelten, soweit diese Ausnahmen für die Vermittlung der wesentlichen Fertigkeiten und Kenntnisse nach den Ausbildungsvorschriften unbedingt erforderlich sind. Auch dieses zusätzliche Erfordernis war nicht vorgebracht und erfüllt worden. Darüber hinaus bestimmt § 6 Abs.1 Z2 KJBG-VO, dass diese Ausnahme nur gilt "unter Aufsicht", wobei nach § 1 Abs.4 KJBG-VO Aufsicht iSd Verordnung die Überwachung durch eine geeignete fachkundige Person, die jederzeit unverzüglich zum Eingreifen bereitstehen muss, ist. Eine solche Aufsicht war aber erwiesenermaßen nicht vorhanden, weil im Bereich des Hobelwerk I als fachkundige Person nur der Schichtführerstellvertreter anwesend war, allerdings in einem anderen Arbeitsabschnitt, nämlich bei der Bündelmaschine tätig war und daher beim Hobelautomaten nicht anwesend war und daher nicht jederzeit unverzüglich zum Eingreifen bereit war.

 

Darüber hinaus ist aber auch wesentlich, dass eine Störbehebung gemäß § 6 Abs.3 KJBG-VO nur dann erlaubt ist, wenn diese gefahrlos möglich ist. Gefahrlos ist sie aber insofern nicht, als trotz Aufheben der Schutzhaube die rotierenden Teile noch kurzzeitig weiter arbeiten.

 

Der Beschuldigte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer des Unternehmens und daher als nach außen vertretungsbefugtes Organ verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Dieser hat die Tat auch subjektiv zu verantworten, sofern er nicht einen Entlastungsnachweis gemäß § 5 Abs.1 VStG erbringt, nämlich dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Wenn sich nun aber der Berufungswerber auf die schriftliche Anweisung beruft, so ist dieser entgegenzuhalten, dass sie sehr allgemein gefasst ist und keine konkreten Unterweisungen und Anweisungen hinsichtlich konkreter Maschinen und hinsichtlich Sonderbestimmungen für jugendliche Arbeitnehmer enthält. Darüber hinaus ist aber wesentlich zu werten, dass weder die Sicherheitsvertrauensperson noch der unmittelbare Vorgesetzte des verunfallten Jugendlichen wusste, dass es sich um einen Jugendlichen handelte und daher auch gar keine entsprechende Unterweisung an seinem Arbeitsplatz und betreffend das Umfeld, also auch den benachbarten Hobelautomaten durchführen konnte und auch keine entsprechenden Anordnungen treffen konnte. Insbesondere ist dabei auch zu bewerten, dass die genannten Personen nicht einmal über konkrete Schutzvorschriften nach der KJBG-VO Bescheid wussten. Darüber hinaus genügen aber nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Anordnungen und Weisungen nicht, sondern der Arbeitgeber hat die Einhaltung der Anordnungen auch zu kontrollieren und ein entsprechendes lückenloses Kontrollnetz aufzubauen, nachzuweisen und im Verfahren darzulegen und unter Beweis zu stellen. Ein solches nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes gefordertes Kontrollsystem, welches geeignet wäre, den Beschuldigten zu entlasten und den Mangel des Verschuldens festzustellen, wurde allerdings vom Berufungswerber nicht dargelegt. So hat das Beweisverfahren bereits ergeben, dass der unmittelbar vorgesetzte Schichtführer zum Unfallszeitpunkt nicht in der Nähe des Jugendlichen war und keine Kontrolle des Jugendlichen durchgeführt hat bzw. Maßnahmen getroffen hat, die ein Zuwiderhandeln gegen die entsprechenden Anordnungen hintanhalten sollen. Auch der Betriebsleiter macht nach den Aussagen der Zeugen gelegentliche Rundgänge durch den Betrieb, konkrete Anordnungen an die jeweiligen Arbeitnehmer und Weisungen und Rügen nimmt hingegen der Betriebsleiter nicht vor. Eine Kontrolle des Betriebsleiters wird vom Berufungswerber überhaupt nicht behauptet und dargelegt. Es war daher das vom Berufungswerber dargelegte "Kontrollsystem" im Betrieb nicht geeignet, ein Verschulden des Beschuldigten auszuschließen. Vielmehr hätte dieser entsprechende Sorgfaltsmaßnahmen treffen müssen, wie z.B. Belehrung der Sicherheitsvertrauensperson und des unmittelbar vorgesetzten Schichtführers über die Eigenschaft des Verunfallten als Jugendlicher, Belehrung über die entsprechenden Sonderbestimmungen der KJBG-VO, Vorsorgemaßnahmen hinsichtlich des Jugendlichen und Kontrolle der Einhaltung der entsprechend getroffenen Anordnungen und Maßnahmen. Es war daher auch vom Verschulden des Beschuldigten auszugehen.

 

5.3. Hinsichtlich der Strafbemessung hat die belangte Behörde auf sämtliche Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG Bedacht genommen. Insbesondere hat sie zu Recht auf den Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen und auf die nachteiligen Folgen, die wegen der Zuwiderhandlung eingetreten sind. Es war daher schon aus diesem Grunde mit einer höheren Geldstrafe vorzugehen. Im Rahmen der subjektiven Strafbemessungsgründe nach § 19 Abs.2 VStG hat sie bei den persönlichen Verhältnissen ein Durchschnittseinkommen von 1.500 Euro angenommen. Dieser Schätzung wurde auch im Berufungsverfahren nichts entgegengesetzt. Weiters war zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber nicht unbescholten ist und ihm daher dieser Milderungsgrund nicht zugute kommt. Im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat und die eingetretenen Folgen war daher die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von knapp der Hälfte des Höchstsatzes nicht überhöht sondern gerechtfertigt und auch den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten angepasst. Es konnte daher auch die verhängte Geldstrafe bestätigt werden.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 100 Euro, aufzuerlegen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 
 

Dr. Klempt
 
Beschlagwortung:
Jugendlicher, rotierende Maschinen, keine Ausnahme infolge Ausbildung

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