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VwSen-280733/2/Kl/Pe

Linz, 20.07.2004

 

 

 VwSen-280733/2/Kl/Pe Linz, am 20. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des H S, vertreten durch Rechtsanwälte G, G & Partner OEG, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14.4.2004, Ge96-72-2002-GRM/KM, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 31, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14.4.2004, Ge96-72-2002-GRM/KM, wurden über den Berufungswerber dreimal eine Geldstrafe von je 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe dreimal einen Tag, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 7 Abs.1, § 7 Abs.2 Z4 und § 7 Abs.4 BauV iVm §§ 130 Abs.5 Z1 und 118 Abs.3 ASchG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma HF I F H GmbH mit Sitz und Geschäftsanschrift in, und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 VStG idgF folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten hat:

Bei der Besichtigung am 23.7.2002 der Baustelle am Betriebsgelände der V S GmbH in, Feuerverzinkung III der HF I F H GmbH, wurde von einem Arbeitsinspektor des Arbeitsinspektorates Linz Folgendes festgestellt:

Der Arbeitnehmer D war zwischen den Achsen 13 und 14 in ca. 20 m Höhe (Pkt. A der Fotodokumentation) mit Stahlbau-Montagearbeiten beschäftigt. Dabei befand er sich völlig ungesichert auf einem ca. 30 cm breiten Stahlträger.

Der Arbeitnehmer M war zwischen den Achsen 9 und 12 B mit Schweißarbeiten in ca. 32,5 m Höhe (Pkt. B) beschäftigt. Dabei befand er sich auf einem ca. 100 cm breiten Pfostenbelag ohne Absturzsicherung.

Der Arbeitnehmer A war in einer Höhe von ca. 12,5 m (Pkt. C) mit dem Auslegen von Pfosten beschäftigt. Dabei befand er sich völlig ungesichert auf ca. 100 cm breiten Stahlträgern bzw. auf bereits verlegten Pfosten.

Alle drei Arbeitsplätze waren nicht durch Absturzsicherungen iSd § 8 BauV oder Schutzeinrichtungen iSd § 10 BauV abgesichert.

Obwohl Absturzgefahr iSd § 7 BauV aus mehr als 2 m (tatsächlich ca. 12,5 m, 20 m und 32,5 m) Höhe bestand und Absturzsicherungen iSd § 8 BauV und Schutzeinrichtungen iSd § 10 BauV nicht vorhanden waren, waren die o.a. Arbeitnehmer nicht iSd § 30 BauV sicher angeseilt.

Beim Arbeitsinspektorat Linz ist keine schriftliche Mitteilung gemäß § 23 Abs.1 ArbIG über die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG idgF eingelangt und liegt somit keine rechtswirksame Bestellung vor.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und auf die bereits erfolgten Stellungnahmen vom 10.3.2003 und 30.1.2003 verwiesen und diese zum Inhalt der Berufung gemacht. Weiters wurde dargelegt, dass es zu regelmäßigen Unterweisungen der einzelnen Dienstnehmer gekommen ist und von den Dienstnehmern auch zur Kenntnis genommen wurde. Auch wurde für den Fall des Zuwiderhandelns den einzelnen Dienstnehmern die Entlassung angedroht. Der Berufungswerber hat daher ein ausreichendes Kontroll- und Überwachungssystem aufgebaut und Maßnahmen zur Hintanhaltung von Übertretungen nach dem ASchG gesetzt. Die Wahrnehmungen des Arbeitsinspektors am 23.7.2002 sind durchaus zutreffend, allerdings erfolgten die Handlungen der Dienstnehmer ohne Wissen und ohne Willen des Berufungswerbers. Es wurde daher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt die mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (§ 32 Abs.2 VStG). Die Verfolgungshandlung hat die als erwiesen angenommene Tat gemäß 3 44a VStG konkretisiert zu umschreiben.

 

Gegen den Beschuldigten wurde als erste Verfolgungshandlung eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.1.2003 erlassen. Diese Aufforderung zur Rechtfertigung enthält zwar den Tatort und die Tathandlung, es fehlt aber ein Tatzeitpunkt. Dies wurde der Behörde auch in der Stellungnahme des Beschuldigten vom 10.3.2003 mitgeteilt. Es wurde dargelegt, dass mehrere Besichtigungen durch das Arbeitsinspektorat stattgefunden hätten und aus dem Tatvorwurf nicht hervorgeht, ob es sich um die Besichtigung am 18.7.2002 oder am 23.7.2002 handle.

Die im Akt befindliche Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz bezieht sich auf die Betriebsbesichtigung und die Feststellung der Verwaltungsübertretungen am 23.7.2002. Die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG ist somit mit 23.1.2003 abgelaufen. Die zwei Tage vor Fristablauf erfolgte Aufforderung zur Rechtfertigung als erste und einzige Verfolgungshandlung in der Verfolgungsverjährungsfrist enthält einen Tatzeitpunkt nicht. Es ist daher Verfolgungsverjährung eingetreten und war das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Klempt
 
Beschlagwortung:

Tatzeit, Verfolgungsverjährung

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