Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280730/2/Ga/Wü

Linz, 05.10.2004

 

 VwSen-280730/2/Ga/Wü Linz, am 5. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Herrn E A in W a I, vertreten durch D. D, D. S, D. R, Rechtsanwälte in A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 8. April 2004, Ge96-21-2004, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) in zwei Fällen, zu Recht erkannt:


Die Berufung wird abgewiesen. Das Straferkenntnis wird bestätigt.

Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 280 € zu leisten (Faktum 1: 120 €; Faktum 2: 160 €).

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 f VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 8. April 2004 wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig gesprochen:
"Sie sind handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der A M G. mit dem Sitz in W a I, R , und haben es als solcher zu verantworten, dass am 27.02.2004 auf der Baustelle des Fachmarktzentrums in F, L S, I,

  1. ein Arbeitnehmer auf einem verfahrbaren Metallgerüst mit einer Absturzhöhe von 3,8 m zu Montagearbeiten herangezogen worden ist, ohne dass Brust-, Mittel- und Fußwehren angebracht waren, obwohl Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 BauV versehen sein müssen und
  2. dass zwei Arbeitnehmer auf einem ca. 3,0 m auskragenden Vordach mit einer Absturzhöhe von ca. 4,2 m und einer Dachneigung von ca. 5 º zu Montagearbeiten herangezogen worden sind, ohne dass Absturzsicherungen (Geländer an den Absturzkanten bzw. Abgrenzungen) oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7-10 BauV vorhanden waren."

Dadurch habe er 1. § 58 Abs.3 erster Satz iVm § 8 Abs.1 und § 130 Abs.5 Z1 ASchG, 2. § 87 Abs.2 iVm § 130 Abs.5 Z1 ASchG übertreten.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber Geldstrafen kostenpflichtig verhängt: zu 1. 600 €, zu 2. 800 €. Zu beiden Fakten wurden auch Ersatzfreiheitsstrafen festgesetzt.
Über die gegen dieses Straferkenntnis - ohne Verhandlungsantrag - erhobene, in der Hauptsache Aufhebung und Einstellung, hilfsweise die Herabsetzung der Geld strafen begehrende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Soweit der Berufungswerber die örtliche Unzuständigkeit der belangten Behörde einwendet, ist er auf die Judikatur zu verweisen. Danach kommt es für die örtliche Zuständigkeit in Fällen wie hier nicht auf die Örtlichkeit der Baustelle, sondern auf den Sitzort der als Arbeitgeber involvierten Gesellschaft an, und zwar als jener Ort, an dem das für die Gesellschaft verantwortliche Organ hätte handeln müssen, um die Einhaltung der Schutzvorschriften zu Gunsten der an der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer zu gewährleisten.
 
In der Sache selbst stellt die Berufung den Schuldspruch zu beiden Fakten tatseitig außer Streit. Der Berufungswerber wendet jedoch ein, dass ihn an den Vorfällen kein Verschulden treffe. Es sei nämlich, dahin lässt sich das erkennbar eine insoweit unrichtige rechtliche Beurteilung behauptende Berufungsvorbringen zusammenfassen, in seiner Firma mit Bezug auf die sprucherfasste Baustelle ein funktionierendes Kontrollsystem eingerichtet gewesen, sodass im Ergebnis keine Sorgfaltswidrigkeit vorgelegen sei.
 
Für die Wirksamkeit dieses Kontrollsystems führt der Berufungswerber im wesentlichen an:
 
Zum Beweis des letzten Punktes beantragt der Berufungswerber die zeugenschaftliche Vernehmung eines namentlich genannten Facharbeiters.
 
Mit diesem Vorbringen betreffend das in seinem Unternehmen eingerichtete Kontrollsystem hat der Berufungswerber sein mangelndes Verschulden nicht iS des § 5 Abs.1 VStG glaubhaft gemacht.
Dazu wäre es erforderlich gewesen, ein konkretes Tatsachenvorbringen zu erstatten, aus dem sich detailliert ergibt, welches Kontroll- und Maßnahmensystem zur Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften in dem vom Berufungswerber geleiteten Unternehmen geschaffen wurde und wie dieses konkret funktioniert (vgl. VwGH 20.9.2001, 99/11/0227). Die bloße Dartuung der Erteilung von Weisungen, der in regelmäßigen Abständen erfolgenden Kontrolle auf Einhaltung der erteilten Instruktionen und der Ausgabe von Informationen allgemeiner Art über Schutzvorschriften und Schutzeinrichtungen an die Arbeitnehmer vor Aufnahme eines Dienstverhältnisses bzw. vor Antritt der Arbeiten reicht zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens des Arbeitgebers nicht aus.
Vielmehr wäre es - über das Glaubhaftmachen der Existenz eines Kontrollsystems in generell-abstrakter Form hinaus - erforderlich gewesen aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen (vgl. VwGH 30.9.1998, 98/02/0148; VwGH 24.8. 2001, 2001/02/0148, 0149; VwGH 28.6.2002, 98/02/0180) der Berufungswerber als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher und im Rahmen seiner Haftung als Anordnungsbefugter vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, dh sicherzustellen, dass die "selbst" (also offenbar ohne Vorliegen eines in besonderer Weise hierarchisch aufgebauten Kontrollsystems) angewiesenen Arbeiter die erteilten Instruktionen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften (hier: jene der BauV zum Schutz vor Absturz von Montagegerüsten bzw. bei Arbeiten auf Dächern) auch tatsächlich befolgen.
Auf den Berufungsfall angewendet hätte also das Behauptungsvorbringen detailliert darzustellen gehabt, dass und welche konkreten Maßnahmen - durch Gestaltung von Arbeitsbedingungen, durch entsprechende Entlohnungsmethoden und durch disziplinäre Eingriffe u.dgl. - so vorgekehrt und durch den Berufungswerber selbst gehandhabt wurden, auf dass die Unterbindung von Anreizen zur Verletzung der angesprochenen Schutzvorschriften sowie Nachlässigkeiten in diese Richtung unter vorhersehbaren Verhältnissen und mit gutem (damit auch gemeint: auf betriebliche Besonderheiten Bedacht nehmenden) Grund erwartet werden durfte.
Gerade Maßnahmen dieser Art, die der Berufungswerber selbst ergreift bzw. ergriffen hat, wurden mit den oben wiedergegebenen Angaben (betr. Instruktionen, Befähigungen, Kontrollen, Informationen und Weisungen) jedoch nicht dargestellt.
 
War aber das Berufungsvorbringen insgesamt nicht geeignet, ein funktionierendes, die Ergreifung bestimmter Maßnahmen durch den Berufungswerber selbst miteinbeziehendes Kontrollsystem, bezogen auf die konkrete Baustelle und die dort vorzukehrenden Sicherheitseinrichtungen, darzulegen, so war der UVS auch nicht gehalten, den zum Beweis für dieses - zu seiner Entlastung untaugliche - Vorbringen namhaft gemachten Zeugen (dies allerdings ohne bestimmt formuliertes Beweisthema) zu vernehmen (vgl. VwGH 28.6.2002, 98/2/0180, mit Vorjudikatur).
 
Aus allen diesen Erwägungen war vorliegend der belangten Behörde in der Annahme auch der subjektiven Tatseite im Grunde des § 5 Abs.1 VStG nicht entgegen zu treten. Der Schuldspruch war daher zu bestätigen.
 
Gegen die - von der belangten Behörde an Hand der Kriterien des § 19 VStG festgesetzten und nachvollziehbar (auch in Übereinstimmung mit der Aktenlage) begründeten - Strafhöhen bringt der Berufungswerber nur vor, sie seien "keinesfalls" tat- und unrechtsangemessen. Nähere Darlegungen zu dieser Behauptung enthält die Berufung nicht. Ein Ermessensfehler der belangten Behörde war nicht festzustellen. Die beantragte Reduktion der verhängten Geldstrafen war daher nicht vorzunehmen.
Der nicht ausdrücklich beantragten, sondern in den Berufungsgründen bloß erwähnten Anwendung des § 21 VStG stünde in beiden Fällen die Nichterfüllung des Tatbestandsmerkmals ("Folgen der Übertretung unbedeutend") entgegen. Schon im Hinblick auf die Absturzhöhen (3,8 m bzw. 4,2 m) konnte entgegen der Ansicht des Berufungswerbers von einem "völlig geringen" Gefahrenpotenzial nicht die Rede sein.
Auch der Strafausspruch war in beiden Fällen daher zu bestätigen.
 
Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber der Beitrag zu den Kosten des Tribunalverfahrens in der gesetzlichen Höhe (20 % der verhängten und bestätigten Geldstrafen) aufzuerlegen.
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 
 
 

Mag. Gallnbrunner

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