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VwSen-280712/30/Kl/Pe

Linz, 25.05.2004

 

 

 VwSen-280712/30/Kl/Pe Linz, am 25. Mai 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des T P, vertreten durch S C W & Partner Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 25.11.2003, Ge96-293-2001, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz bzw. der Arbeitsmittelverordnung nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 30.4.2004 zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

 

II. Der Berufungswerber hat einen Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von insgesamt 290,60 Euro, das sind 20 % der verhängten Strafen, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 25.11.2003, Ge96-293-2001, wurde über den Berufungswerber in zwei Fällen je eine Geldstrafe von 726,73 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von je 240 Stunden, wegen einer Übertretung nach § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz iVm 1) § 8 Abs.1 Arbeitsmittelverordnung und 2) § 6 Abs.1 und § 57 Abs.2 Arbeitsmittelverordnung verhängt, weil er als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der "F M GmbH" mit Sitz in zu verantworten hat, dass bei einer am 19.9.2001 im Betrieb in durchgeführten Unfallerhebung Folgendes festgestellt wurde:

  1. Am Tag der Erhebung konnte für die KQK Presse, Fabr. Walter, Fabr.-Nr. 555 Type WUPS, Bj. 1990, die gemäß der Arbeitsmittelverordnung erforderliche wiederkehrende Überprüfung nicht nachgewiesen werden, da eine derartige Überprüfung nicht stattgefunden hat, obwohl die Pressen, Stanzen und Spritzgießmaschinen mit Handbeschickung oder Handentnahme mindestens einmal im Kalenderjahr, jedoch höchstens im Abstand von 15 Monaten, einer wiederkehrenden Prüfung zu unterziehen sind.
  2. Bei der KQK Presse, Fabr. Walter, Fabr.-Nr. 555 Type WUPS, Bj. 1990, die als sicherheitstechnische Maßnahme einen Schlüsselschalter mit abziehbarem Schlüssel mit den Schaltmöglichkeiten: Einrichten, Zweihandbetrieb (Handeinrückung), Fußbetrieb (Fußeinrückung) und Dauerlauf (Dauerhub) aufweist, steckte der Schlüssel, obwohl dieser beim Betriebsleiter oder Einsteller der Anlage aufzubewahren gewesen wäre, da in diesem Fall der Schlüsselschalter für jeden nutzbar war und somit keine sicherheitstechnische Maßnahme mehr darstellte.

Weiters wurde diese Presse verwendet, obwohl Arbeitsmittel nur verwendet werden dürfen, wenn die für sie erforderlichen Prüfungen, wie wiederkehrende Prüfungen, durchgeführt wurden.

Bei dem Arbeitsunfall am 19.9.2001 wurden einer Arbeitnehmerin sechs Finger abgetrennt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis seinem ganzen Inhalt nach angefochten. Es wurde die Aufhebung und Einstellung des Strafverfahrens, in eventu Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass keine Rechtswidrigkeit vorliegt, weil der Berufungswerber einen Sicherheitsbeauftragten und eine Sicherheitsvertrauensperson bestellt hat und auch ein Merkblatt mit Sicherheitsinformationen im Unternehmen aufliegt. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer stichprobenartig die Einhaltung der von den Mitarbeitern übernommenen Agenden kontrolliert. Es ist daher ein Verschulden auszuschließen. Zur Umschaltung der Presse mittels Schlüsselschalter wird dargelegt, dass das Umstellen der gegenständlichen Presse ausschließlich dem Schichtleiter vorbehalten war. Bei ordnungsgemäßem Gebrauch der Maschine sei ein Hineingreifen in die Maschine und ein damit verbundenes Abtrennen von Fingern technisch gar nicht möglich, somit ist die Kausalitätskette für den Unfall jedenfalls unterbrochen. Die Maschine entsprach der Arbeitsmittelverordnung, weil sie durch einen Extraschlüssel (besonderes Gerät) zu bedienen bzw. umzuschalten ist. Darüber hinaus ist die verhängte Strafe jedenfalls zu hoch bemessen. Es wurde außer Acht gelassen, dass der Berufungswerber andere Sicherheitsmaßnahmen getroffen hat. Selbst wenn davon auszugehen ist, dass Verwaltungsübertretungen vorliegen, so hat der Berufungswerber die Übertretung nur durch Unterlassen der wiederkehrenden Überprüfung und Unterlassen einer sicherheitstechnischen Maßnahme begangen, wobei eine Begehung durch Unterlassung entsprechend mildernd zu würdigen ist. Auch wurden keine Feststellungen zum schuldhaften Verhalten des Berufungswerbers gemacht und hätte Fahrlässigkeit als Milderungsgrund berücksichtigt werden müssen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30.4.2004, an welcher der Rechtsvertreter des Beschuldigten, ein Vertreter der belangten Behörde sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck teilgenommen haben. Der Berufungswerber hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen V S (Arbeitnehmerin), AI Ing. W V, J M (Betriebsleiter), M K (Betriebsleiter) und H W (Sicherheitsvertrauensperson) geladen und bei der mündlichen Verhandlung einvernommen.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest:

Am 19.9.2001 stand im Unternehmen F M GmbH in eine KQK Presse, Fabr. Walter, Fabr.-Nr. 555 Type WUPS, Bj. 1990, in Betrieb, wobei bei der Unfallserhebung am selben Tag festgestellt wurde, dass die erforderliche wiederkehrende Überprüfung nicht nachgewiesen werden konnte, weil es keine Aufzeichnungen über durchgeführte Überprüfungen gab, und die Presse trotzdem verwendet wurde. Es wurden Fotos angefertigt und dem erstbehördlichen Akt beigelegt, woraus der Betrieb der Presse ersichtlich ist, nämlich ein Arbeitsplatz an der Vorderseite, betätigt von der Arbeitnehmerin G, der am Arbeitsplatz links und rechts eine Lichtschranke aufwies und jeweils einen Auslöser für Fußbetrieb und in der Mitte einen Auslöser für Zweihandbetrieb. Neben der Vorderseite befindet sich ein Kasten mit einem Schlüsselschalter mit abziehbarem Schlüssel, wobei als Schaltmöglichkeiten zur Verfügung waren: Einzelhub, Zweihandbetrieb, Fußbetrieb und Dauerhub. An der Rückseite der Presse war ebenfalls ein Arbeitsplatz eingerichtet, nämlich der Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin S, und wies dieser Arbeitsplatz je eine Lichtschranke links und rechts auf. Die Inbetriebnahme und Umschaltmöglichkeit befindet sich auf dem Schlüsselschalter mittels eines Schaltschlüssels. Erst dann kann der Auslöser an der Maschine betätigt werden. Wird der Auslöser für den Fußbetrieb betätigt, dann kann der Arbeitnehmer durch Fußpedale die Maschine in Gang setzten. Nur bei Fußbetrieb funktioniert die Lichtschranke, weil ja die Hände dann frei sind. Wird der Auslöser für Zweihandbetrieb betätigt (Foto 3), dann sind die links und rechts befindlichen schwarzen Knöpfe mit den Händen zu betätigen und wird die Presse in Betrieb gesetzt. Für den Einhandbetrieb genügt die Umschaltung auf dem Schlüsselschalter, einen gesonderten Auslöser gibt es nicht. Der Einhandbetrieb bzw. Einzelhub ist grundsätzlich für Einstellarbeiten vorgesehen. Sowohl beim Eintreffen der Gendarmerie als auch bei der Unfallserhebung steckte der Schlüssel am Schlüsselschalter.

 

Die Arbeitnehmerin S arbeitete bereits acht Jahre im Unternehmen, davon zwei Jahre an der gegenständlichen Presse. Zum Unfallszeitpunkt arbeitete sie an der Rückseite der Presse. Der Schlüsselschalter, der sich an der Vorderseite befindet, wurde vor dem Unfall von Frau G betätigt, dh umgeschaltet. Zum Unfallszeitpunkt war die Presse auf Handbetrieb. Von dieser Umschaltung wusste allerdings die Arbeitnehmerin S nichts. Auch steckt der Schlüssel immer. Wenn es Probleme gibt, ist der Schichtführer zu holen und dieser stellt dann den Schlüssel um.

 

Der Schichtführer ist unmittelbarer Vorgesetzter der Arbeitnehmerinnen und hat auch der verunfallten Arbeitnehmerin die Funktionsweise der Maschine erklärt, so z.B. wie die Platten einzulegen sind, damit nichts beschädigt wird. Der Schichtführer wies auch die Arbeit zu und teilt die Schicht ein. Die näheren Unterweisungen kamen vom Schichtführer. Betriebsleiter war Herr J M, kurz vor dem Unfall dann Herr M K. Belehrungen und Mitarbeiterunterweisungen hat die verunfallte Arbeitnehmerin bekommen, allerdings schon vor langer Zeit. Im Jahr 2001 hat sie keine solche Information erhalten und auch nichts unterschrieben. Wenn der Arbeitnehmerin die Sicherheitsinformationen für 2001 und Unterschriftslisten vorgelegt werden, so wies sie darauf hin, dass der Unfall schon im September war, die Eintragungen aber aus dem Oktober stammen.

 

Im Normalbetrieb wird der Schlüssel vom Schichtführer nur zum Ein- und Ausschalten der Maschine betätigt und die Arbeitnehmerinnen bzw. die Arbeitnehmerin an der Vorderseite betätigt die Auslöser. Nach Inbetriebsetzung der Maschine kann der Schlüssel wieder abgezogen werden. Sie legt vom Stoß eine Blechplatte in die Maschine und betätigt die Auslöser bzw. einen Knopf. Die Presse geht zu. An der Rückseite nimmt dann die Arbeitnehmerin mit beiden Händen die Platte heraus. An der Vorderseite genügt es, mit einer Hand den Knopf zu betätigen und es geht dann die Presse zu. Die Presse öffnet automatisch. Der Auslöser funktioniert mit einem Knopf, niemals mit zwei Händen gleichzeitig.

 

M K war zum Unfallszeitpunkt Betriebsleiter, allerdings erst seit zwei Wochen. Zu seinem Aufgabengebiet gehörte die Produktion, das Lager und die Arbeitsaufbereitung. Genau einen Tag vor dem Unfall hat er sich die Presse vom Schichtführer F erklären lassen und führte ihm dieser mit einem Papier vor, dass es Lichtschranken zur Sicherung der Maschine gebe. Jedenfalls bei der Schaltung "Einrichten" funktionieren die Lichtschalter nicht. Wann sie sonst nicht funktionieren war bis zum Unfallstag dem Betriebsleiter nicht bekannt. Zum Unfallszeitpunkt saß der Betriebsleiter im Büro und hatte Sichtkontakt zur Produktionshalle und zur Maschine. Aufgrund der Schreie rannte er zur Maschine und sah die Arbeitnehmerin mit den Händen in der Presse eingeklemmt. Der Schichtführer F war nicht erreichbar und so wurde der Schlosser, der die Maschine kannte, gerufen. Dieser betätigte den Schlüssel auf Einhandbetrieb, sodass die Presse aufging und die Arbeitnehmerin befreit werden konnte.

 

Zum Unfallszeitpunkt war der Schlüssel jedenfalls sicher nicht im Büro und in der Schreibtischlade des Betriebsleiters. Auch ist nicht in Erinnerung, dass der herbeigerufene Schlosser noch einmal weggelaufen ist, um einen Schlüssel zu holen. Es musste daher der Schlüssel zum Unfallszeitpunkt gesteckt sein.

 

Herr F ist zuständiger Sicherheitsbeauftragter für den Betrieb und kommt einmal im Monat in den Betrieb und zeigt Mängel auf. Für die Mängelbehebung ist dann die Sicherheitsvertrauensperson im Betrieb, H W, verantwortlich. Dieser war 34 Jahre im Betrieb und ist ihm auch die gegenständliche Maschine bekannt. Zur gegenständlichen Presse führte er aus, dass diese grundsätzlich auf Zweihandbetrieb funktioniert, nämlich dass der Auslöser mit zwei Händen betätigt wird, dann die Presse zugeht und automatisch wieder aufgeht. Sofort zum Stillstand kommt sie durch Betätigen des Notein- und Ausschalters. Grundsätzlich sollte die Lichtschranke in jeder Schalterstellung funktionieren, sodass weder seitlich noch vorne in die Presse hineingegriffen werden kann und dann die Presse heruntergeht. Allerdings gibt die einvernommene Sicherheitsvertrauensperson an, dass die Presse ursprünglich an der Wand gestanden ist und nur für einen Einmannbetrieb gedacht war, also dass ein Arbeitnehmer an der Vorderseite die Platten einlegte und auch wieder herausnahm. Die Maschine wurde dann im Betrieb umgestellt und umgearbeitet, sodass sie doppelt so schnell produzieren konnte. Diese Umrüstung der Maschine hat allerdings die Sicherheitsvertrauensperson nicht mehr vorgenommen und war ihr daher die Funktionsweise nicht mehr geläufig.

 

Für die Sicherheit der Arbeitnehmer und deren Unterweisungen war der Betriebsleiter verantwortlich gemacht, allerdings waren solche Aufzeichnungen im Betrieb bis zum Unfallszeitpunkt nicht auffindbar. Erst aufgrund des Unfalles wurde vom Betriebsleiter K persönlich eine Unterweisung der Arbeitnehmer durchgeführt und dies auch von den Arbeitnehmern schriftlich bestätigt. Nur bei Arbeitsantritt durch den neuen Betriebsleiter wurde dieser vom Unternehmensinhaber und handelsrechtlichen Geschäftsführer öfter kontrolliert, dann war er selbständig. Er zog aus dem Unfall auch die Konsequenz, dass der Umschaltschlüssel dann immer vom Schichtführer aus dem Büro des Betriebsleiters geholt werden musste, die Maschine eingestellt wurde, der Schlüssel wieder abgezogen wurde und wieder im Büro verwahrt wurde. Zu diesem Schlüssel hatte außer dem Schichtführer niemand Zugang.

 

Auch der vorangegangene Betriebsleiter J M bestätigte, dass der Schlüssel grundsätzlich am Schlüsselschalter steckte, aber vor allem vom Schichtführer und Schlosser betätigt wurde, die die Maschine einrichteten. Auch dieser Betriebsführer wusste nicht, dass die Lichtschranken nur bei Fußbetrieb funktionierten. Zu den Sicherheitsunterweisungen gab der Betriebsleiter M an, dass etwa erst ab der Bestellung des Sicherheitsbeauftragten, also etwa zwei Jahre vor dem Unfallszeitpunkt, Arbeitsunterweisungen und Sicherheitsunterweisungen im Betrieb stattfanden. Die Bestätigung durch Unterschrift verblieb im Büro. Die jeweiligen Sicherheitsanweisungen für die Maschine auch in der Nähe der jeweiligen Maschine. Diesen Ausführungen konnte hingegen nicht der nötige Glaube geschenkt werden, zumal schriftliche Aufzeichnungen weder im Büro noch im Betrieb vor Ort auffindbar waren. Auch waren die Angaben des Zeugen über die stattgefundenen und wiederholten Überprüfungen unglaubwürdig, zumal dieser sich auf die Sicherheitsvertrauensperson berief, welche aber ihrerseits bekannt gab, dass sie den Umbau der Maschine nicht mehr mitverfolgt hat und sich daher mit der Maschine dann nicht mehr ausgekannt habe.

 

Jedenfalls bestätigte auch der Betriebsleiter M, dass der Schlüssel immer steckte, wenngleich aber die Betätigung nur den Schichtführern vorbehalten war.

Die übrigen Feststellungen stützen sich auf die einvernommenen Zeugen, welche glaubwürdig und widerspruchsfrei ihre Angaben machten. Diese Angaben deckten sich auch mit den gemachten Fotos bzw. den Erhebungen durch den Arbeitsinspektor. Auch entsprechen die Aussagen der Lebenserfahrung, so z.B. dass die gegenständliche Presse umgebaut wurde, wobei dann die Lichtschranken nicht mehr sinnhaft vorgesehen wurden, allerdings ein zusätzlicher nicht gesicherter Arbeitsplatz geschaffen wurde, die eigentliche Sicherung der Maschine durch Abzug des Schlüssels nicht gegeben war und vor allem, wie sich herausstellte, dass bei Betätigung der Maschine an der Vorderseite eine Kontaktnahme mit der Arbeitnehmerin an der Rückseite nicht stattfand. Jedenfalls ist aber auch erwiesen, dass eine wiederkehrende Überprüfung der Presse bis zum Unfallszeitpunkt nicht nachgewiesen werden kann und aufgrund der Lebenserfahrung auch vermutet werden kann, dass eine wiederkehrende Überprüfung auch nicht stattgefunden hat, weil ansonsten Funktionsmängel zum Vorschein hätten kommen müssen. Erst nach dem Unfallszeitpunkt sind Unterweisungen der Arbeitnehmerinnen nachweisbar und ersichtlich.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl. Nr. 54/1994 idgF, ASchG, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als ArbeitgeberIn entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Z22 Arbeitsmittelverordnung - AM-VO, BGBl. II Nr. 164/2000, sind Pressen mindestens einmal im Kalenderjahr, jedoch längstens im Abstand von 15 Monaten, einer wiederkehrenden Prüfung zu unterziehen.

 

Gemäß § 11 Abs.1 Z2 AM-VO sind die Ergebnisse der wiederkehrenden Prüfungen in einem Prüfbefund festzuhalten und sind die Prüfbefunde gemäß § 11 Abs.3 AM-VO von den ArbeitgeberInnen bis zum Ausscheiden des Arbeitsmittels aufzubewahren und müssen am Einsatzort des Arbeitsmittels Prüfbefunde vorhanden sein.

 

Gemäß § 6 Abs.1 Z1 AM-VO dürfen Arbeitsmittel nur verwendet werden, wenn die für sie erforderlichen Prüfungen, wie auch die wiederkehrenden Prüfungen, durchgeführt wurden.

 

Indem Prüfbefunde weder bei der Maschine noch sonst im Unternehmen gefunden werden konnten und auch bis in das Verfahren zweiter Instanz nicht vorgelegt werden konnten, aber auch Zeugen über eine wiederkehrende Überprüfung weder vorgebracht noch einvernommen werden konnten, ist erwiesen, dass eine wiederkehrende Überprüfung der Maschine nicht stattgefunden hat. Die gegenständliche Presse wurde aber zum Unfallszeitpunkt ohne die wiederkehrende Prüfung in Betrieb genommen und verwendet. Es wurde daher klar der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

5.2. Gemäß § 57 Abs.2 AM-VO dürfen Pressen und Stanzen sich nur mit einem besonderen Gerät von Einzelhub auf Dauerhub und von Hand- auf Fußeinrückung umschalten lassen.

 

Nach dem Stand der Technik ist ein besonderes Gerät ein Schlüsselschalter, bei dem der Schlüssel getrennt von der Anlage aufbewahrt wird, z.B. beim Betriebsleiter oder Einsteller der Anlage.

 

Das Beweisverfahren hat eindeutig ergeben, dass bis zum Unfallszeitpunkt der Schlüssel stets am Schlüsselschalter gesteckt ist und daher für jedermann zu betätigen war, also auch von den einzelnen Arbeitnehmern. Durch diese Vorgehensweise war allerdings die Schutzbestimmung des § 57 Abs.2 AM-VO nicht erfüllt, weil Sinn dieser Bestimmung ist, dass dieses besondere Gerät eine besondere Schutzvorrichtung der Arbeitnehmer darstellen soll, also dass dieses Gerät nur von bestimmten Personen zu betätigen ist. Wenngleich auch im gegenständlichen Betrieb eine Anweisung bestand, dass der Schlüssel nur vom Schichtführer, bei Bedarf auch vom Schlosser, der die Maschine repariert, betätigt werden darf, so ist doch dem Sinn des Gesetzes damit nicht entsprochen. Insbesondere aber wird nicht dargelegt, dass die Einhaltung dieser Vorgehensweise auch streng kontrolliert wird und sichergestellt wird, dass keine andere Person als der Schichtführer den Schlüssel in Betrieb nimmt. Vielmehr haben die Aussagen gezeigt, dass jedermann den Schlüssel betätigen konnte und unter Umständen auch Arbeitnehmer den Schlüssel tatsächlich betätigt haben. Es wurde daher genannter Bestimmung, die eine Schutzbestimmung für die Arbeitnehmer darstellt, nicht entsprochen. Es wurde daher auch der objektive Tatbestand zum Faktum 2. erfüllt.

 

5.3. Zum Verschulden führt der Berufungswerber Merkblätter und Sicherheitsinformationen ins Treffen und auch eine strichprobenartige Kontrolle durch den Berufungswerber. Dieses Vorbringen kann den Berufungswerber nicht entlasten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt bei Ungehorsamsdelikten, zu welchen auch die beiden vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen zählen, fahrlässiges Verhalten und ist Fahrlässigkeit ohne weiteres zu vermuten, sofern dem Beschuldigten eine Entlastung nicht gelingt. Solch ein Entlastungsnachweis wurde vom Berufungswerber nicht in ausreichendem Maß erbracht. Vielmehr hat das Beweisverfahren, insbesondere die Zeugeneinvernahmen, ergeben, dass genaue Sicherheitsinformationen und Unterweisungen der Arbeitnehmer über die Betriebsweise der Maschine nicht stattgefunden haben und jedenfalls auch nicht nachweislich belegbar waren. So gab die verunfallte Arbeitnehmerin an, schon vor langer Zeit, etwa bei der Betriebseinstellung, über das Arbeiten bei der Presse informiert worden zu sein. Weitere Sicherheitsinformationen habe sie nicht erhalten. Auch die Einvernahme des neuen Betriebsleiters Kiefer hat in eindeutiger Weise ergeben, dass erst nach dem Unfall, dies zum Anlass genommen wurde, ausdrückliche Sicherheitsunterweisungen und auch diesbezügliche schriftliche Bestätigungen vorzunehmen. Dies wurde dann auch im Verfahren erster Instanz durch Vorlage der entsprechenden Unterschriftslisten dargelegt. Insbesondere hat aber das Beweisverfahren auch ergeben, dass weder der Betriebsleiter, noch der Schichtführer, noch der Schlosser als Sicherheitsvertrauensperson über die wirkliche Funktionsweise der Maschine im Detail Bescheid wussten und daher auch entsprechende Sicherheitseinrichtungen bei der Maschine, wie insbesondere funktionsfähige sichernde Lichtschranken, nicht eingerichtet wurden und daher auch eine entsprechende Unterweisung der Arbeitnehmerinnen auch nicht erfolgte. Vielmehr hat auch gezeigt, dass der Unfall ja nur darauf zurückzuführen war, dass die zwar vom Produzenten zertifizierte Presse später im Unternehmen für den konkreten Betrieb umgebaut wurde von einem Einmannbetrieb zu einem Zweimannbetrieb, und dabei die erforderlichen Sicherheitsmechanismen nicht richtig montiert wurden. Die mangelnde Abnahme nach dem Umbau sowie auch die fehlenden wiederkehrenden Prüfungen nach dem Umbau der Presse haben dann dazu geführt, dass Mängel nicht aufgedeckt wurden und daher auch der gegenständliche Unfall möglich war. Es war daher entgegen den Ausführungen des Beschuldigten sogar von einem erhöhten Verschulden auszugehen, da er grob fahrlässig sich um die Sicherheit der Maschinen und letztlich der diese Maschinen betätigenden Arbeitnehmer nicht kümmerte. Auch das Vorbringen, dass nur der Schichtleiter den Schlüssel betätigen dürfe, konnte eine Entlastung des Beschuldigten nicht bewirken. Vielmehr hat er dadurch selbst zum Ausdruck gebracht, dass konkrete Maßnahmen, die unter vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten, nicht getroffen wurden. Solche Maßnahmen wären nämlich nach dem Stand der Technik die getrennte Aufbewahrung des Schlüssels gewesen. Auch brachte der Berufungswerber nicht einmal vor, dass er entsprechende Maßnahmen und Kontrollen getroffen hat, dass nicht nur der Schichtleiter den Schlüssel betätigt. Der Berufungswerber spricht nur von stichprobenartigen Kontrollen. Solche reichen aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich nicht aus, sondern es verlangt der Verwaltungsgerichtshof ein lückenloses Kontrollnetz. Es war daher auch vom Verschulden des Berufungswerbers auszugehen.

 

5.4. Hinsichtlich der Strafbemessung hat die belangte Behörde auf den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat Bedacht genommen und zu den persönlichen Strafbemessungsgründen jedenfalls die Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd gewertet und als erschwerend aber die nachteiligen Folgen der Verwaltungsübertretungen, nämlich die Verletzung der Arbeitnehmerin. Bei diesen Folgen handelt es sich um Dauerfolgen. Diesen Ausführungen kann nicht entgegengetreten werden. Auch ist anzumerken, dass der Berufungswerber genau mit seinem Verhalten jenen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat, der in der Strafdrohung typisiert ist, verwirklicht hat. Weitere Milderungsgründe brachte der Berufungswerber nicht hervor und traten auch im Berufungsverfahren nicht hervor. Wenn der Berufungswerber aber das Unterlassen als Milderungsgrund anführt, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Verwaltungsübertretungen ein Zuwiderhandeln gegen ein gebotenes Tun darstellen, also ein Unterlassen, für das an sich nach § 5 Abs.1 VStG Fahrlässigkeit durch Gesetz vermutet wird. Dieses Unterlassen, nämlich das Zuwiderhandeln gegen ein gebotenes Tun, stellt daher keinen Milderungsgrund dar. Im Übrigen hat die belangte Behörde eine Strafe pro Delikt verhängt, die lediglich ein Zehntel des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens ausmacht. Die jeweilige Geldstrafe ist daher nicht überhöht und auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers angepasst. Dieser gibt Konkurseröffnung über das Unternehmen, ein Arbeitslosengeld von 1.000 Euro monatlich, sowie das Eigentum über eine Haushälfte im Wert von ca. 150.000 Euro an. Es sind daher die verhängten Geldstrafen ebenfalls zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Klempt
 
Beschlagwortung:
Kontrollnetz, Unterweisung

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