Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280893/17/Wim/Pe/RSt

Linz, 31.05.2006

 

 

 

VwSen-280893/17/Wim/Pe/RSt Linz, am 31. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn P. M., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. L. J. K. und Dr. J. M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7.2.2006, Ge-96-6-2006, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 19.4.2006 und 22.5.2006 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Spruchformulierung zu Faktum 2 lautet: "innerhalb des Zeitraumes vom 22.3.2005, 09.15 Uhr bis 23.3.2005, 09.15 Uhr keine ausreichende Ruhezeit gewährt bekam, obwohl innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 9 Stunden zu gewähren ist."
  2. Der Berufungswerber hat zusätzlich einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von insgesamt 200 Euro zu entrichten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 sowie §§ 19 und 51c Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretungen zu 1) gemäß Art.6 Abs.1 EG-VO 3820/85 iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe und § 28 Abs.1a Z4 AZG und zu 2) gemäß Art.8 Abs.1 EG-VO 3820/85 iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe und § 28 Abs.1a Z2 AZG für schuldig erkannt und werden über ihn Geldstrafen zu 1) und 2) in der Höhe von je 500 Euro, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je 92 Stunden verhängt.

 

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet insgesamt 100 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben es als der für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes verantwortliche Beauftragte der S. S. mit dem Sitz in B.-W. gem. § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass der im Güterbeförderungsbetrieb der Gesellschaft in 47 B.-W., B., beschäftigte Arbeitnehmer M. Ü., geb. am 18.8.1950, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen GR, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr

  1. zwischen 22.3.2005, 09.15 Uhr, und 23.3.2005, 18.55 Uhr, insgesamt 19 Stunden 50 Minuten zum Lenken des Kraftfahrzeuges herangezogen wurde, obwohl die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten von maximal 10 Stunden nicht überschritten werden darf;
  2. innerhalb des Zeitraumes vom 22.3.2005, 09.15 Uhr bis 23.3.2005, 09.15 Uhr keine Ruhezeit gewährt bekam, obwohl innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 9 Stunden zu gewähren ist."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht durch die ausgewiesenen Rechtsvertreter des Bw Berufung eingebracht und das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Als Berufungsgründe wurde Rechtswidrigkeit aufgrund Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger Sachverhaltsfeststellung geltend gemacht. Weiters wurde zum Zweck der Berufungsergänzung um Akteneinsicht ersucht.

Mit 6.3.2006 wurde die Berufungsergänzung vorgelegt und darin ausgeführt, dass der gegenständliche Transport unter Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten disponiert wurde und durchgeführt hätte werden können, da der Lenker für eine Wegstrecke von 1.660,87 km bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 km an zwei Tagen jeweils 10 Stunden hätte fahren müssen und am dritten Tag nur mehr vier Stunden. Weiters wurde vorgebracht, dass die Fahrer in gewissen Abständen über die Einhaltung der Bestimmungen betreffend Lenk- und Ruhezeiten schriftlich in Kenntnis gesetzt werden. Weiters werden die Tachographenscheiben am Monatsende abgegeben und vom Betriebsrat stichprobenartig kontrolliert. Aus Punkt 3 des Fahrerhandbuches gehe hervor, dass der Fahrer nach Ende der Fahrzeit seine Ruhezeit anzutreten habe, egal wo er sich befinde. Ebenfalls würden die Fahrer auf die Konsequenzen bei Missachtung hingewiesen werden. Im Hinblick auf das Kontrollsystem wurde ausgeführt, dass jeder Fahrer bei Dienstantritt entsprechend eingeschult und auf die Verpflichtung zur Einhaltung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten hingewiesen wird. Weiters werden Strafen für den Fall der Missachtung angedroht und auch vollstreckt. Die Kontrolle der betriebsinternen Weisungen erfolge dadurch, dass die Fahrer monatlich die Tachographenscheiben in der Fahrerabrechnung abzugeben haben, welche dann durch den Betriebsrat kontrolliert werden. Bei Nichteinhaltung der Lenk- und Ruhezeiten werde der zuständige Disponent informiert und die Fahrer angewiesen, in Zukunft die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten. Für den Arbeiter bestehe keinerlei Anreiz zur Verletzung der gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten, da die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so gestaltet seien, dass dienstrechtliche Konsequenzen für den Fall einer Übertretung des AZG angedroht und vollstreckt werden. Sohin liege keinerlei Verschuldenseitens des Bw vor und wurde die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses bzw. der Ausspruch einer Ermahnung, in eventu Herabsetzung der Strafe beantragt. Weiters wurde eine mündliche Berufungsverhandlung beantragt.

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.4.2006 und 22.5.2006, an welcher der Rechtsvertreter des Bw, ein Vertreter der belangten Behörde sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates W. teilgenommen haben. Auf die Einvernahme der Zeugen A. und S. wurde verzichtet und an deren Stelle der Geschäftsführer M. zeugenschaftlich einvernommen. Der geladene Zeuge K. ist unentschuldigt nicht erschienen.

 

3.2. Der Zeuge M. führte zusammengefasst aus, dass er Geschäftsführer für die S. . sei und seit Juni 2005 monatlich zwischen 20 und 30 Tachographenscheiben von 800 Lenkern kontrolliere. Er kontrolliere diese zunächst einmal auf Vollständigkeit und bei Durchzählen auch gleich überblicksmäßig auf die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten. Bei der großen Anzahl der Fahrtenschreiberblätter könne diese Kontrolle nicht immer bis genau ins Detail gehen. Erstmalige Verstöße gegen das AZG werden schriftlich gerügt und der betreffende Lenker vorgemerkt. Beim zweiten Verstoß erhalte der Lenker wiederum eine schriftliche Ermahnung mit dem Hinweis auf die fristlose Kündigung bei einem weiteren Verstoß. Weiters führt der Zeuge aus, dass vor ihm Herr K. diese Kontrollen durchgeführt habe, welcher jetzt als Disponent tätig sei. Der Betriebsrat kontrolliere die Tachographenblätter insofern, als ihm monatlich von ca. 20 Lenkern die Fahrtenschreiberblätter vorgelegt werden und diese hinsichtlich Übertretungen des AZG durchgesehen werden.

Die Bezahlung der Lenker erfolge nach Touren und könne sich ein Lenker durch die Überschreitung der Arbeitszeit keinen finanziellen Vorteil herausholen. Werden Tachographenscheiben nicht abgegeben, wird eine schriftliche Mahnung erteilt bzw. das Gehalt des Lenkers bis zur Nachreichung der Tachographenscheiben auf das Kollektivvertragsniveau zurückgesetzt.

Neben der Kontrolle der Fahrtenschreiberblätter habe der Zeuge nur ein paar untergeordnete Aufgaben (zBUnterschreiben von Mietverträgen und Fahrereinstellungsverträgen).

Eine weitere seiner Aufgaben besteht in der Kontrolle der Mautabrechnungen. Bei der Mautkontrolle werden wöchentlich ca. 500 Ausdrucke in denen die von den Fahrzeugen passierten Mautstationen ausgewiesen sind, von ihm durchgesehen und dabei überprüft, ob die Lenker die Fahrtrouten zweckmäßig gewählt haben und nicht unnötige Umwege gefahren sind.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der bei der S. S. mit dem Sitz in B.-W. beschäftigte Arbeitnehmer M. Ü., geb. am 18.8.1950 hat das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen GR, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr zwischen 22.3.2005, 09.15 Uhr, und 23.3.2005, 18.55 Uhr, insgesamt 19 Stunden 50 gelenkt.

Innerhalb des Zeitraumes vom 22.3.2005, 09.15 Uhr bis 23.3.2005, 09.15 Uhr wurde von ihm keine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 9 Stunden eingehalten.

 

Im Betrieb besteht kein ausreichendes effizientes Kontroll- und Sanktionssystem hinsichtlich Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften.

 

3.4. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie aus den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung, insbesondere der Einschau in die entsprechenden Urkunden, sowie den Aussagen des Zeugen Mainz.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Hinsichtlich der gesetzlichen Bestimmungen kann auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Straferkenntnis verwiesen werden, um Wiederholungen zu vermeiden.

 

In objektiver Hinsicht wurde der Tatbestand hinsichtlich Faktum 1 und 2 letztlich nicht bestritten und ergibt sich dieser aus den vorhandenen Fahrtenschreiberblättern.

 

Zur subjektiven Tatseite hat nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Beschuldigte von sich aus intuitiv alles vorzubringen um glaubhaft zu machen, dass ein wirksames Kontroll- und Sanktionssystem besteht, um die jeweiligen Lenker von Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz abzuhalten.

Dies ist dem Beschuldigten nicht gelungen. Insbesondere aus den Aussagen des Zeugen M. ergibt sich, dass bei der Vielzahl der zu prüfenden Tachoscheiben, bei 800 Lenkern und 20 bis sogar 30 Scheiben pro Lenkerbedeutet dies zwischen 16.000 und 24.000 Scheiben pro Monat zu sichten. Alleine daraus ergibt sich für den unabhängigen Verwaltungssenat schon, dass bei einer so großen Anzahl keine auch nur annähernd detaillierte Prüfung stattfinden kann, sondern sie, wie auch von Zeugen zugestanden, nur überblicksmäßig und nicht in die Tiefe gehend erfolgen kann.

 

Auch wenn diese Überprüfung offensichtlich zu dem angesprochenen Tatzeitpunkt ein Vorgänger von Herrn M. durchgeführt hat - der jedoch als vom Berufungswerber namhaft gemachter Zeuge zur fortgesetzten öffentlichen mündlichen Verhandlung unentschuldigt nicht erschienen ist - ist bei der großen Anzahl der Fahrzeuge auch hier allgemein von einer einzigen Personeine entsprechend effiziente Kontrolle mit der erforderlichen Tiefe nicht denkbar.

Auch das Entlohnungssystem nach gefahrenen Touren stellt keine Maßnahme dar, die Arbeitszeitüberschreitungen hintan hält.

Der Berufungswerber hat daher die Tat auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

Hinsichtlich beider Fakten erweist sich die Bestrafung auch der Höhe nach als gerechtfertigt, da bereits eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe vorliegt und die verhängten Strafen von jeweils 500 Euro sich bei einem Strafrahmen zwischen
72 und 1.815 Euro immer noch erst bei ca. 28 % der Höchststrafe bewegt und auch dem Ausmaß der Verstöße gerecht werden. Eine außerordentliche Strafmilderung oder gar ein Absehen von der Strafe kam mangels Vorliegen der Voraussetzungen nicht in Betracht.

 

Die Spruchergänzung dient lediglich der Klarstellung, da ansonsten der Eindruck erweckt werden könnte, dass überhaupt keine Pausen im beschriebenen Zeitraum eingelegt worden wären. Dies ist nicht der Fall; es wurden aber die gesetzlichen Anforderungen an eine zusammenhängende Ruhezeit nicht erfüllt.

 

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den im Spruch angeführten Rechtsgrundlagen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Wimmer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum