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VwSen-290004/8/Gu/Bf

Linz, 23.06.1992

VwSen - 290004/8/Gu/Bf Linz, am 23. Juni 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Ing. E gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9. März 1992, Wahl-96/3/1991, wegen Übertretung des Volkszählungsgesetzes 1980 zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG, § 9 Volkszählungsgesetz 1980, BGBl.Nr.199/1980 i.d.F. der Novelle BGBl.Nr.149/1990 i.V.m. § 3 Abs.1 und § 5 sowie § 6 Abs.1 und 2 leg.cit. i.Z.m. § 2 Abs.1 und 2 leg.cit. und §§ 1 und 2 der Verordnung des BMfI über die bei der ordentlichen Volkszählung am 15. Mai 1991 zur Verwendung gelangenden Drucksorten, BGBl.Nr.73/1991.

II. Der Rechtsmittelwerber hat als Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren den Betrag von 80 S binnen zwei Wochen zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Rechtsmittelwerber schuldig erkannt, als zur Ausfüllung der Personenblätter für die am 15. Mai 1991 stattgefundene Volkszählung Verpflichteter, die ausgefüllten Drucksorten nicht bei der Marktgemeinde Lembach/M abgegeben zu haben, wodurch die Vollständigkeit der Zählung gefährdet worden sei.

Wegen Verletzung des § 9 i.V.m. § 3 Abs.1 und § 5 Volkszählungsgesetz 1980, BGBl.Nr.199/1980 in der Fassung der Novelle BGBl.Nr.149/1990, wurde über ihn eine Geldstrafe von 400 S, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt und ein Verfahrenskostenbeitrag von 40 S zur Zahlung vorgeschrieben.

Dieses Straferkenntnis wurde laut Rückschein am 11. März 1992 am Postamt Lembach hinterlegt und von dem zu diesem Zeitpunkt ortsabwesenden Beschuldigten am 13. März 1992 behoben. In seiner am 26. März 1992 der Post zur Beförderung überreichten, sohin rechtzeitigen Berufung macht der Rechtsmittelwerber unter Hinweis auf ein beim Verfassungsgerichtshof angeblich anhängiges Verfahren, das die Rechtmäßigkeit des Volkszählungsgesetzes klären solle, geltend, daß eine offene Abgabe der personsbezogenen Daten beim Gemeindeamt die Verwendung für rein statistische Zwecke nicht gewährleiste.

Aus diesem Grunde stelle er den Antrag der Berufung stattzugeben. Bei weiter Auslegung kann diesem Schriftsatz unterlegt werden, daß der Beschuldigte damit einen Berufungsantrag auf Aufhebung der Bestrafung gestellt hat (§ 63 Abs.3 AVG i.V.m. § 24 VStG).

Nachdem der Beschuldigte den Sachverhalt nicht bestreitet sondern lediglich Rechtsfragen zu beurteilen sind, war die Sache ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 51e Abs.2 VStG).

Der Beschuldigte vermeint demnach im wesentlichen, daß er die vom Gesetz vorgesehene Übermittlung der für die Volkszählung 1991 geforderten Daten im Wege über das Gemeindeamt aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erfüllen müsse und deshalb ein Rechtfertigungsgrund vorliege.

§§ 1 und 2 der Verordnung des BMfI über die bei der ordentlichen Volkszählung am 15. Mai 1991 zur Verwendung gelangenden Drucksorten benennen die Auskunftspflichtigen und beschreiben die geforderten Daten (§ 2 Abs.2 und § 3 Volkszählungsgesetz 1980 i.d.g.F.). Gemäß § 5 leg.cit. sind die Daten im Wege über die Gemeinden zu ermitteln. Gemäß § 6 Abs.2 leg.cit. haben die Gemeinden aufgrund der ausgefüllten und von ihnen auf Vollzähligkeit überprüften Drucksorten, Gemeindeübersichten zu verfassen.

Gemäß § 9 leg.cit. begeht derjenige, welcher eine Verpflichtung nach dem Volkszählungsgesetz nicht nachkommt - soferne nicht eine von den Gerichten zu bestrafende Handlung vorliegt - eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen (VStG Novelle 1987) zu bestrafen, wobei beide Strafen auch nebeneinander verhängt werden können.

Die Mißachtung des Gebotes über die Rückreichung der ausgefüllten Drucksorten (Personenblätter) im Wege über die zuständige Gemeinde wurde vom Beschuldigten nicht nur fahrlässig sondern wissentlich begangen. Daß bei Fehlen einer Drucksorte einer Auskunftspflichtigen die Vollständigkeit der Gemeindeübersicht und der darauf aufgebauten Volkszählung nicht gegeben ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Die Übersendung von nicht zuordenbaren Drucksorten an das Statistische Zentralamt genügt nicht, um das vom Gesetzgeber gewollte Ergebnis, das auch die Aufteilung der Bevölkerung auf bestimmte Gemeinden beinhaltet, zu erzielen. Der ins Treffen geführte Rechtfertigungsgrund - der Schutz personsbezogener Daten - vermag weder zu überzeugen noch Bedenken zu verdichten, die die Prüfung des Volkszählungsgesetzes auf seine Verfassungsmäßigkeit erforderlich erachten.

Gewiß ist nicht zu übersehen, daß zwischen dem Schutz personsbezogener Daten und den vom Volkszählungsgesetz geforderten Auskünften ein Spannungsfeld besteht. Es liegt in der Natur der Sache, daß in einem funktionierenden Staatswesen zwischen Bürger und Staat immer eine lebhafte Wechselbeziehung herrscht.

Soll der Staat seine wesentlichen Aufgaben - nämlich die Daseinsvorsorge und Plattform für ein geordnetes Zusammenleben von Menschen zu sein - erfüllen können, benötigt er eine Übersicht nachvollziehbarer Daten seiner Bürger (Grundlagen für Wahlrecht, Aufbau der Verwaltung, Schaffung der Infrastruktur für Verkehr, Energie, Abfallwirtschaft, Fernmeldewesen, Finanzwesen, Bildungswesen, Gesundheitswesen, Fürsorgewesen u.v.a.m.). Die Übermittlung und Zusammenfassung der Daten im Rahmen der Volkszählung ist demnach erforderlich, soll der Staat seine Aufgaben im Interesse seiner Bürger wahrnehmen können.

Der Standpunkt des Beschuldigten führte demgegenüber zu dem Ergebnis, daß die von der Verfassung zugewiesenen Aufgaben nicht mehr erfüllt werden könnten.

Nachdem die geforderten Angaben und der für die Abgabe vorgesehene Weg zur Besorgung der originären Staatsaufgaben letztenendes im Ergebnis denknotwendig ist - ein nicht funktionierender Staat kann auch keine Persönlichkeitsrechte schützen -, konnte mit dem Berufungsvorbringen kein höherwertiges Rechtsgut glaubhaft gemacht werden, welches das pflichtwidrige Handeln (Unterlassen) hätte straflos erscheinen lassen. Eine gerichtlich strafbare Handlung liegt nicht vor.

Der Pflichtverletzung deren sich der Berufungswerber schuldig gemacht hat wohnt ein hohes Maß der Sozialschädlichkeit inne, für welche der Gesetzgeber einen hohen Strafrahmen vorgesehen hat (Geldstrafe bis zu 30.000 S, Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen).

Angesichts dessen hat die belangte Behörde bei der Verhängung von 400 S Geldstrafe den Strafrahmen nur im geringen Umfang ausgeschöpft und ist ihr hiebei kein Übermaß anzulasten.

Nachdem der angefochtene Bescheid zu bestätigen war, hatte dies für das Berufungsverfahren zur Folge, daß dem Beschuldigten gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren von 20 % der verhängten Strafe, das ergibt 80 S, aufzuerlegen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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