Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280765/2/Ga/Da

Linz, 29.10.2004

 

 

 VwSen-280765/2/Ga/Da Linz, am 29. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Herrn F F, vertreten durch Rechtsanwalt D. A K in S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. September 2004, Ge96-43-2003-Hw, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), zu Recht erkannt:
Hinsichtlich der Schuld wird die Berufung abgewiesen; das Straferkenntnis wird insoweit bestätigt.
Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung hingegen stattgegeben; die Geldstrafe wird auf 600 €, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 40 Stunden, der Kostenbeitrag auf 60 € herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 f VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 7. September 2004 wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig gesprochen:
"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin F F Installationen Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in S.F, zu vertreten, dass, wie von Organen des Arbeitsinspektorates Linz anlässlich einer Besichtigung der Baustelle in S.F, T , am 31.3.2003 festgestellt wurde, die Arbeitnehmer der o.a. Gesellschaft Herr Ml W und Herr M N beim Objekt in S.F, T , im Firstbereich des Daches bei einer möglichen Absturzhöhe von ca. 6 m und einer Dachneigung von 30° mit dem Einziehen von zwei Rohren für die Solaranlage in den Kamin beschäftigt wurden, ohne dass geeignete Schutzmaßnahmen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, vorhanden, oder die Arbeiter mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt waren, obwohl gemäß § 87 Abs.3 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen, wie Dachschutzblenden und Dachfanggerüste (gemäß § 88 BauV) vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, oder gemäß § 87 Abs.5 BauV Arbeitnehmer bei geringfügigen Arbeiten, wie Reparatur- oder Anstricharbeiten, die nicht länger als einen Tag dauern, mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt sein müssen."

Dadurch habe er § 87 Abs.3, § 87 Abs.5 Z1 und § 88 BauV iVm § 130 Abs.5 Z1 ASchG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 700 € kostenpflichtig verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden festgesetzt.
 
Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, in der Hauptsache Aufhebung und Einstellung begehrende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Der Berufungswerber wendet tatseitig nur ein, es habe die belangte Behörde nicht festgestellt, "wie lange die Arbeiten gedauert hätten und um welche Art der Arbeiten (geringfügige Arbeiten, Reparatur- oder Anstricharbeiten) es sich gehandelt hat. Dem Beschuldigten wurde daher zu Unrecht die Verletzung des § 88 BauV zur Last gelegt, obwohl sich aus der Rechtfertigung und der Niederschrift eindeutig entnehmen lässt, dass die - ungeplant - durchgeführten tatsächlichen Arbeiten am Dach äußerst kurzfristig, maximal eine halbe Stunde tatsächlich gedauert haben. Für derartige kurzfristige und geringfügige Arbeiten (Einschieben eines Rohres in einen freien Kamin) sind geeignete Schutzeinrichtungen wie Dachschutzblenden oder Dachfanggerüste nicht erforderlich, sondern würde bei derartigen Arbeiten gemäß § 87 Abs.5 BauV ein Sicherheitsgeschirr ausreichend sein, sodass jedenfalls der diesbezügliche Spruchteil nicht vom festgestellten Sachverhalt gedeckt und daher das Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet hat."
 
Dieses Vorbringen hat für die Entscheidung über die Berufung keine Bedeutung.
Dass die im angefochtenen Schuldspruch genannten Arbeitnehmer der involvierten Gesellschaft mit den näher beschriebenen Arbeiten auf dem Dach der Baustelle völlig ungesichert - ohne geeignete Schutzeinrichtungen (§ 88 BauV), aber auch ohne Anseilung mittels Sicherheitsgeschirr (§ 87 Abs.5 BauV) - beschäftigt gewesen sind, ist unbestritten und wird als erwiesen festgestellt. Wird nun behauptet, dass die solchermaßen ungesichert vorgenommenen Arbeiten nur geringfügig gewesen seien und höchstens eine halbe Stunde gedauert hätten, so vermögen diese Umstände an der Richtigkeit der nachvollziehbar begründeten Tatbestandsannahme der belangten Behörde nicht zu rütteln, weil gerade der als verletzt (auch) vorgeworfene § 87 Abs.5 BauV Arbeiten auf dem Dach der eingewendeten geringfügigen Art erfasst (sofern sie nur kürzer als einen Tag dauern) und die mit dieser Vorschrift angeordnete Mindestsicherung, nämlich die Anseilung mittels Sicherheitsgeschirr, aber nicht, wie vom Berufungswerber selbst eingestanden, stattgefunden hat. Die Erwähnung sowohl des § 87 Abs.3 (§ 88) BauV als auch des § 87 Abs.5 BauV im Schuldspruch bewirkt unter den Umständen dieses Falles weder eine Verletzung von Verteidigungsrechten des Berufungswerbers noch ist ihm dadurch ein dem Bestimmtheitsgebot gemäß § 44a Z1 VStG widersprechender Alternativvorwurf angelastet worden. Die objektive Tatseite erwies sich als daher zu Recht vorgeworfen.
 
Im Übrigen aber bestreitet der Berufungswerber sein Verschulden an der von "den beiden Monteuren eigenmächtig" vorgenommenen Verletzung der Schutzvorschriften. Es sei nämlich, dahin lässt sich ein erkennbar eine insoweit unrichtige rechtliche Beurteilung behauptendes Vorbringen zusammenfassen, in seiner Firma mit Bezug auf die sprucherfasste Baustelle ein funktionierendes Kontrollsystem eingerichtet gewesen, sodass er sich im Ergebnis keiner Sorgfaltsverletzung schuldig gemacht habe.
 
Für die Wirksamkeit dieses Kontrollsystems führt der Berufungswerber im Wesentlichen an:


- eigenmächtiges Abweichen der beiden Arbeitnehmer von ihnen erteilt gewesenen Anweisungen;
- Überwachung des konkreten Arbeitsauftrages durch einen Techniker;

Mit diesem Vorbringen betreffend das in seinem "mittleren Installateurbetrieb" eingerichtete Kontrollsystem hat der Berufungswerber sein mangelndes Verschulden nicht iSd § 5 Abs.1 VStG glaubhaft gemacht.
Dazu wäre es erforderlich gewesen, ein konkretes Tatsachenvorbringen zu erstatten, aus dem sich detailliert ergibt, welches Kontroll- und Maßnahmensystem zur Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften in dem vom Berufungswerber geleiteten Unternehmen geschaffen wurde und wie dieses konkret funktioniert (vgl. VwGH 20.9.2001, 99/11/0227). Die bloße Erwähnung von allgemeinen Arbeitsanweisungen und eines konkreten Arbeitsauftrages, der von einem Techniker auch überwacht worden sei (ohne darzustellen, wie diese Überwachung im Detail ausgestaltet gewesen ist) sowie von laufenden Schulungen, reicht zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens des Arbeitsgebers im Berufungsfall nicht aus.
Vielmehr wäre es - über das Glaubhaftmachen der Existenz eines Kontrollsystems in generell-abstrakter Form hinaus - erforderlich gewesen aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen (vgl. VwGH 30.9.1998, 98/02/0148; VwGH 24.8. 2001, 2001/02/0148, 0149; VwGH 28.6.2002, 98/02/0180) der Berufungswerber als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher und im Rahmen seiner Haftung als Anordnungsbefugter vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, dh sicherzustellen, dass die angewiesenen Arbeiter die erteilten Instruktionen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften (hier: jene der BauV zum Schutz vor Absturz bei Arbeiten auf Dächern) auch tatsächlich befolgen.
Auf den Berufungsfall angewendet hätte also das Behauptungsvorbringen detailliert darzustellen gehabt, dass und welche konkreten Maßnahmen - durch Gestaltung von Arbeitsbedingungen, durch entsprechende Entlohnungsmethoden und durch disziplinäre Eingriffe u.dgl. - so vorgekehrt und durch den Berufungswerber selbst gehandhabt wurden, auf dass die Unterbindung von Anreizen zur Verletzung der angesprochenen Schutzvorschriften sowie Nachlässigkeiten in diese Richtung unter vorhersehbaren Verhältnissen und mit gutem (damit auch gemeint: auf betriebliche Besonderheiten Bedacht nehmenden) Grund erwartet werden durfte.
Gerade Maßnahmen dieser Art, die der Berufungswerber selbst ergreift bzw. ergriffen hat, wurden mit den oben wiedergegebenen Angaben jedoch nicht dargestellt.
War aber das Berufungsvorbringen insgesamt nicht geeignet, ein funktionierendes, die Ergreifung bestimmter Maßnahmen durch den Berufungswerber selbst miteinbeziehendes Kontrollsystem, bezogen auf die konkrete Baustelle und den dort zu begegnenden spezifischen Gefahren, darzulegen, so war aus allen diesen Erwägungen der belangten Behörde in der Annahme auch der subjektiven Tatseite im Grunde des § 5 Abs.1 VStG nicht entgegenzutreten. Der Schuldspruch war daher - ohne öffentliche Verhandlung, weil der Berufungswerber nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und im Übrigen nur Sachverhaltsfragen, denen für die Entscheidung dieses Falles keine Bedeutung zugekommen war, aufgeworfen hat (vgl. VwGH 21.2.2002, 2001/07/0103) - zu bestätigen.
Gegen die - von der belangten Behörde anhand der Kriterien des § 19 VStG festgesetzten und nachvollziehbar (auch in Übereinstimmung mit der Aktenlage) begründeten - Strafhöhe bringt der Berufungswerber im Wesentlichen vor, es hätte in seinem Fall die Spezialprävention nicht betont werden dürfen, weil er unbescholten sei und dieser Umstand auch als strafmildernd hätte bewertet werden müssen.
Diesem Vorbringen kann aus der Aktenlage nicht entgegengetreten werden. Danach liegen gegen den Berufungswerber keinerlei Vormerkungen vor und es war dieser Umstand als besonderer Milderungsgrund iSd § 34 Z2 StGB zugunsten des Berufungswerbers anzurechnen. Weil aus dem vorgelegten Strafverfahrensakt auch kein sonstiger Grund ersichtlich ist, der die von der belangten Behörde vorgenommene Betonung der Spezialprävention gerechtfertigt hätte, war im Ergebnis die verhängte Geldstrafe auf das nun bestimmte Ausmaß tat- und täterangemessen herabzusetzen.
Der vom Berufungswerber hilfsweise beantragten Anwendung des § 21 VStG stand vorliegend die Nichterfüllung des Tatbestandsmerkmals ("Folgen der Übertretung unbedeutend") entgegen. Schon im Hinblick auf die - unstrittige - mögliche Absturzhöhe von 6 m konnte von einem dieses Merkmal erfüllenden, unbedeutenden Unrechtsgehalt der Übertretung nicht die Rede sein.
Bei diesem Verfahrensergebnis war der dem Berufungswerber strafbehördlich auferlegte Kostenbeitrag dem Gesetz entsprechend zu mindern. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens war nicht aufzuerlegen.
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 
 

 

Mag. Gallnbrunner

 

 
 

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