Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280863/9/Kl/Pe

Linz, 25.07.2006

 

 

 

VwSen-280863/9/Kl/Pe Linz, am 25. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn Ing. G N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 18.8.2005, Ge96-75-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 14.6.2006 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch nach dem Wort "hat" folgende Wortfolge einzufügen ist: "als persönlich haftender Gesellschafter der N KEG, die zum Baustellenkoordinator bestellt wurde und somit," und bei der verletzten Rechtsvorschrift bei § 10 die Zitierung des "Abs.1" zu entfallen hat und die Strafnorm mit "§ 10 Einleitung leg.cit." zu zitieren ist.

Hinsichtlich der Strafbemessung wird der Berufung Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 200 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Stunden herabgesetzt.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 20 Euro; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 18.8.2005, Ge96-75-2004, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.2 Z1 und 10 Abs.1 Z4 Bauarbeitenkoordinationsgesetz verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Baustellenkoordinator der Baustelle "L," nicht darauf geachtet hat, dass am 30.9.2004 bei dieser Baustelle von den Arbeitgebern der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan vom 29.4.2004 hinsichtlich des erforderlichen Dachfanggerüstes angewendet wurde, da das in diesem Schutzplan geforderte Dachfanggerüst trotz bereits teilweise durchgeführter Zimmererarbeiten nicht vorhanden war. Nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde vorgebracht, dass die Ausführung geeigneter Dachfanggerüste nicht möglich gewesen sei. Das Arbeitsinspektorat habe den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan samt Protokoll 02 vom 29.6.2005 (gemeint wohl 2004) so zur Kenntnis genommen und keinerlei Einwände erhoben. Bei weiteren Kontrollen auf der Baustelle wurde, wie in den Protokollen festgehalten, der Gesundheitsschutzplan eingehalten und waren die Arbeitnehmer bei Arbeiten im Traufenbereich ordnungsgemäß mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt. Auch wurden in der Folge Dachschutzblenden montiert und wurden die Arbeitgeber der auf den Dächern arbeitenden Arbeitnehmer auf deren Verpflichtungen und zusätzliche Selbstkontrollen und Unterweisungen hingewiesen. Auch habe der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan vom 29.4.2004 Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden vorgesehen und war eine Adaptierung mit 29.6.2004 erfolgt. Das vorhandene Konsolgerüst als Dachfanggerüst auszubauen sei am 23.6.2004 vom Arbeitsinspektor gegenüber dem Polier der Baufirma Kern geäußert und im Schreiben vom 29.6.2004 als durchaus möglich erachtet worden. Nähere Untersuchungen der technischen Details und der technischen Möglichkeiten hätten aber ergeben, dass ein derartiger Ausbau dennoch den Bestimmungen der BauV nicht entsprechen würde. Auf das SIGE-Protokoll 02 werde hingewiesen. Da ein weiteres Konsolgerüst als Dachfanggerüst technisch nicht möglich gewesen sei, seien Dachschutzblenden als kollektive Schutzeinrichtungen für Zimmerer, Dachdecker und Spengler anzuordnen. Einzig bei Arbeiten im Traufenbereich seien die Arbeitnehmer zusätzlich zum vorhandenen Konsolgerüst durch Anseilen individuell zu sichern. Den Vorrang eines kollektiven Gefahrenschutzes vor individuellem Gefahrenschutz im Sinn des § 7 Z8 ASchG wurde unter Berücksichtigung und im Rahmen der technischen Möglichkeiten und der Gegebenheiten des Bauwerkes soweit wie möglich entsprochen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.6.2006, zu welcher der Berufungswerber und ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz erschienen sind. Die Bezirkshauptmannschaft hat sich entschuldigt. Weiters wurde der Zeuge DI A H geladen und einvernommen.

 

4.1. Im erstbehördlichen Akt liegt ein Auftragsschreiben der L an die N B KEG vom 17.2.2004 über die Bestellung eines Baustellenkoordinators für das Bauvorhaben vor. Bei den darin genannten Leistungen wird auch erwähnt, dass der Baukoordinator die Baustellenordnung übergibt und die Einhaltung des SIGE-Planes, der allen Arbeitgebern zugänglich ist, zu überwachen hat. Weiters hat er bei Änderungen den SIGE-Plan anzupassen. Weiters liegen im Akt Schnitte des Einreichplanes für das Bauvorhaben vor sowie ein SIGE-Plan und Baustelleneinrichtungsplan. Aus dem SIGE-Bauzeitenplan geht hervor, dass für die 40. Kalenderwoche Baumeister-, Zimmerer-, Dachdecker- und Spenglerarbeiten vorgesehen sind und daher Absturzsicherungen für Rohbau/Dach erforderlich sind (Zeile VIII). Der SIGE-Plan weist auf Seite 9 unter Abschnitt VIII Absturzsicherung nur allgemeine Anweisungen für Absturzsicherungen auf. Konkrete Maßnahmen für die Baustelle gehen nicht hervor. Diese Seite 9 ist eine Ablichtung der "blauen Mappe", herausgegeben von der AUVA, und es wird diese meist als Information auf der Baustelle verwendet.

 

Aus dem SIGE-Protokoll 02 vom 29.6.2004, Punkt 2, ist hinsichtlich Schutzeinrichtungen zur gemeinsamen Nutzung für Arbeiten auf Dächern festgehalten, dass von der Baufirma die Fanggerüste (ausgebildet als Konsolgerüste) bis zur Fertigstellung der Dachdecker- und Spenglerarbeiten belassen werden. "Diese Maßnahme wird aufgrund nachfolgender Erläuterungen lediglich als zusätzliche, dennoch sehr wertvolle und nützliche Zusatzmaßnahme zu den im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan vorgesehenen Schutzeinrichtungen vereinbart." Aus Punkt 2b geht hervor, dass die im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan vom 29.4.2004, Bauzeitplan Zeile VIII, vorgesehenen Schutzeinrichtungen im Sinne der §§ 87 und 88 BauV (Dachschutzblenden, Dachfanggerüste) unerlässlich bleiben.

 

Auch aus dem SIGE-Protokoll 03 vom 22.7.2004 geht hervor, dass die Dachschutzblenden im jeweiligen Arbeitsbereich montiert werden. Die Möglichkeit einer Aufstockung der Konsolgerüstblenden wird überprüft. Die Montage eines Konsolgerüstes in Deckenebene Höhe Traufe ist technisch nicht möglich.

 

Mit Schreiben des Arbeitsinspektorates Linz vom 29.6.2004 wurde aufgrund einer Besichtigung am 23.6.2004 der Baustellenkoordinator darauf hingewiesen, dass der kollektive Gefahrenschutz vor den individuellen Gefahrenschutz zu stellen ist. Es sollte daher eine von mehreren Gewerken, Firmen usw. gemeinsam benützbare technische Schutzmaßnahme für z.B. die Errichtung des Daches vorhanden sein. "Eine derartige Konkretisierung von kollektiven Maßnahmen fehlt im SIGE-Plan .... Es ist daher unverzüglich der SIGE-Plan gemäß § 5 Abs.3 Z3 BauKG entsprechend anzupassen."

 

Mit Schreiben vom 7.10.2004 hat das Arbeitsinspektorat aufgrund einer Besichtigung vom 30.9.2004 unter Hinweis auf das Schreiben vom 29.6.2004 dargelegt, dass, obwohl bei Haus 2 bereits die Zimmereiarbeiten durchgeführt werden, immer noch kein Dachfanggerüst als kollektive Schutzmaßnahme montiert ist. Das eingehängte Konsolgerüst ist kein Dachfanggerüst bzw. Dachschutzblenden können nur seitens der Zimmereifirma, nicht jedoch auch von den nachfolgenden Gewerken genützt werden. Es wurde auf die Einhaltung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes in der Fassung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzprotokolls 02 vom 29.6.2004 hingewiesen.

 

4.2. Aufgrund der bei einer Kontrolle im Juni 2004 beim Haus 1 festgestellten Mängel, dass der SIGE-Plan hinsichtlich kollektiver Schutzmaßnahmen für Dacharbeiten nicht konkretisiert war, fand durch das Arbeitsinspektorat Linz eine weitere Kontrolle am 30.9.2004 nunmehr beim Haus 2 statt, welches in der Ausführung gleich geplant war. Auch der SIGE-Plan war gleichlautend. Obwohl schon mit den Zimmereiarbeiten begonnen worden war, war ein Dachfanggerüst an der Baustelle nicht vorhanden. Es war an der Decke zum zweiten Obergeschoß ein Konsolgerüst angebracht. Das Konsolgerüst war aber nicht als Dachfanggerüst ausgebildet. Absturzblenden waren nur teilweise vorhanden. Dachschutzblenden stellen aber bloß einen individuellen Schutz und keinen kollektiven Schutz dar, welcher aber aufgrund des Protokolls 02 unter Hinweis auf den SIGE-Plan gefordert war. Bei gleichzeitigen Arbeiten von mehreren Gewerken, wie z.B. bei Dacharbeiten durch Dachdecker, Spengler und Zimmerer, ist dem kollektiven Arbeitnehmerschutz der individuelle Arbeitsschutz vorzuziehen und daher kollektive Schutzmaßnahmen einzurichten.

 

Grundsätzlich können Konsolgerüste als Dachfanggerüste aufgestockt werden, nämlich, indem die Konsole um 1 m höher gehängt wird und die Blende auch auf 2 m verlängert wird. Das an der Baustelle befindliche Konsolgerüst war aber nicht dazu geeignet, weil das Höherhängen der Konsole aufgrund der Hauskonstruktion, nämlich Ausführung des Daches als Sargdeckel, nicht möglich ist. Ein geeignetes Konsolgerüst ist in der Planungsphase vorzusehen.

 

Dieser Sachverhalt ist durch die vorliegenden Unterlagen sowie durch die glaubwürdige und widerspruchsfreie Aussage des einvernommenen Zeugen erwiesen. Der Sachverhalt wurde im Übrigen vom Berufungswerber auch nicht bestritten.

 

4.3. Auch ist das Vorbringen des Berufungswerbers zugrunde zu legen, dass er in der Planungsphase nicht eingebunden war, sondern erst nachträglich als Planungs- und Baukoordinator zugezogen wurde, obwohl die Planung bereits abgeschlossen war. Er hat daher zu Beginn seiner Tätigkeit nach den konkreten Ausschreibungen gefragt und musste feststellen, dass Baustelleneinrichtungen und Absicherungen generell in den Preis einzurechnen waren und nicht gesondert vorgesehen waren. Bei den Traufenarbeiten haben sich die Arbeitnehmer angeseilt.

 

Der Berufungswerber als Baustellenkoordinator gestaltet nunmehr die von ihm erstellten SIGE-Pläne anders, nämlich dem Gesetz entsprechend. Dies wurde vom Zeugen ausdrücklich bestätigt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Z 8 ASchG haben Arbeitgeber bei der Gestaltung der Arbeitsstätten, Arbeitsplätze und Arbeitsvorgänge .... sowie bei allen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer folgende allgemeine Grundsätze der Gefahrenverhütung umzusetzen:

Vorrang des kollektiven Gefahrenschutzes vor individuellen Gefahrenschutz.

 

Gemäß § 1 Abs. 5 BauKG gilt dieses Bundesgesetz unbeschadet der im Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (ASchG) geregelten Verpflichtungen der Arbeitgeber, für Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu sorgen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 BauKG hat der Bauherr, wenn auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden, einen Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase und einen Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase zu bestellen.

 

Gemäß § 5 Abs.1 Z1 BauKG hat der Baustellenkoordinator die Umsetzung der allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG bei der technischen und organisatorischen Planung, bei der Einteilung der Arbeiten, die gleichzeitig oder nacheinander durchgeführt werden, bei der Abschätzung der voraussichtlichen Dauer für die Durchführung dieser Arbeiten sowie bei der Durchführung der Arbeiten zu koordinieren.

 

Gemäß § 5 Abs.2 Z1 BauKG hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

 

Gemäß § 10 Z4 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Baustellenkoordinator die Verpflichtungen nach § 5 verletzt.

 

Im Grunde des erwiesenen Sachverhaltes steht fest, dass der Berufungswerber als persönlich haftender Gesellschafter der Neunteufel Bau KEG, die zum Baustellenkoordinator bestellt war, die Aufgaben als Baustellenkoordinator, nämlich auf die Anwendung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes in der Fassung des Protokolls 02 vom 29.6.2004, welches als Anpassung des SIGE-Planes zu verstehen ist, durch die Arbeitgeber zu achten, nicht eingehalten hat. Es ist daher die Erfüllung des objektiven Tatbestandes erwiesen. Aufgrund des Beweisverfahrens ist auch erwiesen, dass die Ausprägung des Konsolgerüstes als kollektive Schutzmaßnahme nicht ausreicht und eine Ausgestaltung des Konsolgerüstes als Dachfanggerüst aber aufgrund der Dachkonstruktion technisch nicht möglich war. Schon aufgrund des SIGE-Planes in der Fassung des Protokolls 02 war aber eindeutig festgelegt, dass das Konsolgerüst zwar bestehen bleiben soll, aber nicht ausreicht, und ein kollektiver Arbeitnehmerschutz im Sinne der §§ 87 und 88 BauV erforderlich ist, zumal mehrere Arbeitnehmer verschiedener Gewerke aufgrund des Bauzeitplanes tätig sind. Im Grunde der Bestimmung des § 1 Abs.5 BauKG bleibt daher die Anordnung nach § 7 Z8 ASchG unberührt und ist daher der Berufungswerber durch die Bestellung zum Baustellenkoordinator zur Umsetzung der allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG verantwortlich und hat daher die Einhaltung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes durch die Arbeitgeber zu kontrollieren und auf die Anwendung zu achten. Die Einwände des Berufungswerbers, dass Dachschutzblenden ausreichen würden, sind daher nicht zutreffend, weil diese nur individuellen Schutzeinrichtungen zur Sicherung einzelner Arbeitnehmer an bestimmten Arbeitsplätzen sind und keinen kollektiven Arbeitnehmerschutz darstellen. Daran ändert auch nicht der Umstand, dass bei Arbeiten im Traufenbereich die Arbeitnehmer zusätzlich angeseilt waren. Dass der Berufungswerber in der Planungsphase nicht eingebunden war, sondern bereits nach Auftragserteilung zum Baustellenkoordinator bestellt wurde, entspricht zwar nicht den gesetzlichen Bestimmungen des BauKG, allerdings rechtfertigt dieser Umstand nicht ein gesetzwidriges Verhalten des Berufungswerbers.

 

5.2. Der Berufungswerber hat die Tat auch subjektiv zu verantworten. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt nämlich, wenn eine Verwaltungsübertretung über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Einen solchen Entlastungsnachweis hat der Berufungswerber nicht vorgebracht. Auch kann sein Vorbringen, dass er in der Planungsphase nicht eingebunden war, sein Verhalten nicht entschuldigen. Der SIGE-Plan ist zwar in der Vorbereitungsphase zu erstellen, er ist aber bei Fortschritt der Arbeiten oder bei eingetretenen Änderungen unverzüglich anzupassen. Auch dies stellt eine Pflicht des Baustellenkoordinators gemäß § 5 Abs.3 Z3 BauKG dar. Dies hat er auch durch die angeordneten Maßnahmen im Protokoll 02 vom 29.6.2004 vorgenommen. Er hat daher auf die Einhaltung zu achten. Es war daher auch vom Verschulden, nämlich fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

Darüber hinaus wird aber auch noch darauf hingewiesen, dass der Berufungswerber bereits mit Schreiben vom 29.6.2004 zur Anpassung des SIGE-Plans angehalten wurde und ihm daher zur Kenntnis gelangte, dass der kollektive Arbeitnehmerschutz Vorrang hat. Es ist daher in keiner Weise entschuldbar, dass zum Tatzeitpunkt keinerlei kollektive Schutzmaßnahmen vorhanden waren, obwohl dies nach geändertem SIGE-Plan vorgesehen war.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG hat die belangte Behörde auf den Schutzzweck der Norm Bedacht genommen und daher im Sinne der Gefährdung der geschützten Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer den Unrechtsgehalt der Tat entsprechend gewertet. Nachteilige Folgen sind jedoch nicht bekannt geworden bzw. nicht eingetreten. Die belangte Behörde hat weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe zugrunde gelegt. Der Berufungswerber ist nicht unbescholten. Seine persönlichen Verhältnisse wurden auf ein Nettoeinkommen von 2.000 Euro monatlich geschätzt, weiters gab er den Besitz eines halben Einfamilienhauses an und die Sorgepflicht für drei Kinder. Dies wurde vom Berufungswerber auch im Berufungsverfahren bestätigt und konnte daher zugrunde gelegt werden. Allerdings war dem Beschuldigten zugute zu halten, dass er nun erwiesenermaßen den SIGE-Plan anders gestaltet und bei weiteren Baustellen auch auf die Einhaltung achtet. Es war daher die von der belangten Behörde angenommene Präventionswirkung für den Beschuldigten nicht mehr erforderlich, weil der Berufungswerber nunmehr sich einsichtig zeigte und um ein den Bestimmungen des BauKG und des ASchG entsprechendes Verhalten bemüht ist. Auch hat das Arbeitsinspektorat einer Strafherabsetzung in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zugestimmt. Die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe ist tat- und schuldangemessen und den persönlichen Verhältnissen angepasst und ausreichend, um auch andere Personen zur Einhaltung des BauKG zu verhalten.

 

Gemäß § 16 VStG war auch die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen.

 

6. Weil die Berufung hinsichtlich der Strafbemessung Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG nicht aufzuerlegen. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der verhängten Geldstrafe, ds 20 Euro (§ 64 VStG).

 

7. Die Spruchkorrektur war im Grunde der zitierten Bestimmungen erforderlich. Darüber hinaus war erwiesen, dass die Bestellung zum Baustellenkoordinator an die Neunteufel Bau KEG erging. Dies war entsprechend hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Beschuldigten im Spruch zu ergänzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

kollektiver Arbeitnehmerschutz, SIGE-Plan, Anwendung, Verpflichtung des Baukoordinators

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