Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280747/8/Kl/Pe

Linz, 24.08.2004

 

 

 VwSen-280747/8/Kl/Pe Linz, am 24. August 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn J S, vertreten durch Herrn M B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 24.6.2004, Ge96-39-2004, (Strafausmaß) wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen das Strafausmaß wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf den Strafausspruch vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, dass in der Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG der Ausdruck "Ziff.1" zu entfallen hat.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind 500 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 24.6.2004, Ge96-39-2004, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von je 1.250 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 60 Stunden, wegen je einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 7, 8, 9, 10, 87 Abs.3, 87 Abs.5 und 88 BauV iVm § 130 Abs.5 ASchG verhängt und folgende Tat vorgeworfen:

"Anlässlich eines Lokalaugenscheines am 13.5.2004 konnte um ca. 15.00 Uhr durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck festgestellt werden, dass die bei Ihnen beschäftigten Arbeitnehmer Herr G B, geb. am sowie Herr C H geb. am auf dem Dach des Wohnobjektes F, mit Dacharbeiten (aufnageln von Ortgangbrettern) beschäftigt waren, wobei die Dienstnehmer kein Sicherheitsgeschirr trugen und auch nicht angeseilt waren und am gesamten Wohnobjekt weder ein Dachfanggerüst noch Dachschutzblenden angebracht worden sind. Die Traufenhöhe am gegenständlichen Objekt betrug an der Süd- und an der Nordseite ca. 4 m und die Dachneigung an beiden Seiten 32°.

Sie haben somit als Arbeitgeber am 13.5.2004 um ca. 15.00 Uhr den Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung zuwider gehandelt, indem Sie zu diesem Zeitpunkt

  1. den Arbeitnehmer G B, geb.,
  2. den Arbeitnehmer C H, geb.

auf dem Dach des Wohnobjektes F, mit einer Traufenhöhe von mehr als 4 m an der Süd- und Nordseite und einer Dachneigung von 32° an beiden Seiten mit Dacharbeiten (aufnageln von Ortgangbrettern) beschäftigt haben, obwohl geeignete Schutzeinrichtungen (Dachschutzblenden, Dachfanggerüste, Umwehrungen, etc.) nicht vorhanden waren, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, und die Arbeitnehmer auch kein Sicherheitsgeschirr trugen und nicht angeseilt waren."

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung gegen die Strafhöhe eingebracht und die Berufung auftragsgemäß rechtzeitig verbessert. Es wurde die Mindeststrafe begehrt. Begründend wurde in der Berufung angeführt, dass in der Beilage die Einkommensverhältnisse offen gelegt werden und für das laufende Jahr 2004 der Berufungswerber mit einer Verbesserung des Ergebnisses hofft, wobei kein positives Ergebnis zustande kommen wird. Der Berufungswerber verfügt über kein Einkommen. Es wurde der Einkommenssteuerbescheid 2001 und ein Einkommensnachweis 2002 (voraussichtlicher Einkommenssteuerbescheid 2002) vorgelegt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat das zuständige Arbeitsinspektorat am Verfahren beteiligt und auf die Einkommenssituation hingewiesen. Das Arbeitsinspektorat hat in seiner Stellungnahme vom 11.8.2004 mitgeteilt, dass die vom Berufungswerber unbestrittenen Verstöße gegen die BauV und das KJBG als schwere Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen anzusehen sind. Durch die Missachtung dieser Bestimmungen haben sich zahlreiche Unfälle mit zum Teil tödlichen Ausgang ereignet. Auch wurde noch einmal auf die besondere Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hinsichtlich des Jugendschutzes hingewiesen. Es wurden daher die gestellten Strafanträge hinsichtlich der beantragten Strafhöhe aufrecht erhalten.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Einsichtnahme in die vorgelegten Unterlagen. Weil sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet und eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

Durch die bloße Strafberufung ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

5.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis die bei der Einvernahme am 17.6.2004 bekannt gegebenen persönlichen Verhältnisse (Einkommen ca. 500 Euro netto, kein Vermögen, zwei Kinder) zu Grunde gelegt. Sie hat auf die Gefährdung der Gesundheit und des Lebens der Arbeitnehmer bei der Strafbemessung Bedacht genommen, insbesondere durch die besonders gefährliche Höhe von ca. 4 m und eine Dachneigung von 32°, wobei bei solchen Bedingungen immer wieder schwere Unfälle mit teilweise tödlichem Ausgang zustande kommen. Auch kam starker Regen als besonders gefährlich hinzu. Sie hat weiters keine Milderungsgründe zu Grunde gelegt und das Verschulden als nicht geringfügig betrachtet. Auch bezog sie in ihre Erwägungen mit ein, dass keine Absturzsicherungen auf der gesamten Baustelle vorrätig waren und auch keine Sicherheitsgurte vorhanden waren.

 

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Art.130 Abs.3 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG (dieser ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

 

Im Sinn der zitierten gesetzlichen Bestimmungen sowie der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat daher die belangte Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen in gesetzmäßiger Weise Gebrauch gemacht und konnte eine Ermessensüberschreitung nicht festgestellt werden. Es sind die Ausführungen der belangten Behörde grundsätzlich der Entscheidung zu Grunde zu legen. Ergänzend wird zum Unrechtsgehalt ausgeführt, dass gerade durch die Vorschriften der BauV eine Gesundheitsbeeinträchtigung bzw. Gesundheitsgefährdung des Arbeitnehmers hintangehalten werden soll. Durch die Nichteinhaltung der diesbezüglichen Bestimmungen wird genau dieser Schutzzweck verfehlt, weshalb der Nichteinhaltung insbesondere im Hinblick auf die doch erhebliche Absturzgefährdung - besonders bei starkem Regen und Steildach - ein besonderer Unrechtsgehalt zukommt. Schon im Sinn des Unrechtsgehaltes der Übertretungen kann daher mit noch niedrigeren Strafen - wie sie vom Beschuldigten gefordert wurden - nicht das Auslangen gefunden werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Normen des Arbeitnehmerschutzes zwingend sind und daher von der Parteiendisposition ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber wollte nämlich vermeiden, dass regelmäßig in wirtschaftlicher Abhängigkeit stehende Arbeitnehmer ihre gesundheitlichen Interessen aus wirtschaftlichen Gründen außer Acht lassen. Die verhängten Geldstrafen pro Arbeitnehmer - auf Grund des nach § 22 VStG gebotenen Kumulationsprinzips war je Delikt eine gesonderte Geldstrafe und eine gesonderte Ersatzfreiheitsstrafe zu verhängen - betragen jeweils ca. 1/5 des gesetzlichen Strafrahmens und sind daher im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens angesiedelt. Sie sind dem Unrechtsgehalt der Tat durchaus angemessen. Auch kam dem Berufungswerber kein Milderungsgrund zu.

Mangels Überwiegen von Milderungsgründen war auch nicht gemäß § 20 VStG mit außerordentlicher Milderung vorzugehen. Schließlich liegt auch kein geringfügiges Verschulden vor.

 

Wenn dagegen der Berufungswerber seine Mittellosigkeit anführt (kein Einkommen), so ist ihm der Wert der Unternehmung entgegenzuhalten, insbesondere aber die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wie z.B. das Erkenntnis vom 14.11.2002, Zl. 2000/09/0207-7, wonach § 19 VStG nicht ausschließlich auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse abstellt und auch daraus nicht etwa ein Anspruch auf Verhängung bloß der Mindeststrafe folgt. Es wurden daher von der belangten Behörde Zweifel an den angegebenen ungünstigen Einkommensverhältnissen gehegt, diese aber zu Grunde gelegt, welche der Berufungswerber teilweise darlegte. Ein Nachweis über die letzten Jahre (2003, 2004) wurde nicht eindeutig und klar erbracht. Es war aber die Geldstrafe auch schuldangemessen zu verhängen, insbesondere war auf die Sorglosigkeit des Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren Bedacht zu nehmen. So wurde im Verwaltungsstrafverfahren vom Beschuldigten nichts zu seiner Entlastung vorgebracht und kam durch die Tatbegehung klar zum Ausdruck, dass er sämtliche Sorgfalt für die Arbeitnehmer außer Acht gelassen hat, die ihm nach den einschlägigen Bestimmungen als Arbeitgeber auferlegt sind. Er hätte nämlich Sorge tragen müssen, dass Sicherheitsvorkehrungen bzw. Sicherheitseinrichtungen noch vor Beginn der Arbeiten aufgestellt werden, oder zumindest dass eine andersartige Sicherung der Arbeitnehmer vorgenommen werden kann, so z.B. durch Sicherheitsgeschirre und Sicherheitsseile. Da aber keinerlei Sicherheitseinrichtungen auf der Baustelle vorhanden waren, war dies besonders erschwerend beim Verschulden und daher auch in der Strafbemessung zu berücksichtigen. Es sind daher die verhängten Geldstrafen jeweils tat- und schuldangemessen und den persönlichen Verhältnissen angepasst, zumal sie jeweils im unteren Bereich des Strafrahmens gelegen sind. Im Übrigen waren die verhängten Geldstrafen erforderlich, um den Berufungswerber, welcher sein Gewerbe auch nach wie vor ausübt, vor einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und auch im Sinn generalpräventiver Aspekte andere Gewerbeausübende vor entsprechenden Übertretungen abzuschrecken.

 

Es war daher auch die verhängte Geldstrafe und die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe für jedes Delikt zu bestätigen.

Der Berufungswerber wird aber darauf aufmerksam gemacht, dass er bei der belangten Behörde einen Strafaufschub oder die Zahlung der Geldstrafen in Raten beantragen kann.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte und das Straferkenntnis hinsichtlich des Strafausspruches bestätigt wurde, hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von weiteren 20 % der verhängten Geldstrafen zu leisten (§ 64 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Klempt
 
 
Beschlagwortung:
Gefährdung, keine Milderung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum