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VwSen-280842/20/Kl/Pe

Linz, 02.11.2005

 

 

 

VwSen-280842/20/Kl/Pe Linz, am 2. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die IX. Kammer (Vorsitzender: Vizepräsident Mag. Dr. Steiner, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzerin: Mag. Bismaier) über die Berufung des G R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E W KEG, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23.5.2005, Ge96-14-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 13.9.2005 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG iVm § 8 Abs.2 Z3 und § 130 Abs.1 Z10 ASchG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23.5.2005, Ge96-14-2004, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 216 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.1 Z10 iVm § 8 Abs.2 ASchG verhängt, weil er als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der xx mit Sitz in Laakirchen zu verantworten hat, dass bei einer am 30.9.2003 in der Arbeitsstelle in L, durchgeführten Unfallerhebung Folgendes festgestellt wurde:

Herr F Z und Herr D B, beide beschäftigt bei der xx in Linz, Fröblstraße 10, wurden am 30.9.2003 mit Reinigungsarbeiten am Betriebsgelände der xx im Standort L beauftragt. Bei den Reinigungsarbeiten sollte Herr Z mittels Stapler in eine Höhe von ca. 4 m gehoben werden. Zur Durchführung dieses Auftrages wurde durch die xx GmbH ein Gabelstapler samt Gitterbox der xx AG zur Verfügung gestellt. Herr M W, beschäftigt bei der xx GmbH, stellte den Stapler samt Gitterbox in der zu reinigenden Lagerhalle bereit, wobei die Gitterbox mittels einer Schraubzwinge am Stapler befestigt war.

Es wurde somit von der xx GmbH ein für das Heben von Arbeitnehmern ungeeignetes Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt und die Sicherstellung der erforderlichen Schutzmaßnahmen sowie deren Durchführung nicht durchgeführt, obwohl gemäß den Koordinationspflichten nach dem ASchG für betriebsfremde Arbeitnehmer die erforderlichen Schutzmaßnahmen im Einverständnis mit deren Arbeitgeber festzulegen sind und für deren Durchführung zu sorgen ist. Im gegenständlichen Fall hätte im Einvernehmen mit der xx GmbH ein geeignetes Schutzkonzept erarbeitet werden müssen, welches die Sicherstellung der gesetzeskonformen Durchführung für das Heben von Arbeitnehmern mit Arbeitsmitteln der xx GmbH gewährleistet hätte.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Hinsichtlich der geltend gemacht Verletzung von Verfahrensvorschriften wurde ausgeführt, dass der vom Berufungswerber mit der ordnungsgemäßen Abwicklung betraute Mitarbeiter M W nicht in Kenntnis war, dass mit dem zur Verfügung gestellten Stapler auch Personen hochgehoben und transportiert werden sollten. Der Stapler war nur für das Anheben von Reinigungsmaterial und Geräten gedacht. Auch wurde darauf hingewiesen, dass ein gegen diesen eingeleitetes Strafverfahren vor dem BG Gmunden eingestellt wurde. Es wäre erforderlich gewesen, den Mitarbeiter als Zeugen einzuvernehmen sowie auch die Zeugen Slama und Beronja zu befragen. Weiters wurde Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht, weil die belangte Behörde nicht bestimmt dargelegt hat, ob eine Verwaltungsübertretung gemäß § 8 Abs.2 Z3 oder § 8 Abs.2 Z4 ASchG zur Last gelegt wird. Die mangelnde Obsorge für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen setzt aber die Festlegung der erforderlichen Maßnahmen voraus. Fehlen aber entsprechende Festlegungen, so wird zu Unrecht zur Last gelegt, dass für die Durchführung keine Sorge getragen wurde. Auch wurde im Rahmen der Prüfung des Strafgerichtes gemäß § 88 Abs.1 und 4 erster Fall StGB ein Verstoß gegen einschlägige Arbeitnehmerschutzgesetze geprüft und so ein Verstoß nicht festgestellt. Es wurde daher gegen den Berufungswerber ein Strafverfahren nicht eingeleitet, ein Strafverfahren gegen den Mitarbeiter W jedoch dann eingestellt. Allerdings ist es zu einer Verurteilung der Mitarbeiter S und B der Firma XX gekommen bzw. wurden von diesen Personen diversionelle Maßnahmen angenommen. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei der Lagerhalle um eine völlig leergeräumte Lagerhalle handelte und daher keine Eingliederung in den Produktionsprozess des Unternehmens xx GmbH gegeben war, sodass es alleinige Aufgabe des beauftragten Unternehmens war, die Mitarbeiter über die zu erwartenden Gefahren bei der Reinigungstätigkeit zu unterweisen. Seitens der xx GmbH ist aber keinerlei Gefährdung für die betriebsfremden Arbeitnehmer ausgegangen. Es handelt sich demnach nicht um die Koordination von beschäftigten Arbeitnehmern mehrerer Arbeitgeber auf einer Arbeitsstätte, sondern ausschließlich um den Einsatz betriebsfremder Personen eines anderen mit der Reinigung der Halle beauftragten Unternehmens, sodass die Bestimmungen des § 8 ASchG im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung kommen können. Eine Zusammenarbeit betriebseigener und betriebsfremder Arbeitnehmer liegt nicht vor, ebenso wenig eine Verleihung von Arbeitnehmern noch eine Überlassung, sondern lediglich ein alleiniges Arbeiten betriebsfremder Personen in der von der xx GmbH gemieteten Lagerhalle. Es ist somit eine Beschäftigung von betriebsfremden Arbeitnehmern in einer Arbeitsstätte nicht gegeben gewesen, weil diese Lagerhalle für die xx GmbH gar keine Arbeitsstätte des Unternehmens darstellte. Schließlich wurde die Höhe der ausgesprochenen Strafe bekämpft und diesbezüglich auf ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 Euro, Hälfte Eigentum eines Einfamilienhauses und die Sorgepflicht für die Gattin und vier Kinder angegeben. Auch handle es sich um die erstmalige Übertretung des ASchG.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat beim BG Gmunden Akteneinsicht zu Zl. 23 BAZ 338/04 begehrt und eine Kopie der wesentlichen Aktenteile angefertigt. Daraus geht hervor, dass gegen G S und M B, beide Firma XX, wegen § 88 Abs.1 und 4 StGB nach § 90c StPO vorgegangen wird, allerdings zur weiteren Verfolgung des Martin Weidinger wegen § 88 Abs.1 und 4 StGB kein Grund gefunden wurde (§ 90 Abs.1 StPO). Herr Weidinger wurde auch schriftlich hievon verständigt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat weiters Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.9.2005, zu welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter, die belangte Behörde sowie das Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen Gerhard Slama und Martin Weidinger geladen und bei der mündlichen Verhandlung einvernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Zeuge G S führte aus, dass er hinsichtlich seiner Diversionsmaßnahmen noch zwei Raten ausständig hätte und diesbezüglich eine mündliche Verhandlung vor dem BG Gmunden am 23.9.2005 anberaumt ist. Er möchte die Ratenzahlungen aufschieben aber selbstverständlich bezahlen. Zum Vorfall führte er aus, dass vor Arbeitsbeginn Kontakt mit Herrn Weidinger von der Firma xx GmbH aufgenommen wurde, wobei er diesen als den Geschäftsführer ansah. Er bat diesen auch um eine Aufstiegshilfe, nämlich eine Scherenbühne oder einen Sicherheitskorb. Von Herrn Weidinger wurde auf in der Firma befindliche Körbe verwiesen, wobei der Zeuge von jenem Korb, der sich farblich von den anderen Körben unterschied, annahm, dass es ein Sicherheitskorb sei. Auch wurde ihm versichert, dass dieser Korb in der Firma verwendet werde. Es wurde auch zugesichert, dass der Zeuge einen Staplerführerschein habe. Auch gab der Zeuge an, dass er wisse wie ein Sicherheitskorb aussieht und befestigt sein muss. Den von seinen Arbeitnehmern verwendeten Korb hat er vor Arbeitsbeginn nicht gesehen, weil er nicht anwesend war, als der Stapler zu den Arbeitnehmern gebracht wurde. Ein Arbeitnehmer, nämlich Milorad Beronja, verfügte über einen Staplerführerschein und musste daher wissen, wie ein Sicherheitskorb aussieht. Auch ist er Vorarbeiter. Der Zeuge gab auch an, dass er sich nicht vergewissert hätte, ob es sich tatsächlich um einen Sicherheitskorb gehandelt hat. Der Zeuge ist als Objektleiter eingesetzt und für mehrere Objekte zuständig. Er ist daher nicht ständig auf der Baustelle anwesend. Auch gab der Zeuge zu, dass er Herrn B gesagt hätte, dass sich dieser hinsichtlich Stapler und Korb an die Firma xx GmbH wenden könne, hinsichtlich der übrigen Probleme hätte er sich dann an den Zeugen zu wenden.

 

Der zeugenschaftlich einvernommene M W gab hingegen an, dass er u.a. Lagerleiter der Firma xx GmbH sei und für die gegenständliche Halle zuständig gewesen sei und daher auch die Auftragsverhandlungen für die Reinigung der Lagerhalle durchgeführt hätte. Die Firma xx sei bei den Auftragsgesprächen sehr professionell vorgegangen und hätte er auf eine professionelle Reinigung vertraut. Es wurde über eine regelmäßige Reinigung der Betriebsstätten in L, und eine einmalige Reinigung der Lagerhalle in der L, gesprochen. Es handelte sich dabei um eine von der Firma xx angemietete Halle, die als Waschanlage für Dieselfahrzeuge verwendet wurde, von der Firma xx GmbH aber zur Gänze ausgeräumt wurde und als leere Lagerhalle zu reinigen war. Die Halle war von der Firma xx GmbH zum Tatzeitpunkt nicht in Verwendung und durften auch Personen der Firma xx GmbH diese Halle nicht betreten. Bei dem Auftragsgespräch wurde er von der Firma Vanel um einen Stapler und eine Europalette ersucht, wobei eine Europalette seitens der Firma x GmbH nicht zur Verfügung stand, sehr wohl aber Gitterboxen. Seitens der Firma x wurde auch in Aussicht gestellt, dass sich bei Zurverfügungstellung von Geräten der Preis vermindern würde. Die Gitterbox ist kein Sicherheitskorb. Wäre ein Sicherheitskorb in der Firma vorhanden, so wäre keine professionelle Firma mit der Reinigung beauftragt worden. Bei Arbeitsbeginn kamen mehrere Autos und brachten Geräte, Leitern und Mitarbeiter zur Baustelle. Der Zeuge brachte dann den Stapler und die Gitterbox zur Halle und wurde auch eine Schraubzwinge, die er sich von der Firma xx ausgeborgt hatte, zur Verfügung gestellt. Es wurde aber dem Arbeitnehmer gesagt, dass er sich um die Befestigung kümmern müsse. Auch wurde darauf hingewiesen, dass die Arbeitnehmer nun für sich selbst verantwortlich sind. Eine Betriebsanleitung für den Stapler klebt auf der Dachkonstruktion des Staplers. Diese hat einen roten Rand.

 

Die Aussagen erscheinen im Wesentlichen glaubwürdig. Nicht verifizierbar ist hingegen, ob der Objektleiter Slama tatsächlich zugesagt hat, während der gesamten Arbeiten auf der Baustelle anwesend zu sein oder nur vorübergehend vorbeizuschauen. Es ist auch nicht eindeutig feststellbar, ob ausdrücklich vereinbart wurde, dass die Gitterbox für das Anheben und das Transportieren von Personen gebraucht wird.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z10 ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 159/2001, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Koordinationspflichten verletzt.

 

Gemäß § 8 Abs.2 ASchG sind, wenn in einer Arbeitsstätte Arbeitnehmer beschäftigt sind, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zu den für diese Arbeitsstätte verantwortlichen Arbeitgebern stehen (betriebsfremde Arbeitnehmer), die für diese Arbeitsstätte verantwortlichen Arbeitgeber verpflichtet

  1. erforderlichenfalls die Information der betriebsfremden Arbeitnehmer über die in der Arbeitsstätte bestehenden Gefahren und für eine entsprechende Unterweisung zu sorgen,
  2. deren Arbeitgebern im erforderlichen Ausmaß Zugang zu den Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten zu gewähren,
  3. die für die betriebsfremden Arbeitnehmer wegen Gefahren in der Arbeitsstätte erforderlichen Schutzmaßnahmen im Einvernahmen mit deren Arbeitgebern festzulegen und
  4. für deren Durchführung zu sorgen, ausgenommen die Beaufsichtigung der betriebsfremden Personen.

 

Gemäß § 8 Abs.5 ASchG ist festgehalten, dass durch Abs.2 bis 4 die Verantwortlichkeit der einzelnen Arbeitgeber für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften für ihre Arbeitnehmer nicht eingeschränkt und die Verantwortung für betriebsfremde Arbeitnehmer nur insoweit ausgeweitet wird, als sich dies ausdrücklich aus Abs.2 bis 4 ergibt.

 

Gemäß § 2 Abs.3 ASchG sind Arbeitsstätten im Sinn dieses Bundesgesetzes Arbeitsstätten in Gebäuden und Arbeitsstätten im Freien. Baustellen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen, an denen Hoch- und Tiefbauarbeiten durchgeführt werden. Dazu zählen insbesondere auch Reinigungsarbeiten. Auswärtige Arbeitsstellen sind alle Orte außerhalb von Arbeitsstätten, an denen andere Arbeiten als Bauarbeiten durchgeführt werden.

 

5.2. Im Grunde der Anzeige, des weiteren Strafverfahrens und der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist erwiesen, dass der Berufungswerber handelsrechtlicher Geschäftsführer der xx GmbH ist, welche einen Auftrag zur Reinigung einer Lagerhalle an die Firma xx GmbH erteilt hat. Der Berufungswerber hat einen für die Lagerhalle zuständigen Mitarbeiter Martin Weidinger beschäftigt und dieser hat für die gegenständliche Reinigung einen Stapler samt Gitterbox, wobei die Gitterbox mittels einer Schraubzwinge am Stapler befestigt war, Arbeitnehmern der Firma Vanel zur Verfügung gestellt. Weitere Schutzmaßnahmen wurden nicht festgestellt und deren Durchführung nicht beaufsichtigt. Die Lagerhalle befindet sich außerhalb des Firmensitzes, war von der Firma xx GmbH nicht in Betrieb, völlig leer geräumt und durfte von ihren Arbeitnehmern nicht betreten werden. Es fand dort kein Arbeitsprozess statt.

 

5.3. Im Grunde dieses Sachverhaltes kann nicht gesichert von einer Arbeitsstätte im Sinn des § 2 Abs.3 ASchG ausgegangen werden, zumal die gegenständliche Lagerhalle sich außerhalb des Firmensitzes befand, nämlich in der Gmöserstraße 2, und nicht von der xx GmbH in Betrieb stand. Vielmehr handelte es sich um eine auswärtige Arbeitsstelle der xx GmbH und jedenfalls um eine Baustelle der Vanel GmbH im Sinn des § 2 Abs.3 dritter Satz ASchG, zumal dort Reinigungsarbeiten durchzuführen waren und durchgeführt wurden.

Die Arbeitnehmer der Reinigungsfirma Vanel standen in keinem Arbeitsverhältnis zur Firma xx GmbH und waren daher betriebsfremde Arbeitnehmer. Allerdings war die Lagerhalle völlig leer, waren in der Lagerhalle keine Arbeiten durch eigene Arbeitnehmer vorgesehen und sogar das Betreten der Lagerhalle durch eigene Arbeitnehmer verboten. Es waren keine Arbeitsvorgänge in der Lagerhalle vorgesehen und daher auch keine Arbeitsmittel und Geräte der xx GmbH in der Halle vorhanden. Es gingen von der Halle keine Gefahren aus, waren daher auch keine Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente hinsichtlich der Halle vorhanden. Da von der Halle erwiesenermaßen keine Gefahren ausgingen, waren auch keine Schutzmaßnahmen festzusetzen. Eine Obsorge für die Durchführung erübrigt sich daher. Es ist daher der objektive Tatbestand gemäß § 8 Abs.2 Z3 ASchG nicht erfüllt.

 

Diese Regelung gilt jedenfalls nicht für Baustellen und auswärtige Arbeitsstellen (vgl. "Arbeitsstätten" in § 8 Abs.2 ASchG). Sofern selbst das Arbeitsinspektorat laut Anzeige aber von einer auswärtigen Arbeitsstelle ausgeht, so ist für diese die Bestimmung schon nach dem Wortlaut des § 8 Abs.2 ASchG nicht anwendbar (arg. "in einer Arbeitsstätte"). Die Regelung betrifft vielmehr jenen Fall, dass die Arbeitgeber der betriebsfremden Arbeitnehmer häufig gar nicht in der Lage sind, eine ausreichende Information und Unterweisung vorzunehmen, weil sie mit den konkreten betrieblichen Verhältnissen des Einsatzortes nicht ausreichend vertraut sind. Andererseits können die für die Arbeitsstätte verantwortlichen Arbeitgeber häufig bei Einsatz betriebsfremder Arbeitnehmer (z.B. Reinigungskräfte, Servicepersonal), die Arbeitsabläufe, die verwendeten Arbeitsmittel, die verwendeten Arbeitsstoffe usw. nicht ausreichend kennen und beurteilen und daher auch nicht allein die notwendigen Schutzmaßnahmen treffen (vgl. Arbeitnehmerschutz - ASchG, ARD, Ausgabe aushangpflichtiger Gesetze, Seite 9 und 10). Diese Erläuterungen zeigen, dass der Arbeitgeber der betriebsfremden Arbeitnehmer nicht den Einsatzort, aber die Arbeitsabläufe, Arbeitsmittel und Arbeitsstoffe kennt, umgekehrt aber der für die Arbeitsstätte verantwortliche Arbeitgeber den Arbeitsort, allerdings die Arbeitsabläufe, Arbeitsmittel und Arbeitsstoffe nicht kennt. Bei dem verwendeten Stapler und der Gitterbox handelt es sich eindeutig um ein Arbeitsmittel, das von dem die Arbeitnehmer beschäftigenden Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist und auch hinsichtlich der Sicherheit zu verantworten ist. Der verwendete Stapler und die Gitterbox sind daher eindeutig der Verantwortungssphäre des Arbeitgebers der eingesetzten Arbeitnehmer zuzurechnen. Die gegenständliche Bestimmung des § 8 Abs.2 Z3 ASchG spricht nicht Arbeitsmittel an, sondern die Arbeitsstätte und die aus ihr hervorgehenden möglichen Gefahren. Sofern die gegenständliche Lagerhalle als Arbeitsstätte - da sie sich nicht am Firmensitz und nicht in Verwendung befand - anzusehen ist, so geht von der Arbeitsstätte als solche keinerlei Gefahr aus. Es greift daher die Verpflichtung zur Koordination gemäß § 8 Abs.2 Z3 ASchG nicht. Vielmehr ist gemäß § 8 Abs.5 ASchG die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers der eingesetzten Arbeitnehmer uneingeschränkt weiterhin in Geltung und wurde ja auch diesbezüglich die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit bereits rechtskräftig ausgesprochen. Hingegen regelt § 8 Abs.5 ASchG ausdrücklich, dass die Verantwortung für betriebsfremde Arbeitnehmer nur insofern gelte, als dies ausdrücklich in Abs.2 bis 5 geregelt ist. Da eine Gefahr in der Arbeitsstätte nicht drohte, war eine diesbezügliche Verantwortung des Beschuldigten nicht gegeben. Es hat daher der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen und war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5.4. Darüber hinaus hat der Berufungswerber in seiner Berufung auch rechtsrichtig erkannt, dass die belangte Behörde sowohl den Tatbestand nach § 8 Abs.2 Z3 ASchG als auch nach § 8 Abs.2 Z4 ASchG vorgeworfen hat. Wie rechtsrichtig ausgeführt wurde, bedingt die mangelnde Durchführung, dass entsprechende Maßnahmen festgelegt wurden. Wurden Maßnahmen nicht festgelegt, so kann die mangelnde Durchführung nicht zum Vorwurf gemacht werden. Es schließt daher ein Tatbestand nach § 8 Abs.2 Z3 ASchG eine Tat nach § 8 Abs.2 Z4 ASchG aus. Insofern ist das angefochtene Straferkenntnis sowie das diesbezüglich durchgeführte Verwaltungsstrafverfahren unbestimmt.

 

Im Übrigen ist dem Berufungswerber auch mit seinen Argumenten beizupflichten, dass schon anlässlich der gerichtlichen Erhebungen betreffend eines Vergehens gemäß § 88 StGB die Missachtung von Schutzpflichten zu prüfen ist und hinsichtlich des Berufungswerbers nicht in Erwägung gezogen wurde.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Wolfgang Steiner

 

 

Beschlagwortung:

Arbeitsstätte, betriebsfremde Personen, Gefahr, Verantwortung

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