Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280709/4/Kl/Pe

Linz, 08.01.2004

 

 

 VwSen-280709/4/Kl/Pe Linz, am 8. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn GS, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 6.11.2003, Ge96-44-2003, (gegen Strafausmaß) wegen einer Übertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen das Strafausmaß wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 200 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden herabgesetzt wird.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich daher auf 20 Euro, ds 10 % der verhängten Geldstrafe. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 6.11.2003, Ge96-44-2003, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 und 130 Abs.1 Z4 des Bundesgesetzes über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (ASchG) verhängt, weil er als Arbeitgeber am 16.9.2003 in der Arbeitsstätte (Gasthaus) in, das Ergebnis der Ermittlung und Beurteilung der sich in der o.a. Arbeitsstätte ergebenden Gefahren sowie die durchzuführenden Maßnahmen zur Gefahrenverhütung nicht schriftlich festgehalten hat.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig mündlich Berufung gegen die Strafhöhe eingebracht und diese damit begründet, dass er das Gasthaus (Imbisslokal) S in seit zwei Jahren betreibe, dieses Lokal komplett umgebaut und eingerichtet worden sei und alle Vorschriften genau eingehalten wurden. Nach dem Besuch des Arbeitsinspektorates habe sich der Berufungswerber sofort bei der Wirtschaftskammer erkundigt, was zu tun sei und habe sofort ein Sicherheits- und Gesundheitsdokument erstellt. Überdies sei der Betrieb durch Herrn Ing. JS (Sicherheitsfachkraft) am 3.12.2003 überprüft worden. Es wurde kein einziger Mangel festgestellt und bestand daher keine Gefahr für Mitarbeiter und Gäste. Es wurde daher um Aufhebung der Geldstrafe oder zumindest eine deutliche Reduzierung der Strafhöhe ersucht. Weiters wurde eine Rechnungsbestätigung der Sabtours GesmbH über eine Pauschalreise vom 9.11. bis 23.11.2003 vorgelegt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat das zuständige Arbeitsinspektorat am Verfahren beteiligt und es hat dieses in der Stellungnahme vom 22.12.2003 mitgeteilt, dass der Beschuldigte als Arbeitgeber bereits anlässlich einer Besichtigung am 7.5.2003 aufgefordert worden sei, verschiedene dem Arbeitnehmerschutz dienende Maßnahmen zu treffen und den Abschluss der Maßnahmen zur Herstellung des gesetzlichen Zustandes schriftlich mitzuteilen. Trotz wiederholter Urgenzen kam es nicht dazu. Anlässlich einer weiteren Betriebsbesichtigung am 16.9.2003 konnte wiederum kein Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument vorgewiesen werden. Es werde daher der Strafantrag aufrecht erhalten.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet, eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, und eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte eine solche gemäß §§ 51e Abs.3 Z2 und 3 VStG unterbleiben.

 

Aufgrund des im Akt befindlichen Zustellscheines wurde das angefochtene Straferkenntnis am 11.11.2003 dem Berufungswerber durch Hinterlegung zugestellt. Die Berufung wurde schriftlich am 5.12.2003 eingebracht und es wurde die bereits erwähnte Bestätigung über einen Auslandsaufenthalt vom 9.11. bis 23.11.2003 beigelegt.

 

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz gilt die hinterlegte Sendung nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter iSd § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

 

Der Berufungswerber ist am 23.11.2003 von seiner Reise zurückgekehrt und konnte daher am folgenden Tag, dem 24.11.2003 die hinterlegte Sendung beheben. Ab diesem Tag wird die Zustellung wirksam und beginnt die Berufungsfrist zu laufen. Die eingebrachte Berufung ist daher rechtzeitig.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z4 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 5 ASchG sind Arbeitgeber verpflichtet, in einer der Anzahl der Beschäftigten und den Gefahren entsprechenden Weise die Ergebnisse der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren sowie die durchzuführenden Maßnahmen zur Gefahrenverhütung schriftlich festzuhalten (Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente).

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

5.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis Verschulden der Strafbemessung zugrunde gelegt und die persönlichen Angaben zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschuldigten, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.000 Euro und die Sorgepflicht für drei Kinder zugrunde gelegt. Mildernde und erschwerende Umstände wurden nicht berücksichtigt.

Bereits im Verfahren erster Instanz hat der Beschuldigte um eine Ermahnung ersucht und das Arbeitsinspektorat daraufhingewiesen, dass das Sicherheits- und Gesundheitsdokument eine wesentliche Handlungsgrundlage für den innerbetrieblichen Arbeitnehmerschutz darstellt. Das Nichterstellen dieses Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumentes ist daher nicht als geringfügige Übertretung zu bewerten und kann einer Ermahnung daher nicht zugestimmt werden. In einer niederschriftlichen Einvernahme vom 4.11.2003 vor der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach führte der Beschuldigte aus, dass er nun das fehlende Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument erstellt habe und dieses im Betrieb aufliegt. Er sehe nicht ein, dass er wegen eines fehlenden Formulars 300 Euro Strafe bezahlen soll.

 

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Art. 130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem iSd Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG (dieser ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und die Nachprüfbarkeit es Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

 

Im Sinn der zitierten gesetzlichen Bestimmungen sowie der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war daher im Zusammenhang mit dem Unrechtsgehalt der Tat gemäß § 19 Abs.1 VStG zu berücksichtigen, dass es sich bei der Bestimmung des § 5 ASchG um eine Ordnungsvorschrift handelt, welche zweifelsohne - wie das Arbeitsinspektorat zu Recht ausführt - Gefahren im konkreten Betrieb aufzeigen und die entsprechenden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr festlegen soll. Es ist aber dabei zu berücksichtigen, dass diese Anordnung primär Dokumentationszwecken dient und nicht primär der unmittelbaren Gefahrenabwehr. Die Abwehr der Gefahr als solche wird durch unmittelbare Schutzmaßnahmen wie z.B. Schutzbekleidung, Schutzeinrichtungen und sonstige Sicherheitsanordnungen wahrgenommen. Es führt daher der Berufungswerber zu Recht aus, dass eine unmittelbare und konkrete Gefahr für bestimmte Arbeitnehmer durch das Nichtaufliegen des Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumentes nicht gegeben war. Dies war entsprechend dem Unrechtsgehalt der Tat, welcher seine Auswirkungen auf das konkrete Strafausmaß hat, zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die gegenständliche Arbeitsstätte ein Gasthaus ist, und daher eine überragende Gefährdung für Leib und Leben der Arbeitnehmer - wie dies z.B. im Baugewerbe und anderen mehr der Fall ist - nicht zu erwarten ist. Allerdings verfolgt auch die konkrete Bestimmung den Schutz der Arbeitnehmer vor Gefährdung und Beeinträchtigungen und rechtfertigt dies daher die Verhängung einer Geldstrafe.

 

Die belangte Behörde legt zu Recht die vom Beschuldigten selbst angeführten persönlichen Verhältnisse zugrunde. Dazu ist auszuführen, dass der Beschuldigte in Anbetracht der Sorgepflichten über bescheidene Einkommensverhältnisse verfügt. Sonstige Umstände wertet die belangte Behörde weder mildernd noch erschwerend. Es ist angesichts der - zwar nicht einschlägigen - vorliegenden Vorstrafen der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht gegeben. Allerdings besteht auch kein Erschwerungsgrund, weil keine einschlägigen rechtskräftigen Vorstrafen bezüglich Übertretungen nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz vorliegen. Zeigt auch das anzeigende Arbeitsinspektorat auf, dass schon im Mai 2003 das Nichtvorliegen des genannten Dokumentes beanstandet wurde und auch anlässlich der Kontrolle und Überprüfung im September 2003 nicht vorlag, so muss aber in Gesamtbetrachtung berücksichtigt werden, dass noch während des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens der Berufungswerber das Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument erlangte und anlässlich der Überprüfung des Betriebes kein Mangel im Betrieb festgestellt werden konnte. Dies war insofern zu berücksichtigen, als konkrete Gefährdungen für die Arbeitnehmer nicht vorlagen. Es war daher mit Herabsetzung der Geldstrafe vorzugehen, wobei die nunmehr verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen ist und insbesondere auch den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten angepasst ist. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Geldstrafe erforderlich ist, um den Beschuldigten von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und ihn auf die Arbeitnehmerschutzbestimmungen gerichtet zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuhalten. Im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von 150 Euro ist sie gerechtfertigt.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiters in Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorhanden sein.

 

Von der Verhängung einer Geldstrafe konnte aber im konkreten Fall nicht abgesehen werden, weil es schon an der Voraussetzung des geringfügigen Verschuldens mangelt. Es wird auf die obigen Ausführungen des Arbeitsinspektorates hingewiesen. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt nämlich geringfügiges Verschulden nur dann vor, wenn das Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem hier in der konkreten Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es konnte daher von einer Strafe nicht abgesehen werden und daher auch nicht mit einer Ermahnung vorgegangen werden.

 

Weil auch die Voraussetzungen des § 20 VStG, nämlich ein Überwiegen der Milderungs- über die Erschwerungsgründe nicht vorliegen, war auch eine außerordentlichen Strafmilderung nicht anzuwenden.

 

6. Weil der Berufungswerber durch die Strafherabsetzung zumindest teilweise Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG nicht einzuheben. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich gemäß § 64 VStG auf 10 % der verhängten Geldstrafe, ds 20 Euro.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 
 

Dr. Klempt
 
Beschlagwortung:
Unrechtsgehalt; Ordnungsvorschrift

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