Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-290071/8/BI/FB

Linz, 07.09.1998

VwSen-290071/8/BI/FB Linz, am 7. September 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W L, H, E, vertreten durch RA Dr. K L, S, E, vom 30. März 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10. März 1998, ForstR96-40-1997, wegen Übertretungen des Forstgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren jeweils eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 7, 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 2 Alt. und 66 VStG, §§ 33 Abs.3 iVm 174 Abs.4 lit.b Z1ForstG 1975 iZm § 1 Abs.8 Forstl. KennzeichnungsVO Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem oben zitierten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 33 Abs.3 iVm 174 Abs.4 lit.b Z.1 ForstG 1975 iVm § 1 Abs.8 Forstl. KennzeichnungsVO und 2) § 7 VStG iVm § 33 Abs.3 und 174 Abs.4 lit.b Z1 ForstG 1975 iZm § 1 Abs.8 Forstl. KennzeichnungsVO Geldstrafen von 1) 800 S (24 Std EFS) und 2) 500 S (12 Std EFS) verhängt, weil er 1) am 19. Oktober 1997 um 13.10 Uhr mit seinem Mountainbike unerlaubt die für das allgemeine Befahren gesperrte Forststraße "G", Gemeinde E, befahren habe und 2) dafür verantwortlich sei, daß sein Sohn M L zum angegebenen Zeitpunkt ebenfalls unerlaubt mit seinem Mountainbike die Forststraße "G" befahren habe können. Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 130 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Erstinstanz sei der Meinung, daß durch das Aufstellen zweier Verbotstafeln "Forststraße-Allgemeines Fahrverbot" die Rechtswidrigkeit des Befahrens eindeutig erkennbar und von ihm bewußt ignoriert worden wäre. Dazu werde auf den "Salzkammergut-Mountainbike-Führer" verwiesen, der ihm unter Verletzung des Parteiengehörs nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Er betreibe selbst einen Buch- und Zeitschriftenhandel, habe aber in allen zum Verkauf angebotenen Wander- und Radfahrkarten nicht ersehen können, welche Forststraßen für Radfahrer freigegeben seien. Auf dem von ihm befahrenen Streckenabschnitt befinde sich nur eine Stelle, an der zwei Tafeln mit der Aufschrift "Forststraße" aufgestellt seien, und zwar ca 100 m vor dem Schranken, bei dem sich Tafeln wie "G geschlossen", "R", "Allgemeines Fahrverbot-Forststraße", "Zelten verboten", "Offenes Feuer verboten" und die gelbe Tafel befinden, aus der ersichtlich sei, daß die ÖBF und das Land Oberösterreich die hier beginnende Route auf Forststraßen zur Verfügung stelle. Würde man diese Tafeln ernst nehmen, dürfe man auch die unbestritten freigegebene Fahrtroute zunächst nicht befahren. Diese Unklarheiten setzten sich auf der gesamten Strecke fort, sodaß jeweils bei einer Abzweigung nicht ersichtlich sei, ob nun die abzweigende Forststraße für Radfahrer freigegeben sei oder nicht, zB befinde sich an der Abzweigung zu den G kein Hinweis, daß hier Radfahren verboten sei. Die auf den Lichtbildern festgehaltene Situation habe er nicht nur am 19. Oktober 1997, sondern auch am 14. Jänner 1998 so vorgefunden, was aber zeige, daß weder von ihm noch von sonst einem Radfahrer, der die Forststraße befugterweise benutze, zu ersehen sei, welcher Bereich nun für Radfahrer freigegeben sei. Nach § 174 Abs.4 lit.b Z1 ForstG 1975 begehe aber nur eine Verwaltungsübertretung, wer unbefugt im Wald eine für das allgemeine Befahren erkennbar gesperrte Forststraße befahre. Er habe anhand der Lichtbilder und seiner Ausführungen dokumentiert, daß von Beginn der freigegebenen Forststraße an nicht erkennbar sei, welche Teile nun freigegeben seien und welche nicht. Die vom Anzeiger angeführten Zusatztafeln seien nicht angebracht und es könne nicht Aufgabe eines befugterweise die Forststraße benützenden Radfahrers sein, bis ins letzte Detail entsprechende Erkundigungen über den exakten Verlauf der Routen einzuholen, sondern es sei vielmehr Aufgabe des Straßenerhalters, entsprechende für jedermann erkennbare Kennzeichnungen vorzunehmen. Hilfsweise wird die Überhöhtheit der Strafen zum einen wegen der Unbescholtenheit eingewendet, zum anderen hätten völlig unklare Verhältnisse vorgelegen, sodaß mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden könnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung eines Ortsaugenscheins am 22. Juli 1998. Außerdem wurde beim Fremdenverkehrsamt E der "Salzkammergut-Mountainbike-Führer" beigeschafft.

In diesem "Salzkammergut-Mountainbike-Führer" sind die von den ÖBF als Radrouten freigegebenen Forststraßen eingezeichnet, so auch die als Nr.10 bezeichnete Route von "R über die R - F - H zum O (davon 0,7 km markierter Steig) auf eine Strecke von 11,0 km". Beim Fremdenverkehrsamt E wurde in Erfahrung gebracht, daß die in Rede stehende G eine Forststraße ist, die von der von R zum O führenden Forststraße R etwa 5 km nach ihrem Beginn links abzweigt und ins A ("J") führt. Bei einem Ortsaugenschein wurde festgestellt, daß die R am Ende ihrer Asphaltierung mit der in § 1 Abs.8 der Forstlichen KennzeichnungsVO angeführten Tafel "Forststraße" gekennzeichnet ist. Dort befindet sich keinerlei Hinweis auf eine Freigabe der Forststraße durch die ÖFB.

Etwa 100 m weiter befindet sich eine Stelle, an die Reste einer Schrankenanlage, allerdings ohne Schranken, erkennbar sind. An dieser Stelle ist die Tafel "Forststraße" mit der Bezeichnung R angebracht, weiters Tafeln, die Zelten und offenes Feuer verbieten, und eine solche, die auf die geschlossene G hinweist. Auf der rechten Seite ist außerdem eine gelbe, weiß umrandete Tafel angebracht, die außer Werbeaufschriften die mit "Lieber Radfahrer!" übertitelte Mitteilung enthält, daß die ÖBF und das Land Oberösterreich die hier beginnende Radroute auf Forststraßen zur Verfügung stellen. Sie enthält weiters eine zeitliche Einschränkung der Benützungserlaubnis, nämlich von 15. April bis 31. Oktober in der Zeit von zwei Stunden nach Sonnenaufgang bis eine Stunde vor Sonnenuntergang sowie verschiedene Verhaltensregeln, insbesondere ein Verbot des Befahrens des Waldes sowie von Waldwegen und Forststraßen abseits der freigegebenen Strecken. Auch hier ist kein Hinweis dafür zu finden, daß es sich bei der R um die im "Salzkammergut-Mountainbike-Führer" als Nr. 10 bezeichnete Radroute, die zum O führt, handelt. Bei der Abzweigung der G von der R sind nur Wanderwegmarkierungen vorzufinden und die G ist mit der Tafel "Forststraße" gekennzeichnet. Ein Hinweis über den Verlauf der Radroute Nr. 10 findet sich auch hier nicht.

Die beim Ortsaugenschein vorgefundene Situation wurde seitens des unabhängigen Verwaltungssenates beiden Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht, insbesondere auch weil der Rechtsmittelwerber die wegen der Zustellung des Straferkenntnisses an ihn anstelle seines Rechsfreundes - das Vollmachtsverhältnis hat schon im erstinstanzlichen Verfahren bestanden - verkürzte Berufungsfrist gerügt hat. Beide Parteien haben hiezu im Sinne ihres bisherigen Vorbringens Äußerungen abgegeben. Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, daß sich die Beschilderung der Forststraßen seit dem in Rede stehenden Vorfall am 19. Oktober 1997, 13.10 Uhr, nicht geändert hat.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen: Gemäß § 174 Abs.4 lit.b Z1 ForstG 1975 begeht (ferner) eine Verwaltungsübertretung, wer unbefugt im Walde eine für das allgemeine Befahren erkennbar gesperrte Forststraße befährt, Fahrzeuge abstellt, Tore oder Schranken von Einfriedungen nicht wieder schließt oder neue Steige bildet. Gemäß Abs.6 leg.cit. handelt unbefugt, wer weder Waldeigentümer, Fruchtnießer oder Nutzungsberechtigter ist und auch nicht in deren Auftrag oder mit deren Wissen handelt, wer nicht zum Personenkreis des § 87 Abs.2 gehört - dh Verfügungsberechtigte iZm Fällungen - und wer nicht auf Grund gesetzlicher Bestimmungen Amtshandlungen durchzuführen hat. Gemäß § 33 Abs.1 darf jedermann, unbeschadet der Bestimmungen der Abs.2 und 3 und des § 34, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten. Gemäß Abs.3 leg.cit. ist eine über Abs.1 hinausgehende Benützung wie Lagern bei Dunkelheit, Zelten, Befahren oder Reiten, nur mit Zustimmung des Waldeigentümers, hinsichtlich der Forststraßen mit Zustimmung jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt, zulässig. ... Eine Zustimmung kann auf bestimmte Benützungsarten oder -zeiten eingeschränkt werden. Sie gilt als erteilt, wenn die Zulässigkeit der Benützung und deren Umfang iSd § 34 Abs.10 - dh iSd Forstlichen KennzeichnungsVO - ersichtlich gemacht wurde.

Dem Rechtsmittelwerber wird eine Übertretung dahingehend vorgeworfen, er habe die für das allgemeine Befahren gesperrte G, eine nur über eine andere Forststraße erreichbare Forststraße, unerlaubt mit seinem Mountainbike befahren; außerdem sei er dafür verantwortlich, daß auch sein - damals 10jähriger - Sohn mit seinem Mountainbike diese Forststraße unerlaubt befahren habe können.

Wesentliches Tatbestandsmerkmal einer Übertretung nach § 174 Abs.4 lit.b Z1 ForstG 1975 ist die erkennbare Sperre einer Forststraße für das Befahren mit Mountainbike. Im gegenständlichen Fall ist bei der Akteneinsichtnahme zweifelsfrei zutage getreten, daß in objektiver Hinsicht die Sperre seitens der Erhalter der Forststraßen, der ÖBF, tatsächlich bestanden hat, weil nämlich die Erlaubnis zum Befahren mit Mountainbike zwar für die R bestanden hat, aber nicht auf die G ausgedehnt wurde. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates mußte jedoch für Dritte nicht eindeutig erkennbar sein, daß sich diese Erlaubnis letztlich nur auf die R, nicht aber auch auf die G bezogen hat.

Geht man nämlich von der beim Ortsaugenschein vorgefundenen und unbestritten auch am Vorfallstag bestanden habenden Beschilderung der R und der G aus, so ist am Beginn der R, demnach ab dem Zeichen "Forststraße", jegliches Befahren, so auch mit Mountainbike, verboten. Erst 100 m weiter befindet sich außer der erneuten Tafel "Forststraße" eine solche, die im Sinne des § 33 Abs.3 ForstG 1975 als Erlaubnis des Erhalters der Forststraßen, der ÖBF, die "Radroute auf Forststraßen" unter gewissen zeitlichen Einschränkungen mit Mountainbikes zu befahren, anzusehen ist. Um welche Route es sich bei der auf der Tafel angeführten genau handelt, geht aus der Beschilderung nicht hervor und auch das Ziel der - laut Beschreibung im "Salzkammergut-Mountainbike-Führer" - Radroute Nr. 10, der O, ergibt sich daraus nicht. Auch an der Abzweigung der Forststraße G von der R findet sich dazu kein Hinweis, vielmehr ist die G erneut mit der Tafel "Forststraße" ohne jeden Zusatz versehen und auch die bloße Wanderwegmarkierung zum O läßt keinen Schluß auf den weiteren Verlauf der Radroute zu.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates kann daher bei der unbestritten vom Rechtsmittelwerber und seinem Sohn mit Mountainbikes befahrenen G von einer "für das Befahren erkennbar gesperrten Forststraße" nicht die Rede sein. Allein nach der oben dargelegten Beschilderung wäre nicht auszuschließen gewesen, daß die auf der Tafel angeführte "Radroute auf Forststraßen" von der R- über die G ins A führt. Um den genauen Verlauf der Radroute Nr. 10 erkennen zu können, hätte der Rechtsmittelwerber Einblick in den "Salzkammergut-Mountainbike-Führer", der gegen ein Entgelt von 40 S offenbar nur bei den Fremdenverkehrsämtern im Salzkammergut erhältlich ist, nehmen müssen. Es kann aber von einem Radfahrer nicht verlangt werden, sich erst über eine nur käuflich zu erwerbende Straßenkarte Gewißheit zu verschaffen, wie die angebrachten Beschilderungen letztendlich zu verstehen sind. Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, daß eine für das Befahren mit Mountainbike "erkennbar" gesperrte Forststraße vom Rechtsmittelwerber nicht befahren wurde und sohin die ihm zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet, weshalb gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Alt. VStG mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen war.

Zu Punkt 2 des Straferkenntnisses ist auszuführen, daß die Tatbestände der Anstiftung und der Beihilfe voraussetzen, daß die vom unmittelbaren Täter begangene Verwaltungsübertretung wenigstens den objektiven Tatbestand des betreffenden Delikts erfüllt und rechtswidrig ist (vgl VwGH v 30. Oktober 1979, 916/79). Die obigen Ausführungen zur mangelnden Erkennbarkeit der Sperre der Forststraße waren auch auf diesen Tatvorwurf zu beziehen und spruchgemäß zu entscheiden, wobei in beiden Punkten Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Beweisverfahren ergab mangelnde Erkennbarkeit der Sperre der Forststraße - Einstellung in beiden Punkten

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