Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280763/27/Ga/Da

Linz, 27.04.2005

 

 

 VwSen-280763/27/Ga/Da Linz, am 27. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des F H, vertreten durch Dr. V, Dr. G, Rechtsanwälte in L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 26. August 2004, Ge96-156-2003-Has, wegen Übertretung von Arbeitszeitvorschriften, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 28. Jänner und 19. April 2005 zu Recht erkannt:
Zu Faktum 1.: Die Berufung wird abgewiesen. Das Straferkenntnis wird bestätigt. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS 80 Euro zu leisten.
Zu Faktum 2.: Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld abgewiesen und das Straferkenntnis insoweit bestätigt. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung hingegen stattgegeben; die Geldstrafe wird auf 200 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden, der Kostenbeitrag auf 20 Euro herabgesetzt.
Die Strafverhängungsnorm (Spruchabschnitt gemäß § 44a Z3 VStG) hat für beide Fakten zu lauten: "§ 28 Abs.1a AZG".

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 51i, § 64 f VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 26. August 2004 wurde der Berufungswerber als Arbeitgeber (Inhaber des gleichnamigen Güterbeförderungsbetriebes mit Sitz in A) der Übertretung von Arbeitszeitvorschriften in zwei Fällen für schuldig befunden. Er habe laut den vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen den Arbeitnehmer R S als Lenker eines der Güterbeförderung dienenden Kraftfahrzeuges (h. zul. Gesamtgewicht über 3,5 t) bei einem bestimmten Gütertransport im internationalen (innergemeinschaftlichen) Straßenverkehr entgegen Arbeitszeitvorschriften wie folgt eingesetzt:

  1. am 2. November 2003 von 21.25 Uhr bis 3. November 2003, 16.05 Uhr mit einer tatsächlichen Lenkzeit von 12 Std. 40 Min., somit über die zulässige Lenkzeit, die gemäß den angegebenen Rechtsvorschriften an zwei Tagen pro Woche 10 Stunden, an den übrigen Tagen 9 Stunden nicht hätte überschreiten dürfen;
  2. am 2. November 2003 von 21.30 Uhr bis 3. November 2003, 04.30 Uhr nach einer Lenkzeit von 7 Stunden, ohne die vorgeschriebene Lenkpause - gemäß angegebenen Rechtsvorschriften nach einer Lenkzeit von 4 1/2 Stdn.: 45 Min. - zu gewähren.

Dadurch habe der Berufungswerber zu 1. § 28 Abs.1a Z4 AZG iVm Art.6 Abs.1 VO-EG 3820, und zu 2. § 28 Abs.1a Z6 AZG iVm Art.7 Abs.1 VO-EG 3820 verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber "gemäß § 23 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz 1995" Geldstrafen je kostenpflichtig verhängt: zu 1. und 2. je 400 Euro; für den Fall der Uneinbringlichkeit wurden Ersatzfreiheitsstrafen von je 24 Stunden festgesetzt.
 
Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, Aufhebung und Einstellung, hilfsweise (erkennbar) die Herabsetzung der verhängten Strafen beantragende Berufung hat der UVS nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde, der in der öffentlichen Verhandlung - in Anwesenheit des Berufungswerbers und seines Rechtsfreundes sowie der Organpartei - ebenso erörtert wurde wie das über Antrag des Berufungswerbers erstellte Gutachten des verkehrstechnischen Sachverständigen (über die Auswertung der Tachographenschaublätter), erwogen:
 
Gegen die grundsätzliche Richtigkeit der den beiden Fakten zugrunde gelegten Überschreitungs- bzw. Unterschreitungszeiten ist nichts hervorgekommen. Soweit der Berufungswerber zu 2. einwandte, es sei der Vorwurf der nicht gewährten Lenkpause zu Unrecht erhoben worden, weil für den fraglichen Zeitraum eine Lenkzeitunterbrechung von immerhin 21 Minuten ermittelt wurde, so ist damit hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmäßigkeit für ihn nichts gewonnen, weil die hier maßgebliche Vorschrift des Art.7 Abs.1 und 2 VO(EG) 3820/85 dahin auszulegen ist, dass jede kürzere Lenkpause als 45 Minuten keine nach den zit. Vorschriften anrechenbare Lenkpause darstellt, somit gleichsam "unter den Tisch fällt".
Dem Vorbringen, es seien Tatort, Tatzeit und die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht "entsprechend" angelastet worden, weshalb Verjährung eingetreten sei, war im Hinblick auf die offensichtliche Aktenwidrigkeit des Einwandes nicht näher zu treten.
Alles in allem war für beide Fakten als erwiesen festzustellen, dass den Tatvorwürfen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht eine der VO(EG) 3820/85 gemäß deren Art.2 Abs.1 unterstellte innergemeinschaftliche Beförderung mit einem von der genannten Verordnung (Art.4 Z1) erfassten (Kraft-)Fahrzeug zu Grunde lag und dass die zu 1. und 2. in je bestimmter Weise beschriebenen Zuwiderhandlungen tatsächlich stattgefunden haben.
 
In erster Linie jedoch bekämpfte der Berufungswerber die Vorwerfbarkeit des verpönten Verhaltens (Schuldseite) und brachte begründend vor, er habe entgegen der Annahme der belangten Behörde in seinem Betrieb sehr wohl das gebotene Kontrollsystem eingerichtet (gehabt). Hiezu verwies er auf folgende Umstände:
 
Ergänzend dazu führte der Berufungswerber in der Verhandlung noch aus: Es würden "stets strikte Anweisungen erteilt und auch eine vom Arbeitnehmer zu unterfertigende schriftliche Erklärung über die Kenntnis, Einhaltung und Folgen der Nichteinhaltung der Anweisungen eingeholt. Als Sanktionen einer Nichtbefolgung der Anweisungen wird eine Verwarnung und in weiterer Folge eine Kündigung des Arbeitnehmers ausgesprochen. Weiters werden laufend bis zu zweimal im Monat Kontrollen der Schaublätter und Fahrtenbücher durch den Bw durchgeführt. Es erfolgen bei den Fahrten telefonische Kontaktaufnahmen (über Mobiltelefon) mit den Arbeitnehmern zur Überwachung der Einhaltung der Anweisungen. Die Routen werden vom Bw derart eingeteilt, dass die Lenk- und Ruhezeiten problemlos vom Arbeitnehmer eingehalten werden können. Auch besteht kein derartiges Einlohnungssystem, wie etwa Prämien-, Überstunden- oder Kilometerentlohnung, das einen Anreiz zur Übertretung bieten würde. Wenn es daher doch zu Verstößen der Bestimmungen kommen sollte, so geschieht dies trotz des geeigneten und funktionierenden Kontrollsystems ohne Wissen und Willen des Bw und liegt somit kein Verschulden vor."
Zu diesem Vorbringen ist zunächst darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde im Berufungsfall zutreffend von Ungehorsamsdelikten ausgegangen ist und in Zusammenhang damit die Verwirklichung der subjektiven Tatseite im Grunde des § 5 Abs.1 VStG angenommen hat. Vor diesem Hintergrund ist aber dem Berufungswerber unter Hinweis auf die hiezu ständige Judikatur entgegenzuhalten, dass es nicht Aufgabe der Strafbehörde ist, dem zur Gewährleistung der Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften durch seine Lenker aufgerufenen Arbeitgeber darzulegen, "welche Art von Kontrollmaßnahmen gesetzt werden sollen". Vielmehr liegt es in der Ingerenz des verantwortlichen Arbeitgebers selbst, ein solches konkretes Tatsachenvorbringen zu erstatten, aus dem sich in allen Einzelheiten ergibt, welches Kontroll- und Maßnahmensystem zur Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften in dem vom Berufungswerber geleiteten Unternehmen geschaffen wurde und wie dieses konkret funktioniert (vgl. VwGH 20.9.2001, 99/11/0227). Die Erwähnung der vorhin wiedergegebenen Umstände reicht zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens des Arbeitgebers im Berufungsfall nicht aus.
Vielmehr wäre es - über das Glaubhaftmachen der Existenz eines Kontrollsystems in generell-abstrakter Form hinaus - erforderlich gewesen aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen (vgl. VwGH 30.9.1998, 98/02/0148; VwGH 24.8. 2001, 2001/02/0148, 0149; VwGH 28.6.2002, 98/02/0180) der Berufungswerber als Anordnungsbefugter in seinem Betrieb vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, dass der eingesetzte Lenker die ihm erteilten "Arbeitsvorgaben" (betr. die Einhaltung der auf der jeweiligen Transportfahrt für ihn geltenden Arbeitszeitvorschriften) auch tatsächlich befolgt.
Es hätte also das Behauptungsvorbringen detailliert darzustellen gehabt, dass und welche konkreten Maßnahmen - durch Gestaltung von Arbeitsbedingungen, durch entsprechende Entlohnungsmethoden und durch disziplinäre Eingriffe und dergleichen - so vorgekehrt und durch den Berufungswerber selbst gehandhabt wurden, auf dass die Unterbindung von Anreizen zur Verletzung der angesprochenen Vorschriften sowie Nachlässigkeiten in diese Richtung - im Berufungsfall: durch eigenmächtige Abweichung des Lenkers von der vorgegebenen Fahrtroute und Absolvierung einer Privatfahrt zu seinem Wohnort 80 km östlich von Rostock - unter vorhersehbaren Verhältnissen und mit gutem (damit auch gemeint: auf betriebliche Besonderheiten Bedacht nehmenden) Grund erwartet werden durfte.
Gerade Maßnahmen dieser Art, die der Berufungswerber selbst ergreift bzw. ergriffen hat, wurden jedoch weder in der Berufung noch mit dem Ergänzungsvorbringen in der Verhandlung dargestellt.
War aber das diesbezügliche Vorbringen insgesamt nicht geeignet, ein funktionierendes, die Ergreifung bestimmter Maßnahmen durch den Berufungswerber selbst mit einbeziehendes Kontrollsystem, bezogen auf die konkrete Straßentransportfahrt, darzulegen, so war der UVS auch nicht gehalten, den zum Beweis für dieses - zu seiner Entlastung untaugliche - Vorbringen namhaft gemachten Zeugen zu vernehmen (vgl. VwGH 28.6.2002, 98/2/0180, mit Vorjudikatur).
Aus allen diesen Erwägungen war der belangten Behörde in der Annahme auch der subjektiven Tatseite zu beiden Fakten nicht entgegenzutreten. Die Schuldsprüche zu 1. und 2. waren daher zu bestätigen.
Zur Strafbemessung:
Gegen die - von der belangten Behörde anhand der Kriterien des § 19 VStG festgesetzten und nachvollziehbar (auch in Übereinstimmung mit der Aktenlage) begründeten - Strafhöhen bringt der Berufungswerber nur vor, sie seien nicht angemessen, zumal keine Vortaten vorlägen und ein Einzelverschulden des KFZ-Lenkers nicht zu Lasten des Berufungswerbers gehen könnte.
Ausgehend davon - ein Ermessensfehler der belangten Behörde wird damit weder dargetan, noch war ein solcher vom UVS amtswegig aufzugreifen; die Vorstrafenfreiheit berücksichtigte bereits die belangte Behörde als mildernd - war zu 1. keine Reduktion der Geldstrafe vorzunehmen.
Zu 2. hingegen hielt es der UVS für vertretbar, die erst im Berufungsverfahren (durch Sachverständigenbeweis schlüssig) für den fraglichen Zeitraum hervorgekommene, immerhin 21-minütigen Pause (die gleichwohl die vorgeschriebene Lenkpause nicht zu erfüllen vermochte) dahin zu werten, dass dadurch aus objektiver Sicht das Gewicht des Unrechtsgehaltes des in Rede stehenden Fehlverhaltens gemildert erscheint. Dies einbeziehend befand der UVS die zu 2. nun festgesetzte Strafhöhe als in gleicher Weise tat- und täterangemessen.
Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber zu 1. der Beitrag zu den Kosten des Tribunalverfahrens in der gesetzlichen Höhe (20 % der verhängten und bestätigten Geldstrafe), hingegen zu 2. kein Beitrag zu den Kosten des Tribunalverfahrens aufzuerlegen.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 
 

Mag. Gallnbrunner

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