Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-540068/18/Gf/Ta

Linz, 03.12.2003

VwSen-540068/18/Gf/Ta Linz, am 3. Dezember 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des K A, U, B, vertreten durch die RAe Dr. J H und Mag. T H, R, W, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 5. Mai 2003, Zl. Vet-220004/3309-2003, wegen der Vorschreibung von Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung, zu Recht erkannt:

I. Der h. Beschluss vom 28. Juli 2003, Zl. VwSen-540068/2/Gf/Ta, wird aufgehoben.

II. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Gebühren in einer Gesamthöhe von 24.439,39 Euro festgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im Zuge der Anführung der Rechtsgrundlagen die Wendung "Anhang A Kapitel I Z. 1 lit. a der RL 85/73/EWG" einzufügen ist.

Rechtsgrundlage:

§ 219 Abs. 2 OöLAO, § 212 Abs. 1 OöLAO.

Begründung:

1. Mit dem ihr am 12. Mai 2003 zugestellten Bescheid der Oö. Landesregierung vom 5. Mai 2003, Zl. 220004/3309-2003, wurden der Rechtsmittelwerberin "für die Durchführung von Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, Trichinenschau, Kontrolluntersuchungen und/oder sonstiger Untersuchungen, Kontrollen oder Überprüfungen" Gebühren in einer Höhe von 35.373,30 Euro "lt. beiliegender Kostenmitteilung" vorgeschrieben. Begründend wurde dazu nur ausgeführt, dass "die Vorschreibung der im Spruch angeführten Gebühren in den zit Rechtsvorschriften" - d.s. die §§ 1, 48 Abs. 1 Z. 1 und 146 der Oö. Landesabgabenordnung (LGBl.Nr. 107/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 110/2002, im Folgenden: OöLAO), die §§ 1, 3 und 5 des Oö. Fleischuntersuchungsgebührengesetzes (LGBl.Nr. 79/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 84/2002, im Folgenden: FlUGG) und die §§ 1, 2 und 3 der Oö. Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung (LGBl.Nr. 116/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 133/2001, im Folgenden: FlUGV) - "begründet" sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 2. Juni 2003 - und damit rechtzeitig (vgl. § 190 Abs. 1 OöLAO) - zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin vor, dass die Vorschriften des FlUGG und der FlUGV im Widerspruch zu den Richtlinien 96/43/EG und 85/73/EWG stünden, weil diese keineswegs eine Ermächtigung zu einer derart umfassenden Überschreitung der Gemeinschaftsgebühr von 1,3 ECU enthielten. Tatsächlich werde ein Mindererlös bei Rindern durch die Einhebung einer überhöhten Gebühr bei Schweinen ausgeglichen, was aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig sei.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw. dessen Abänderung dahin, dass keine höhere als die Gemeinschaftsgebühr vorgeschrieben wird, beantragt.

(Hinsichtlich des unter einem gestellten Antrages auf Aussetzung der Einhebung des festgesetzten Gebührenbetrages hat die belangte Behörde offenbar bereits gemäß § 205 Abs. 1 OöLAO eine Berufungsvorentscheidung, nämlich den Bescheid vom 7. Juli 2003, Zl. Vet-220004/3356-2003-W/Kr, erlassen; diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin in der Folge keinen Antrag auf Entscheidung durch den Oö. Verwaltungssenat gestellt, sodass jener Bescheid zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen ist.)

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Amtes der Oö. Landesregierung zu Zl. Vet-220004/3356-2003; von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nach dem Verfahrenssystem der OöLAO nicht explizit vorgesehen ist.

4. Über die gegenständliche Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Mit h. Beschluss vom 28. Juli 2003, Zl. VwSen-540068/2/Gf/Ta, wurde die Berufung vom 2. Juni 2003 deshalb als unzulässig zurückgewiesen, weil sich diese nicht gegen einen Bescheid richte.

Diesem Beschluss lag die Annahme zu Grunde, dass im Spruch des Bescheides der Erstbehörde die Wendung "Amt der Oö. Landesregierung" enthalten sei. Dies hat sich als unzutreffend erwiesen, weshalb dieser Beschluss gemäß § 219 Abs. 2 OöLAO von Amts wegen aufzuheben war.

Damit ist das gegenständliche Berufungsverfahren wieder offen, sodass der Oö. Ver-waltungssenat eine Sachentscheidung zu treffen hatte.

4.2. Als lex specialis zu § 146 Abs. 1 OöLAO sieht § 5 Abs. 1 FlUGG in Ausführung des in der erstgenannten Bestimmung normierten Gesetzesvorbehaltes hinsichtlich der Einhebung der Fleischuntersuchungsgebühren vor, dass die Fleischuntersuchungs-Ausgleichskasse zunächst dem Abgabepflichtigen die Höhe der zu entrichtenden Gebühren nach Art und Anzahl der Tatbestände in aufgeschlüsselter Form schriftlich mitzuteilen hat; erst wenn die Einzahlung dieses Betrages nicht binnen eines Monats ab Ausfertigung dieser Mitteilung erfolgt, sind die Gebühren durch die Abgabenbehörde bescheidmäßig festzusetzen, wobei diesbezüglich nach § 8 Abs. 2 FlUGG die OöLAO anzuwenden ist.

Auf Grund des von der belangten Behörde vorgelegten "Aktes" ergibt sich - für einen Außenstehenden gerade noch nachvollziehbar -, dass die in der "Mitteilung" i.S.d. § 5 Abs. 1 FlUGG durch die Fleischuntersuchungs-Ausgleichskasse enthaltene Berechnung der Gebühren unter Heranziehung der Bestimmungen des § 1 TP A Z. 3 und TP B Z. 2 (unter jeweiliger Berücksichtigung eines 20%igen Abschlages gemäß § 3), § 1 TP A Z. 1 und 2 sowie der TP C Z. 2 FlUGV, nicht jedoch unter Anwendung des - in den Rechtsgrundlagen des "Bescheid"spruches unzutreffenderweise ebenfalls angeführten § 2 FlUGV - erfolgte.

Durch die vollinhaltliche Übernahme dieser Berechnung hat die belangte Behörde ihrer gesetzlich festgelegten Begründungspflicht (vgl. § 71 Abs. 3 Z. 1 OöLAO) zumindest im Ergebnis entsprochen.

Im Übrigen wird die bloße Handhabung dieser Berechnungsmethode durch die Erstinstanz auch von der Rechtsmittelwerberin selbst gar nicht bestritten.

4.3. Diese wendet sich vielmehr ausschließlich dagegen, dass die in der FlUGV festgelegten Gebührensätze insofern überhöht seien, weil die dadurch bewirkte Überschreitung der Gemeinschaftssätze in der EU-Richtlinie vom 29. Jänner 1985 über die Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen nach den Richtlinien 89/662/EWG, 90/425/EWG und 91/496/EWG, RL 85/73/EWG i.d.F. 96/43/EG, ABl L 162 v. 1.7.1996, S. 1 bis 13 (im Folgenden kurz: RL 85/73/EWG), keine Deckung fände.

4.3.1. Nach Art. 1 bis 3 der RL 85/73/EWG haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass zur Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen für die Kosten, die durch derartige Untersuchungen und Kontrollen entstehen, eine Gemeinschaftsgebühr eingehoben wird; gemäß Art. 5 Abs. 3 der RL 85/73/EWG können die Mitgliedstaaten jedoch einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühr einheben, soweit diese Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet.

4.3.2. Davon ausgehend trifft zunächst jedenfalls der von der Rechtsmittelwerberin in ihrem Beschwerdeschriftsatz bloß beispielsweise erhobene Einwand zu, dass der gemeinschaftsrechtlich für Schweinefleisch (für Tiere mit einem Schlachtgewicht von über 25 kg) vorgesehene Gebührensatz von 1,30 Euro (vgl. Anh. A, Kap. I lit. c der RL 85/73/EWG) von der innerstaatlichen Regelung deutlich übertroffen wird (vgl. § 1 Abs. 1 TP A Z. 3 FlUGV: 2,17 Euro).

Zur Frage der Rechtmäßigkeit einer derartigen Überschreitung hat der Verwaltungsgerichtshof z.B. in seinem Erkenntnis vom 21. Juni 1999, Zl. 97/17/0501, festgestellt, dass es insbesondere darauf ankommt, dass die Abgabenbehörde bei der Festsetzung höherer innerstaatlicher Gebühren die Einhaltung des Kriteriums der tatsächlichen Untersuchungskosten auf Grund dementsprechend zweckgerichteter Sachverhaltsermittlungen plausibel zu begründen vermag. Zudem sind in diesem Zusammenhang etwa auch die Honorarsätze für Tierärzte auf ihre Angemessenheit zu überprüfen, dürfen die nicht gedeckten Mehraufwendungen für die Untersuchungen bei einer Tierart nicht durch die Vorschreibung überhöhter Untersuchungskosten bei anderen Tierarten kompensiert werden, o.ä.

4.3.3. Derartige Kriterien lassen sich jedoch im gegenständlichen Fall nicht nachvollziehen.

Zwar ist in § 1 Abs. 1 FlUGV den einzelnen Gebührentarifposten jeweils auch ein "Anteil des Fleischuntersuchungsorgans" beigesetzt, der rd. zwischen 80% und 90% der Gebühr beträgt.

Insgesamt - der "Akt" der belangten Behörde besteht lediglich aus der Mitteilung der Fleischuntersuchungs-Ausgleichskasse, dem kursorischen "Bescheid" der belangten Behörde und dem Zustellnachweis (Rückschein) - bleibt jedoch völlig offen, wie sich die tatsächlichen Untersuchungskosten, die i.S.d. Art. 5 Abs. 3 der RL 85/73/EWG ein Überschreiten der Gemeinschaftsgebühren rechtfertigen sollen, zusammensetzen.

Für den Fall eines derartigen Befundes hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch im bereits zuvor zitierten Erkenntnis festgestellt, dass den im Anhang A Kapitel I der RL 85/73/EWG festgelegten Gebührensätzen eine unmittelbare, innerstaatliches Recht verdrängende Wirkung zukommt.

Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass für die Berechnung der Abgabenhöhe nicht die in § 1 Abs. 1 FlUGV festgelegten, sondern die gemeinschaftsrechtlich normierten Gebührensätze maßgeblich sind. Hingegen ist eine Anwendung der Abschlagsregelung des § 3 FlUGV durch Gemeinschaftsrecht nicht gehindert. Auch die Durchführung der Trichinenschau und der Kontrolluntersuchung nach § 17 des Fleischuntersuchungsgesetzes BGBl.Nr. 522/1982, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 96/2002 (im Folgenden: FlUG), i.V.m. § 29 der Fleischuntersuchungsverordnung, BGBl.Nr. 395/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 142/2002 (im Folgenden: FlUV), ist in der RL 85/73/EWG nicht geregelt, sodass hinsichtlich der Gebührenfestlegung für diese auch insoweit die zit. EU-Richtlinie der Anwendung innerstaatlichen Rechts nicht entgegensteht.

4.3.4. Davon ausgehend würde aber nach h. Auffassung für den vorliegenden Fall folgende Berechnung der Abgabenvorschreibung resultieren:

Menge Art Rechtsgrundlage Gebühr

15699 Trichinenschau/Verdauungsmethode § 1 Abs. 1 TP B; § 3 FlUGV 6.781,97 Euro

15699 Schweine m Schlachtgew. über 25 kg Anh. A Kap. I Z. 1 lit. a RL 85/73/EWG; § 3 FIUGV 16.326,96 Euro

1 Jungrinder (Kälber) Anh. A Kap. I Z. 1 lit. a RL 85/73/EWG; 2,50 Euro

88 Kontrolluntersuchungen nach FlUG i.V.m. FlUV § 1 Abs. 1 TP C FlUGV 1.246,96 Euro

18 Rinder und Einhufer Anh. A Kap. I Z. 1 lit. a RL 85/73/EWG; 81,00 Euro

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Summe 24.439,39 Euro

4.4. Damit war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 212 Abs. 2 OöLAO inhaltlich insoweit stattzugeben, als die Gebühren in einer Gesamthöhe von 24.439,39 Euro (anstatt 35.373,30 Euro) festzusetzen waren; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe zu bestätigen, dass im Zuge der Anführung der Rechtsgrundlagen einerseits § 2 OöFlUGV zu entfallen hat und andererseits die Wendung "Anhang A Kapitel I Z. 1 lit. a und c der RL 85/73/EWG" einzufügen ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

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