Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-290070/6/BI/KM

Linz, 18.08.1998

VwSen-290070/6/BI/KM Linz, am 18. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender: Dr. Fragner, Berichterin: Mag. Bissenberger, Beisitzer: Dr. Weiß) über die Berufung des Herrn J M, K, T, vom 3. März 1998 gegen die mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 23. Februar 1998, ForstR96-1-1998, wegen Übertretung des Forstgesetzes 1975, verhängte Strafe zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 5.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage herabgesetzt wird, wobei die Strafnorm auf "§ 174 Abs.1 letzter Satz Z2 ForstG 1975" abgeändert wird.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 500 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z3 und 19 VStG, § 174 Abs.1 letzter Satz Z2 Forstgesetz 1975 zu II.: §§ 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 174 Abs.1 lit.b Z33 iVm 172 Abs.6 und 174 Abs.1 letzter Satz Z1 ForstG 1975 eine Geldstrafe von 20.000 S (5 Tagen EFS) verhängt und ihm einen Verfahrenskostenbeitrag von 2.000 S auferlegt. 2. Gegen den Strafausspruch und deren Höhe hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 3. Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, mit Bescheid der Erstinstanz vom 9. Februar 1995 seien ihm insgesamt sechs forstpolizeiliche Aufträge erteilt worden, von denen die Aufträge 5 und 6 (Lageplan und Kontaktaufnahme mit der Wildbach- und Lawinenverbauung) lediglich formalen Charakter hätten. Den Auftrag 4 (Errichtung einer Entwässerung) habe er erfüllt, indem er einen Graben errichtet, diesen bis zu einem Vorfluter abgeleitet und auch instandgehalten habe. Die im Auftrag 2 vorgeschriebene K habe er aus Kostengründen nicht errichten können und die Abflachung der talseitigen Böschung (Auftrag 3) habe er unterlassen, weil sich die Situation dadurch wesentlich verschlechtern würde. Die Forststraße sei dort durch tiefwurzelnde Eschen gesichert, die entfernt werden müßten, worunter die Stabilität des Weges leiden würde. Die Tiefdrainage (Auftrag 1) habe er noch nicht errichtet, weil er abwarten habe wollen, ob es nach schweren Regenfällen überhaupt zu Gefährdungen der Straße komme. In den drei Jahren seit Bescheiderlassung sei es zu mehreren sintflutartigen Regenfällen gekommen, jedoch keine Schäden oder Rutschungsgefährdungen aufgetreten, weil der Baumwuchs genügend Schutz biete. Die letzten Rutschungen seien vor 30 bis 40 Jahren aufgetreten; damals sei dieses Gebiet noch Wiese und nicht Wald gewesen. Er halte daher die Bäume und die sorgfältig errichtete Forststraße für ausreichend, um Rutschungen zu verhindern, wobei im Gegenteil durch das Anlegen der vorgeschriebenen Tiefdrainage Bäume beschädigt und die Stabilität beeinträchtigt werden könnten.

Die Strafe sei weit überhöht, zumal er als Pensionist über ein Einkommen von 13.000 S netto verfüge und den Betrieb bereits an die Kinder übergeben habe. Er sei für seine Gattin sorgepflichtig und erziele kein Einkommen aus dem gegenständlichen Wald; im Gegenteil seien die Kosten durch den Straßenbau höher als die Erträgnisse. Durch die Nichtdurchführung der forstpolizeilichen Aufträge sei kein Schaden für Dritte oder den Wald entstanden und auch nicht zu befürchten. Er ersuche die Behörde, durch einen Ortsaugenschein zu klären, welche Abänderungen des Bescheides vom 9. Februar 1995 vorgenommen werden könnten, und beantragt im wesentlichen eine massive Herabsetzung der Strafe, in eventu den Ausspruch einer Ermahnung.

Mit Schriftsatz vom 31. Juli 1998 hat der Rechtsmittelwerber ausgeführt, seine Berufung hätte sich ohnehin nur gegen den Strafausspruch gerichtet, wobei er betont, daß sich die Situation durch die Unterlassung der Aufträge sogar noch verbessert habe, was ihm Forstexperten bestätigt hätten und wofür er Stellungnahmen und Gutachten vorzulegen bereit sei. Demnach sei es im Interesse der Erhaltung des Waldes und des Traktorweges unverantwortlich, die Auflagen durchzuführen. Es lägen alle Voraussetzungen für den Ausspruch einer Ermahnung vor.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus ist ersichtlich, daß der Rechtsmittelwerber laut Feststellung des forsttechnischen Dienstes der Erstinstanz die mit Bescheid bewilligte Forststraße "H", KG B, in einem Teilbereich mit einer wesentlich anderen Trasse errichtet hatte. Aus diesem Grund wurde ihm mit rechtskräftigem - die Berufung dagegen wurde mit 10. April 1995 zurückgezogen - Bescheid der Erstinstanz vom 9. Februar 1995, ForstR96-1-1994, aufgetragen, bis spätestens 31. Dezember 1997 1) oberhalb des Rutschkörpers eine Tiefdrainage zu errichten, 2) die dzt. Böschung abzuflachen und mit einem Holzbauwerk () zu konsolidieren, 3) die talseitige Böschung abzuflachen und mit einem Holzbauwerk oder einer Grobsteinschlichtung zu stabilisieren, 4) entlang der Straße bergseitig im Rutschungsbereich eine sorgfältige Entwässerung zu errichten, 5) die Maßnahmen in einem Lageplan nicht kleiner als M 1:500 darzustellen und 6) vor der Durchführung der Maßnahmen mit der Gebietsbauleitung Ennsgebiet und Mühlviertel der Wildbach- und Lawinenverbauung Verbindung aufzunehmen.

Laut einer Feststellung des forsttechnischen Dienstes der Erstinstanz wurde bis zum 13. Jänner 1998 keine der vorgeschriebenen Maßnahmen durchgeführt, was der Rechtsmittelwerber bei seiner Einvernahme als Beschuldigter am 16. Februar 1998 vor der Erstinstanz bestätigt hat. Er hat ausgeführt, er habe nur den geforderten bergseitigen Entwässerungsgraben angelegt; dieser sei aber inzwischen wieder funktionsuntüchtig geworden. Er könne sich die Maßnahmen finanziell nicht leisten, halte diese auch für gar nicht erforderlich und sei überdies wegen seines Alters - er wurde 1923 geboren - nicht in der Lage, selbst solche Sanierungsarbeiten durchzuführen. Seine finanziellen Verhältnisse hat er mit ca. 10.000 S Gewerbepension und ca. 9,82 ha Wald mit einem EW von 15.000 S angegeben.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

Der Begründung des Straferkenntnisses ist zu entnehmen, daß die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers in bezug auf forstrechtliche Übertretungen strafmildernd gewertet wurde; erschwerend wurde berücksichtigt, daß er eine Reihe von Auflagen nicht erfüllt und nicht die geringsten Anstalten getroffen habe, den bescheidmäßigen Zustand herzustellen. Im von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt findet sich kein Hinweis auf eventuelle Vormerkungen des Rechtsmittelwerbers, sodaß von dessen verwaltungsstrafrechtlicher Unbescholtenheit als strafmildernder Umstand auszugehen ist. Weitere Milderungsgründe iSd § 34 StGB waren nicht zu ersehen, weil aus dem Berufungsvorbringen weder auf achtenswerte Beweggründe noch auf Unbesonnenheit, sondern im Grunde bloß auf Gleichgültigkeit mit dem nachträglichen Versuch, diese zu rechtfertigen, zu schließen war. Zu den von der Erstinstanz als straferschwerend gewerteten Umständen ist zu bemerken, daß die Nichterfüllung der Auflagen bereits Tatbestandselement der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung war und daher wegen des Doppelverwertungsverbotes nicht nochmals berücksichtigt werden darf; ebenso ist die Wertung des Umstandes, daß der Rechtsmittelwerber nicht die geringsten Anstalten zur Umsetzung der behördlichen Auflagen getroffen habe, wieder auf die gleiche Bedeutung zu reduzieren, sodaß auch diesbezüglich kein erschwerender Umstand zu sehen ist. Damit fallen beide Erschwerungsgründe weg, sodaß schon aus diesem Grund die Strafe herabzusetzen war.

Zur Argumentation des Rechtsmittelwerbers, es sei durch die Nichterfüllung der Auflagen kein Schaden entstanden, ist zu sagen, daß es sich bei der zur Last gelegten Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt, bei dem der Eintritt eines Schadens nicht zum Tatbestand gehört, sodaß dessen Ausbleiben nicht als mildernd zu werten ist, wohl aber der tatsächliche Eintritt eines Schadens als Erschwerungsgrund anzusehen wäre. Daß drei Jahre lang keine Rutschung erfolgt ist, läßt im übrigen nach der allgemeinen Lebenserfahrung noch nicht darauf schließen, daß auch weiterhin keine solche zu erwarten sein wird.

Daß die Nichtbefolgung der forstbehördlichen Aufträge günstig bzw deren Befolgung schädlich und sogar unverantwortlich gewesen wäre, ist eine bloße Behauptung des Rechtsmittelwerbers, der sich zwar auf dermaßen lautende Gutachten von (namentlich nicht genannten) "Forstexperten" berufen hat, tatsächlich aber solche vorzulegen nicht imstande war, und kann im gegenständlichen Fall nicht nachvollzogen werden. Es obliegt im Fall eines Ungehorsamsdeliktes iSd § 5 Abs.1 VStG dem Beschuldigten, sich diesbezüglich freizubeweisen; bloße Behauptungen ohne fachlich fundierte Begründung sind nicht geeignet, beim unabhängigen Verwaltungssenat diesbezüglich Zweifel zu erwecken. Die Nichterfüllung von Auflagen aus Geldmangel begründet noch keinen Milderungsgrund, wenn der Rechtsmittelwerber diesen Umstand erst im Verwaltungsstrafverfahren einwendet, ohne sich rechtzeitig zB um eine Verlängerung der Frist für die Erfüllung der Auflagen zu bemühen und diesen Grund nachvollziehbar darzulegen. Daß er die Auflagen auf Grund seines Alters nicht höchstpersönlich erfüllen kann, ist glaubwürdig, befreit ihn aber nicht von der Verpflichtung, für die fristgerechte Durchführung der aufgetragenen Arbeiten durch entsprechende Arbeitskräfte zu sorgen. Der Tatvorwurf erstreckt sich laut Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses auf einen Zeitraum von ca einem Monat. Eine so kurze Zeitspanne rechtfertigt noch nicht die Verhängung einer derartig hohen Strafe, auch wenn der Rechtsmittelwerber für die Durchführung der Aufträge (nach der Zurückziehung der Berufung gegen den zugrundeliegenden Bescheid) immerhin eindreiviertel Jahre Zeit hatte. Unter Berücksichtigung der von ihm angegebenen finanziellen Verhältnisse sowie der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit hält der unabhängige Verwaltungssenat eine Herabsetzung der Geld- sowie im Verhältnis dazu zu bemessenden Ersatzfreiheitsstrafe auf das nunmehrige Ausmaß für gerechtfertigt, obwohl die Nichterfüllung der vorgeschriebenen Auflagen als vorsätzlich begangen anzusehen ist. Aus diesem Grund scheidet auch der beantragte Ausspruch einer Ermahnung aus, weil die im § 21 Abs.1 VStG vorgesehenen Voraussetzungen, nämlich geringfügiges Verschulden des Beschuldigten und unbedeutende Folgen der Übertretung, nicht vorlagen. Die nunmehr verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 174 Abs.1 letzter Satz Z2 ForstG sieht Geldstrafen bis zu 50.000 S oder Arrest bis zu zwei Wochen vor; der Rahmen für die Ersatzfreiheitsstrafe reicht gemäß § 16 Abs.2 VStG ebenfalls bis zu zwei Wochen), entspricht dem nicht unerheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsmittelwerbers und hält general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Es steht dem Rechtsmittelwerber offen, mit der Erstinstanz eine Ratenvereinbarung zu treffen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r Beschlagwortung: Tatzeitraum von 1 Monat rechtfertigt Strafhöhe nicht; Herabsetzung trotz vorsätzlicher Begehung, zumal Nichterfüllung der Auflagen schon tatbestandsmäßig ist (Doppelverwertungsverbot)

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