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VwSen-280869/6/Kl/Pe

Linz, 10.07.2006

 

 

 

VwSen-280869/6/Kl/Pe Linz, am 10. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die IX. Kammer (Vorsitzender Vizepräsident Mag. Dr. Steiner, Berichterin Dr. Klempt, Beisitzerin Mag. Bismaier) über die Berufung des Dr. R S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 12.9.2005, BZ-Pol-09025-2005, (Faktum 2, 3 und 4) wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 12.9.2005, BZ-Pol-09025-2005, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von 1) 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 69 Stunden, 2) bis 4) je 3500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe je 162 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen nach 1) § 130 Abs.1 Z5 iVm §§ 4 Abs.1 Z3, 41 und 5 ASchG, 2) § 130 Abs.1 Z17 iVm § 43 Abs.2 Z4 und 5 ASchG, 3) § 130 Abs.1 Z11 iVm § 14 Abs.1 und Abs.2 Z4 ASchG und 4) § 130 Abs.5 Z1 ASchG iVm § 68 Abs.1 AAV verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als im Sinne des § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma XL GmbH (Arbeitgeberin), folgenden - bei Erhebungen in der Arbeitsstätte T, am 15.4.2005 sowie in der Arbeitsstätte L, am 12.5.2005 durch das Arbeitsinspektorat für den 5. Aufsichtsbezirk, festgestellten Sachverhalt zu vertreten hat:

Der Arbeitnehmer H S führte am 13.4.2005 Imprägnierungsarbeiten mit einer Handpumpe mit dem Produkt Danguard Stoffschutz durch. Er hatte für diese Tätigkeit lediglich eine als persönliche Schutzausrüstung völlig ungeeignete Papiermaske zur Verfügung. Die Arbeiten wurden teilweise in der Lagerhalle, teilweise in einem Verschlag von etwa 7 x 5 x 2 m durchgeführt. Es war keine Absaugung vorhanden, um die Schadstoffe abzuführen. Darüber hinaus war die Belüftung der Arbeitsplätze, insbesondere im Verschlag nicht ausreichend.

Am 15.4.2005 waren zwei Arbeitnehmer mit der Durchführung von Imprägnierungen beauftragt. Es standen auch für diese Arbeiten keine geeigneten Masken und keine geeigneten Räumlichkeiten oder Absaugungen zur Verfügung.

Laut Mitteilung des Krankenhauses Mistelbach musste der Arbeitnehmer H S aufgrund seiner o.a. Tätigkeit mit einer schwerwiegenden Gesundheitsschädigung am 14.4.2005 in das Krankenhaus eingeliefert werden. Überdies sind nach Angaben der Vergiftungszentrale bereits einige andere Vergiftungsunfälle durch das Produkt Danguard bei der Firma XL GmbH aufgetreten.

Unterweisungen der Arbeitnehmer in Bezug auf die Gefährdung durch das Imprägnierungsmittel konnten nicht glaubhaft gemacht werden.

Danguard Stoffschutz ist laut Angaben im Sicherheitsdatenblatt als gesundheitsgefährlicher Arbeitsstoff anzusehen und musste dem Arbeitgeber insbesondere nach mit der Erkrankung von Herrn S vergleichbaren Zwischenfällen in anderen Arbeitsstätten der XL GmbH (z.B. im März 2005 in F, laut Mitteilung des Arbeitsinspektorates für den 15. Aufsichtsbezirk, Herr Dr. V) als gesundheitsgefährdend bekannt gewesen sein. Darüber hinaus ist aufgrund des Flammpunktes von 32,5° C bei Verwendung auch die Entstehung explosionsfähiger Atmosphäre anzunehmen (vgl. § 3 Abs.1 Z3 Verordnung explosionsfähige Atmosphären, BGBl. II 309/2004).

Nach arbeitsmedizinischen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass die Einwirkungen von Fluor-Polymeren der Art, wie sie in Imprägnierungen und auch in Danguard Stoffschutz verwendet werden, akute toxische Reaktionen in der Lunge hervorrufen können wie Bronchospasmus, massive Schleimhautentzündungen bis zu Lungenödem mit allen Folgen. Es ist daher eine unmittelbar drohende Gefahr für Leben und Gesundheit der mit ungeeigneter persönlicher Schutzausrüstung ohne Absaugung Imprägnierarbeiten durchführenden Arbeitnehmer anzunehmen. Eine natürliche Lüftung der Halle reicht keinesfalls aus, um die Gesundheitsgefahr zu beseitigen.

Auch in der Arbeitsstätte XL GmbH in L, der die gegenständliche Arbeitsstätte als Lager organisatorisch zugeordnet ist, wurde keine Ermittlung und Beurteilung der Gefahren in Hinblick auf die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen beim Versprühen von Danguard Stoffschutz bzw. auf die Explosionsgefährlichkeit durchgeführt und war auch keine diesbezügliche Eintragung in den Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten vorhanden.

Somit liegt folgende Arbeitnehmerschutzverletzung vor:

  1. Es wurden die für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren - insbesondere hinsichtlich der Verwendung von Arbeitsstoffen - weder ermittelt noch beurteilt und auch die Ergebnisse der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren sowie die durchzuführenden Maßnahmen zur Gefahrenverhütung nicht schriftlich festgehalten (Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente).
  2. Trotz der Verwendung von gefährlichen Arbeitsstoffen, wurden Arbeitsverfahren und Arbeitsvorgänge nicht so gestaltet, dass die Arbeitnehmer nicht mit den gefährlichen Arbeitsstoffen in Kontakt kommen und gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe nicht fei werden können oder dass zumindest gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig erfasst und anschließend ohne Gefahr für die Arbeitnehmer beseitigt werden.
  3. Es wurde nicht für eine - nachweisliche - ausreichende Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz gesorgt, wobei eine solche jedenfalls bei Einführung neuer Arbeitsstoffe erfolgen muss.
  4. Den Arbeitnehmern, die bei der beruflichen Tätigkeit trotz entsprechender anderer Schutzmaßnahmen oder infolge Undurchführbarkeit solcher Schutzmaßnahmen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Gasen, Dämpfen oder Schwebstoffen ausgesetzt sind, wurde kein geeignetes Atemschutzgerät, wie Filter-, Schlauch-, Regenerations- oder Behältergeräte, zur Verfügung gestellt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht - nach rechtzeitiger Verbesserung - Berufung eingebracht und das Straferkenntnis sowohl dem Grunde als der Höhe nach angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass nicht bewiesen worden sei, dass die Erkrankung des Arbeitnehmers H S tatsächlich auf das beim Imprägnieren verwendete Produkt Danguard zurückzuführen sei. Nach Erfahren dieses Vorfalles habe die Firma XL GmbH die Imprägnierarbeiten in sämtlichen Lagern sofort stoppen lassen und bis dato auch nicht wieder aufnehmen lassen. Aufgrund der Sicherheitsdatenblätter, die von der Firma D vorgelegt worden seien, habe die Firma XL GmbH dem Glauben geschenkt, dass die verwendeten Mittel absolut unbedenklich seien. Die Firma XL GmbH sei nie aufgeklärt und informiert worden, dass gewisse Sicherheitsmaßnahmen gesetzt werden müssen. Das Imprägniermittel sei absolut unbedenklich und ungefährlich verkauft worden. Es werde daher beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben, in eventu die Geldstrafe tat- und schuldangemessen herabzusetzen.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und in einer Stellungnahme ausgeführt, dass die XL GmbH keinesfalls von sich aus die Einstellung der Imprägnierarbeiten angeordnet habe. Zum Zeitpunkt der Ersterhebung in T, zwei Tage nach dem Vorfall, seien weitere Imprägnierungsarbeiten geplant gewesen. Bereits am 21.3.2005 sei der XL GmbH bekannt gewesen, dass im Lager V drei Leute erkrankt seien. Auch sei dem Arbeitnehmer H S nur eine völlig ungeeignete Papiermaske als persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt worden. Es war keine Absaugung vorhanden und die Belüftung der Arbeitsplätze nicht ausreichend. Auch wurde darauf hingewiesen, dass das Produkt Fluorkohlenwasserstoffe beinhalte, welche toxische Lungenerkrankungen hervorrufen können.

 

4. Da zum Faktum 2, 3 und 4 jeweils eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist die Zuständigkeit der IX. Kammer des Oö. Verwaltungssenates gegeben (§ 51c VStG). Hinsichtlich des Faktums 1 ergeht eine gesonderte Entscheidung des zuständigen Einzelmitgliedes.

 

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt die mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen entspricht das angefochtene Straferkenntnis nicht.

 

Sowohl die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7.7.2005 als erste und einzige Verfolgungshandlung als auch das angefochtene Straferkenntnis sind wortgleich und geht jeweils aus dem Einleitungssatz eine Kontrolle bzw. Erhebung des Arbeitsinspektorates am 15.4.2005 in der Arbeitsstätte T, und andererseits vom 12.5.2005 in L, hervor. Der dann im Vorwurf des Straferkenntnisses aufgezeigte Sachverhalt lässt eine örtliche Zuordnung zu jeweils einer Arbeitsstätte nicht mehr zu. So kann zwar mittelbar geschlossen werden, dass die Erhebungen vom 15.4.2005 die Vorfälle vom 13.4.2005 und 15.4.2005 hervorbrachten und daher der Arbeitsstätte T zuzurechnen seien, möglich wäre aber dass jener Sachverhalt erst bei der Erhebung am 12.5.2005 hervorkam und daher die Arbeitsstätte in L betrifft. Ist zwar nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei Ungehorsamsdelikten nach dem ASchG der Tatort der Sitz der Unternehmensleitung, so ist aber trotzdem auch die jeweilige Arbeitsstätte wesentliches Sachverhaltselement, das zur konkreten Tatumschreibung gemäß § 44a VStG erforderlich ist.

 

Hinsichtlich der weiters vorgeworfenen Sachverhalte der mangelnden Unterweisung der Arbeitnehmer und der fehlenden Sicherheitsdatenblätter ist ein örtlicher und zeitlicher Bezug zu den Erhebungen überhaupt nicht mehr herzustellen.

 

Darüber hinaus ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als Tatzeit nicht der Zeitpunkt der Erhebungen des Arbeitsinspektorates, sondern der Zeitpunkt, an dem die unter Strafe gesetzte Handlung vorgenommen wurde, anzugeben. Dies für jedes gesonderte Delikt.

 

Es war daher schon aus diesen Gründen die Spruchformulierung nicht ausreichend, da zu den jeweiligen Delikten eine gesonderte Zuordnung von Tatzeit und örtlicher Sachverhaltsumschreibung nicht möglich ist. Mangels einer entsprechenden Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist war daher bereits Verfolgungsverjährung eingetreten und daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5.2. Bei der Tatumschreibung waren aber auch im Konkreten folgende Zuordnungen der Sachverhaltselemente zu den einzelnen gesetzlichen Straftatbeständen nicht möglich.

 

Zu Faktum 2:

Gemäß § 130 Abs.1 Z17 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber die Verpflichtungen betreffend Arbeitsstoffe verletzt.

 

Gemäß § 43 Abs.2 ASchG haben Arbeitgeber, wenn gefährliche Arbeitsstoffe in Verwendung stehen, Maßnahmen zur Gefahrenverhütung in folgender Rangordnung zu treffen:

4. die Arbeitsverfahren und Arbeitsvorgänge sind, soweit dies technisch möglicht ist, so zu gestalten, dass die Arbeitnehmer nicht mit den gefährlichen Arbeitsstoffen in Kontakt kommen können und gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe nicht frei werden können.

5. kann durch diese Maßnahmen nicht verhindert werden, das gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe frei werden, so sind diese an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig zu erfassen und anschließend ohne Gefahr für die Arbeitnehmer zu beseitigen, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist.

 

Schon aufgrund des Gesetzeswortlautes ist erkennbar, dass die Rangordnung einzuhalten ist und nur für den Fall des Nichtzutreffens der vorgenannten Stufe die nächstgenannte Stufe in Kraft tritt. Wenn nunmehr die belangte Behörde Z4 und Z5 des § 43 Abs.2 ASchG vorwirft, so ist dieser Alternativvorwurf schon aufgrund der gesetzlich festgelegten Reihenfolge nicht möglich, da nur für den Fall des Nichtzutreffens der Z4 die Z5 in Frage kommt. Ein alternativer Tatvorwurf - wie ihn die belangte Behörde in Z2 des Straferkenntnisses vorwirft -, dass Arbeitsvorgänge nicht so gestaltet wurden, dass Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe nicht frei werden können oder dass gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe vollständig erfasst und beseitigt werden, ist daher rechtswidrig. Da aber aus dem Verfahrensgang nicht ersichtlich ist, welche Alternative die belangte Behörde vorwerfen wollte, war eine Korrektur nicht möglich.

 

Darüber hinaus ist aber die bloße Vorhaltung des Gesetzeswortlautes der Strafbestimmung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für eine konkrete Tatumschreibung nicht ausreichend. Aus der dem Spruch des Straferkenntnisses zu entnehmenden Sachverhaltsdarstellung ist aber eine klare Zuordnung des Sachverhaltes zu den betreffenden Straftatbeständen nicht unmittelbar möglich. Mit anderen Worten, dem Beschuldigten ist aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht klar ersichtlich, welcher Teil des Sachverhaltes unter das in Z2 vorgeworfene strafbare Verhalten zu subsumieren ist.

 

Zu Faktum 3:

Gemäß § 130 Abs.1 Z11 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber u.a. die Unterweisungspflicht verletzt.

 

Gemäß § 14 Abs.1 ASchG sind Arbeitgeber verpflichtet, für eine ausreichende Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz zu sorgen. Die Unterweisung muss während der Arbeitszeit erfolgen. Die Unterweisung muss nachweislich erfolgen.

 

Gemäß § 14 Abs.2 Z4 ASchG muss eine Unterweisung jedenfalls bei Einführung neuer Arbeitsstoffe erfolgen.

 

Beim Faktum 3 wurde dem Berufungswerber nicht die Verletzung der Unterweisungspflicht vorgeworfen, sondern dass nicht ausreichend für Unterweisung gesorgt wurde. Eine nähere Konkretisierung lässt der Spruch aber vermissen. Insbesondere ist aus den vorausgegangenen Sachverhaltsvorhaltungen nur ersichtlich, dass Unterweisungen nicht glaubhaft gemacht werden konnten. Hinsichtlich welcher Arbeitnehmer und welcher Arbeitsstätte und welchen Zeitpunkten lässt das Straferkenntnis überhaupt offen. Da aber vermutlich kein Nachweis der Unterweisung bei der Kontrolle vorgelegt werden konnte, war nicht nur das Nichtglaubhaftmachen vorzuwerfen, sondern dass eine nachweisliche Unterweisung nicht erfolgte.

 

Es ist daher auch hier ein im Grunde des wesentlichen Sachverhaltes konkretisierter Tatvorwurf, der unter die entsprechende Verwaltungsübertretung zu subsumieren ist, nicht vorhanden.

 

Zu Faktum 4:

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 68 Abs.1 AAV muss jedem Arbeitnehmer, der bei der beruflichen Tätigkeit trotz entsprechender anderer Schutzmaßnahmen oder infolge Undurchführbarkeit solcher Schutzmaßnahmen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Gasen, Dämpfen oder Schwebstoffen ausgesetzt ist, ein geeignetes Atemschutzgerät, wie Filter-, Schlauch-, Regenerations- oder Behältergeräte, zur Verfügung gestellt werden.

 

Auch für dieses strafbare Verhalten gilt, dass alternative Tatvorwürfe grundsätzlich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zulässig sind und dass aber durch die konkrete Umschreibung der Sachverhaltselemente eine unmittelbare Zuordnung zum unter Strafe gesetzten Verhalten möglich ist.

 

Auch hinsichtlich der Z4 ist eine Zuordnung zu Arbeitsstätte und Tatzeitpunkt nicht möglich. Die Frage von anderen Schutzmaßnahmen oder der Undurchführbarkeit von Schutzmaßnahmen ist aus dem Sachverhalt nicht ersichtlich. Diesbezüglich wird auch auf die Ausführungen zu Faktum 2 hingewiesen.

 

Insbesondere geht aus dem vorgeworfenen Sachverhalt hinsichtlich zwei Arbeitnehmern hervor, dass diese "mit der Durchführung von Imprägnierungen beauftragt" waren, ob die Arbeiten am vorgeworfenen Tag auch durchgeführt werden sollten bzw. durchgeführt wurden, geht nicht hervor. Es ist daher aufgrund des Vorwurfes eher von einer versuchten Tatbegehung auszugehen, welche aber nach den Grundsätzen des VStG nicht strafbar ist.

 

Es fehlt somit hinsichtlich jedem dem Berufungswerber vorgeworfenen Delikt eines unmittelbar zuordenbaren konkret umschriebenen Sachverhaltes, sodass einerseits nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine nochmalige Bestrafung wegen ein und des selben Tatverhaltens nicht ausgeschlossen ist und andererseits der Beschuldigte nicht in die Lage versetzt wird zu dem konkret vorgeworfenen Sachverhalt ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten und entsprechende Beweise anzubieten. Es war daher das Straferkenntnis zu den Fakten 2, 3 und 4 mangels näherer Tatkonkretisierung aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Wolfgang Steiner

 

 

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