Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-290076/2/BI/FB

Linz, 04.10.1999

VwSen-290076/2/BI/FB Linz, am 4. Oktober 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn A E, H, G, vom 3. November 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 22. Oktober 1998, ForstR96-41-1998, wegen Übertretung des Forstgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch und hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt geändert wird: "Sie haben ... Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur verwendet, ohne im Besitz einer Bewilligung nach § 17 Abs.1 ForstG 1975 (Rodungsbewilligung) zu sein. .."; die Geldstrafe wird jedoch auf 1.000 S herabgesetzt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 100 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG, §§ 17 Abs.1 iVm 174 Abs.1 lit.a Z6 ForstG 1975

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 17 Abs.1 iVm 174 Abs.1lit.a Z6 und Abs.1 2.Satz Z1 ForstG 1975 eine Geldstrafe von 2.000 S (15 Stunden EFS) verhängt, weil er beginnend mit dem Jahr 1987 bis jedenfalls 18. Mai 1998 auf seinem Waldgrundstück Nr.1232/1, KG G, eine Fläche von insgesamt ca 2.400 mit Schüttmaterial verfüllt und in landwirtschaftliche Nutzfläche umgewandelt habe, wodurch er diesen Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur verwendet und gegen das Rodungsverbot verstoßen habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 200 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, ihm sei vom Obmann der Bezirksbauernkammer ebenso wie vom zuständigen Abteilungsleiter der Erstinstanz zugesichert worden, daß von einer Bestrafung Abstand genommen werden könne, weshalb er über das Straferkenntnis verwundert sei. Er ersuche, im Zuge der für November 1998 anberaumten Rodungsverhandlung eine Regelung zu treffen und die Strafe herabzusetzen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß am 26. März 1998 von einem Organ des forsttechnischen Dienstes festgestellt wurde, daß auf den Waldparzellen Nr. 1241 (Eigentümer L P) und 1232/1 (Eigentümer A E) Aufschüttungen durchgeführt werden. Darauf angesprochen verwies der Rechtsmittelwerber auf einen Rodungsbescheid aus dem Jahr 1982 und gab an, er hätte die Rodungsmaßnahmen damals bis 15. November 1985 abschließen sollen, habe aber zu wenig Schüttmaterial gehabt und die Rodungsbewilligung nicht ausschöpfen können; außerdem habe er eine "Begradigung" vorgenommen. Insgesamt seien ein Gerinne verrohrt und Bauschutt, Blech und Betonreste in die Schüttung eingebaut worden.

Das Ausmaß der Rodung wurde bei einem Ortsaugenschein des forsttechnischen Sachverständigen DI P am 18. Mai 1998, bei dem auch Fotos angefertigt wurden, mit insgesamt 3.500 festgelegt, wobei auf Waldparzelle Nr.1241 1.100 m² und auf der des Rechtsmittelwerbers 2.400 betroffen seien. Der Eigentümer der Parzelle 1241, Herr P, habe die sofortige Wiederaufforstung zugesagt und bestätigt, er habe die Rodung für den Rechtsmittelwerber zwecks Aufschüttung eines Grabens vorgenommen, wobei ihm dieser eine gültige Bewilligung für die Rodung glaubhaft gemacht habe.

Der Rechtsmittelwerber hat sich bei der Erstinstanz am 9. Juni 1998 damit verantwortet, gemäß dem Rodungsbescheid der Erstinstanz vom 10. November 1982, ForstR-430-1982, hätten die Maßnahmen bis längstens 15. November 1985 beendet werden müssen. Da er aber bis zu diesem Zeitpunkt nicht genügend Material gehabt habe, sei er der Meinung gewesen, das bewilligte Ausmaß sei ohnehin noch nicht erschöpft, und habe ab 1987 Erdaushubmaterial und Hausabbruchmaterial, das ihm die Transportunternehmer H und D angeliefert hätten, aufgeschüttet. Er habe damit den steil abfallenden Hang eingeebnet und dadurch eine Verbesserung der landwirtschaftlichen Nutzung unmittelbar angrenzend an die bereits bewilligte Rodung erreichen können. Er werde für den an die bewilligte Rodung angrenzenden Bereich von 1.018 nachträglich um Rodungsbewilligung ansuchen, den östlichen Bereich wieder aufforsten und sich mit seinem Nachbarn über eine Grenzziehung einigen. Er habe nicht in böser Absicht gehandelt, sondern im Vertrauen auf die noch bestehende Rodungsbewilligung. Seine Landwirtschaft werde im Vollerwerb betrieben, weshalb er an gut nutzbaren Flächen interessiert sei.

Laut Aktenvermerk der Erstinstanz vom 10. Dezember 1998 wurde ein "einvernehmliches Verfahrensergebnis" erzielt und vom Rechtsmittelwerber die Ersatz-Aufforstung von 1.080 sowie die Wiederbewaldung im Anschluß an die Rodungsfläche von 1.200 für das Frühjahr 1999 zugesagt.

Laut Vorlagebericht der Erstinstanz vom 22. September 1999 wurde die Durchführung der genannten Aufforstungsmaßnahmen bestätigt und im Hinblick darauf eine Berücksichtigung in der Berufungsentscheidung, die wegen der erst im Frühjahr 1999 erfolgten Wiederbewaldung nicht fristgerecht getroffen werden habe können, beantragt.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

Gemäß § 174 Abs.1 lit.a Z6 Forstgesetz 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer das Rodungsverbot des § 17 Abs.1 nicht befolgt.

Gemäß § 17 Abs.1 leg.cit. ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Die Nichtbefolgung des Rodungsverbotes stellt ein Dauerdelikt dar. Die objektive Tatseite besteht demnach im Herbeiführen und im Bestehenlassen der Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (vgl VwGH v 21. Februar 1984, 83/07/0252, 0253). Der Straftatbestand wird solange verwirklicht, solange die eigenmächtige Verwendung des Waldbodens andauert (vgl VwGH v 22. Jänner 1985, 84/07/0386), demnach bis zum Ende der unzulässigen Verwendung, der Rechtskraft der Rodungsbewilligung oder bis zur Feststellung der Nichtwaldeigenschaft.

Die Waldeigenschaft des Grundstückes Nr.1232/1, KG G, wurde nie bestritten.

Im Lichte dieser Rechtsprechung wäre demnach der Zeitraum der Vornahme der Aufschüttungen, nämlich beginnend mit 1987 bis zur Beanstandung durch den forsttechnischen Sachverständigen, und darüber hinaus das nachträgliche Bestehenlassen bis zur Rechtskraft der Rodungsbewilligung bzw bis zur Befolgung des Aufforstungs- und Wiederbewaldungsauftrages als unzulässige Rodung zu qualifizieren.

Im gegenständlichen Fall wurde die unbestritten als Rodung zu bezeichnende konsenslose Entfernung von forstlichem Bewuchs damit begründet, das Grundstück sei dadurch besser zu bewirtschaften gewesen, was bei einer im Vollerwerb stehenden Landwirtschaft von großem Interesse sei.

Vonseiten des unabhängigen Verwaltungssenates ist auszuführen, daß auch ein solcher Rodungszweck, der im übrigen im Verfahren betreffend die (nachträgliche) Erteilung einer Rodungsbewilligung zu prüfen war, keineswegs eine eigenmächtige, vorgreifende und bewilligungslose Vornahme von Rodungsmaßnahmen zu rechtfertigen vermag.

Selbst die Tatsache, daß offenbar für bereits gerodete Flächen im nachhinein eine Bewilligung erteilt wurde, vermag an der Verwirklichung des dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegten Tatbestandes in objektiver Hinsicht nichts zu ändern. Selbst bei nachträglicher Erteilung der Rodungsbewilligung fällt die Rechtfertigung für ein Strafverfahren nicht weg.

Zur subjektiven Tatseite ist zu sagen, daß, da das ForstG 1975 in Ansehung der unbefugten Rodung über das Verschulden nichts anderes bestimmt, gemäß § 5 Abs.1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt (VwGH v 19. Oktober 1987, 87/10/0063).

Gemäß § 6 Abs.1 StGB handelt fahrlässig, wer die Sorgfalt außer Acht läßt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist und deshalb nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könnte, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Maßstab für das Ausmaß der objektiven Sorgfaltspflicht ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH v 12. Juni 1989, 88/10/0169, ua).

Der Rechtsmittelwerber hat im Jahr 1982 für sein Waldgrundstück eine Rodungsbewilligung erhalten, die ihm die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen bis längstens 15. November 1985 auferlegte. Diese - klar ersichtlich und allgemein verständlich im Bescheid festgeschriebene - Frist war dem Rechtsmittelwerber seinen Äußerungen gegenüber dem forsttechnischen Sachverständigen und bei der Erstinstanz nach vollinhaltlich bewußt. Mit der Verantwortung, er habe damals nicht über ausreichend Aufschüttungsmaterial verfügt, vermag er jedoch die zusätzliche Aufschüttung von 2.400 Fläche (!) nicht zu begründen, weil zum einen die Frist bei Beginn der Aufschüttungen im Jahr 1987 bereits 2 Jahre abgelaufen war - eine Verlängerung der Frist hätte rechtzeitig beantragt werden müssen - und zum anderen er beim Ortsaugenschein des forsttechnischen Sachverständigen sofort die Durchführung einer "Begradigung" zugegeben hat. Abgesehen davon wurde ihm laut Aktenvermerk der Erstinstanz vom 10. Dezember 1998 die Wiederbewaldung von 1.200 m² aufgetragen, sohin ist von der nachträglichen Erteilung einer Rodungsbewilligung für die eigenmächtig gerodeten Flächen nicht die Rede. Aus dieser Überlegung war jedenfalls von Fahrlässigkeit auszugehen.

Auf dieser Grundlage steht für den unabhängigen Verwaltungssenat zweifelsfrei fest, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Die Spruchergänzung erfolgte zur genaueren Konkretisierung des Tatvorwurfs in rechtlicher Hinsicht.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, daß der Strafrahmen des § 174 Abs.1 lit.a ForstG 1975 bis zu 100.000 S Geldstrafe bzw bis zu 4 Wochen Freiheitsstrafe reicht.

Gemäß § 16 Abs.2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe ... nicht übersteigen.

Aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht hervor, daß die Erstinstanz die Angaben des Rechtsmittelwerbers berücksichtigt (ca 8.000 S Pension, Sorgepflichten für ein Kind, Grundbesitz) und seine bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, das Geständnis und den nachträglichen Rodungsantrag als mildernd gewertet hat.

Den Milderungsgrund des Geständnisses vermag der unabhängige Verwaltungssenat nicht zu erkennen, zumal dem Rechtsmittelwerber beim Betretenwerden auf frischer Tat gar nichts anderes übrig blieb, als die offenkundig bewilligungslose Rodung zuzugeben (vgl VwGH v 5. September 1986, 86/18/0118, ua). Ebensowenig ist der Antrag auf nachträgliche Erteilung der Rodungsbewilligung als mildernd zu berücksichtigen, weil die Schaffung eines gesetzmäßigen Zustandes nicht als Entgegenkommen, sondern als Verpflichtung zu sehen ist. Daß sich der Rechtsmittelwerber bei der aufgetragenen Wieder- bzw Ersatzaufforstung an die Fristen gehalten hat, war nicht als mildernd zu werten, weil die Nichtbefolgung des Auftrages einen erneuten verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand (§§ 18 iVm 174 Abs.1 lit.a Z7 ForstG 1975) verwirklicht hätte.

Mildernd war daher die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, erschwerend kein Umstand zu berücksichtigen.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt jedoch im Hinblick auf das geringe Einkommen des Rechtsmittelwerbers zur Auffassung, daß eine Herabsetzung der Geldstrafe diesmal noch vertretbar erscheint. Die nunmehr verhängte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und soll den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur Beachtung der ihm als Waldeigentümer obliegenden Verpflichtungen anhalten. Bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe sind die finanziellen Verhältnisse unbeachtlich. Daher war eine Herabsetzung nicht zu rechtfertigen und somit spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Aufschüttung von Waldboden zur besseren landwirtschaftlichen Nutzung ohne Rodungsbewilligung erfüllt Tatbestand des § 17 Abs.1 ForstG; Herabsetzung der Geldstrafe wegen niedriger Pension; nachträglicher Antrag auf Rodungsbewilligung und Geständnis mit fristgerechter Durchführung der bescheidmäßig aufgetragenen Wiederbewaldung sind keine Milderungsgründe.

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