Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280819/19/Bm/Sta

Linz, 14.07.2005

VwSen-280819/19/Bm/Sta Linz, am 14. Juli 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn Mag. C H, O, V, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. P M B, M-T, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7.3.2005, Ge96-2464-1-2004, wegen Übertretung des Arbeitsruhegesetzes (ARG), zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7.3.2005, Ge96-2464-1-2004, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von gesamt
540 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 27 Abs.1 iVm § 3 Abs.1 ARG verhängt. Dem Berufungswerber wurde als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als der gemäß § 9 Abs.1 VStG strafrechtlich Verantwortliche zur Vertretung nach außen Berufene der H T H GmbH mit Sitz in V, O, als Arbeitgeberin zur Last gelegt, dass eine Überprüfung der Arbeitszeitunterlagen für den Monat Februar 2004 ergeben hat, dass nachstehende Arbeitnehmer an den in der Tabelle angeführten Tagen während der Wochenendruhe beschäftigt wurden, obwohl Arbeitnehmer in jeder Kalenderwoche Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden, in die der Sonntag zu fallen hat, haben:

Nr.

Name (Nr.)

Arbeitnehmer/in

Abteilung

Datum

Beginn

(Uhrzeit)

Ende

(Uhrzeit)

1a)

1b)

H O

Säge 2

SM 2

So,08.02.2004

So,29.02.2004

06.59

06.56

16.04

19.36

2a)

2b)

2c)

J S

Instandhaltung

INST

So,08.02.2004

So,15.02.2004

So,29.02.2004

07.59

07.54

07.26

16.04

16.19

19.36

3)

G L

Hobelwerk 2

HW2

So, 15.02.2004

06.52

20.07

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser im Wesentlichen ausgeführt, dass er seit dem Jahre 1997 als für die kaufmännischen Belange der H T H GmbH zuständiger Geschäftsführer berufen sei, demgegenüber Herrn Ing. J H infolge seiner Bestellung als gewerberechtlicher Geschäftsführer stets die alleinige verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung gemäß § 9 VStG überbunden gewesen sei. Dementsprechend habe die Behörde bereits in der Vergangenheit im Falle von Übertretungen von Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes ausschließlich Herrn Ing. J H konfrontiert, diesen als berufenen Verantwortlichen zur Abgabe von Stellungnahmen und Rechtfertigungen aufgefordert und gegen diesen Straferkenntnisse erlassen. Herr Ing. J H sei auch konkret als jene Person benannt, welche die strafrechtliche Verantwortung treffe und ergebe sich jedenfalls aus diesem Verwaltungsstrafverfahren, dass Herr Ing. J H seine Verantwortlichkeit gemäß den geltenden Bestimmungen gegenüber dem Arbeitsinspektorat als auch gegenüber der Behörde in der gesetzlichen Form zur Mitteilung gebracht habe.

Das angefochtene Straferkenntnis sei des Weiteren auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, zumal die Behörde - ohne weitere Erhebungen zum maßgeblichen Sachverhalt durchzuführen - in Form einer unstatthaften Vermutung zu meinen Lasten, es als nicht der Lebenserfahrung entsprechend erachtet habe, dass Mitarbeiter entgegen einer ausdrücklichen Anweisung eigenmächtig und regelmäßig an Sonntagen Arbeiten im Betrieb des Arbeitgebers ausführen würden. Konkret führe das Straferkenntnis aus, dass am Sonntag, den 8.2., dem 15.2. und dem 29.2.2004 jeweils der der Abteilung Instandhaltung zugeordnete Mitarbeiter mit jeweils einem fachspezifischen Mitarbeiter an obigen Tagen im Betrieb tätig gewesen sei, diese zwei Personen aber gar nicht in der Lage sind, die Säge II oder das Hobelwerk II für Produktionszwecke in Betrieb zu nehmen, sodass - bei ebenso lebensnaher Betrachtungsweise - diese tatsächlich nur unaufschiebbare Wartungs- und Instandhaltungstätigkeiten durchführen könnten. Dies umso mehr, als sich aus den genauen Zeiten erkennen lasse, dass ja jeweils eine der beiden Personen offensichtlich eine Stunde früher mit für die Wartung erforderlichen Zerlegearbeiten begonnen haben musste.

Angesichts der Tatsache, dass Mitarbeiter konkret jene, die der Abteilung für Instandhaltung zugeordnet würden, die Anweisung hätten, erforderliche Reinigungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten zu koordinieren und durchzuführen, bestehe ebenso die Anweisung, erforderliche Arbeiten - so diese den Stillstand der Produktionsanlage erfordern und nicht bis spätestens Samstag 15.00 Uhr abgeschlossen werden könnten - hierüber Meldung von der zuständigen Abteilung an die Geschäftsführung zu erstatten hätten. Dies sei im vorliegenden Fall unterblieben, sodass eine Anzeige im Sinne des § 10 Abs.2 ARG nicht durchgeführt werden konnte. Vermeintlich würden die Mitarbeiter der praktischen Durchführung von notwendigen Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten mehr Relevanz zumessen, als den zusätzlich einzuhaltenden Förmlichkeiten. Abschließend sei nochmals darzustellen, dass keinerlei Interesse seitens der H T H GmbH daran bestehe, an einem Sonntag zwei Mitarbeiter in der Produktion tätig werden zu lassen, wenn es sich nicht um Arbeiten handle, die im Sinne des § 10 Abs.1 Z1 bzw. Z7 ARG dringlich gebotene Reinigungs-, Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen darstellen würden, während des regelmäßigen Arbeitsablaufes nicht ohne Störung ausgeführt werden könnten und sich infolge des Umfanges nicht bis Samstag 15.00 Uhr abschließen ließen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsordnung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4. Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck beteiligt und hat dieses in der Stellungnahme vom 3.5.2005 ausgeführt, dass dem Antrag des Beschuldigten auf Einstellung des Verfahrens zugestimmt werde.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.7.2005, bei der der anwaltliche Vertreter des Berufungswerbers, die Zeugen H O, J S, G L anwesend waren und unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht zeugenschaftlich einvernommen wurden.

Im Grunde der öffentlichen mündlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt fest:

Der gegenständliche Sägewerksbetrieb wird grundsätzlich von Montag bis Freitag 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr und Samstag 6.00 Uhr bis 16.00 Uhr im Zweischichtbetrieb betrieben.

Der Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers J S liegt in der Instandhaltung und obliegt ihm in diesem Tätigkeitsbereich die Prüfung der im Betrieb befindlichen Maschinen und Geräte auf deren Funktionstüchtigkeit. Für etwaige Reparaturarbeiten an den jeweiligen Maschinen sind ihm die Mitarbeiter H O und G L zugewiesen.

Wird im Zuge der Überprüfungen der Maschinen und Geräte festgestellt, dass eine Reparatur vorzunehmen ist, wird ein "Reparaturzettel" geschrieben und werden die Reparaturarbeiten - nach Absprache mit dem Abteilungsleiter über den Zeitpunkt der Reparaturarbeiten - durchgeführt. Diese Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten erfolgen nur dann am Sonntag, wenn diese Tätigkeiten während des regelmäßigen Produktionsbetriebes nicht ohne Störung oder Unterbrechung des Arbeitsablaufes durchgeführt und nicht bis Samstag zu Ende gebracht werden können.

An sämtlichen im Straferkenntnis angeführten Zeitpunkten wurden solche entsprechende Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten beim Hobelwerk II und der Säge durchgeführt, die notwendig waren, um den Produktionsvorgang am darauf folgenden Werktag aufrecht zu erhalten.

Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen, die unisono ausgesagt haben, dass an den Tatzeitpunkten keine üblichen Arbeiten, die den Produktionsbetrieb betreffen, vorgenommen wurden, sondern lediglich Reparaturarbeiten, die erforderlich waren, um den weiteren ordnungsgemäßen Betrieb zu gewährleisten und einen Stillstand des Produktionsvorganges hintanzuhalten.

Der Zeuge H O hat glaubhaft dargelegt, dass diese Arbeiten auch nur dann am Sonntag vorgenommen werden, wenn sie auf Grund ihres Umfangs nicht am Samstag fertiggestellt werden können.

Vom Zeugen J S wurde schlüssig der Ablauf des Produktionsbetriebes und die Vorgangsweise bei anfallenden Reparaturarbeiten dargelegt, sodass keine sachlichen Anhaltspunkte für Zweifel an diesen Instandsetzungsarbeiten gefunden werden konnten. Dies auch unter dem Blickwinkel, dass nicht davon auszugehen ist, dass ein Produktionsbetrieb, der normalerweise 25-30 Arbeitnehmer bedingt, mit 2-3 Arbeitnehmer bewältigt werden kann.

6. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 ARG hat der Arbeitnehmer in jeder Kalenderwoche Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden, in die der Sonntag zu fallen hat (Wochenendruhe). Während dieser Zeit darf der Arbeitnehmer nur beschäftigt werden, wenn dies auf Grund der §§ 2 Abs.2, 10 bis 18 zulässig ist.

Nach Abs.2 dieser Bestimmung hat die Wochenendruhe für alle Arbeitnehmer spätestens Samstag um 13.00 Uhr, für Arbeitnehmer, die mit unbedingt notwendigen Abschluss-, Reinigungs-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten beschäftigt sind, spätestens um 15.00 Uhr zu beginnen.

Nach § 10 Abs.1 leg.cit. dürfen während der Wochenend- und Feiertagsruhe Arbeitnehmer nur beschäftigt werden mit:

  1. der Reinigung, Instandhaltung oder Instandsetzung, soweit sich solche Arbeiten während des regelmäßigen Arbeitsablaufes nicht ohne Unterbrechung oder erhebliche Störung ausführen lassen und infolge ihres Umfanges nicht bis spätestens Samstag 15.00 Uhr abgeschlossen werden können;
  2. die Bewachung oder Wartung von Betriebsanlagen einschließlich Bergbauanlagen oder Wartung von Tieren.

Nach Abs.2 dieser Bestimmung hat der Arbeitgeber die nach Abs.1 zulässigen Arbeiten dem Arbeitsinspektorat binnen 4 Tagen nach ihrem erstmaligen Beginn schriftlich anzuzeigen. Die Anzeige hat die Gründe für die Arbeiten, die Anzahl der zur Arbeitsleistung benötigten Arbeitnehmer und den Zeitraum ihrer Durchführung zu enthalten. Entfallen die Gründe für diese Arbeiten, so hat es der Arbeitgeber binnen 4 Tagen schriftlich dem Arbeitsinspektorat anzuzeigen.

Nach den angeführten Gesetzesbestimmungen darf ein Arbeitnehmer innerhalb der Wochenendruhe nicht beschäftigt werden, sofern nicht Tätigkeiten nach der Ausnahmebestimmung des § 10 vorgenommen werden.

Die mündliche Verhandlung hat eindeutig ergeben, dass an den angeführten Tatzeitpunkten tatsächlich solche Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten durchgeführt wurden, die sich während des regelmäßigen Arbeitsablaufes nicht ausführen lassen, ohne einen Produktionsstillstand zu bedingen und die auf Grund ihres Umfanges und der Tatsache, dass der regelmäßige Betrieb am Samstag bis um 16.00 Uhr erfolgt, nicht am Samstag abgeschlossen werden können.

Es ist zwar der belangten Behörde insofern zuzustimmen, als nach Abs.2 dieser Bestimmung der Arbeitgeber diese Ausnahmearbeiten dem Arbeitsinspektorat anzuzeigen hat und dies im gegenständlichen Fall nicht befolgt wurde, doch ist diese Anzeige keine Voraussetzung für die zulässige Vornahme dieser Arbeiten.

Dass der Arbeitgeber diese zulässigen Arbeiten dem Arbeitsinspektorat nicht angezeigt hat, wurde dem Berufungswerber auch nicht vorgeworfen.

Da sohin zwar zu den angeführten Tatzeitpunkten und damit während der Wochenendruhe vom Berufungswerber Arbeitnehmer beschäftigt wurden, es sich hiebei aber um zulässige Arbeiten im Sinne des § 10 Abs.1 Z1 ARG handelt, war wie im Spruch zu entscheiden.

Auf Grund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. B i s m a i e r

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